eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 14/28

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2011
1428 Dronsch Strecker Vogel

Editorial

2011
Stefan Alkier
Eckart Reinmuth
Manuel Vogel
Zeitschrift für Neues Testament typoscript [AK] - 04.10.2011 - Seite 1 - 3. Korrektur ZNT 28 (14. Jg. 2011) 1 Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, »Und wenn die Welt voll Teufel wär«, hat Martin Luther gedichtet, »und wollt’ uns gar verschlingen ...«. Im berühmten Reformationslied von 1529 »Ein feste Burg ist unser Gott« erhält der Teufel eine eigene Strophe. In einem vierstrophigen Lied ist das eine ganze Menge, zumal schon in der ersten Strophe von ihm, dem »alt bösen Feind« die Rede ist. Entsprechend reichhaltig stellen sich beim Lesen Gedanken und Assoziationen ein: Der Irrealis des vorangestellten Relativsatzes legt nahe: Es ist aber nicht so, so verteufelt ist die Welt nicht. Und: Der Teufel macht Angst, und der Glaube ist dazu angetan, diese Angst zu überwinden: »... so fürchten wir uns nicht so sehr«. Die Vielzahl der Teufel wird dann überführt in den Singular des »Fürsten dieser Welt«. Hier denkt der Reformator ganz johanneisch: Im Verstehen der Passion Jesu erschließt sich der Hinauswurf des Teufels als Geschehen der Vergangenheit (Joh 12,31). Zugleich gibt es noch eine Notwendigkeit, vor allem aber die Möglichkeit wortmächtigen Vorgehens gegen den »sau’r« sich stellenden Teufel in der Gegenwart, jedoch nicht wortreich und gewaltig, sondern minimalistisch und im Diminutiv. Gern würde man Luther nach diesem »einen Wörtlein« fragen, wie es denn lautet. Überhaupt wirft das Böse Fragen auf, sobald man sich mit ihm befasst oder es mit ihm zu tun bekommt. Der Titel dieses Heftes ist nicht salopp gemeint, will vielmehr das Diffuse des Phänomens zum Ausdruck bringen. Christlich-platonisches Denken versuchte gar, das Böse als philosophisches Problem dadurch zu erledigen, dass es ihm kurzerhand das Sein absprach: Malum non esse nisi privatio boni, räsonierte Augustin und wies damit christlicher Philosophie für Jahrhunderte den Weg: »Das Böse ist nichts als ein Mangel an Gutem« (Confessiones III,7,12). Aber Erfahrungen und Wirkungen des Bösen lassen diese verlockend einfache Antwort nicht zu, ebenso wenig der neutestamentliche Befund, den Jutta Leonhardt-Balzer in ihrem Beitrag Kontexte zum ›Bösen‹ im Neuen Testament ausführlich und differenziert darstellt. Susan Garrett (Jesus als Befreier vom Satan und den Mächten) ergänzt dieses Bild um die traditionsgeschichtliche Perspektive. Sie arbeitet unterschiedliche Traditionslinien der Vorstellung vom Satan heraus und zeigt, wie sich diese Vorstellungen in neutestamentlicher Zeit zu einem komplexen Konzept verbinden. Mit einem Ausblick auf die Frage, wie das Neue Testament den Sieg Jesu und der Gläubigen über das Böse thematisiert, weist sie auf den Beitrag von Christfried Böttrich voraus: Das Böse hat nicht das letzte Wort. Neutestamentliche Perspektiven zur Überwindung des Bösen. Anhand von drei ganz unterschiedlichen Textkomplexen wird die Allgegenwart dieses Themas in den neutestamentlichen Schriften deutlich. Exemplarisch behandelt Böttrich die synoptischen Evangelien (Versuchungsgeschichte), den Zweiten Korintherbrief und die Johannesapokalypse. Mit dem letzten Buch der Bibel befasst sich auch Michael Labahn, der die Satansfigur in seinem hermeneutisch reflektierten Beitrag Teufelsgeschichten. Satan und seine Helfer in der Johannesapokalypse als literarisches Konzept innerhalb einer »subversiven Erzählung« gegen die als bedrohlich erfahrene römische Staatsmacht versteht. Mit einer wichtigen hermeneutischen Frage ist auch die Kontroverse befasst: Können die biblisch geläufigen Konzepte eines personalen Bösen auch für heutiges theologisches Denken Geltung beanspruchen? Diese und andere Fragen stellt Ulrich H. J. Körtner (Dämonen und Dämonisierung in Gegenwartsdiskursen) in einen weiten systematisch-theologischen Horizont und gibt dabei für die theologische Urteilsbildung der Leserinnen und Leser wichtige Hilfestellungen. Aus der Feder eines Systematischen Theologen stammt auch das von Axel v. Dobbeler besprochene Buch: Ingolf U. Dalferth, Das Böse. Essay über die Denkform des Unbegreiflichen. Die darin nachgezeichnete Sinngeschichte des Bösen von der Antike bis zu seiner Relativierung und Banalisierung in der Nachmoderne indiziert die Dringlichkeit eines an Geschichte und Gegenwart geschärften theologischen Problembewusstseins. Stefan Alkier Eckart Reinmuth Manuel Vogel