eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 14/27

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2011
1427 Dronsch Strecker Vogel

Der »Leib Christi« in den Abendmahlsworten: Interpretament oder Fundament?

2011
Einleitung: Was heißt und zu welchem Ende feiert man Abendmahl? In Korinth jedenfalls war das Ende der christlichen Mahlfeier ein Gelage, wie wir von Paulus wissen. Ein Gelage, das dem Apostel nicht wegen seines Alkoholkonsums anstößig war, sondern weil die einen satt und betrunken und die anderen frustriert und hungrig nach Hause gingen. Gute Laune ist immer gut, auch die alkoholisch stimulierte. Aber sie soll doch alle anstecken. Wenn sie das nicht tut, sondern im Gegenteil auf Kosten der Schwachen sich auslebt, dann ist, so die klare Position des Paulus, die Party vorbei. Die Frage, die die vorliegende Kontroverse in dankenswert kontroverser Zuspitzung behandelt, lautet: Welche Gründe macht Paulus für seinen Widerspruch namhaft? Hierbei ist zunächst Folgendes zu bedenken: Wo immer in der Antike gesellschaftliche Gruppen sich vereinsförmig organisierten, pflegten und festigten sie ihre Gruppenidentität in Form von gemeinsamen Mählern. Es dürfte insofern kein Zufall sein, dass gerade das gemeinsame Essen und Trinken zu den Elementen gehört, die das Wirken Jesu mit der frühen Jesusbewegung und dem entstehenden Christentum verbinden. Unter der Institution eines vereinsförmigen Mahles konnte sich jeder etwas vorstellen. Das Gemeinschaftsmahl war mithin ein wichtiger Bestandteil der missionarischen Kommunikation des Urchristentums. Vor allem aber gilt: Nach antikem Verständnis setzen Vereinsmähler regelmäßig hohe ethische Standards. Das frühchristliche Ethos plausibilisierte sich im Vollzug des gemeinsamen Mahles sozusagen von selbst. In diese Richtung geht die Argumentation von Matthias Klinghardt. Die paulinische Kritik an den korinthischen Verhältnissen war den Adressaten einsichtig, weil man nicht nur bei den Christen, sondern überall anders auch keinesfalls unsozial miteinander umgehen konnte, sobald man sich im Mahl-Ritual zu einer Gemeinschaft verbunden hatte: Die Christen werden zu einem »Leib«, sobald sie ihr Brot miteinander teilen. Die auf den Tod Jesu bezogenen Interpretamente sind demgegenüber sekundär. Anders Eckart Reinmuth. Aus seiner Sicht hängt nicht weniger als alles an der Vergegenwärtigung des Todes Jesu, und dies in denkbar drastischer Anamnese des Körpers des getöteten Jesus in den Deuteworten zu Brot und Wein, die als narrative Abbreviaturen für das Ganze der Jesus-Christus-Geschichte stehen. Die Gemeinschaft der zum Mahl versammelten Gemeinde wird exklusiv von dorther begründet, und zwar gerade nicht als »nachträgliche Transzendierung bereits bestehenden Gemeinsinns oder erfahrener Gemeinschaft, wie sie auch in der reichsrömischen politischen Kultur gang und gäbe war«. Das Selbstverständnis christlicher Gemeinschaft steht mit dieser Kontroverse in elementarer Weise zur Debatte, aber auch grundsätzlich die »Begründbarkeit des Sozialen«(Reinmuth). Kontroverse Einleitung zur Kontroverse: Der »Leib Christi« in den Abendmahlsworten: Interpretament oder Fundament? ZNT 27 (14. Jg. 2011) 45 NEUERSCHEINUNG A. Francke Verlag www.francke.de Jochen Wagner Die Anfänge des Amtes in der Kirche € ISBN 978-3-7720-8411-9 016911 ZNT 27 - Inhalt 24.03.11 11: 08 Seite 45