eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 21/42

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2018
2142 Dronsch Strecker Vogel

Editorial

2018
Kristina Dronsch
Christian Strecker
Manuel Vogel
Zeitschrift für Neues Testament Heft 42 21. Jahrgang (2018) Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, die Offenbarung des Johannes, der das aktuelle Heft der ZNT gewidmet ist, führte in der Forschung lange Zeit ein Randdasein, und sie gehört auch in den diversen Studiengängen für das Lehr- und das Pfarramt nicht zum Grundbestand der Curricula� Dass Studierende im Laufe ihres Studiums einmal eine Lehrveranstaltung zur Johannesoffenbarung besuchen, dürfte flächendeckend die Ausnahme darstellen� Ein Blick in die Rezeptionsgeschichte zeigt außerdem, dass das letzte Buch der Bibel nicht nur bis zur vollen kanonischen Geltung einen langen Weg zurücklegen musste, sondern dass es auch über die Zeit der Kanonbildung hinaus stets fragwürdigen Sympathien wie auch schärfster Kritik ausgesetzt war und bis heute ist� Christlicher Millenarismus US -amerikanischer Fundamentalisten bezieht aus der Apokalypse seine Szenarien eines endzeitlichen Krieges gegen das Böse, und andererseits wurde die Johannesoffenbarung aus christentumskritischer Sicht als „das schrecklichste Erbe des neuen Testaments“ bezeichnet (H� Schnädelbach in der ZEIT vom 11� Mai 2000)� Dass die gegenwärtige neutestamentliche Wissenschaft gleichwohl ein reges Interesse an der Apokalypse erkennen lässt, hängt einmal damit zusammen, dass man sie (möglichst unbehelligt von ihren Feinden und falschen Freunden) zunehmend als eine Quellenschrift entdeckt, die nicht nur für die Erforschung des frühen Christentums an der Wende vom 1� zum 2� Jh� von großem Wert ist, sondern die auch im Medium ihrer Textgeschichte interessante Einblicke in ihre Rezeptions- und Interpretationsgeschichte gewährt� Zweitens zeigen neuere Studien, wie intensiv die Johannesoffenbarung mit der hellenistisch-römischen Kultur der ausgehenden frühen Kaiserzeit interagiert und ein Teil von ihr ist, ungeachtet ihrer apokalyptischen Grundierung� Hinzu kommt drittens das sozialgeschichtliche Interesse an der Offenbarung im Blick auf frühchristliche Positionierungen gegenüber dem römischen Staat� 4 Editorial Alle drei Aspekte der neueren Forschung bestimmen auch das vorliegende Heft: Tobias Nicklas trägt unter der Rubrik Neues Testament aktuell einen Überblick über wichtige Trends der neueren Forschung bei� Wichtige Stichworte sind: Überlieferung und Textgeschichte, Poetik und Intertextualität, Historische Einordnung sowie Theologie� Die drei Beiträge unter der Rubrik Zum Thema erschließen auf je eigene Weise die Johannesoffenbarung vor dem Hintergrund der hellenistisch-römischen Kultur ihrer Zeit: Thomas Paulsen weist Anspielungen der Apokalypse an pagane Mythologie nach, Hanna Roose befasst sich mit Blick auf die Rede von der „Hure Babylon“ ikonographisch mit dem Motiv der alternden Prostituierten, und Michael Sommer und Brenda Willmann unterziehen die gängige antirömische Interpretation der „sieben Sterne“ (Offb 1,16) einer fundierten numismatischen Kritik� Der Beitrag von Sommer und Willmann leitet insofern zum Thema der Kontroverse über, als er sich im Forschungskontext einer „neue[n] Welle der politischen Skepsis“ verortet, die die verbreitete romkritische Lektüre der Johannesoffenbarung in Frage stellt� Damit klingt bereits die Position Stefan Alkiers in der mit Manuel Vogel kontrovers diskutierten Frage an, ob und inwiefern die Johannesoffenbarung als „Kampfschrift gegen Rom“ zu lesen sei� Während Alkier die Sicht Vogels als Beispiel der s� E� in textfremden Vorannahmen befangenen empire studies kritisiert, beharrt Vogel auf der „gegenkulturelle[n] Wucht“ der Johannesoffenbarung im Kontext ihrer römischen Entstehungsverhältnisse� Der Beitrag von Marco Frenschkowski setzt unter der Rubrik Hermeneutik und Vermittlung einen weiteren, ganz eigenen Akzent, indem er den in der Johannesoffenbarung im kritischen Gegenüber zum römischen Kaiserkult imaginierten himmlischen Gottesdienst zum Gegenstand einer Reflexion des Ästhetischen macht und von hier aus nach dem Verhältnis von apokalyptischer und phantastischer Literatur fragt� Der von Stefan Alkier verfasste Buchreport beschließt das Heft mit der Vorstellung des ersten Teilbandes des neuen Apokalypse-Kommentars von Martin Karrer� Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern mancherlei Anregung und spannende Entdeckungen in diesem neuen Heft der ZNT � Kristina Dronsch Christian Strecker Manuel Vogel