eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 18/36

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2015
1836 Dronsch Strecker Vogel

»M-Quelle« oder Konglomerat?

2015
Uta Poplutz
Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 2 - 4. Korrektur 2 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Die sogenannte Zwei-Quellen-Theorie, die lange Zeit, nämlich seit ihrer Ausformulierung Anfang des 19. Jahrhunderts bis hinein in die zeitgenössische Exegese, von den meisten v. a. deutschsprachigen Neutestamentlerinnen und Neutestamentlern als Lösung des synoptischen Problems akzeptiert wurde, ist in den letzten Jahren verstärkt in die Kritik geraten. 1 Begründet wurde sie im Jahre 1838 von Christian Hermann Weiße, 2 der neben der Annahme der Markuspriorität vermutete, dass Matthäus und Lukas eine nicht mehr erhaltene Sammlung von Jesusworten sowie jeweils eine weitere Quelle zur Verfügung standen; die 1863 erschienene Studie Die synoptischen Evangelien von Heinrich Julius Holtzmann 3 beförderte diese Hypothese (auch wenn sich Holtzmann später davon distanzierte), 4 die dann erstmals nachhaltig im Jahre 1890 von Johannes Weiß 5 vertreten wurde. Mithilfe dieser Theorie wird die Frage beantwortet, wie die offenkundigen literarischen Übereinstimmungen zwischen den drei synoptischen Evangelien Matthäus, Markus und Lukas zu erklären sind. Die Antwort der Zwei-Quellen-Theorie lautet: durch Benutzung. Demzufolge wurde das Markusevangelium, das den Erzählfaden für Matthäus und Lukas bereitstellte, von beiden Seitenreferenten unabhängig voneinander als erste Quelle verwendet. Neben dem Markusevangelium hatten Matthäus und Lukas, die einander nicht kannten, Zugriff auf eine zweite schriftliche Quelle, die Spruchquelle oder Logienquelle, für die sich seit der Einführung durch Johannes Weiß als Abkürzung das Sigel »Q« durchgesetzt hat. Auf je eigene Art und Weise haben Matthäus und Lukas die Stoffe dieser zweiten Quelle- - die mit Recht auch als Spruchevangelium bezeichnet werden kann 6 -- dann in den Erzählfaden des Markusevangeliums eingearbeitet. 7 Da im Gegensatz zum Markusevangelium die Logienquelle eine rein hypothetische Größe ist, die aufgrund des parallelen Materials bei Matthäus und Lukas rekonstruiert wurde, ist in Bezug auf das Textkorpus, das im Jahre 2000 unter dem leicht irritierenden Titel The Critical Edition of Q als international anerkanntes Referenzwerk publiziert wurde, 8 durchaus mit Unsicherheiten im konstatierten Textumfang zu rechnen. Für die Bestimmung des matthäischen »Sonderguts«, um das es hier geht, ist das möglicherweise von erheblicher Relevanz. 9 Denn dass das Markusevangelium und die Logienquelle nicht die einzigen von Matthäus und Lukas verwendeten Überlieferungen waren, wurde bei der Frage nach den matthäischen und lukanischen Sondertraditionen sichtbar. Es bürgerte sich ein, dasjenige Textgut, das in zum Teil großem Umfang singulär entweder bei Matthäus oder bei Lukas anzutreffen ist, als »Sondergut«, bzw. als »Special Material« zu bezeichnen. 10 Diese äußerst offene Benennung bezieht sich dabei aber zunächst auf eine rein quantitative und aufgrund eines Ausschluss- oder Subtraktionsverfahrens gewonnene »Restkategorie« 11 und beinhaltet noch keine Aussagen über ihre Qualität. Ob dieses »Sondergut« auf mündlichen oder schriftlichen Traditionen beruht und ob es sich-- falls man Argumente für schriftliche Vorlagen findet-- um eine oder mehrere identifizierbare Quellen handelt, waren und sind die wichtigsten Fragen bei der Bestimmung dieses Materials, das außerhalb des Matthäusbzw. Lukasevangeliums in der Regel keine direkten Parallelen aufweist. 12 Bei dem Versuch, das »Sondergut« zu identifizieren, erkennt man den prägenden Einfluss der gerade aktuellen exegetischen Vorstellungen und Methoden. Während man in jüngster Zeit aufgrund intensiver redaktionskritischer und narratologischer Analysen die Rolle der Evangelisten als Schriftsteller und inhaltlich wie formal gestaltender Komponisten vorliegender mündlicher und schriftlicher Traditionen so hoch einschätzt, dass es keine zwingende Notwendigkeit (oder gar Möglichkeit) gibt, weitere hypothetische Quellen zu postulieren, war die Situation Anfang des 20. Jahrhunderts, d. h. vor dem Aufkommen der Redaktionskritik 13 und im Windschatten der letzten Ausläufer der liberalen Leben-Jesu-Forschung, eine andere. Uta Poplutz »M-Quelle« oder Konglomerat? Forschungsüberblick zum sogenannten matthäischen »Sondergut« Neues Testament aktuell »Es bürgerte sich ein, dasjenige Textgut, das in zum Teil großem Umfang singulär entweder bei Matthäus oder bei Lukas anzutreffen ist, als ›Sondergut‹ [...] zu bezeichnen.« »Bei dem Versuch, das ›Sondergut‹ zu identifizieren, erkennt man den prägenden Einfluss der gerade aktuellen exegetischen Vorstellungen und Methoden.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 3 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 3 Uta Poplutz »M-Quelle« oder Konglomerat? »The comparison of the gospels certainly suggests that these passages constituted a source of our gospel Matt. It is in favour of the supposition that they were in fact contained in, or constituted, the original collection of sayings of Jesus to which Papias refers, that it conforms to this ancient and undisputed tradition, and that it explains, as no theory which makes the Matthean Logia a source of both Matt. and Luke or of all three synoptics can explain, how the present gospel of Matt. obtained the name.« 17 Laut Burton übernahm das erste Evangelium den Namen des vorliegenden älteren Dokuments-- »Matthäus«--, das nach seinem von Papias beschriebenen Autor, dem Apostel Matthäus (Eus., Hist. Eccl. 3,39,16), betitelt war und von Burton das Kürzel »M« erhielt. Für Burton stand außer Frage, dass »M« eine konsistente Quelle war, da sie ja mit den von Papias erwähnten Logia identisch sei. Und so stellte er auch keine Untersuchungen zu Kohärenz, Stil oder traditionsgeschichtlichen Fragen wie dem Sitz im Leben an. Das änderte sich mit Burnett Hillman Streeter. In seiner klassischen Ausformulierung einer »Vier-Quellen- Theorie«, die er 1924 mit der Studie The Four Gospels. A Study of Origins 18 vorlegte, formulierte er den Gedanken, dass Matthäus und Lukas über ihre beiden Quellen Markus und »Q« hinaus jeweils eine 19 weitere schriftliche Quelle zur Verfügung stand. Wie Burton zuvor verwendete auch Streeter für die matthäische »Sondergutquelle« das Sigel »M«. Diese »Vier-Quellen-Hypothese«, die es möglich machte, alle Evangelienstoffe der Synoptiker klar bestimmbaren Quellen zuzuordnen, fand vor allen Dingen in der angelsächsischen Forschung in den Jahren unmittelbar nach Streeter Beachtung. 20 Vor Streeter hatte man zwar ebenfalls das Problem der matthäischen und lukanischen Sondertraditionen gesehen, führte diese jedoch zumeist auf verschiedene Rezensionen der Logienquelle (Q Mt und Q Lk ) zurück, eine auch heute noch populäre Auffassung. 21 Mit Recht setzte Streeter dem entgegen, dass es eine positiv nicht begründbare Annahme sei, Matthäus und Lukas hätten als einzige schriftliche Quellen lediglich die »Big Two« gekannt und verwendet. 22 Dieser Punkt verdient auch deswegen besondere Beachtung, da ja von den »Big Two« lediglich eine Quelle-- nämlich das Markusevangelium-- in schriftlicher Bezeugung vorliegt, während die andere- - die Logienquelle-- eine rein hypothetische Rekonstruktion darstellt, so dass sie eben in jüngerer Zeit wieder verstärkt in Zweifel gezogen wird. 23 Weitere Re- Aufgrund der erzielten Fortschritte in der Formulierung der Zwei-Quellen-Theorie war man-- v. a. in der angelsächsischen Exegese-- recht optimistisch, weitere literarische Quellen rekonstruieren zu können. Ein Blick in die Forschungsgeschichte soll die wichtigsten Stationen auf der Suche nach der oder den »Sondergutquelle(n)« des Matthäusevangeliums nachzeichnen, um auf dieser Basis mögliche neue Vorstöße anzuregen. 1. Die »M«-Quelle der älteren Forschung Der erste, wenngleich in diesem Zusammenhang am häufigsten übersehene Exeget, der die Subtraktionsmethode zur Isolierung matthäischer Sondertraditionen anwandte, war Ernest DeWitt Burton im Jahre 1904 mit seiner Studie Some Principles of Literary Criticism and their Application to the Synoptic Problem. 14 Er erstellte eine Liste von nicht bei Markus oder Lukas belegtem matthäischen Material, die eine Sammlung von 230 Versen mit jesuanischen Sprüchen umfasste. 15 Diese Sprüche setzte Burton mit den Logia kyriaka in Papias Testimonium in Verbindung: 16 Prof. Dr. Uta Poplutz ist Universitätsprofessorin für Biblische Theologie mit dem Schwerpunkt Exegese und Theologie des Neuen Testaments am Katholischen Institut der Bergischen Universität Wuppertal. Nach Promotion (Universität Würzburg, 2003) und Habilitation (Universität Luzern, 2009) führte sie eine Lehrstuhlvertretung zunächst an die Universität Mainz (2009/ 10) und dann direkt nach Wuppertal (2010). Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen zur Zeit das Matthäus- und das Johannesevangelium. In den letzten Jahren galt ein besonderes Interesse der Narratologie, für die an der Universität Wuppertal mit dem renommierten Zentrum für Erzählforschung (ZEF) exzellente interdisziplinäre Austauschmöglichkeiten bestehen. Prof. Dr. Uta Poplutz »Weitere Rezensionen einer nicht vorhandenen Quelle zu postulieren, erscheint [...] zwar einfacher, aber kaum weniger spekulativ, als andere mögliche schriftliche Quellen in die Diskussion einzubeziehen.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 4 - 4. Korrektur 4 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Neues Testament aktuell zensionen einer nicht vorhandenen Quelle zu postulieren, erscheint somit zwar einfacher, aber kaum weniger spekulativ, als andere mögliche schriftliche Quellen in die Diskussion einzubeziehen. Und so ist »M« für Streeter eine in Umfang und Gestalt ähnlich zu gewichtende Größe wie »Q«. Anders als Burton diskutierte Streeter nun auch erstmals die Herkunft von »M«. Seiner Ansicht nach wurde »M« um 60 n. Chr. in Jerusalem kompiliert, und zwar als späteres judaistisches Gegengewicht gegen den petro-paulinischen Liberalismus im Umgang mit der Heidenmission und der Frage nach der Gesetzesobservanz. 24 Die Logienquelle »Q« hingegen verortete er in Antiochien und sah in ihr ein deutlich pro-heidnisches Dokument, das den Völkern aber nicht ganz so tolerant wie das paulinische Christentum gegenüberstehe. Da es nach Streeter Überschneidungen von »M« und »Q« gibt, würde »M« immer die judaistischere Version transportieren, während »Q«-- wie in Lukas erhalten--, die heidenchristenfreundliche Position umfasst. Auch wenn sich Streeter mit seinem Vorschlag einer »Vier-Quellen-Theorie« nicht durchsetzen konnte, weil das »Sondergut« in Matthäus und Lukas jeweils viel zu disparat ist, als dass man es unkompliziert einer einzigen Quelle zuschreiben kann, 25 blieb seine Studie einflussreich, da sie dazu motivierte, das Sondergut auf der Suche nach identifizierbaren schriftlichen und/ oder mündlichen Vorlagen eingehender zu analysieren. Einer, der den Gedanken von Streeter weiterführte und das gesamte Material der angenommenen Quelle »M« auflistete, war im Jahre 1937 Thomas Walter Manson mit seiner Studie The Sayings of Jesus. 26 Manson isolierte das matthäische »Sondergut« mittels der bekannten Subtraktionsmethode und teilte es in vier Kategorien ein: (1) redaktionelle Ergänzungen und Formeln, (2) Erzählungen, (3) Testimonien, (4) Lehre. »M« leitete Manson aus der letzten Kategorie ab und rekonstruierte eine umfangreiche zugrundeliegende Quelle. 27 Wie Streeter zuvor, verortete Manson »M« ca. 60 n. Chr. im judenchristlichen Milieu von Judäa bzw. Jerusalem und sah darin eine konservative Reaktion gegen die paulinische Heidenmission. 28 1946 befasste sich George Dunbar Kilpatrick in seiner Studie The Origins of the Gospel according to St. Matthew 29 erneut mit der »M«-Quelle, ging aber wesentlich vorsichtiger ans Werk, da man seiner Ansicht nach nicht eindeutig zwischen der Hand des Redaktors und einer vorgegebenen Quelle unterscheiden könne: »As we have no certain means of distinguishing in detail between the remains of M and the handiwork of the editor, any conjectures must rest on the most uncertain ground.« 30 Hier erkennt man in der Forschungsgeschichte zum »Sondergut« m. E. zum ersten Mal den ernsthaften Einbezug der Möglichkeit kreativer Gestaltung durch den Redaktor, was wenig später-- für das Matthäusevangelium maßgeblich begründet durch Günther Bornkamm-- zur exegetischen Methode der Redaktionskritik entfaltet werden sollte. 31 Dennoch rekonstruierte Kilpatrick, ausgehend von einer Analyse der Bergpredigt (Mt 5-7) und unter Einbezug der Kap. 8-25, eine schriftliche dritte Quelle »M«, die allerdings wesentlich kürzer als bei Streeter oder Manson ausfällt (170 Verse), da er größere Teile des »Sonderguts« Matthäus selbst zuschlägt. Überdies charakterisierte er »M« als »a rudimentary document, more primitive in type if not in date than Mark or even Q«. 32 Der Trend, in der Rekonstruktion von »M« immer zurückhaltender zu werden, setzte sich von da an kontinuierlich fort. Bereits Frederick Clifton Grant rechnete in seiner 1957 erschienenen Monographie The Gospels. Their Origin and Their Growth 33 nicht mehr damit, eine einzige »dritte Quelle« für Matthäus rekonstruieren zu können, sondern vermutete eine Vielzahl von Traditionen und Quellen, die sukzessive zu größeren Blöcken anwuchsen und schließlich zu den vier kanonischen Evangelien wurden. Grant entwickelte eine »Multiple Source Theory of Gospel Origins« 34 und schlug für eine potentielle Quelle »M« zwei Szenarien vor: Entweder-- so seine favorisierte Möglichkeit-- sei »M« einfach eine Ansammlung von Traditionen, die aus Palästina oder Syrien stammten oder-- und das könne man nur mit größter Zurückhaltung vermuten-- »M« wäre eine Art Zwischenschritt zwischen der Logienquelle und dem Matthäusevangelium; dann hätte Matthäus nicht Markus und »Q« kombiniert, wie es die gängige Zwei-Quellen-Theorie besagt, sondern das Markusevangelium und ein größeres Dokument (»M«), das Grant als eine erweiterte »Q«-Fassung versteht (im Grunde genommen wäre das dann Q Mt ) und das zu katechetischen Zwecken zusammengestellt wurde. 35 Die in diesem Modell vorgestellte Größe »M« lokalisierte Grant in Palästina oder im syrisch-antiochenischen Kontext. 2. Status quaestionis Wirft man einen Blick auf neuere exegetische Studien, die das matthäische »Sondergut« behandeln, fällt zunächst auf, dass eine kritische Zusammenschau und Analyse des gesamten Materials eher ein Schattendasein führen, obwohl es knapp ein Fünftel des Evangeliums ausmacht und wirkungsgeschichtlich äußerst relevante Texte enthält: Nicht nur finden Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 5 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 5 Uta Poplutz »M-Quelle« oder Konglomerat? sich dort die Vorgeschichten Jesu (Mt 1 f.) mit einem speziellen Stammbaum, der Magierperikope oder der Erzählung vom Kindermord zu Bethlehem, welcher das Bild König Herodes’ lange Zeit negativ geprägt hat; auch ekklesiologisch wirkmächtige Perikopen wie das Felsenwort mit der Übertragung der Binde- und Lösegewalt an Petrus (Mt 16,17-19), der nur im Matthäusevangelium »der erste« genannt wird (Mt 10,2), die Selbstverfluchung des Volkes von Jerusalem (Mt 27,25) oder die universale Aussendung der Jünger zu allen Völkern (Mt 28,16-20) sind matthäische Sondertraditionen. Besonders durch die Positionierung von Teilen dieses Materials als Rahmen der Erzählung (Pro- und Epilog) erhält es eine wichtige und das Evangelium strukturierende Bedeutung. 36 Selbstverständlich gibt es einige Untersuchungen- - die mehr oder weniger umfangreichen Exkurse in den Kommentaren zum Matthäusevangelium eingeschlossen 37 --, die einzelne Schwerpunkte oder Textblöcke des matthäischen »Sonderguts« in den Blick nehmen: Sowohl die Vorgeschichten 38 als auch die Erfüllungszitate bzw. die intertextuelle Frage nach dem Umgang des Matthäus mit der Schrift 39 wurden eingehenden Analysen unterzogen; auch Einzelstudien wie etwa zu »untypischen« Erzähltexten, 40 den Sprüchen des matthäischen »Sonderguts«, 41 den Gleichnissen der Sondertradition 42 oder dem »Sondergut« in der Passionsgeschichte 43 sind hier einzustellen. In jüngerer Zeit sind im deutschsprachigen Raum aber lediglich zwei Monographien erschienen, die den Anspruch haben, sich mit dem Gesamtumfang des matthäischen »Sonderguts« zu beschäftigen, nämlich die Untersuchungen von Hans-Theo Wrege und Hans Klein. 44 In der angelsächsischen Forschung befassten sich Stephenson H. Brooks und Brice C. Jones, der allerdings nur eine kurze Einführung und den griechischen Text samt englischer Übersetzung des matthäischen und lukanischen »Sonderguts« präsentiert, mit diesem Material. 45 Die beiden deutschsprachigen Monographien zum Gesamtumfang des matthäischen »Sonderguts« von Wrege und Klein listen die veranschlagten Texte mit je unterschiedlichem Umfang und divergierender Systematik auf 46 und fragen dezidiert nach deren »Sitz im Leben«. So identifiziert Hans-Theo Wrege in seinem Werkkommentar zur Zürcher Bibel mit dem Titel Das Sondergut des Matthäus-Evangeliums (1991) in erster Linie zwei Tradentengruppen, die den Disput um verschiedene Kirchenkonzepte erkennen lassen: Zwar wissen sich, so Wrege, beide Gruppierungen von ihrem Hauptbezugspunkt Jesus Christus her legitimiert, jedoch sieht die eine ihn nachösterlich einzig durch Petrus repräsentiert (vgl. Mt 16,17-19), während die andere die gesamte Gemeinde als Adressaten des Auftrags Jesu versteht (vgl. Mt 18,18 47 ). Auf diese Weise kann Wrege die fast wörtliche Wiederholung der Binde- und Lösegewalt, die innerhalb des matthäischen »Sonderguts« einmal Petrus und einmal der gesamten Gemeinde zugeschrieben wird, einer Erklärung zuführen. 48 Neben diesen beiden Gruppierungen, der »Petrusgruppe« und der »Basisgruppe«, deren Ansprüche sich in ekklesiologischen Fragen überkreuzen, erkennt er einen dritten Tradentenkreis, der hinter Mt 5,18 f. steht und dem eventuell auch Mt 10,5 f. und 10,23 zuzuordnen sind. Diese Gruppierung mit ihrer »starren Gesetzesbildung« (sic! ) vermutet Wrege in großer Nähe zum Jakobusbrief. 49 Damit erkennt er in der gesamten matthäischen »Sondergutgemeinde« ein deutlich ausdifferenziertes Judenchristentum. Auch Hans Klein identifiziert in seiner Untersuchung Bewährung im Glauben. Studien zum Sondergut des Evangelisten Matthäus (1996) drei Traditionskomplexe und bestimmt deren »Sitz im Leben«: Die Gleichnisse 50 seien von einem christlichen Gemeindeverband palästinischjüdischer Provenienz getragen, der aus überschaubaren Landgemeinden mit festem Wohnsitz bestand; die Antithesen der Bergpredigt mit ihren verwandten Stoffen 51 wurden ebenfalls von palästinisch-judenchristlichen Kreisen überliefert, die allerdings nicht von Ortsgemeinden, sondern von rigorosen Wanderpredigern getragen wurden; die verschiedenen, oft kurzen Logien und Legenden 52 seien hingegen im hellenistischen Judenchristentum beheimatet, das Petrus als sein Haupt ansah und in der Region um Damaskus zu lokalisieren sei. 53 Als übergreifendes Motiv hinter allen Traditionskomplexen erkennt Klein-- wie der Titel seiner Studie bereits erkennen lässt-- die »Bewährung im Glauben«. 54 Die Monographie von Stephenson H. Brooks aus dem Jahre 1987 (Matthew’s Community. The Evidence of his Special Sayings Material) 55 nähert sich dem matthäischen »Sondergut« über die Analyse der Spruchtraditionen (ohne die Gleichnisse) mit dem Ziel, die Beziehung zwischen der matthäischen Gemeinde und dem Juden- »Wirft man einen Blick auf neuere exegetische Studien, die das matthäische ›Sondergut‹ behandeln, fällt zunächst auf, dass eine kritische Zusammenschau und Analyse des gesamten Materials eher ein Schattendasein führen, obwohl es knapp ein Fünftel des Evangeliums ausmacht und wirkungsgeschichtlich äußerst relevante Texte enthält.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 6 - 4. Korrektur 6 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Neues Testament aktuell tum zu erhellen. 56 Zwar verwendet Brooks noch das Sigel »M«, verknüpft damit aber keine Quellentheorie mehr. Stattdessen untersucht er den Stil, das Vokabular und den Inhalt der Sprüche des matthäischen »Sonderguts« und ordnet sie-- falls sie mit dem Rest des Evangeliums übereinstimmen-- der redaktionellen Hand des Matthäus zu; diejenigen Sprüche, die diesen Test nicht bestehen, versteht Brooks als prä-matthäisches Material (»M«), das allein dem ersten Evangelisten bekannt war und zunächst als rein mündliche Überlieferung in Form von Spruchblöcken ohne schriftliche Matrix tradiert wurde. 57 Im »M«-Material macht Brooks drei verschiedene Haltungen der matthäischen Gemeinde zur Synagoge vor der Abfassung des Evangeliums aus, die drei verschiedene Erfahrungsstufen widerspiegeln: friedliche Koexistenz, zunehmende Konflikte, Trennung. Eine klar bestimmbare theologische Ausrichtung von »M«, die sich von der Perspektive des Matthäus unterscheiden würde, lässt sich laut Brooks jedoch nicht mehr herausarbeiten, da der erste Evangelist ihm durch seine Einfügung in die eigene literarische Komposition unwiderruflich seinen eigenen Stempel aufgedrückt habe. Der Vollständigkeit halber sei auch auf das bereits erwähnte Büchlein von Brice C. Jones, Matthean and Lukan Special Material. A Brief Introduction with Texts in Greek and English (2011) hingewiesen. 58 Wie der Untertitel schon erkennen lässt, geht es Jones nicht um einen eigenständigen Forschungsbeitrag, sondern darum, in Anlehnung an die »Q«- Textausgabe von Frans Neirynck ein praktisches Arbeitsinstrument für Studierende zur Verfügung zu stellen, damit sie die »Sonderguttexte« unabhängig von ihren jeweiligen Kontexten in den Evangelien lesen können. 59 Eine kurze Einführung leitet den Band ein, dann folgen die Texte, die Jones explizit nicht als Rekonstruktionen von »M« oder »L« verstanden wissen will. 60 Die besprochenen Studien führen bei aller analytischen Sorgfalt sehr deutlich ein Problem vor Augen, das eine Gesamtschau des matthäischen »Sonderguts« mit sich bringt: Wie soll man den Umfang des »Sonderguts« eigentlich bestimmen? Gemäß dem auf der Basis der Zwei-Quellen-Theorie angewandten Subtraktionsverfahren müsste zunächst einmal jeder Text, der sich ausschließlich im Matthäusevangelium findet- - d. h. der weder durch die Markusvorlage noch durch eine lukanische Parallele im Stoff der Logienquelle abgedeckt ist-- als »Sondergut« definiert werden. Doch das kann nur der erste arbeitstechnisch notwendige Schritt sein, um eine Ausgangsbasis für die Anwendung weiterer Kriterien zu erhalten. Denn ein solch weit gefasstes Verständnis lässt die Arbeit des Evangelisten bzw. Redaktors vollkommen unberücksichtigt und unterscheidet nicht zwischen der Einfügung von »Sondergut«, redaktioneller Umarbeitung der aus Markus oder der Logienquelle übernommenen Stücke oder dem Einschub von eigenen Textelementen durch Matthäus selbst. Da somit von jedem Autor und von jeder Autorin, die sich mit dem matthäischen »Sondergut« in seiner Gesamtheit befassen will, eine eigene Kriteriologie erst entwickelt und angewendet werden muss, um matthäisches »Sondergut« zu isolieren, fällt auch die Bestimmung des »Sonderguts« äußerst unterschiedlich aus. Das zeigt sich auch in den vorgestellten Studien, welche die für das matthäische »Sondergut« veranschlagten Texte so reduziert haben, dass sich der zugrunde gelegte Stoff in jeder Spezialmonographie unterschiedlich darstellt: Während Wrege die Perikopen von Petrus auf dem Wasser (Mt 14,28-31), die eng mit Mt 27,62- 66 verbundene Erzählung vom Gerücht des Leichendiebstahls (Mt 28,11-15) sowie kleinere Einschübe in der Passionsgeschichte (Mt 27,19.24 f.51b-53) beiseitelässt, eliminiert Klein (aus arbeitsökonomischen? ) Gründen die Vorgeschichten (Mt 1 f.) sowie die Erfüllungszitate; 61 Brooks schließlich konzentriert sich ausschließlich auf ausgewählte Sprüche und Jones lässt die Überschrift (Mt 1,1) und die Ansiedlung der Familie Jesu in Nazaret (Mt 2,22 f.) aus. 3. McDonalds Hypothese Einen völlig neuen Vorstoß, der ohne die klassische Zwei-Quellen-Theorie, aber mit der These einer weiteren matthäischen Quelle argumentiert, legte 2012 Dennis R. McDonald mit seinem umfangreichen Buch Two Shipwrecked Gospels. The Logoi of Jesus and Papias’s Exposition of Logia about the Lord vor. 62 Mit den »Ship- »Wie soll man den Umfang des ›Sonderguts‹ eigentlich bestimmen? « »Da [...] von jedem Autor und von jeder Autorin, die sich mit dem matthäischen ›Sondergut‹ in seiner Gesamtheit befassen will, eine eigene Kriteriologie erst entwickelt und angewendet werden muss, um matthäisches ›Sondergut‹ zu isolieren, fällt auch die Bestimmung des ›Sonderguts‹ äußerst unterschiedlich aus.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 7 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 7 Uta Poplutz »M-Quelle« oder Konglomerat? wrecked Gospels« meint McDonald zum einen Papias’ fünf verlorene Bücher der »Erklärungen der Herrenworte« (Λογίων κυριακῶν ἐξήγησις), zum anderen ein ebenfalls verlorenes Evangelium, das er als »Logoi of Jesus« oder »Q+« bezeichnet und das identisch mit dem Evangelium sei, das Papias fälschlicherweise für eine andere griechische Übersetzung des hebräischen Originals des Matthäusevangeliums hielt. Dieses Evangelium »Q+« wurde von allen drei Synoptikern benutzt. Auch Papias kannte »Q+« und darüber hinaus das Markus- und das Matthäusevangelium, die er allesamt in seinen fünf Büchern zur Darstellung gebracht hat. Lukas hingegen kannte er nicht, aber Lukas kannte Papias, Markus, Matthäus und eben das verlorene Evangelium »Q+«; und es sind diese vielen Dokumente, auf die Lukas in seinem Proömium (Lk 1,1-4) anspielt (»Da es nun schon viele unternommen haben, einen Bericht von den Ereignissen zu verfassen …«). Für Matthäus nimmt McDonald im Kontext seiner »Q+«/ Papias-Hypothese somit zwei Quellen an: das Markusevangelium und ein verlorenes Evangelium, das er zunächst »MQ« (»Matthew’s Q«, in einem noch früheren Stadium »minimal Q« oder »MQ-«) nennt, und das vorher bereits Markus als Quelle gedient hat. 63 Das Besondere an dieser Quelle ist nun, dass McDonald die Rekonstruktion nicht wie üblich mit einem Vergleich von Matthäus und Lukas beginnt, sondern mit Matthäus und Markus; er sucht dabei gezielt parallele Logien, für die man mithilfe einer von ihm entwickelten sorgfältigen Kriteriologie zeigen kann, dass bei Matthäus eine ältere Version als im Markusevangelium erhalten ist (»inverted priority«). 64 In einem nächsten Schritt ergänzt er »MQ« durch Hinzunahme weiterer matthäischer Texte, die nicht auf den Redaktor selbst zurückzuführen sind, um zuletzt mithilfe der lukanischen Traditionen eine umfassende Rekonstruktion von »Q+« vorzuschlagen, die er im Anhang unter dem Titel »Logoi of Jesus« als griechisch-englischen Paralleltext abdruckt. Diese postulierte Quelle ist deutlich länger als die Logienquelle »Q« und enthält viel markinisches Material. 65 Woher allerdings Traditionen wie die Vorgeschichten Jesu oder die antipharisäische Rede Mt 23 stammen, klärt McDonald nicht. 4. Ausblick Mit guten Gründen ist zu konstatieren, dass eine vollständige kritische Sichtung und vor allem Identifizierung der Texte des matthäischen »Sonderguts« angezeigt wäre. Zwar mag diese Aufgabe äußerst komplex und mit vielen Schwierigkeiten behaftet sein-- das hat der forschungsgeschichtliche Abriss gezeigt--, aber m. E. wäre es doch lohnend, diese zum Teil sehr zentralen Stoffe des ersten Evangeliums im Hinblick auf ihre mögliche Herkunft mithilfe aller zur Verfügung stehenden exegetischen Methoden genauer in den Blick zu nehmen. Besonders die in den letzten Jahren in den Fokus gerückten narratologischen Analysen könnten hier vielversprechend sein, indem sie bestimmte Muster im Arrangement des Matthäusevangeliums und möglicherweise auch in den matthäischen Sondertraditionen sichtbar machen können. 66 Das »Sondergut« müsste inhaltlich bestimmt, strukturanalytisch untersucht und auf mögliche traditionsgeschichtliche Prozesse hin geprüft werden. Entsprechende Vorstudien, besonders zu den matthäischen Spracheigentümlichkeiten, liegen bereits vor. 67 Die Forschungsgeschichte hat gezeigt, dass es an einer überzeugenden und methodisch reflektierten Kriteriologie zur positiven Bestimmung des »Sonderguts« fehlt. Das hängt selbstredend mit der Zwei-Quellen-Theorie zusammen, die das »Sondergut« per negativem Ausschlussverfahren definiert, was den zugrundeliegenden Traditionen aber kaum gerecht werden kann. Denn eine »Restkategorie«, wie Michael Wolter die Sonderguttraditionen zurecht genannt hat, kann nicht als Ausgangspunkt für deren positive Bestimmung und Charakterisierung dienen. 68 Alle Versuche, dem »Sondergut« den Charakter einer Quelle mit eigenem theologischem und literarischem Profil zuzuschreiben, mussten bei diesem Ansatz scheitern: »Sie beachten nicht, dass das einzige Merkmal, das alle Texte des ›Sonderguts‹ gemeinsam haben, lediglich eine negative Eigenschaft ist, […] und kehren den Rest-Charakter des Sonderguts in eine primäre, positive Eigenschaft um, die den Texten als solchen anhaften soll und in ihnen vorgefunden werden könne.« 69 »Die Forschungsgeschichte hat gezeigt, dass es an einer überzeugenden und methodisch reflektierten Kriteriologie zur positiven Bestimmung des ›Sonderguts‹ fehlt.« »Die auf der Basis der Zwei-Quellen- Theorie als matthäisches ›Sondergut‹ ausgeschiedenen Traditionen können nur der notwendige arbeitstechnische Ausgangspunkt für genauere Analysen und Kriterien zu dessen Identifizierung sein-- mehr nicht.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 8 - 4. Korrektur 8 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Neues Testament aktuell Nimmt man den Faden der bisher vorliegenden forschungsgeschichtlichen Ansätze auf, könnte es lohnend und m. E. auch möglich sein, das matthäische »Sondergut« als eine eigenständige Größe in den Blick zu nehmen und damit neu zu definieren-- eine differenziertere Bezeichnung eingeschlossen. Das würde dann aber auch implizieren, dass man-- gesetzt den Fall man hielte an der Zwei-Quellen-Theorie fest-- den mühsamen Weg beschreitet, die bisher als »Sondergut« definierten Stoffe daraufhin zu überprüfen, ob sie nicht doch Teilen der Logienquelle entstammen und schlichtweg von Lukas nicht übernommen wurden, wie es zuletzt Burkett durchexerziert hat. 70 Gerade beim Redenstoff scheint diese Möglichkeit alles andere als unwahrscheinlich. 71 Auch das Ausscheiden von Stoffen im Sondergutmaterial, die eine offenkundige Kenntnis des Markusevangeliums voraussetzen und darum möglicherweise nicht eigenständig außerhalb dieser Tradition existierten, wäre ein möglicher Schritt. 72 Kurzum: Die auf der Basis der Zwei-Quellen-Theorie als matthäisches »Sondergut« ausgeschiedenen Traditionen können nur der notwendige arbeitstechnische Ausgangspunkt für genauere Analysen und Kriterien zu dessen Identifizierung sein-- mehr nicht. Ein solchermaßen geänderter Blickwinkel auf das »Sondergut« verspricht eine positive Bestimmung dieser Traditionen, die vielleicht doch mehr als ein Sammelbecken disparater und verschiedener Textblöcke oder Versatzstücke gewesen sein können, auch wenn man eine einzige literarische Quelle »M« wohl kaum namhaft machen kann. Und dennoch: Der Matthäusexegese, aber möglicherweise auch der Bewertung der Zwei-Quellen- Theorie sollte dies in jedem Fall zu interessanten neuen Einsichten und Perspektiven verhelfen. Anmerkungen 1 Zum Diskussionsstand vgl. C. M. Tuckett, The Current State of the Synoptic Problem, in: P. Foster/ A. Gregory (Hg.), New Studies in the Synoptic Problem. Oxford Conference, April 2008 (FS C.M. Tuckett) (BEThL 239), Leuven [u. a.] 2011, 9-50 (Nachdruck in C.M. Tuckett, From the Sayings to the Gospels (WUNT 328), Tübingen 2014, 77-116). Insbesondere Marc Goodacre bestreitet auf der Basis der Farrer-Hypothese (das Markusevangelium liegt Matthäus und Lukas vor, letzterer kennt aber ebenfalls Matthäus) und im kritischen Anschluss an M.D. Goulder, Luke. A New Paradigm. Volume I, Part I: The Argument; Part II: Commentary: Luke 1,1-9,50 (JSNT.S), Sheffield 1989 (und ebd., Volume II, Part II (cont.). Commentary: Luke 9,51-24,53) die Existenz von Q, so etwa in seiner Monographie M. Goodacre, The Case Against Q. Studies in Markan Priority and the Synoptic Problem, Harrisburg 2002. Für den deutschsprachigen Raum vgl. vor allem W. Kahl, Erhebliche matthäisch-lukanische Übereinstimmungen gegen das Markusevangelium in der Triple-Tradition. Ein Beitrag zur Klärung der synoptischen Abhängigkeitsverhältnisse, ZNW 103 (2012), 20-46. Dem viel zitierten Argument von U. Schnelle, Einleitung in das Neue Testament (UTB Theologie), Göttingen 3 1999, 194, dass die Zwei-Quellen-Theorie mit dem geringsten Schwierigkeitsgrad die meisten Phänomene erklärt (im Original mit Kursivsetzungen), widersprach gleichsam vor seiner Formulierung schon E.P. Sanders, The Tendencies of the Synoptic Tradition (SNTS.MS 9), Cambridge 1969, 279: »I rather suspect that when and if a new view of the Synoptic problem becomes accepted, it will be more flexible and complicated than the tidy-twodocument hypothesis. With all due respect for scientific preferences for the simpler view, the evidence seems to require a more complicated one.« 2 C.H. Weiße, Die evangelische Geschichte kritisch und philosophisch betrachtet, 2 Bde., Leipzig 1838. 3 H.J. Holtzmann, Die synoptischen Evangelien. Ihr Ursprung und ihr geschichtlicher Charakter, Leipzig 1863. Vgl. zum synoptischen Problem und dessen Lösungsversuchen M. Ebner, Die synoptische Frage, in: ders./ S. Schreiber (Hg.), Einleitung in das Neue Testament (KStTh 6), Stuttgart 2008, 67-84; hilfreich auch F.R. Prostmeier, Kleine Einleitung in die synoptischen Evangelien, Freiburg i. Br. 2006; warum I. Broer/ H.-U. Weidemann, Einleitung in das Neue Testament, Würzburg 2010, 49 den Neutestamentler Christian Gottlob Wilke mit seiner Studie »Der Urevangelist oder exegetisch kritische Untersuchung über das Verwandtschaftsverhältnis der drei ersten Evangelien« (Dresden/ Leipzig 1838) als Begründer der Zwei-Quellen-Theorie benennen, erschließt sich nicht. Wilke vertritt die Markuspriorität und eine innersynoptische Benutzungshypothese, d. h. Matthäus lag neben dem Urevangelium Markus auch Lukas vor, vgl. ebd., 693: »Der Ordner [sc. Matthäus] war im Besitz des Markusevangeliums, bevor er von Lukas Schrift Kunde erhielt, oder er kannte jenes als das ältere Werk und wußte, daß Lukas nur Zuthaten zu diesem Werke gemacht hatte. Er schaltete daher, was er einzuschalten hatte, in seine Urschrift so, wie Er sie in den Händen hatte, ein […].« 4 Vgl. H. J. Holtzmann, Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in das Neue Testament, Freiburg i.Br. 1885; dazu W. Kahl, Vom Ende der Zweiquellentheorie oder: Zur Klärung des synoptischen Problems, Transparent 75 (2004), 1-36, hier: 10 f. 5 J. Weiß, Die Verteidigung Jesu gegen den Vorwurf des Bündnisses mit Beelzebul, ThStKr 63 (1890), 555-569; ders., Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes, Göttingen 1892 (2. überarb. Aufl. 1900); Weiß verwendet für die ansonsten als »Redenquelle« oder »Logia« bezeichnete »zweite Quelle«, die in griechischer Sprache vorgelegen habe, erstmals das Sigel »Q« (ebd., 37 f.); während das »Sondergut des Lukas« (»LQ«) auf eine einzelne Quelle zurückzuführen sei, sieht es für Matthäus anders aus (ebd., 38): »Das schliesst nicht aus, das [sic! ] Mt trotzdem Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 9 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 9 Uta Poplutz »M-Quelle« oder Konglomerat? nicht nur eine Fülle altertümlichen Materials in seiner conservativen Art uns erhalten hat, sondern dass er auch im Einzelnen Züge höchster Ursprünglichkeit zeigt, selbst da, wo man es nicht erwarten sollte. Für diese Eigentümlichkeiten ist eine ausreichende Erklärung noch nicht erbracht worden.« 6 Vgl. P. Hoffmann, Mutmaßungen über Q. Zum Problem der literarischen Genese von Q, in: A. Lindemann (Hg.), The Sayings Source Q and the Historical Jesus (BEThL 158), Leuven 2001, 255-288, hier: 288. 7 Vgl. dazu Ebner, Die Spruchquelle Q (s. Anm. 3), 85-111. 8 J.M. Robinson/ P. Hoffmann/ J.S. Kloppenborg, The Critical Edition of Q. Synopsis including the Gospels of Matthew and Luke, Mark and Thomas with English, German and French Translations of Q and Thomas, Leuven/ Minneapolis 2000; vgl. auch H.T. Fleddermann, Q: A Reconstruction and Commentary (BiTS 1), Leuven [u. a.] 2005; P. Hoffmann/ C. Heil, Die Spruchquelle Q. Studienausgabe Griechisch-Deutsch, Darmstadt/ Leuven 2002. Irritierend ist der Titel »Critical Edition«, da Editionen nur von Hauptüberlieferungen, d. h. von vollständigen oder fragmentarischen Kopien des zu edierenden Textes, vorgelegt werden können und nicht von Nebenüberlieferungen, die lediglich eine hypothetisch erschlossene Rekonstruktion eines Textes erlauben, dessen Gestalt weder im Umfang noch im Wortlaut exakt bestimmbar ist; vgl. dazu Kahl, Übereinstimmungen (s. Anm. 1), 21-24. 9 Ein Beispiel: Mt 7,6 gilt im Gegensatz zu 7,7 als »Sondergut«, weil es bei Lk nicht begegnet; doch in der frühchristlichen Spruchsammlung des Thomasevangeliums begegnen in ThEv 93 und 94 die Logien Mt 7,6 und 7,7 unmittelbar nacheinander. 10 Der Begriff »Sondergut« wurde m. W. von Johannes Weiß geprägt (s. Anm. 5); auch P. Wernle, Die synoptische Frage, Freiburg i.Br. 1899 spricht vom »Sondergut des Lucas« und »Sondergut des Matthäus«; Weiße, Geschichte (s. Anm. 2), 76 nennt es hingegen »Zurüstungen«; Wilke, Urevangelist (s. Anm. 3), 12 spricht, ebenso wie Holtzmann, Evangelien (s. Anm. 3), 158 von »Eigenthümlichkeiten«; dabei sieht Holtzmann den größten Teil dieser »Eigenthümlichkeiten« als »schriftstellerisches Product« und rechnet für Teile der Bergpredigt und der Rede gegen die Pharisäer mit unbestimmten, jedoch auf keinen Fall bedeutenden »kleineren schriftlichen Aufzeichnungen« (ebd., 162). 11 So M. Wolter, Das Lukasevangelium (HNT 5), Tübingen 2008, 14.16; s. u. Anm. 68. 12 Vgl. aber z. B. Anm. 9. 13 Vgl. dazu Anm. 31. 14 E. Burton, Some Principles of Literary Criticism and Their Application to the Synoptic Problem, Chicago 1904; vgl. zum Folgenden besonders die Ausführungen von P. Foster, The M-Source. Its History and Demise in Biblical Scholarship, in: P. Foster/ A. Gregory (Hg.), New Studies in the Synoptic Problem. Oxford Conference, April 2008 (FS C.M. Tuckett) (BEThL 239), Leuven [u. a.] 2011, 591-616, hier: 591 f.: »Perhaps the most significant, yet overlooked contribution to the early study was made by Ernest DeWitt Burton.« 15 Vgl. Burton, Principles (s. Anm. 15), 41: Mt 3,14.15; 5,4.7-10.13a.14.16.17.19-24.27.28.31.33- 39a.41.43; 6,1-7.10b.13b.16-18.34; 7,6.12b.15.22; 9,13a; 10,5.6.8a.16b.23.25b.36.41; 11,28-30; 12,5- 7.11.12a.34; 13,14.15.24-30.35-53; 15,12-14.23.24; 16,17-19; 17,24-27; 18,4.10.14.16-20.23-34; 19,10- 12.28; 20,1-15; 21,14-16.28-32.43; 22,1-14; 23,2.3.5.7b- 10.15-22. 24.28.32; 24,10-12.30a; 25,1-11a.13.14-46; 26,52.53. 16 Zu diesem Zusammenhang neuerdings auch McDonald, Two Shipwrecked Gospels. The Logoi of Jesus and Papias’s Exposition of Logia about the Lord (SBLECL 8), Atlanta 2012 (s. u.). 17 Burton, Principles (s. Anm. 15), 41. 18 B.H. Streeter, The Four Gospels. A Study of Origins, Treating of the Manuscript Tradition, Sources, Authorship, and Dates, London 1924. Diese Liste umfasst nicht das komplette Material von M; eine solche Liste legt Streeter im Gegensatz zu den Inhalten von Q, die er minutiös inhaltlich bestimmt, nicht vor. 19 Hier legt sich Streeter nicht ganz fest, was S. Brooks, Matthew’s Community. The Evidence of his Special Sayings Material (JSNT.S 16), Sheffield 1987, 13 schön auf den Punkt bringt: »While Streeter states that M may be either a single or several sources, he tends to discuss M as if it were a single source.« 20 Vgl. dazu auch B.C. Jones, Matthean and Lukan Special Material. A brief Introduction with Texts in Greek and English, Eugene 2011, 10-13; vgl. auch Foster, M-Source (s. Anm. 14), 591-616, hier: 592: »Streeter never refers explicitly to Burton’s previous work in the area of the M source.« 21 Als jüngerer Verfechter dieser Hypothese ist etwa U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 1-7) (EKK 1,1), Neukirchen-Vluyn 5 2002, 48, zu nennen. 22 Vgl. Streeter, Gospels (s. Anm. 18), 223; 227; auch wenn Streeter die Annahmen der Zwei-Quellen-Theorie teilt, macht er auf den missverständlichen Titel aufmerksam: »The name ›Two Document Hyptothesis‹ suggests that no other sources used by Matthew and Luke are comparable to the ›Big Two‹. Hence an undue importance has been assigned to Q as compared with the sources used by Matthew and Luke only« (ebd., 223). Vgl. dazu Jones, Special Material (s. Anm. 20), 8-10; Foster, M-Source (s. Anm. 14), 591-616, hier: 593-597. 23 S.o. Anm. 1. 24 Vgl. Streeter, Gospels (s. Anm. 18), 512 f. 25 Vgl. paradigmatisch für zwei Kommentatoren folgende Statements: Luz, Mt I (s. Anm. 21), 51: »Der Textbefund, vor allem die hohe Dichte von red. Spracheigentümlichkeiten in den meisten Sondergutsstoffen, spricht eindeutig dagegen [sc. gegen die Existenz von ›M‹]«; A. Sand, Das Matthäus-Evangelium (EdF 275), Darmstadt 1991, 5: »Diese Vielfalt (ohne erkennbares theologisches Leitmotiv) macht deutlich, dass man das matth. Sondergut nicht einer dritten Quelle zuweisen kann. Vielmehr sind mehrere ›Quellen‹ anzunehmen, darunter auch mündliche […].« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 10 - 4. Korrektur 10 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Neues Testament aktuell 26 T.W. Manson, The Sayings of Jesus as Recorded in the Gospels According to St. Matthew and St. Luke Arranged with Introduction and Commentary, London 1949; zuerst publiziert in H. D. A. Major/ T.W. Manson/ C.J. Wright, The Mission and Message of Jesus. An Exposition of the Gospels in the Light of Modern Research, London 1937, 301-639. 27 Folgende Liste hat Foster, M-Source (s. Anm. 14), 598 auf der Basis der Ausführungen und des Kommentars von Manson zusammengetragen (die von Manson als unsicher eingeschätzten Verse stehen in Klammern): Mt 3,14 f.; 5,7-10.(13-16).17-24.27-39a.43.(44a).(44b-48); 6,1-8. (9-15).16-18.34; 7,6.13 f.15.(16-20).21-23; 10,5-16.23- 25.40-42; 11,1.14 f.28-30; 12,5-7.11 f.34a.36 f.; 13,24- 30.36-53; 15,12 f.22-25; 16,2 f.17-20; 18,10.12-35; 19,10-12.28; 20,1-16; 21,14-16.28-32.43.(44); 22,1-14; 23,1-36; 24,10-12.30a; 25,1-46. Dabei ist es interessant, dass Manson eine noch ältere Sammlung von Lehrtraditionen annimmt, aus der sowohl »M«als auch »Q« geschöpft haben. 28 Vgl. Manson, Sayings (s. Anm. 26), 25: »The extreme respect for the Law coupled with a violent antagonism to the lawyers is best understood in a community at once proud of its Jewish heritage and a loggerheads with the official guardians of that heritage. This can only be the churches of Judea-- or a section of them-- in the years before the fall of Jerusalem.« 29 G.D. Kilpatrick, The Origins of the Gospel according to St. Matthew, Oxford 1946. 30 Ebd., 36. 31 So die richtige Einschätzung von Foster, M-Source (s. Anm. 14), 599 f. Als Vater der Redaktionskritik hat wohl Günther Bornkamm zu gelten, vgl. G. Bornkamm/ G. Barth/ H.J. Held (Hg.), Überlieferung und Auslegung im Matthäus-Evangelium (WMANT 1), Neukirchen-Vluyn 1948. 32 Kilpatrick, Origins (s. Anm. 29), 36. 33 F.C. Grant, The Gospels. Their Origins and Their Growth, London 1957. 34 Vgl. das Diagramm ebd., 51. 35 Vgl. ebd., 49: »It is, of course, possible that M is a later form of Q, edited and arranged by Matthew, or by the School of Christian scribes or teachers which he represents, for catechetical purposes.« 36 Vgl. J. A. Doole, What was Mark for Matthew? An Examination of Matthew’s Relationship and Attitude to his Primary Source (WUNT II/ 344), Tübingen 2013, 36-38. 37 Vgl. hier bes. den Exkurs zu den matthäischen Quellen bei W.D. Davies/ D.C. Allison, A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel according to Saint Matthew. Vol. 1: Matthew 1-7 (ICC), London/ New York 2004, 97- 127. 38 Hier ist als Referenzwerk an erster Stelle der nach wie vor maßgebliche Kommentar zu den matthäischen und lukanischen Kindheitserzählungen von R.E. Brown, The Birth of the Messiah. A Commentary on the Infancy Narratives in Matthew and Luke, London 1977 zu nennen, aber auch die ausführlichen Darlegungen in den Matthäuskommentaren von Luz, Mt I (s. Anm. 21), 117-189 und Davies/ Allison, Mt I (s. Anm. 37), 149-284; exemplarisch sei darüber hinaus auf die Monographien von A. Vögtle, Messias und Gottessohn. Herkunft und Sinn der matthäischen Geburts- und Kindheitsgeschichte (Theologische Perspektiven), Düsseldorf 1971, M. Mayordomo-Marín, Den Anfang hören. Leserorientierte Evangelienexegese am Beispiel von Matthäus 1-2 (FRLANT 180), Göttingen 1998 und A. Wucherpfennig, Josef der Gerechte. Eine exegetische Untersuchung zu Mt 1-2 (HBS 55), Freiburg i.Br. 2008, verwiesen. 39 Grundlegend W. Rothfuchs, Die Erfüllungszitate des Matthäus-Evangeliums. Eine biblisch-theologische Untersuchung (BWANT 88), Stuttgart 1969; K. Stendahl, The School of St. Matthew and its Use of the Old Testament (ASNU 20), Uppsala 1954; G. Strecker, Der Weg der Gerechtigkeit. Untersuchung zur Theologie des Matthäus (FRLANT 82), Göttingen 1962, 49-76; M. J. J. Menken (Hg.), Matthew’s Bible. The Old Testament Text of the Evangelist (BEThL 173), Leuven 2004, sowie darin speziell den Beitrag Menken, Old Testament Quotations in Matthean Sondergut, 255-278. 40 D. Paul, Untypische Texte im Matthäusevangelium? Studien zu Charakter, Funktion und Bedeutung einer Textgruppe des matthäischen Sonderguts (NTA.NF 50), Münster 2005. Paul meint mit untypischen Texten diejenigen Erzählungen des Sonderguts, die mindestens ein dem Volksglauben nahestehendes Motiv (z. B. Träume, Magier aus dem Osten, zur Geburt aufgehender Stern etc.) enthalten, das im Rahmen der kanonischen Evangelien nur im matthäischen Sondergut vorkommt. 41 Manson, Sayings (s. Anm. 26); Brooks, Community (s. Anm. 19); beide verbinden ihre Analysen aber eng mit der Suche nach einer matthäischen Quelle (s. u.). 42 Etwa Brooks, Community (s. Anm. 19). 43 D. Senior, Matthew’s Special Material in the Passion Story. Implications for the Evangelist’s Redactional Technique and Theological Perspective, EThL 63 (1987), 272-294. 44 Vgl. H.-T. Wrege, Das Sondergut des Matthäus-Evangeliums (Zürcher Werkkommentare zur Bibel), Zürich 1991; H. Klein, Bewährung im Glauben. Studien zum Sondergut des Evangelisten Matthäus (BThS 26), Neukirchen- Vluyn 1996. Eine ältere Arbeit liegt mit E. Hirsch, Frühgeschichte des Evangeliums. Zweites Buch: Die Vorlagen des Lukas und das Sondergut des Matthäus, Tübingen 1941 vor; diese Arbeit wurde m. W. kaum rezipiert, was zwar auch mit dieser kaum belegbaren These, aber sicherlich auch mit seiner stark nationalsozialistischen Prägung zusammenhängen mag, die sich etwa in dem Versuch äußerte, Jesus als Arier zu bestimmen; vgl. dazu den instruktiven Beitrag von T. Nicklas, Vom Umgang mit biblischen Texten in antisemitischen Kontexten, HTS 64 (2008), 1895-1921. 45 Jones, Special Material (s. Anm. 20); Brooks, Community (s. Anm. 19). 46 Klein, Bewährung (s. Anm. 44) ordnet die im Evangelium verstreuten Texte anhand formaler und inhaltlicher Aspekte zu diversen Gruppen, während Wrege, Sondergut (s. Anm. 44) mit seiner Studie einem üblichen Kommen- Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 11 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 11 Uta Poplutz »M-Quelle« oder Konglomerat? taraufbau folgt und die identifizierten Texte in ihrer matthäischen Abfolge kommentiert. 47 Vgl. auch Mt 18,20; 25,31-48; 28,20. 48 Vgl. Wrege, Sondergut (s. Anm. 44), 13. 49 Ebd., 137 f. Eine ähnliche Einschätzung formulierte bereits Streeter, Gospels (s. Anm. 18), 512, allerdings für die gesamte Quelle »M«: »It cannot be too emphatically insisted that this element in Matthew reflects, [sic! ] not primitive Jewish Christianity, but a later Judaistic reaction against the Petro-Pauline liberalism in the matter of the Gentile mission and the observance of the law.« 50 Vgl. die drei Kurzgleichnisse Mt 13,44. 45. 47-50 sowie 13,24-30.36-43; 18,23-35; 20,1-16; 21,28-32; 22,2 … 11-14; 25,1-13.31-46; dazu Klein, Bewährung (s.-Anm. 44), 54-132. 51 Vgl. Mt 5,17. 19. 21 f.23 f.27.33 f.34b-37; 7,6; 19,11 f.; dazu Klein, Bewährung (s. Anm. 44), 133-155. 52 Die unter dieser Rubrik subsumierten Sonderguttexte hat Klein zu verschiedenen thematischen Blöcken zusammengestellt: Das Ringen um rechte Frömmigkeit, Petrustraditionen, Logien über den Aufbau der Gemeinde, vgl. ebd., 156-198. 53 Klein, Bewährung (s. Anm. 44), 209-212; zum Traditionshintergrund vgl. auch die Vorarbeit zur Monographie: ders., Frömmigkeit, 466-474. 54 Klein, Bewährung (s. Anm. 44), 210-212. 55 Brooks, Community (s. Anm. 19). 56 Ebd., 15: »An investigation of the unparalleled sayings in Matthew holds promise for understanding the history of the relationship between Matthew’s community and Judaism.« 57 Ebd., 122: »Matthew seems to have used blocks of sayings from his oral tradition that originated in the form of extended complexes of sayings. He also may have been quite selective about which of the M traditions he used.« 58 Jones, Special Material (s. Anm. 20). 59 Ebd., 13: »So this book is largely meant to serve a practical purpose: to bring all the material unique to Matthew and Luke into one place so that it can be studied on its own, in isolation from the larger Gospel narratives.« Zur von Jones selbst erwähnten »Q«-Parallele vgl. F. Neirynck, Q- Parallels. Q-Synopsis and IQP/ CritEd Parallels (SNTA 20), Leuven 2001; ein ähnlich angelegtes Buch wäre J.S. Kloppenborg, Q Parallels. Synopsis, Critical Notes & Concordance (Foundations & Facets/ New Testament), Sonoma 1988. 60 Vgl. Jones, Special Material (s. Anm. 20), 14. 61 Vgl. Klein, Bewährung (s. Anm. 44), 15: »Ausgenommen aus dieser Untersuchung werden die Kindheitsgeschichte und die Sammlung alttestamentlicher Zitate, für die es gründliche Einzelstudien gibt.« Das Problem bei dieser eher technischen Auslassung ist, dass man nun nicht weiß, welchen Tradentenkreisen Klein diese Texte zuordnet. 62 S. Anm. 16. 63 McDonald, Shipwrecked Gospels (s. Anm. 16), 171. 64 Ebd., 95-97. Folgende Stücke zählt er dazu: Mt 5,15. 18. 23 f.29 f.32; 7,1 f.; 10,23.26 f.32 f.34 f.38 f.40; 11,10; 12,30. 32. 38 f.; 17,20; 18,6 f.; 20,16; 21,32; 24,26.43 f.; 25,29. 65 Eine Synopse findet sich ebd., 412-504; der »Q+«-Text mit Übersetzung ebd., 562-619. 66 Vgl. dazu U. Poplutz, Erzählte Welt. Narratologische Studien zum Matthäusevangelium (BThS 100), Neukirchen- Vluyn 2008. 67 Vgl. u. a. W. Schenk, Die Sprache des Matthäus. Die Text- Konstituenten in ihren makro- und mikrostrukturellen Relationen, Göttingen 1987; Luz, Mt I (s. Anm. 21), 52- 78; Davies/ Allison, Mt I (s. Anm. 37), 72-96; S.L. Black, The Historic Present in Matthew. Beyond Speech Margins, in: S.E. Porter/ J.T. Reed (Hg.), Discourse Analysis and the New Testament. Approaches and Results (JSNT.S 170), Sheffield 1999, 120-139. 68 Wolter, Lk (s. Anm. 11), 14: »Mit diesem Begriff [sc. Restkategorien] bezeichnet man Kategorien, unter die solche Phänomene subsumiert werden, die lediglich durch eine negative Eigenschaft miteinander verbunden sind, weil sie sich innerhalb eines bestehenden Kategoriensystems den jeweils verwendeten Hauptkategorien nicht zuordnen lassen und im wahrsten Sinne des Wortes übrig bleiben. […] Auf wundersame Weise verwandelte sich das mit diesem Sammelbegriff bezeichnete Material jedoch schon recht bald in eine eigenständige Größe, und parallel dazu mutierte der Begriff ›Sondergut‹ von einer Restkategorie zu einer Hauptkategorie.« 69 Ebd., 15. 70 So etwa zu finden bei D. Burkett, Rethinking the Gospel Sources, Vol. 2: The Unity and Plurality of Q (SBLECL 1), Atlanta 2009. 71 So bereits W. Marxsen, Einleitung in das Neue Testament. Eine Einführung in ihre Probleme, Gütersloh 4 1978, 124. 72 So etwa der Vorschlag von Doole, Mark (s. Anm. 36), 34, der dies für folgende Texte vermutet: Mt 12,5 f.; 14,28- 31; 15,23 f.; 16,17-19; 17,6 f.; 18,3 f.; 19,10-12; 21,10 f.; 26,25; 26,42b; 27,19; 27,24 f.; 28,2; ebd.: »Each of these presupposes knowledge of the events of Mark’s narrative.«