eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 21/41

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2018
2141 Dronsch Strecker Vogel

Judas Iskarioth – Eine zentrale Figur des Neuen Testaments

2018
Paul Metzger
82 Paul Metzger schluss seines irdischen Wirkens betrachtet hat (Mk 14,36; 15,34), scheint es unwahrscheinlich, dass Jesus von Judas verlangt hat, ihn auszuliefern, wie dies Joh 13,27 nahelegen könnte� Allerdings ist die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, dass Judas mit seinem Handeln die letzte Eskalation zwischen Jesus und der römischen Besatzungsmacht provozieren wollte� Prominent ist diese Überlegung von Johann Wolfgang von Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ angestellt worden� Genauso kann Judas aber auch im Laufe der Begleitung Jesu zur Überzeugung gelangt sein, dass Jesus vielleicht wirklich eine Gefahr für den fragilen status quo der damaligen Gesellschaftsordnung darstellen könnte� Eine Tat der puren Bosheit muss sein Wirken jedenfalls nicht darstellen� Grundsätzlich gilt: Die historische Forschung kommt hier an ihre Grenzen� Über die pure Spekulation, an der sich im Laufe der langen Wirkungsgeschichte der biblischen Texte sehr viele Denker beteiligt haben, kommt man letztlich nicht hinaus, wenn man über die Motivation des Judas nachdenkt� Sicher dürfte deshalb lediglich sein, dass er im Zusammenhang der Festnahme Jesu eine entscheidende, wenn auch unrühmliche Rolle gespielt hat� Weil diese Festnahme aber die notwendige Vorstufe zum Prozess Jesu und letztlich zu Tod und Auferstehung darstellt, spielt Judas - gewollt oder ungewollt - faktisch eine historisch ganz zentrale Rolle in der Passionsgeschichte� Historisch gesehen ist er ein Initiator des Todes Jesu� 2. Theologisches Argument Theologisch bereitet Judas den Höhepunkt der Heilsgeschichte Gottes vor� Der Kreuzestod und die Auferweckung Jesu durch Gott sind die zentralen Eckdaten der christlichen Religion� Historisch mögen diese Geschehnisse kontingent sein, theologisch sind sie aber enorm wichtig� Dadurch, dass Gott gerade diesen Jesus, der den Sklaventod am Kreuz gestorben ist, auferweckt, offenbart er sein eigenes Wesen� Gott ist derjenige, der sich denjenigen zuwendet, die aus menschlicher Sicht ausgestoßen sind� Das Kreuz steht in der christlichen Tradition seit Paulus für die tiefste Erniedrigung des Menschen� Gott bleibt selbst dies nicht fremd, sondern Gott geht diesen Weg bis zum bitteren Ende mit� Wenn also das Kreuz somit in das Zentrum der christlichen Theologie rückt, dann kann derjenige auch theologisch nicht am Rande stehen, der dabei „geholfen“ hat, Jesus ans Kreuz zu bringen� Von daher kommt Judas zweitens eine zentrale theologische Rolle zu� Die theologische Frage, die sich an ihn heftet, ist erstens die Frage nach dem Bösen. Lk 22,3; Joh 6,70; 13,2 bringen Judas explizit mit dem Teufel in Verbindung und erklären dadurch dessen Motivation zum Bösen� Theologisch wird demnach die Figur des Judas eingezeichnet in den Kampf Gottes gegen das Böse� Für Lukas und Johannes ist dabei klar, dass Jesus den Kampf gegen den Teufel Judas Iskarioth-- Eine zentrale Figur des Neuen Testaments 83 gewonnen hat, dieser aber immer noch die Gemeinde permanent bedroht� Ganz analog zur Denkfigur der Johannesoffenbarung, wonach der Kampf im Himmel zwar bereits entschieden ist, der Teufel die Gemeinde in der Welt aber deshalb umso mehr bedroht (Apk 12,10-12), betonen die Evangelisten, dass der Teufel selbst aus der von Jesus persönlich erwählten Gruppe der Jünger sein böses Werkzeug bestimmen kann� Das Böse stellt also eine beständige Bedrohung dar, der man sich erwehren und vor der man sich schützen muss� Selbst im Kreis der engsten Nachfolger Jesu besteht dazu eine gewisse Notwendigkeit� Dass aber das Böse letztlich nicht siegen kann, zeigt die Überwindung des Teufels, die bereits im Leben Jesu zu Tage tritt (Mt 4,1-11; Lk 10,18), endgültig aber in der Auferweckung Jesu bestätigt wird� Denn wenn das Böse in Gestalt des Judas Jesus in letzter Konsequenz ans Kreuz gebracht hat, dann hat Gott über Tod und Teufel in der Auferweckung triumphiert� Das Böse (und seine Personifikation im Teufel) hat dann letztlich verloren� Es ist aber kein theologisches Randphänomen, sondern stellt eine Alternative im entscheidenden Kampf des Lebens eines jeden Menschen dar� Für Judas als Werkzeug des Bösen heißt das, dass er keine Randfigur sein kann, sondern eine theologisch äußerst prominente und wichtige Inkarnation des Bösen darstellt� Deshalb bekommt er literarisch auch weitere Rollen zugewiesen, die ihn in die dunkle Seite der Macht einzeichnen� Die zweite Frage, die sich mit Judas in theologischer Hinsicht verbindet, ist die der Vorherbestimmung� Erstens streckt sich diese Frage in Hinsicht auf die Christologie aus� Schon die Alte Kirche diskutiert darüber, wieso Jesus sich den Verräter als Jünger heranzieht� Hätte Jesus als Gottessohn nicht wissen müssen, wen er da beruft? Oder hat Jesus den Verräter bewusst berufen, weil er seiner Sendung ans Kreuz folgen wollte (so legt es z� B� Joh 13 nahe)� Musste Judas ihn verraten, weil dies in Gottes Heilsplan so vorherbestimmt war? Brauchte Gott ihn als den Verräter? Und ist Judas unter dieser Prämisse überhaupt schuldig oder lediglich Werkzeug Gottes, nur Mittel zum Zweck? Demnach also eigentlich unschuldig? Müsste er nicht vielleicht sogar zum Heiligen erhoben werden, Pfr. Dr. theol. Paul Metzger, Studium der Evangelischen Theologie in Bethel / Bielefeld, Marburg, Rom und Heidelberg, Promotion im Neuen Testament, Mainz 2004, Catholica-Referent am Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim 2009-2016, Lehrbeauftragter für Neues Testament und Bibeldidaktik an der Universität Koblenz-Landau, seit 2017 Pfarrer der Evangelischen Kirche der Pfalz� 84 Paul Metzger weil er Gottes Heilswerk in Gang setzt� Damit ist bereits der Bereich der zweiten Frageperspektive erreicht: In anthropologischer Perspektive muss man fragen: Wie steht es mit dem freien Willen des Judas? Hatte er eine Wahl? Hat er sich bewusst für das Böse entschieden? Lag es in der Natur des Judas, Verräter zu sein, oder hat er sich dafür entschieden? Kann ein Mensch sich überhaupt frei entscheiden? Oder ist Gott am Ende dafür verantwortlich? Ist Gott schuld am Bösen? Es ist von daher kein Wunder, dass schon die antiken Kirchenlehrer hier letztlich die Frage der Theodizee aufbrechen sehen� Theologisch stellt die Figur des Judas also die wesentlichen Fragen von Heil und Unheil, von Freiheit und Verantwortung, von Prädestination und Willen, von der Rechtfertigung Gottes� Hat Gott seinen eigenen Sohn verraten? Die skizzierten Fragen dringen in theologische Kernthemen ein und zeigen daher, dass die Figur des Judas eine zentral wichtige Funktion in theologischer Hinsicht hat� 3. Literarisches Argument Nicht nur statistisch lässt sich zeigen, dass Judas ein ganz besonderer Apostel ist� Namentlich wird er in 27 Versen genannt� Nur wenige Apostel (z� B� Petrus) werden im Neuen Testament häufiger erwähnt als er� Seine zentrale literarische Rolle wird also bereits durch die Häufigkeit seines Auftretens belegt� Offensichtlich haben die Evangelisten ein gesteigertes Interesse an ihm� Mehr Interesse jedenfalls als sie es für eine Randfigur normalerweise erübrigen� Wichtig ist dabei allerdings das, was mit seiner literarischen Zeichnung transportiert werden soll� Betont wird durchweg, dass Judas „einer der Zwölf “ ( Joh 6,71) ist� Das heißt, dass er kein irregulärer Apostel ist, sondern „ordnungsgemäß“ von Jesus berufen wurde� Deshalb ist erzählerisch notwendig, dass Jesus permanent Herr des Geschehens bleibt und selbst den Verräter bewusst beruft ( Joh 6,70)� Es muss so sein� Ansonsten hätte Jesus bei dessen Berufung zumindest keine Menschenkenntnis an den Tag gelegt, was dem Gottessohn von Seiten der Evangelisten natürlich nicht unterstellt werden soll� Auf literarischer Ebene entscheidend ist allerdings das sich in der Statistik spiegelnde Argument, dass jede gute Geschichte nicht nur einen Protagonisten, sondern auch einen Antagonisten haben muss� Nichts ist so interessant wie der Bösewicht in der Geschichte� Für die Evangelien besteht hier eine gewisse Schwierigkeit� Erstens: In den Evangelien tauchen eine Vielzahl von Gegnern Jesu auf� Der klare Antagonist fehlt� Zweitens: Jesus kommt im Zuge eines Prozesses zu Tode� Wieder ist kein eindeutiger Antagonist auszumachen� Drittens: Als besonders abscheulich und hinterhältig, dafür aber umso interessanter, ist der Antagonist, der sich nicht gleich zu erkennen gibt, sondern der im Verlauf Judas Iskarioth-- Eine zentrale Figur des Neuen Testaments 85 der Geschichte enttarnt wird oder seine Maske fallen lässt� Eine überraschende Wendung steigert die Spannung� Diese Beobachtung lassen auf der literarischen Ebene deutlich werden, dass Judas die einzige Figur in den Evangelien ist, die sich als Antagonist hervorragend eignet� Ihm kommt als Gegenspieler, als Verräter Jesu, eine für die Geschichte zentrale Rolle zu� Genauso wie z� B� der Bösewicht in James-Bond-Filmen immer die zweite Hauptrolle einnimmt, so lässt sich auch Judas im Blick auf die Evangelien eine ganz zentrale Rolle zuweisen� 4. Wirkungsgeschichtliches Argument Kulturell ist die Figur des Judas so wirkungsvoll, dass selbst der Name allein einem Kind heute wegen Kindeswohlgefährdung nicht zugemutet werden darf� Allein der Name gilt bereits als Beschimpfung: „Du Judas! “ Welcher Apostel ist so berühmt? Gibt es einen anderen Apostel, nach dem ein Kuss benannt ist: Judaskuss? Welcher Apostel bekommt in der ikonographischen Darstellung zuverlässig und regelmäßig einen Sonderplatz? Welcher Apostel hat so viele psychologische und soziologische Deutungsversuche evoziert wie Judas? Gibt es eine andere biblische Figur, die Superman oder Batman als „Phantom Stranger“ auf den rechten Weg weist? Welcher Apostel hat die zweifelhafte Ehre, in Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“ den Prototyp des Verräters darstellen zu dürfen? Keine andere biblische Figur kann hier mithalten, nur Brutus und Cassius sind vergleichbar� Welcher Apostel hat eine so breite literarische Wirkungsgeschichte entfaltet? Über die Alte Kirche bis zu Goethe, von Friedrich Gottfried Klopstock über Luise Rinser zu Lot Vekemans Judas-Monolog, der gegenwärtig auf großes Interesse stößt� Noch bekannter ist die Verteidigungsrede von Walter Jens, die der Schauspieler Ben Becker gegenwärtig mit großem Erfolg live aufführt� Welcher Apostel ist also so interessant, dass er auf Tour gehen kann? Angesichts des gegenwärtig säkularen Zeitalters ist erstaunlich und spricht für die Attraktivität der Thematik, dass sogar Zusatztermine aufgrund der großen Nachfrage terminiert werden müssen� Offensichtlich fasziniert das Publikum die Sichtweise, die Walter Jens vertritt: Judas „war kein Teufel� Der Verrat geschah auf Gottes Befehl� Um Jesu willen - im Dienste der Sonne, des Tages, des Lichts - hatte Judas Schatten zu sein, Dunkelheit und Nacht. […] Lässt sich ein Martyrium denken, ein Akt der Selbstverleugnung, der heroischer wäre als dieser? “ 1 Judas als tragischer Held, ein Severus Snape der Geschichte Jesu - darin liegt die Größe dieser Figur� Solche Heldenbzw� Antihelden-Gestalten kann sich auch der Film nicht entgehen lassen� Deshalb folgt Hollywood dieser Spur und stellt Judas nicht nur in 1 Walter Jens, Der Fall Judas, Ludwigsfelde 8 2016, 10� 86 Paul Metzger den klassischen Bibelverfilmungen als Verräter dar, sondern gewinnt ihm auch in neueren Filmen eine tragisch-heroische Seite ab� Berühmt, diskutiert und erfolgreich wurde z� B� der Roman „Die letzte Versuchung Christi“ von Nikos Kazantzakis, der durch Martin Scorsese auf die Leinwand gebracht wurde� Harvey Keitel spielt dabei die deutlich interessanteste Figur des Judas� Er ist es, der von Jesus gedrängt wird, ihn zu verraten, und der schließlich dafür sorgt, dass der Satan entlarvt wird und Jesus sein Schicksal doch annehmen kann� Judas ist demnach auf doppelte Weise wichtig für das Heilsgeschehen� Aber nicht nur Hollywood interessiert sich für Judas� Auch im DC -Comic- Universum streift Judas seit 1952 erfolgreich in einer eigenen Serie als „Phantom Stranger“ umher und betreut gefallene Seelen im Himmel und auf Erden� In „Superman Taschenbuch Extra 10“ von 1984 hilft Judas sogar Superman, im „Universum des Wahnsinns“ zu bestehen� In seiner neuesten Inkarnation von Dan Didio (und anderen) trägt der geheimnisvolle Fremde die 30 Silberstücke, die bei Mt 26,15 erwähnt werden, an einer Kette um den Hals� Bei jeder guten Tat fällt ein Silberstück ab, was impliziert, dass der Stranger (also Judas) - ähnlich wie der Teufel bei Origenes - irgendwann Erlösung finden wird� Diese Erlösung lässt ihm der Nobelpreisträger für Literatur von 2016 nicht zuteilwerden� Bob Dylan ist sich in seinem Song „Masters of War“ (1963) sicher, dass diese „wie Judas lügen und betrügen (Like Judas of old / You lie and deceive / A world war can be won / You want me to believe)� Dies hat zur Folge, dass ihnen nicht einmal Jesus vergeben würde (That even Jesus would never / Forgive what you do)� Dieses negative Judasbild wird allerdings im Hard-Rock bzw� Heavy-Metal umgekehrt rezipiert� Gerade weil Judas als gefallener Sünder angesehen wird, kann er für andere, die sich auch nicht auf der Sonnenseite des Lebens sehen, attraktiv sein� In „Judas be my guide“ von der britischen Rockband Iron Maiden wird er deshalb z� B� als Führer durch die Dunkelheit angesprochen� Überhaupt scheint der Heavy-Metal eine gewisse Vorliebe für Judas zu haben� So nannte sich eine britische Band nach einer an Judas angelehnten Figur aus dem Lied „The Ballad of Frankie Lee and Judas Priest“ von Bob Dylan� Um die popkulturelle Bedeutung des Judas also zu ermessen, muss man fragen: Gibt es eine Heavy- Metal-Band mit einem Apostelnamen, die größeren Erfolg hat als „Judas Priest“? Die dunkle Seite des Judas spielt daneben auch in den klassischen Passionsvertonungen ( Johann Sebastian Bach) eine wichtige Rolle und reicht sogar in Bereiche, in denen man Judas nicht direkt vermuten würde� Als Musicalfigur spielt Judas z� B� eine große, wieder tragisch-heroische Rolle in „Jesus Christ Superstar“ von Andrew Lloyd Webber� Von Bach bis Webber, von Dylan bis Judas Priest, von der hohen Literatur bis zu Comic und Film� Alle Beispiele belegen die enorme Wirkungskraft der Judas Iskarioth-- Eine zentrale Figur des Neuen Testaments 87 Figur des Judas� Kein anderer Jünger Jesu kann in dieser Komplexität und widersprüchlichen Aufnahme der Figur in Theologie-, Kunst-, Literatur- und Musikgeschichte mit Judas mithalten� Gerade weil die Faszination des Bösen Judas umgibt, scheint er besonders attraktiv� Dies macht ihn zu einer wesentlich interessanteren Projektionsfläche als sie andere Apostel bieten� Seine Deutung kann daher - fast muss man konstatieren: erstaunlicherweise - immens schillern� Einige fühlen sich in ihn ein und erkennen den guten Kern im bösen Menschen� Andere urteilen über ihn und sehen in ihm den Prototyp des Sünders und Verräters� 5. Fazit Die These des Anfangs ist hinreichend belegt: Judas Iskarioth ist eine zentrale Figur des Neuen Testaments� Obwohl sich die historische Forschung nur sehr bescheiden zu ihm äußern kann, ist klar, dass er in den letzten Tagen des irdischen Jesus eine Rolle im Rahmen seiner Festnahme und seines Prozesses spielte� Damit ist er ein notwendiges Element in der Heilsgeschichte Gottes� Theologisch stellt sich die Frage nach seinem freien Willen im Bezug zur Prädestination Gottes� Außerdem wirft er die Frage nach dem Bösen an sich auf, die sich in den Evangelien durch seine Beziehung zum Teufel spiegelt� Literarisch ist er der einzig personell deutlich greifbare Antagonist Jesu, spielt demnach eine immens wichtige Rolle für die Geschichte� Und letztlich ist seine Wirkungsgeschichte so weit verzweigt, so unterschiedlich, aber so einzigartig breit, dass der Einfluss des Judas auf die allgemeine Kulturgeschichte kaum unterschätzt werden kann� Judas Iskarioth als Rand- oder Nebenfigur des Neuen Testament zu bezeichnen, würde all diese Beobachtungen negieren oder deutlich unterbewerten� Judas Iskarioth ist also vielmehr in mehrfacher Hinsicht eine der Hauptfiguren des Neuen Testaments� Literatur Wolfgang Fenske, Brauchte Gott den Verräter? Die Gestalt des Judas in Theologie, Unterricht und Gottesdienst, Göttingen 2000� Martin Meiser, Judas Iskariot� Einer von uns, BG 10, Leipzig 2004� Mirjam Zimmermann / Ruben Zimmermann, Judas, in: Handbuch Bibeldidaktik, Tübingen 2013, 357-360. 88 Paul Metzger Nachweise Dan Didio (u� a�), Phantom Stranger - Ein Fremder unter uns, Stuttgart 2014� Bob Dylan, Masters of War, The Freewheelin’ Bob Dylan, Columbia Records, 1963� Bob Dylan, The Ballad of Frankie Lee and Judas Priest, John Wesley Harding, Columbia Records 1967� Bruce Dickenson / Dave Murray (Iron Maiden), Judas, be my guide, Fear of the Dark, EMI 1992� Walter Jens, Der Fall Judas, Ludwigsfelde 8 2016� Paul Kupperberg (u� a�), Das Universum des Wahnsinns, Superman Extra, Stuttgart 1984� Zeitschrift für Neues Testament Heft 41 21. Jahrgang (2018) Judas-- die kleine Figur mit der großen Frage Kristina Dronsch Die Tendenz ist nicht zu leugnen und mit Blick auf die Wirkungsgeschichte evident: Judas scheint keine Randfigur zu sein� Judas - der Verräter - hat nicht nur Konjunktur, sondern wirkt� Als Judas beschimpft zu werden, kann Karrieren zerstören und bis heute wird in Deutschland der Name „Judas“ als alleiniger Vorname von den deutschen Standesämtern nicht anerkannt, weil die negative Konnotation, die dieser Name hervorruft, dem potenziellen Namensträger nicht zumutbar wäre� Doch nicht allein historisch ist Judas nur ein Fliegengewicht, über den sich fast nicht mehr sagen lässt, als dass er einer von den zwölf Aposteln war und Jesus ausgeliefert hat� Auch ein Gang durch die biblischen Textwelten wird zutage fördern, dass Judas nicht als einer der biblischen Hauptdarsteller angesehen werden kann� Vielmehr liegt die Größe der narrativen Figur „Judas“ nicht in der Figur selbst begründet, sondern in der Größe der Frage, die diese Figur aufwirft� Judas-- die kleine Figur in der großen Erzählung Der Theologe Edward Schillebeeckx lässt sein Buch „Menschen“ mit folgenden Worten beginnen: „Menschen sind die Worte, mit denen Gott seine Geschichte erzählt�“ So verstanden spricht die Theologie von Gott und Mensch und ihrer Beziehung zueinander� Konkret lesbar wird diese Geschichte in den biblischen Texten� Wer die Bibel aufschlägt, wird allein beim oberflächlichen Durchblättern gewahr, dass in den Schriften Israels und auch in den neutestamentlichen Erzählungen es immer schon Menschen waren, mit denen Gott seine Geschichte erzählt sein lässt� Von Adam und Eva, über Mose bis David, weiter zu den Propheten und dann hinein in das Neue Testament mit den Jüngern, der Frau,