eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 18/36

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2015
1836 Dronsch Strecker Vogel

Konzeptionen, Beobachtungen und Überlegungen zur intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums

2015
Stefan Alkier
Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 33 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 33 1. Der intertextuelle Rahmen des Matthäusevangeliums Moises Mayordomo-Marín hat in seiner ertragreichen Studie »Den Anfang hören. Leserorientierte Evangelienexegese am Beispiel von Matthäus 1-2« mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass Lesen kein Additionsverfahren des Sinnes der einzelnen gelesenen Worte ist. Für die beiden ersten Worte des Matthäusevangeliums spielt diese rezeptionsästhetische Einsicht eine entscheidende Rolle, die Mayordomo-Marín trefflich auf den Punkt bringt: »Setzt man beide Begriffe zusammen, dann ergeben sich nach unserer Wahrnehmung zwei unterschiedliche Leseanweisungen: während biblos (i. O. Griechisch) in Anfangsposition auf das gesamte Werk hinzuweisen scheint, verliert genesis (i. O. Gr.) nach Mt 1 jeglichen wörtlich nachweisbaren Bezug zum Text. Diese wie mit einem Skalpell das sprachliche Gewebe trennende Vorgehensweise ist dem gewöhnlichen Rezeptionsprozess, vor allem im Hörvorgang, ganz und gar fremd, denn sprachliches Erfassen richtet sich weniger nach der Bedeutung einzelner Wörter als vielmehr nach größeren syntaktischen Einheiten. In diesem Falle ist eine atomisierende Auslegung irreführend, weil biblos geneseos (i. O. Gr.) als Einheit ein deutlicher intertextueller Rückverweis auf die Septuagintafassung von Gen 2,4 und 5,1 ist und von dorther verstanden werden sollte.« 1 Nimmt man den letzten Vers des Matthäusevangeliums unter die Lupe, findet sich auch dort eine intertextuelle Disposition, denn die Zusage des auferweckten Gekreuzigten »ich bin bei Euch« ist eine Transformation des Namens Immanuel aus Jes 7,14, der in Mt 1,23 auf Jesus bezogen und auch übersetzt wird: »[…] und sie werden seinen Namen Emmanuel rufen, das ist übersetzt: mit uns Gott.« Das Matthäusevangelium erzählt die Transformationsgeschichte, wie aus dem »Gott mit uns« der »Ich bin bei Euch« wird. Ohne die intertextuellen Bezüge des Matthäusevangeliums gerät diese Pointe nicht in den Blick. Dass das Matthäusevangelium zudem durchzogen ist von einer beträchtlichen Zahl intertextueller Bezüge auf die Heiligen Schriften Israels, ist sicher keine Neuigkeit mehr, man denke nur an die so genannten Erfüllungszitate oder die Bergpredigt. Und zieht man die Bezüge zu den anderen Evangelien nicht literaturgeschichtlich, sondern ästhetisch in Betracht, öffnet sich ein weiterer Aspekt der Untersuchung der intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums, den ich in den folgenden Ausführungen aber nicht berücksichtigen werde. Umso erstaunlicher ist es, dass es m. a. W. keine Monographie über die intertextuelle Schreibweise dieses Evangeliums gibt. Obwohl die biblische Intertextualitätsforschung seit ihrem Anstoß durch Richard B. Hays enorm viele ertragreiche Studien und Monographien hervorgebracht hat, gibt es m. a. W. keine literaturwissenschaftlich fundierten Studien, die die intertextuelle Schreibweise als solche untersucht hätten. Mit den folgenden Ausführungen möchte ich dieses Desiderat der Forschung zumindest benennen. Daher werde ich die Frage nach der intertextuellen Schreibweise zunächst konzeptionell verorten und sie danach durch Beobachtungen und Überlegungen zum Matthäusevangelium konkretisieren. 2. Eine kleine Einführung in die biblische Intertextualitätsforschung Das hermeneutische Konzept der Intertextualität nimmt Text-Text-Relationen unter der Fragestellung in den Blick, welche Sinneffekte durch diese intertextuellen Beziehungen ermöglicht werden. Intertextuelle Lektüreverfahren können Ergebnisse von Einflussforschung und Quellenkritik aufgreifen, oder auch selbst zu diesen Fragestellungen beitragen. Sie gehen darin aber nicht auf. Sachgemäß wird von Intertextualität erst dann gesprochen, wenn sich durch Text-Text-Relationen Sinnerweiterungen, Sinnverschiebungen oder Sinnverdichtungen ergeben, die ohne Text-Text-Relationen nicht generiert werden können. Bei intertextuellen Schreib- und Lektüreverfahren handelt es sich daher um Dezentralisierungen von Sinn. 2 Stefan Alkier Konzeptionen, Beobachtungen und Überlegungen zur intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums Zum Thema »Das Matthäusevangelium erzählt die Transformationsgeschichte, wie aus dem ›Gott mit uns‹ der ›Ich bin bei Euch‹ wird. Ohne die intertextuellen Bezüge des Matthäusevangeliums gerät diese Pointe nicht in den Blick.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 34 - 4. Korrektur 34 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Zum Thema onsorientierte Intertextualitätsphänomene vornehmlich analytisch und rekonstruktiv ermittelt werden, und auf Grund ihrer Fragestellungen und Methoden zwischen legitimen und illegitimen Text-Text-Beziehungen unterscheiden können, ist generative Intertextualität ein prinzipiell unbegrenztes performatives Verfahren. Als einflussreichster exegetischer Vertreter produktionsbzw. rezeptionsorientierter, also mittels einer Kriteriologie begrenzender Intertextualitätskonzepte gilt zu Recht Richard B. Hays. 5 Besonderes Gewicht auf dem Gebiet unbegrenzter, also performativ-generativer Intertextualität kommt Stephen Moore 6 zu. Ein kategorial-semiotisch begründetes integratives Modell schlägt Stefan Alkier 7 vor. Produktionsorientierte Perspektiven: Schon in produktionsorientierter Perspektive sind die Text-Text-Beziehungen frühchristlicher bzw. aus späterer kanonischer Perspektive neutestamentlicher Texte nicht überschaubar. Es ist nicht möglich, ein Verzeichnis aller produktionsorientierten Intertextualitätsbeziehungen der neutestamentlichen Schriften anzufertigen, wie es etwa der »Appendix IV: Loci citati vel allegati« des Nestle- Aland bzw. die Randbeigaben dieser Studienausgabe des griechischen Neuen Testaments suggeriert. Auch die im Erscheinen begriffene kritische Ausgabe kann dies nicht leisten, weil es keine Verfahren gibt, alle produktionsorientierten Text-Text-Beziehungen zu ermitteln. Aber auch die durch offensichtliche intertextuelle Dispositionen erweisbaren Referenzen auf andere Texte sind in den neutestamentlichen Schriften so zahlreich, dass kein Kommentar, keine intertextuelle Interpretation in der Lage ist, alle gleichermaßen zu bedenken und miteinander zu korrelieren, da die zu verarbeitenden Textmengen die menschliche Auffassungsgabe im Akt der Lektüre schlicht überfordern. Es ist daher davon auszugehen, dass auch dem jeweiligen Autor selbst bei weitem nicht alle intertextuellen Bezüge im Akt seines Schreibens bewusst waren, die seinem Text eingeschrieben sind. Wie bedeutend intertextuelle Schreibverfahren für die Abfassung frühchristlicher Schriften waren, sieht man bereits auf der ersten Seite des NT. Die Genealogie des Mt erzeugt ein intertextuelles Verweissystem, in dem die gelisteten Namen als narrative Abbreviaturen dienen, die durch ihre Auswahl und ihre Unterbrechungen die Rezeption der Heiligen Schriften Israels steuern und von da aus den Sinnhorizont des Mt als Ganzes entwerfen. Die sich durch das ganze Mt ziehenden Zitate und Anspielungen Heiliger Schriften Israels verlangen danach, nicht nur die jeweiligen Zitate isoliert zu betrachten, sondern das Mt als Ganzes mit den Schriften, die durch Der unfruchtbare Streit zwischen weiten Intertextualitätskonzeptionen, die sich an der Konzeption Julia Kristevas orientieren und engeren Intertextualitätskonzeptionen, die auf Methodisierbarkeit und kriteriengestützte Begrenzungen von Text-Text-Relationen zielen, wird entspannt, wenn man Intertextualitätsphänomene in drei Bereiche unterteilt, ohne sie gegeneinander auszuspielen. 3 Produktionsorientierte Intertextualität fragt nach solchen referentiellen Text-Text-Beziehungen, die von intertextuellen Dispositionen 4 wie Zitaten, Anspielungen und narrativen Abbreviaturen motiviert werden. In produktionsorientierter Perspektive dürfen nur solche Texte mit einem anderen Text korreliert werden, die dem Verfasser des zu untersuchenden Texts nachweislich bekannt waren oder mit hoher Wahrscheinlichkeit bekannt gewesen sein konnten. Rezeptionsorientierte Intertextualität untersucht Text-Text-Beziehungen, die von konkreten Lesern tatsächlich hergestellt wurden oder von hypothetischen Lesern zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten hätten hergestellt werden können. Generative Intertextualität fragt hingegen auch unabhängig von intertextuellen Dispositionen danach, welche Sinneffekte sich durch solche Text-Text-Relationen ergeben, die weder durch Kriterien produktionsnoch durch solche rezeptionsorientierter Intertextualität begründet werden. Das Kriterium generativer Intertextualität ist die Frage, ob sich durch den intertextuell erzeugten Zwischenraum interessante Sinneffekte ereignen. Während produktionsorientierte und rezepti- Prof. Dr. Stefan Alkier ist seit 2001 Professor für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche am Fachbereich Evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main. 2009 erschien im Francke Verlag als NET 12 seine Monographie: »Die Realität der Auferweckung in, mit und nach den Schriften des Neuen Testaments«. 2010 erschien, wieder im Francke Verlag, sein Lehrbuch: »Neues Testament« als UTB Basics. Er ist seit Heft 1 der ZNT einer ihrer drei geschäftsführenden Herausgeber. Seit 2008 gibt er zudem den neutestamentlichen Teil des bibelwissenschaftlichen Internetlexikons www.wibilex.de heraus. Prof. Dr. Stefan Alkier Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 35 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 35 Stefan Alkier Konzeptionen, Beobachtungen und Überlegungen zur intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums die Zitate, Anspielungen und narrativen Abbreviaturen eingespielt werden, intertextuell zu korrelieren und nach den damit erzeugten Sinneffekten zu fragen. Auch das Markusevangelium eröffnet sein Diskursuniversum mit der Herstellung eines intertextuellen Verweissystems. Indem es den »Anfang des Evangeliums« (Mk 1,1) bei »Jesaja« verortet, verlangt es danach, als Fortsetzung und legitimer Abschluss der Prophetie Jesajas gelesen zu werden. Das von Mk Jesaja zugeschriebene Mischzitat in Mk 1,2 f. lässt das Schreibverfahren des Mk als generative Intertextualität klassifizieren, die allein an der Performanz seiner Erzählung interessiert ist. Anders als Mt und Mk entwirft Lk mit dem Anfang seines Evangeliums mittels typologischer Intertextualität einen historiographischen Horizont. Seine referentiellen intertextuellen Verweise sind kaum weniger gewichtig als die seiner Vorgänger, auf die er sich bereits im Proömium intertextuell anknüpfend und abgrenzend bezieht. Die Heiligen Schriften Israels werden als Verstehensvoraussetzungen nicht nur des lukanischen Doppelwerks, sondern der Jesus-Christus-Geschichte (Eckart Reinmuth) als solcher eingeführt. Die Schrift als Schlüssel der Erkenntnis (Lk 11,52) verlangt eine durchgehende parallele intertextuelle Lektüre der lukanischen Schriften und der Heiligen Schriften Israels. Erst dieser intertextuelle Lektüreakt führt laut Lk 24,27 zum Verstehen des Ereigniszusammenhangs von Kreuz und Auferweckung, sowie der in der Apostelgeschichte dargestellten Ausgießung des Heiligen Geistes (vgl. Apg 2,16-21) und Ausbreitung des Evangeliums über die Grenzen des Volkes Israels hinaus (Apg 15,14-17). Dabei verfolgt Lukas eine Reihe verschiedener intertextueller Schreibverfahren, die von Mimesis (Lk 7,11- 17), über Zitate und Allusionen, bis zur midraschartigen Neuerzählung (Apg 7) und zur Schriftreflexion (Lk 11,52; 24,27) reichen, um nur einige wichtige Verfahren zu benennen. Das Johannesevangelium setzt mit seiner intertextuellen Verschränkung mit der Schöpfungstheologie ein, wie sie insbesondere in Gen 1,1-2,4a als Schöpfung durch das göttliche Wort inszeniert wird (Joh 1,1-4). Diese kosmologische Perspektive prägt das gesamte johanneische Schrifttum, die Apk inbegriffen. Obwohl auf den ersten Blick weniger referentielle Bezugnahmen auf die Heiligen Schriften Israels zu beobachten sind, als es bei den Synoptikern oder in den paulinischen Briefen der Fall ist, ist die intertextuelle Verortung der johanneischen Schriften hermeneutisch wie theologisch keinesfalls geringer einzuschätzen. Das Johannesevangelium erzählt seine Geschichte als Erfüllung der Heiligen Schriften Israels und gleichermaßen als Erfüllung der Worte Jesu, weil beide die Autorität des Leben schaffenden Geistes des Wortes Gottes präsentieren (Joh 2,22; vgl. 17,12; 18,9). Die johanneischen Erfüllungszitate können mit Hartwig Thyens epochalem Johanneskommentar 8 zudem als intertextuelle Disposition des Johannesevangeliums begriffen werden, die es als Kommentar zu den Synoptikern begreifen lässt. So wird etwa Joh 5,47 verständlich als intertextueller Kommentar zu Lk 16,31. Die Apk teilt mit dem Johannesevangelium nicht nur die kosmologische Perspektive, sondern auch die Zurückhaltung hinsichtlich direkter Zitate aus den Heiligen Schriften Israels. Dennoch kann die Apk als die neutestamentliche Schrift mit den meisten intertextuellen Allusionen zu den Schriften Israels, aber auch zu den Synoptikern und der neutestamentlichen Briefliteratur gewertet werden. Nicht zuletzt zum Johannesevangelium weist sie bedeutsame intertextuelle Relationen auf, die darauf verweisen, dass sie teils als Erfüllung des Johannesevangeliums, teils als dessen Fortsetzung konzipiert wurde (vgl. Joh 1,51; Apk 19,11). Bzgl. der Apk ist es besonders ertragreich, nicht nur referentielle, sondern auch typologische 9 intertextuelle Relationen ins Blickfeld zu nehmen, da erst dann die zahlreichen Bezüge auch zu griechischer und lateinischer Literatur auffallen. Letzteres ist noch immer ein Desiderat der Forschung. Der Klassiker der bisherigen Intertextualitätsforschung, Richard B. Hays’ Echoes of Scripture in the Letters of Paul, hat nicht nur wegweisend maßgebliche intertextuelle Referenzen der Paulusbriefe zu den Heiligen Schriften Israels nachgewiesen-- an die neunzig Zitate und noch mehr Allusionen--, sondern diese auch einem neuen hermeneutischen Verständnis zugeführt. Hays konnte aufzeigen, dass Paulus nicht lediglich einzelne Verse der Heiligen Schriften Israels willkürlich aus ihrem Zusammenhang herausreißt, sondern dass deren Kontext eine bedeutsame Rolle für die paulinischen Argumentationen spielt. Die paulinischen Briefe werden somit zu einem Resonanzraum der Schrift, die durch die neue Perspektive des Wortes vom Kreuz in Kontinuität und Diskontinuität zur Tradition steht. Die wechselseitige Berührung des Sinnpotentials der paulinischen Schriften einerseits und der Heiligen Schriften Israels andererseits kann dabei nicht schematisch als Mimesis rabbinischer Hermeneutik und Methodik enggeführt werden, sondern muss Kontext für Kontext mit Blick auf die jeweiligen Sinneffekte erforscht werden. Über die intertextuelle Referenz paulinischer Briefe zu verschiedenen Texten des Tenach hinaus, zeigen u. a. Richard B. Hays, Eckart Reinmuth, Michael Schneider und Stefan Alkier 10 auf, dass das intertextuelle Netz der Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 36 - 4. Korrektur 36 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Zum Thema paulinischen Briefe insgesamt eine narrative Hermeneutik und Epistemologie erzeugt, die vom Anfang der Welt über die Geschichte Israels und die Erwartung des Endes reicht. Der Dreh- und Angelpunkt dieses intertextuell erzeugten narrativen Rahmens ist das »Wort vom Kreuz« (1-Kor 1,18). Dass auch der Hebräerbrief nicht nur mit dem Aufruf der »Wolke der Zeugen« in Hebr 11, sondern durchgehend intertextuelle Bezüge zu den Heiligen Schriften Israels, wie zu den Paulusbriefen und auch zu den Synoptikern und zu den johanneischen Schriften aufweist, wurde schon häufiger festgestellt, bisher aber nur im Ansatz systematisch erforscht. 11 Insgesamt lässt sich sagen, dass die neutestamentliche Intertextualitätsforschung vornehmlich die produktionsorientierte Perspektive eingenommen hat, aber auch auf diesem Feld noch viele Desiderate aufweist. Dass aber die intertextuellen Verfahren wie die jeweilige Auswahl der Bezüge von Text zu Text unterschiedlich ausfallen, verweist schon auf einen wesentlichen Aspekt des Begriffs der Schreibweise: Es geht immer um eine Wahl aus der uneinholbaren Vielfalt von Möglichkeiten und damit immer um Positionierungen gegenüber dem Gegebenen. Rezeptionsorientierte Perspektiven: Es ist ebenso interessant und lehrreich zu erforschen, wie konkrete Leser und Leserinnen, biblische Texten miteinander, aber auch mit anderen Texten kombiniert haben und sich daraus neue, zum Teil überraschende Sinneffekte und intertextuelle Schreibverfahren ergeben, die zur weiteren Produktion insbesondere von Evangelien und Apostelgeschichten bis ins 9. Jh. n. Chr. und sogar darüber hinaus führten. So könnte auch das Problem der sogenannten Pseudepigraphie als rezeptionsorientierte Intertextualität neu bedacht werden, wozu Eckart Reinmuth wichtige Überlegungen und Vorschläge unterbreitet hat, die aber von der Forschung noch zu wenig aufgegriffen wurden. 12 Auch Homilien und Kommentare zu den neutestamentlichen Schriften verdanken sich weitgehend intertextueller Lektüren. Die orthodoxe Hermeneutik könnte unter einer intertextuellen Reformulierung ihres patristischen Ansatzes neue Relevanz auch für die aufgeklärte Bibelauslegung und ihre Rezeptionsgeschichte erlangen. Auch die Erforschung der intertextuellen Bezüge der Weltliteratur zu biblischen Texten bis in die Gegenwart hinein erhielte durch eine intertextuelle Orientierung neue hermeneutische und methodische Impulse. Besonderes Gewicht in rezeptionsorientierter Perspektive kommt aber dem Kanon als Leseanweisung zu. Der biblische Kanon stellt die Einzelschriften in einen neuen intertextuellen Zusammenhang, der die Sinnpotentiale der Einzelschriften verändert. Durch den Zusammenhang des Kanons ist es hermeneutisch begründet und theologisch notwendig, jede biblische Schrift mit jeder anderen biblischen Schrift zusammen zu lesen und diese sich gegenseitig interpretieren zu lassen, auch wenn diese Schriften in produktionsorientierter Hinsicht keine diesbezüglichen intertextuellen Dispositionen aufweisen. Martin Luthers Schriftlehre und insbesondere das Theorem scriptura sui interpres führt in intertextueller Reformulierung nicht zu einer Verengung biblischer Schriften, wie sie mit geistreichen Argumenten und Beobachtungen George Aichele dem Konzept des Kanons als solchem unterstellt hat. 13 Vielmehr werden durch die wechselseitige intertextuelle Leseweise auch höchst überraschende und nicht kalkulierbare Sinneffekte generiert, die gerade nicht zu dogmatisierenden Festschreibungen von Sinn führen, sondern dynamisch in jedem neuen Leseakt und jeder neuen Zusammenstellung von Texten changieren. Der Kanon erweist sich in intertextueller Reformulierung als ein Spielfeld, auf dem mit einem begrenzten Zeichenbestand eine unbegrenzte Zahl von Kombinationsmöglichkeiten und daraus resultierende Sinneffekte im Akt des Lesens entstehen. Auf diese intertextuelle Weise wird auch kanonbezogene Biblische Theologie nicht zum dogmatischen Maß der Dinge, sondern zu einer klar umrissenen Lesestrategie, die innerhalb der Konfession, in der der jeweilige Kanon gilt, ihre Sinndynamik entfalten kann, ohne dass diese Sinnerfahrung dieselbe Geltung in anderen Konfessionen beanspruchen müsste. Die intertextuelle Reformulierung Biblischer Theologie löst darüber hinaus das Problem der Verhältnisbestimmung zwischen den Heiligen Schriften Israels und dem Alten Testament christlicher Bibeln. Intertextuelle Biblische Theologie sucht nämlich nicht länger nach »Es geht immer um eine Wahl aus der uneinholbaren Vielfalt von Möglichkeiten und damit immer um Positionierungen gegenüber dem Gegebenen.« »Der Kanon erweist sich in intertextueller Reformulierung als ein Spielfeld, auf dem mit einem begrenzten Zeichenbestand eine unbegrenzte Zahl von Kombinationsmöglichkeiten und daraus resultierende Sinneffekte im Akt des Lesens entstehen.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 37 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 37 Stefan Alkier Konzeptionen, Beobachtungen und Überlegungen zur intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums einer Sinn zentrierenden und damit festschreibenden »Mitte« der Schrift, die in exkludierender Überheblichkeit die Anderen immer ausgrenzen muss, sondern begreift den Kanon als potentielle Symphonie polyphoner Stimmen, die sich im jeweiligen Leseakt neu und anders gegenseitig interpretieren und damit zu je eigenen polyphonen Sinnerfahrungen kommen lassen. 14 Generative Intertextualität: Nur sehr wenige Bibelwissenschaftlerinnen und Bibelwissenschaftler befassen sich mit generativer Intertextualität, da diese Aufgabe den gewohnten Rahmen und die eingeübten Fachkompetenzen der Analyse, Rekonstruktion und Interpretation übersteigt. Generative Intertextualität verlangt kreative Schreibverfahren, die die starre Grenze zwischen Wissenschaft und Kunst ignorieren. Besonders Stephen Moore setzt sich für die Aufgabe generativer Intertextualität ein, die darauf zielt, durch die experimentelle Zusammenstellung zweier oder mehrerer Texte oder Textwelten in ideologiekritischer Absicht die Konstruktivität und die damit ins Spiel gebrachten Festschreibungen und Machtansprüche aufzuzeigen. Auch wenn diese anspruchsvolle Aufgabe nicht immer gelingt und sogar gelegentlich zu abstrusen Lektüren führt, sollte sie nicht als fachfremd abgetan oder gar belächelt werden, da sie wesentliche Aspekte des Bibellesens thematisch werden lässt, die nicht analytisch rekonstruktiv, sondern nur performativ in den Blick geraten können. Die Chancen generativer Intertextualität wären allerdings unterbelichtet, wenn ausschließlich der ideologiekritische Aspekt dieses Lektüreverfahrens bedacht würde. Tatsächlich handelt es sich leseempirisch gesehen um den Normalfall intertextuellen Lesens im Alltag. Gerade für die gesellschaftsbezogene Bibelarbeit im schulischen Religionsunterricht, in Predigten, Zeitungs- und Fernsehbeiträgen und anderen Medien und Kommunikationssituationen ist es von größter Bedeutung, die Realität der generativ erzeugten Textwelten im Blick zu haben, die biblische Auferweckungsgeschichten mit Zeitungsartikeln über wunderbar aus dem Koma erwachte Patienten, Zombiegeschichten, Comics und Weltliteratur problemlos kombinieren. Erst die Wahrnehmung der generativen Intertextualität als Alltagsphänomen ermöglicht es, diese scheinbar problemlosen Kombinatoriken zu thematisieren. Dabei könnte es ein nicht zu unterschätzender Gewinn einer intertextuell informierten Bibelwissenschaft sein, auch die eigenen traditionell fachbedingten unproblematisierten intertextuellen Zusammenstellungen und deren mitunter Sinnpotentiale abtötenden, zu engen Grenzen zu überwinden und die wissenschaftliche Arbeit durch inspirierende Alltagslektüren neu auszurichten. 3. Inhaltsangabe eines ungeschriebenen Buches Die oben skizzierten intertextuellen Forschungsperspektiven und Ansätze lassen ahnen, dass es keine Monographie geben kann, die alle möglichen intertextuellen Fragestellungen bearbeitet. Die Intertextualitätsforschung ist ein offenes und unabschließbares Forschungsfeld. Gerade deshalb sollte man sich darüber im Klaren sein und die Leser darüber informieren, welche intertextuelle Fragestellung denn in Angriff genommen werden soll. Fragt man nach der intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums, bewegt man sich vornehmlich auf dem Feld produktionsorientierter Intertextualität. Es geht bei dieser Fragestellung einer generativen Poetik nicht um die psychologische bzw. historische Rekonstruktion des Schreibprozesses eines realen Autors. Es handelt sich auch nicht um Stilfragen oder um literarkritische bzw. redaktionsgeschichtliche Forschungen. Es geht vielmehr um eine Analyse der Textur als Sinn erzeugendes Gewebe von Zeichen, die auf andere Zeichen verweisen. Auf welche Art und Weise und mit welchen Sinneffekten und Pointen wurden die verwendeten und eingespielten Zeichen ausgewählt und verknüpft, so dass beim Lesen der Eindruck eines kohärenten Ganzen entstehen kann? Der Begriff der Schreibweise, wie ich ihn von Roland Barthes übernehme, betont den Aspekt der Wahl in »Generative Intertextualität verlangt kreative Schreibverfahren, die die starre Grenze zwischen Wissenschaft und Kunst ignorieren.« »Die Intertextualitätsforschung ist ein offenes und unabschließbares Forschungsfeld.« »Fragt man nach der intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums, bewegt man sich vornehmlich auf dem Feld produktionsorientierter Intertextualität. […] Es geht […] um eine Analyse der Textur als Sinn erzeugendes Gewebe von Zeichen, die auf andere Zeichen verweisen.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 38 - 4. Korrektur 38 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Zum Thema einem Schreibprozess, der eben nicht alles miteinander verknüpfen kann und daher aufgrund der Ökonomie der Sprache immer eklektisch und daher positionell bleiben muss. Barthes schreibt: »Der Horizont der Sprache und die Vertikalität des Stils bezeichnen also für den Schriftsteller etwas Gegebenes, denn er wählt weder das eine noch das andere. […] In beiden Fällen handelt es sich um Gegebenheiten, um ein vertrautes gestuarium, ein Reservoir an Gesten und Gewohnheiten, in dem die Energie lediglich operativer Natur ist und einmal zur Aufzählung, ein andermal zur Umwandlung verwendet wird, niemals aber, um zu urteilen oder um eine Wahl zu treffen. Jede Form ist aber auch Wert; deshalb besteht zwischen Sprache und Stil noch Raum für eine andere formale Realität: für die ›Schreibweise‹. In jeder beliebigen literarischen Form findet sich die allgemeine Wahl eines Tones, oder wenn man so will: eines Ethos, und hier individualisiert sich ein Schriftsteller eindeutig, denn hier engagiert er sich.« 15 Die spezifische Frage nach der intertextuellen Schreibweise interessiert sich also für die Art und Weise der impliziten und expliziten Einbindung und Funktion von ausgewählten Texten bzw. Textpassagen in die eigene Textur, denn mit der Feststellung von intertextuellen Relationen steht deren Interpretation erst am Anfang. Werden Texte als Belegstellen für die eigene Sicht der Dinge monologisch vereinnahmt, oder bleibt ihre Stimme als eigene Stimme dialogisch hörbar? Unterstützen sich die intertextuell verknüpften Texte, ergänzen sie sich, oder widerstreiten sie einander? Wieviel Raum für Anderes eröffnet die Integration eines anderen Textes im eigenen Text? Werden die intertextuellen Relationen planmäßig an bestimmten Eckpunkten der Textur eingewoben, so dass sich intertextuelle Muster oder Themen ergeben, oder geschieht das Ganze eher beiläufig, planlos? Werden die eingewobenen Texte machtförmig zur Autorisierung und Legitimierung des eigenen Textes gebraucht, oder dient der intertextuelle Bezug zu deren Abwertung und Delegitimierung? Erzeugt die intertextuelle Relation ganz neuen Sinn, neue Dimensionen, Perspektiven oder dienen sie der redundanten Verstärkung des schon Gesagten? Dieses unsystematische Bündel an Fragestellungen ist sicher nicht vollständig. Aber nicht einmal diese unvollständige Liste kann hier am Matthäusevangelium abgearbeitet werden. Um aber nicht gänzlich im Allgemeinen stecken zu bleiben, beschränke ich mich im Folgenden auf wenige, unvollständige und knappe Skizzen. 3.1 Intertextuelle Ouvertüre-- Die Einschreibung der matthäischen Erzählung in die Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel (Mt 1) Nicht nur der erste Vers, sondern das ganze erste Kapitel des Matthäusevangeliums kann als intertextuelle Ouvertüre gelten. Die zahlreichen Namen fungieren als narrative Abbreviaturen. Ihre planvolle Anordnung deutet auf eine Sinn ergebende Abfolge der diversen Geschichten, deren Grammatik Gott als ihre Wirkmacht zu denken aufgibt. Die Auswahl der Namen und die gezielte Durchbrechung der Gleichförmigkeit der Genealogie bei einzelnen Namen mit schlaglichtartigen Details-- z. B. »David zeugte Salomo mit der Frau des Uria«, 1,6b-- lenkt die Rezeption der mit den Namen intertextuell verbundenen Erzählungen aus den Heiligen Schriften Israels. 16 Die Einschreibung des Namens »Jesus, der da heißt Christus« (1,16b) in die Genealogie, verwebt dessen Geschichte, die das Matthäusevangelium als Ganzes erzählt, mit den Heiligen Schriften Israels und dessen durch die Genealogie gesteuerte Rezeption. Diese intertextuelle Schreibweise des ersten Kapitels erzwingt eine Theologie des Evangeliums Jesu Christi, die mit den Schriften Israels und ihrer autoritativen Geltung verwoben ist und daher sachlogisch zum späteren Konzept eines Kanons aus Altem und Neuem Testament führt. 17 Der Rekurs auf den Namen Emmanuel in der Geburtsgeschichte etabliert eine intertextuelle Theologie des Namens, denn er greift Jesaja 7 auf, bezieht diese Prophezeiung interpretierend und umgestaltend auf Jesus, den letzten Namen der Genealogie, auf den also die ganze Geschichte Israels zuläuft. Das Matthäusevangelium erzählt dann durch die Transformationsgeschichte vom Emmanuel »mit uns Gott«, zum »Ich bin bei Euch bis an das Ende der Welt« (Mt 18) die unbegrenzte Öffnung für alle Rezipienten des Mt und ihre Hineinnahme in die Geschichte Gottes mit seinem Volk. Bereits diese intertextuelle Ouvertüre zeigt, dass die intertextuelle Schreibweise des Mt einem ästhetischen und theologischen Gestaltungswillen entspringt. Die geschichtstheologische Ordnung der Genealogie, sowie die narrative Nutzung der Namensbedeutungen erzeugen ein intertextuelles Bedeutungsnetz mit eigenen theologischen Pointen. »Werden Texte als Belegstellen für die eigene Sicht der Dinge monologisch vereinnahmt, oder bleibt ihre Stimme als eigene Stimme dialogisch hörbar? « Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 39 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 39 Stefan Alkier Konzeptionen, Beobachtungen und Überlegungen zur intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums 3.2 Die intertextuelle Etablierung eines gemeinsamen Diskursuniversums (Mt 2) Die so genannten Erfüllungszitate bauen dieses intertextuelle Netz dahingehend aus, dass es als von Protagonisten wie Antagonisten gleichermaßen akzeptiertes Diskursuniversum gestaltet wird. Die Feinde Jesu beziehen sich nämlich in 2,6 ebenso auf Prophezeiungen aus den Heiligen Schriften Israels, wie die Erzählstimme des Matthäusevangeliums in 2,15; 2,17 f.; vgl. auch 2,23. Dass Herodes, der Todfeind des neu geborenen Kindes, die Schrift, vermittelt durch die befragten Hohepriester und Schriftgelehrten, als Waffe gegen Jesus einsetzen möchte (vgl. 2,16), unterstreicht ihre Wirklichkeitsgeltung. Zugleich wird aber auch ein dialogisches Schriftverständnis angedeutet, da mit der Schrift nicht zugleich ihre Anwendung als gegeben erscheint. In der Hand des Feindes wird sie zur Waffe, in der Hand des Erzählers zum theologischen Garanten der sinnhaften Einbindung des Geschehens in die durch die Heiligen Schriften Israels zur Sprache gebrachte Geschichtsmächtigkeit Gottes. Wie schon die durch die Genealogie gestaltete Geschichte Gottes mit seinem Volk, so bleibt auch das in Mt 2 Erzählte mittels der intertextuellen Etablierung eines gemeinsamen Diskursuniversums nicht dem Zufall überlassen, sondern es wird vom Gestaltungswirken Gottes her verstanden. 3.3 Die intertextuelle Problembeschreibung (Mt 3) Wie schon Jesus selbst wird nun auch Johannes als Bote des Herrn in die Geschichte Gottes mit seinem Volk intertextuell mittels eines Jesajazitates in Mt 3,3 eingetragen und seine Handlungen und Worte werden damit autorisiert. Seine intertextuelle Kennzeichnung als Elia geschieht durch die Schilderung seiner Kleidung (vgl 2 Kön 1,8). Der eifernde Aspekt der Eliagestalt aus den Königebüchern wird wiederum durch die intertextuelle Aufrufung des Abrahamnamens erreicht. Die Abrahamgeschichten aus Genesis und insbesondere der Aspekt der wunderbaren Entstehung Isaaks werden von Johannes nämlich nicht als Hoffnung gebende Bundesgeschichten zwischen Gott und seinem Volk erinnert. Vielmehr nutzt Johannes diese intertextuelle Abbreviatur, um den Machtaspekt Gottes hervorzuheben und die Abrahamkindschaft nicht als Immunität vor dem Zorn Gottes zu begreifen. Wenn Gott sogar aus Steinen Kinder Abrahams erwecken kann (vgl. 2,9), dann rettet die Abrahamkindschaft nicht vor seinem berechtigten Zorn. Mit diesem intertextuellen Gewebe benennt das Matthäusevangelium das eigentliche Problem, das die Jesus-Christus-Geschichte in der matthäischen Fassung bearbeitet und löst: Der wegen der Sünden seines Volkes berechtigte Zorn Gottes macht auch vor den Kindern Abrahams nicht halt. Der Zorn Gottes (vgl. 3,7b) ist nicht »mit uns« sondern »gegen uns«. Die Lösung aus der Furcht vor der Vernichtung durch den Zorn Gottes besteht in der Zugehörigkeit zu dem »Ich bin bei Euch«, von dem das Matthäusevangelium erzählt. 3.4 Der Kampf um legitime und illegitime Intertextualität (Mt 4) Dass der Bezug auf die Heiligen Schriften Israels nicht schon als solcher ein frommer Akt ist, unterstreicht die Auseinandersetzung zwischen dem Teufel und Jesus in der so genannten Versuchungsgeschichte. Der Teufel wird hier als Diabolos, als Durcheinanderwerfer benannt. Genau das macht er. Er zitiert Passagen aus den Heiligen Schriften Israels, um damit Jesus zu verleiten, ihn anzubeten. Durch diesen Gebrauch wird aus der Heiligen Schrift Gottes ein Teufelswerk. Jesus wehrt dieses Ansinnen des Diabolos mit seinem eigenen Gebrauch der Schrift ab. Damit wird diese Erzählung zu einem Lehrstück dialogischen Schriftverständnisses. Der Bezug auf die Schrift macht noch keinen frommen Gerechten. Dient das jeweilige Schriftverständnis den Werten des Reiches Gottes, oder ist es dem teuflischen Ansinnen alles durcheinander bringender Mächte verpflichtet, eine andere Macht als den Gott Israels, den barmherzigen und gerechten Schöpfer und Neuschöpfer, zu ehren? Erst nachdem die intertextuell gestaltete Versuchungsgeschichte geklärt hat, wie die Schrift zu gebrauchen ist, beginnt Jesu öffentliche Wirksamkeit in 4,12. Auch diese wird mit Bezug auf Jesaja intertextuell interpretiert (vgl. 4,14 ff.), bevor Jesus seine erste große Rede hält. 3.5 Die Inszenierung dialogischer Intertextualität (Mt 5-7) Die intertextuelle Schreibweise des Mt gebraucht die intertextuellen Bezüge zu den Heiligen Schriften Israels nicht lediglich, um sie als die eigene Stimme auszugeben. Wie sehr sie überwiegend dialogisch und weniger monologisch im Sinne Michail Bachtins Konzept der Dialogizität 18 angelegt ist, wird insbesondere bei den so genannten Antithesen der Bergpredigt (Mt 5,21-48) offensichtlich. Ihre Einleitung durch »ihr habt gehört, dass den Alten gesagt wurde« (5,21), bzw. »ihr habt gehört, dass gesagt wurde« (5,27), zeigt das daraufhin Zitierte als eine andere Stimme auf als die des Sprechers Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 40 - 4. Korrektur 40 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Zum Thema der Bergpredigt, der seine eigene Stimme dialogisch mit »Ich aber sage euch« (Mt 5,22a) offenlegt. Die Stimme, die zu den Alten gesprochen wurde, wird durch die passivische Form und ihren Inhalt als Gottes Stimme identifizierbar (vgl. Ex 20,1), bzw. als die durch Mose dem Volk Israel vermittelte Stimme Gottes (vgl. Dtn 5,5). Das »ich aber sage euch« setzt die Gültigkeit des zu den Alten Gesagten nicht außer Kraft. Treffen zwei Stimmen dialogisch aufeinander, können sie sich entweder verstärken, ergänzen oder einander widerstreiten. Da den so genannten Antithesen mit Mt 5,17-20 eine Leseanweisung vorangestellt ist, die den Widerspruch zu den Heiligen Schriften Israels ausschließt, bleiben nur die ergänzende und die verstärkende dialogische intertextuelle Beziehung übrig. Das pragmatische Ziel dieser ergänzenden und verstärkenden Dialogizität wird in 5,20 explizit benannt. »Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.« Den Pharisäern und Schriftgelehrten wird damit nicht jegliche Gerechtigkeit abgesprochen. Es wird ja keine andere Gerechtigkeit eingefordert, sondern die der Pharisäer und Schriftgelehrten als nicht ausreichend qualifiziert. Worin dieser Mangel bestehen könnte, zeigt der Schlusssatz der Bergpredigt auf: »denn er lehrte sie mit exousia (Vollmacht) und nicht wie ihre Schriftgelehrten.« (7,29). Die Übereinstimmung von Jesus, Pharisäern und Schriftgelehrten besteht darin, dass die Gerechtigkeit durch die Heiligen Schriften Israels gelehrt werden soll. Sie teilen also das Diskursuniversum, das maßgeblich durch die intertextuellen Bezüge zu den Heiligen Schriften Israels gebildet wird. Die Stimme des Erzählers in Mt 7,29 bringt aber das Kriterium der Wirksamkeit ein, die dann in den darauffolgenden Wundererzählungen anschaulich konkretisiert wird. Somit lässt sich schließen, dass sich die in 5,17-19 herausgestellte Gültigkeit der Heiligen Schriften Israels zum Matthäusevangelium verhalten wie die Thesen der Bergpredigt zu den so genannten Antithesen. Es ersetzt sie nicht. Vielmehr wird seine Geschichte als die Heiligen Schriften Israels dialogisch ergänzende und verstärkende gute Nachricht zu lesen sein, die den Grund, auf dem sie steht, voll und ganz gelten lässt und nur so eine neue Perspektive darauf eröffnet, die sich als vollmächtig wirksam durch das Wunder des Glaubens erweist. 3.6 Narrative Intertextualität im Zeichen des Wunderbaren (Mt 8-9) Dass die Wundererzählungen in Mt 8 und 9 die Bestätigung für Mt 7,29 liefern und durch diese narrative Grammatik bereits in das von Mt 1-7 installierte intertextuelle Netz verwoben sind, habe ich bereits vermerkt. Hier gilt es nun, mit wenigen Pinselstrichen zu zeigen, dass diese Wunder ohne ihre Bezüge zu den Heiligen Schriften Israels als zu entmythologisierende Mirakel missverstanden werden müssen. Neben der narrativ-intertextuellen Verknüpfung der Wundergeschichten in Mt 8 und 9 durch Mt 7,29 ist zunächst auf ihre summarisch-intertextuelle Interpretation in Mt 8,16 f. zu verweisen: »Am Abend aber brachten sie viele Besessene zu ihm: und er trieb die Geister aus durch sein Wort und machte alle Kranken gesund, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht: »Er hat unsere Schwachheit auf sich genommen und unsere Krankheit hat er getragen.« Diese intertextuelle Interpretation wird dann noch in Mt 11,2-6 durch die Täuferanfrage und Jesu Antwort plausibilisiert. Jesu Wunder sind messianische Zeichen, die nur durch den intertextuellen Bezug auf die Heiligen Schriften Israels verstanden werden können. Sie sind keine Zaubertricks eines göttlichen Menschen, sondern Ausdruck der Schöpfungskraft Gottes, die sogar den Tod überwindet. Deshalb preist das Volk sachgemäß Gott, nachdem Jesus den Gelähmten durch sein Wort geheilt hat: »Als das Volk das sah, fürchtete es sich und pries Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat.« (Mt 9,8) 3.7 Diskursive Intertextualität im Zeichen des Konflikts (Mt 10-12) Dass das Weitertragen des Evangeliums in vielfältige soziale und mitunter lebensbedrohliche Konflikte führt, thematisieren die Kapitel 10-12. Diese Problematik wird mittels intertextueller Bezugnahmen vornehmlich diskursiv bearbeitet. Die Gewalt, die Johannes der Täufer erfährt (vgl. Mt 11,9-14; 17,12 f.), wird wie die Gewalt, die den ausgesandten Jüngern droht, mit den Leidenserfahrungen der Propheten verwoben (vgl. Mt 10,40-42). Jesu eigenes Geschick wird schon hier mit intertextuellem Bezug auf Jesajas Gottesknechtslieder in Mt »Jesu Wunder sind messianische Zeichen, die nur durch den intertextuellen Bezug auf die Heiligen Schriften Israels verstanden werden können. Sie sind keine Zaubertricks eines göttlichen Menschen, sondern Ausdruck der Schöpfungskraft Gottes, die sogar den Tod überwindet.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 41 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 41 Stefan Alkier Konzeptionen, Beobachtungen und Überlegungen zur intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums 12,15-21 mit direktem Bezug auf Jes 42,1-4 interpretiert. Gewaltlos soll der Knecht Gottes Gottes Rechts- und Lebensordnungen neu aufrichten und kommt deshalb durch die ungerechte Gewaltanwendung zu Tode. Aber nicht nur Jesu Kreuzestod wird schon in diesem Zusammenhang in das intertextuelle Netz der Schreibweise des Mt eingewoben, sondern auch seine Auferweckung, indem diese als Zeichen des Propheten Jona ins Spiel gebracht wird (vgl. Mt 12,38-42). 3.8 Gleichnishafte Intertextualität (Mt 13) Auch Jesu Gleichnisse werden in das intertextuelle Netz des Matthäusevangeliums eingewoben. Sie werden zunächst nicht als didaktische Verstehenshilfen wertgeschätzt, sondern durch den Bezug auf Jes 6,9 in Mt 13,14 f. als Gerichtsrede für diejenigen klassifiziert, die Jesu Botschaft vom Himmelreich, bzw. das Evangelium des Mt nicht zustimmend hören wollen. Diejenigen aber, die sich von dieser Botschaft des Evangeliums treffen lassen, werden seliggepriesen und zwar wiederum mit intertextuellem Bezug auf die Propheten (vgl. 13,16 f.). Wie dialogisch die intertextuelle Schreibweise des Mt verfährt, zeigt sich auch darin, dass eine zweite Deutung der Gleichnisse Jesu mittels intertextueller Bezugnahme in Mt 13,34 auf Psalm 78 eingebracht wird: »Das alles redete Jesus in Gleichnissen zu dem Volk, und ohne Gleichnisse redete er nichts zu ihnen, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der das spricht: Ich will meinen Mund auftun in Gleichnissen und will aussprechen, was verborgen war vom Anfang der Welt an.« Die beiden Deutungen des Sinns der Gleichnisse in Mt 13 sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie erzeugen auf dialogische Weise ein intertextuelles Netz der Interpretation der Gleichnisse Jesu, und eröffnen damit multiperspektivische Lektüren des Matthäusevangeliums als Ganzes. 3.9 Neue Perspektiven eröffnende Intertextualität (Mt 14-20) Die intertextuelle Schreibweise des Matthäusevangeliums bezieht sich nicht nur auf einzelne Aspekte wie etwa die Anklänge der wunderbaren Speisung Israels in der Wüste (Ex 16) in der Geschichte von der Speisung der Fünftausend (Mt 14,15-21), oder die Diskussion von Reinheit und Unreinheit in Mt 15 mit Bezug auf Ex 20. Der stetige Ausbau der Vernetzung der matthäischen Erzählung mit den Heiligen Schriften Israels ist vielmehr ein neue Perspektiven etablierendes Gesamtkonzept des ersten Evangeliums. Dieser Sachverhalt wird in der so genannten Verklärungsgeschichte inszeniert, in der Jesus vor den Augen seiner engsten Jünger verwandelt wird und daraufhin Mose und Elia erscheinen und mit Jesus reden. Mose und Elia können dabei metonymisch als Repräsentanten von Gesetz und Propheten verstanden werden, die mit Jesus kommunizieren. Damit wird aber nicht nur die Jesusgeschichte in das strahlende Licht der Heiligen Schriften Israels eingetaucht und legitimiert. Vielmehr entstehen dadurch auch neue Perspektiven auf das Gesetz und die Propheten, wie etwa in der Diskussion um Reinheit und Unreinheit: »Was zum Mund hineingeht, das macht den Menschen nicht unrein; sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein.« (Mt 15,11) Gesetz und Propheten werden durch die intertextuellen Bezüge der matthäischen Schreibweise weder blind zitiert noch enthusiastisch außer Kraft gesetzt. Vielmehr erscheinen auch überraschende Interpretationen, die als Verneinung der Überlieferung missverstanden wären, dialogisch der Gültigkeit von Mose und Elia, von Gesetz und Propheten verbunden. Die intertextuelle Schreibweise des Matthäusevangeliums öffnet die Augen für einen Dialog zwischen den alten und neuen Texten, der dann fruchtbar wird, wenn man sich auf die Komplexität und den nicht zu beherrschenden Perspektivenreichtum des intertextuellen Netzwerkes des Matthäusevangeliums mit dem Wunsch der zwei Blinden von Jericho einlässt: »Herr, daß unsere Augen aufgetan werden« (Mt 20,33). Wer könnte den Rückverweis dieser Bitte auf die intertextuelle Gleichnishaftigkeit in Mt 13,13-17 übersehen? 3.10 Mit geöffneten Augen-- Hermeneutische Intertextualität (Mt 21-28) Das durch die Schreibweise des Matthäusevangelium installierte und autorisierte intertextuelle Netzwerk öffnet die Augen für das Verständnis der matthäischen Darstellung von Leiden, Tod und Auferweckung Jesu Christi. Ohne die Einschreibung der Jesus-Christus-Geschichte in die in den Heiligen Schriften Israels erzählte, reflektierte und besungene Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel gerät die Geschichte Jesu entweder zur historischen Erzählung eines Lebens Jesu als letztlich gescheiterter Held oder zum Mythos eines göttlichen Christuswesens. Die intertextuelle Interaktion beider Textwelten vermeidet diese folgenreichen Missverständnisse, indem sie nicht auf Eindeutigkeiten setzt, sondern auf das Sinngeschehen, das sich im Zwischen der verwobenen Texte je neu ereignet. Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 42 - 4. Korrektur 42 ZNT 36 (18. Jg. 2015) Zum Thema Dass Jesus auf einem Esel in Jerusalem einreitet, ist der wirklichkeitsgestaltenden Gültigkeit dessen geschuldet, was den Alten bei Jesaja (62,11) und Sacharja (9,9) gesagt wurde. Die matthäische Darstellung der Jesus-Christus-Geschichte ist Wirklichkeit gewordene Schrift als schöpferisches Wort Gottes: »Das geschah aber, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttieres.« (Mt 21,4 f.) Es übersteigt die Grenzen dieses Aufsatzes, die zahlreichen und komplexen intertextuellen Verwebungen der matthäischen Passionsgeschichte auch nur anzudeuten, wie sie z. B. in der Zeichenhandlung im Tempel explizit werden (vgl. Mt 21,12-17; Jer 7). Zumindest aber eine Konkretisierung sei hier abschließend noch benannt: Die Frage nach der Auferstehung der Toten wird nicht als eine Glaubensfrage diskutiert. Vielmehr geht es um theologische Erkenntnis, die den Bestreitern der Auferweckung der Toten schlichtweg abgesprochen wird. Die Auferweckung der Toten, also auch und vor allem die Auferweckung des Gekreuzigten lässt sich nur denken in der intertextuellen Verwebung der Jesus- Christus-Geschichte mit den Heiligen Schriften Israels. Ihren Bestreitern schleudert die intertextuelle Schreibweise des Matthäusevangeliums entgegen: »Ihr irrt, weil ihr weder die Schrift kennt noch die Kraft Gottes.« (Mt 22,29b) 19 4. Ein kleines Schlusswort für Pluralität und wider die Beliebigkeit Die Schrift zu kennen meint nun aber nicht, einzelne Verse aus dem Zusammenhang zu reißen und sie als Belegstellen für die eigenen Ziele zu missbrauchen, wie es der Teufel praktiziert (vgl. Mt 4,1-11). Es geht vielmehr darum, sie immer wieder zu lesen und Bezüge herzustellen, wie es die intertextuelle Schreibweise des Matthäusevangeliums vorführt. Intertextuelle Lektüren der Schrift sind vom Reichtum ihrer Perspektiven fasziniert, die sich gerade aus dem nicht auszuschöpfenden Zusammenlesen in diesem Zwischen ergeben. Für viele Menschen gerade in unserer Zeit scheint diese unüberschaubare und unbeherrschbare Pluralität erschreckend zu sein und gegen die Wahrheit der Heiligen Schrift zu sprechen, weil Wahrheit monologisch und eindeutig verstanden wird. Die intertextuelle Pluralität der Schrift führt aber nicht zwangsläufig zur Beliebigkeit, sondern eher zur Demut der eigenen begrenzten Perspektive, die sich nicht davor scheut, Position zu beziehen und diese auch zu benennen. So antwortet Jesus auf die Frage nach dem höchsten Gebot: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und in all deinem Durchdenken. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst Deinen Nächsten lieben wie dich selbst. In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.« Anmerkungen 1 M. Mayordomo-Marín, Den Anfang hören. Leserorientierte Evangelienexegese am Beispiel von Matthäus 1-2 (FRLANT 180), Göttingen 1998, 210. 2 Vgl. dazu S. Alkier, Die Bibel im Dialog der Schriften und das Problem der Verstockung in Mk 4. Intertextualität im Rahmen einer kategorialen Semiotik biblischer Texte, in: S. Alkier/ R.B. Hays (Hg.), Die Bibel im Dialog der Schriften. Konzepte intertextueller Bibellektüre (NET 10), Tübingen/ Basel 2005, 1-22, hier: 1. 3 Vgl. dazu S. Alkier, Intertextualität-- Annäherungen an ein texttheoretisches Paradigma, in: D. Sänger (Hg.), Heiligkeit und Herrschaft. Intertextuelle Studien zu Heiligkeitsvorstellungen und zu Psalm 110 (BThS 55), Neukirchen-Vluyn 2003, 1-26. 4 Vgl. S. Holthuis, Intertextualität. Aspekte einer rezeptionsorientierten Konzeption (Stauffenburg Colloquium 28), Tübingen 1993, 29-36. 5 Vgl. u. a. R.B. Hays, Echoes of Scripture in the Letters of Paul, Yale UP/ New Haven/ London 1989. 6 Vgl. u. a. S. Moore, God´s Gym. Divine Male Bodies of the Bible, New York/ London 1996. 7 Vgl. u. a. S. Alkier, Neutestamentliche Wissenschaft-- Ein semiotisches Konzept, in: C. Strecker (Hg.), Kontexte der Schrift II: Kultur, Politik, Religion, Sprache-- Text, FS Wolfgang Stegemann zum 60. Geburtstag, Stuttgart 2005, 343-360. Vgl. dazu L. Huizenga, The Old Testament in the New, Intertextuality and Allegory, JSNT 38 (2015), 17-35. 8 H. Thyen, Das Johannesevangelium (HNT 6), Tübingen 2005. 9 Vgl. dazu S. Holthuis, a. a. O., 51-88. 10 R.B. Hays, Echoes, a. a. O.; ders., The Faith of Jesus Christ. The Narrative Substructure of Galatians 3: 1-- 4: 11 (The »Die Schrift zu kennen meint […] nicht, einzelne Verse aus dem Zusammenhang zu reißen und sie als Belegstellen für die eigenen Ziele zu missbrauchen […]. Es geht vielmehr darum, sie immer wieder zu lesen und Bezüge herzustellen, wie es die intertextuelle Schreibweise des Matthäusevangeliums vorführt.« Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 13.11.2015 - Seite 43 - 4. Korrektur ZNT 36 (18. Jg. 2015) 43 Stefan Alkier Konzeptionen, Beobachtungen und Überlegungen zur intertextuellen Schreibweise des Matthäusevangeliums Biblical Resource Series), 2 Grand Rapids 2002; E. Reinmuth, Narratio und argumentatio-- zur Auslegung der Jesus-Christus-Geschichte im ersten Korintherbrief. Ein Beitrag zur mimetischen Kompetenz des Paulus, ZThK 92 (1995), 13-27; M. Schneider, Gottes Gegenwart in der Schrift. Intertextuelle Lektüren zur Geschichte Gottes in 1 Kor, (NET 17), Tübingen und Basel 2011; S. Alkier, Wunder und Wirklichkeit in den Briefen des Apostels Paulus. Ein Beitrag zu einem Wunderverständnis jenseits von Entmythologisierung und Rehistorisierung (WUNT 134), Tübingen 2001. 11 Vgl. D. M. Moffitt, Atonement and the Logic of Resurrection in the Epistle to the Hebrews (SNT 141), Leiden 2011. 12 Vgl. E. Reinmuth, Zur neutestamentlichen Paulus-Pseudepigraphie, in: N. Walter/ E. Reinmuth/ P. Lampe, Die Briefe an die Philipper, Thessalonicher und an Philemon (NTD 8/ 2), Göttingen 1998, 190-202. 13 Vgl. G. Aichele, The Control of Biblical Meaning. Canon as Semiotic Mechanism, Trinity Press International, Harrisburg 2001. 14 Vgl. S. Alkier/ R.B. Hays (Hg.), Kanon und Intertextualität, Kleine Schriften des Fachbereichs Evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt Main 1, Frankfurt am Main 2010. 15 R. Barthes, Am Nullpunkt der Literatur, in: ders., Am Nullpunkt der Literatur. Literatur oder Geschichte. Kritik und Wahrheit, aus dem Franz. von Helmut Scheffel, SV 2471, Frankfurt am Main 2006, 7-69, hier: 17 f. 16 Vgl. S. Alkier, Zeichen der Erinnerung-- Die Genealogie in Mt 1 als intertextuelle Disposition, in: K.-M. Bull/ E. Reinmuth (Hg.), Bekenntnis und Erinnerung. FS zum 75. Geb. v. Hans-Friedrich Weiß, 108-128. 17 Die implizite oder explizite Bestreitung der autoritativen Geltung des Alten Testaments für die christliche Theologie von Friedrich Schleiermacher über Rudolf Bultmann bis zur heutigen Kontroverse, die Notger Slencka ausgelöst hat, ignoriert bei aller Verschiedenheit ihrer Begründungen im Einzelnen die intertextuelle Verwobenheit nicht nur des Mt, sondern der meisten neutestamentlichen Schriften mit den Heiligen Schriften Israels, die genau deswegen theologisch sachbezogen zum alttestamentlichen Kanon werden. Die antialttestamentliche Position dieser Theologen erwächst auch aus einer exegetischen Verkennung der theologischen Konsequenzen intertextueller Schreibweisen. 18 Vgl. dazu den Beitrag von Michael Schneider in diesem Heft. Vgl. auch S. Alkier, Hoffnung Hören und Sehen! Beobachtungen zur Dialogizität des Hebräerbriefes und der Johannesapokalypse, ZNT 29 (2012), 14-24; ders., Unerhörte Stimmen-- Bachtins Konzept der Dialogizität als Interpretationsmodell biblischer Polyphonie, in: M. Köhlmoos/ M. Wriedt (Hg.), Wahrheit und Positionalität, Kleine Schriften des Fachbereichs Evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main 3, Leipzig 2012, 45-69. 19 Vgl. S. Alkier, Die Realität der Auferweckung in, nach und mit den Schriften des Neuen Testaments (NET 12), Tübingen/ Basel 2009, insbes. 109-121. Zeitschrift für Neues Testament_36 typoscript [AK] - 09.11.2015 - Seite 43 - 4. Korrektur Martin H. Jung Kirchengeschichte UTB basics 2014, X, 292 Seiten, 30 s/ w Abb., €[D] 24,99 ISBN 978-3-8252-4021-9 Eine Kirchengeschichte kann heute nur als Geschichte des Christentums geschrieben werden, die das Christentum als Religion unter Religionen ansieht und behandelt, dabei auch die außerkirchlichen Vernetzungen und Wirkungen berücksichtigend. Dieses Lehrbuch vermittelt verständlich und übersichtlich das Basiswissen dazu und erläutert historische Zusammenhänge ebenso wie theologische Ideen und Grundeinsichten in ihren geschichtlichen Kontexten.