eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 16/32

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2013
1632 Dronsch Strecker Vogel

Editiorial

2013
Stefan  Alkier
Eckart Reinmuth
Manuel Vogel
Zeitschrift für Neues Testament_32 typoscript [AK] - 04.10.2013 - Seite 1 - 2. Korrektur ZNT 32 (16. Jg. 2013) 1 Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, das aktuelle Heft der ZNT ist einem unpopulären Thema gewidmet. Das gilt auch und gerade für die kirchliche Binnensprache, die die Rede von »Sünde« in Predigt und Unterricht wegen ihrer über Jahrhunderte unbeanstandeten moralistischen Verengung vielfach meidet. Umgangssprachlich gehört »Sünde« zwar zum aktiven Wortschatz, hier jedoch selten ohne ein starkes Moment der Ironisierung oder Banalisierung. Biblisch und zumal neutestamentlich handelt es sich fraglos um einen zentralen Begriff, der nicht leichtfertig aufgegeben oder substituiert werden kann. Biblische Hermeneutik steht also vor einer schwierigen Aufgabe, wenn sie das Thema »Sünde« nicht einfach aus dem Inventar von Theologie und theologischer Anthropologie streichen will. Wir hoffen, dass mit dem vorliegenden Heft ein Beitrag zu einer verantworteten Rede von Sünde jenseits von Dogmatismus und wohlfeiler Ermäßigung geleistet wird. Unter der Rubrik »NT aktuell« vermisst Hanna Roose zu Beginn das kirchliche und exegetische Begriffsfeld. Sie legt eine kundige Bestandsaufnahme vor, die auf Konvergenzen wie auch auf Diskrepanzen zwischen Exegese und kirchlicher Praxis aufmerksam macht. Es folgen vier Beiträge »Zum Thema«: François Vouga reflektiert anhand zentraler neutestamentlicher Texte den Zusammenhang von Krankheit und Sünde. Am exegetischen Detail und mit systematischer Stringenz erarbeitet er vier unterschiedliche Konzepte, die der theologischen Reflexion wichtige Anknüpfungspunkte bieten. Einem Randsiedler des neutestamentlichen Diskurses widmet sich Matthias Konradt mit seinem Beitrag zum Jakobusbrief, dessen Auffassung von Sünde differenziert in den theologischen Gesamtzusammenhang des Briefes gestellt wird. Dabei kommen wichtige sozialethische Bezüge zur Geltung, die in dieser Klarheit im neutestamentlichen Spektrum keineswegs selbstverständlich sind. Carl-Friedrich Geyer weitet mit einer konzisen Darstellung der Erbsündenlehre Augustins den Horizont des Themas über das Neue Testament hinaus in die Theologiegeschichte der Spätantike und von da aus bis in den modernen theologischen und philosophischen Diskurs aus. Erhellend ist sowohl die plausible Einzeichnung des augustinischen Gedankens in das Ganze seiner Theologie wie auch der Gang durch die Rezeptionsgeschichte, der zeigt, wie sich Theologie und Philosophie von der stets als schwierig empfundenen Erbsündenlehre bis heute herausfordern lassen. Einen antiken Kontext eröffnet der Beitrag von Troels Engberg-Pedersen. Er verweist auf weit reichende Analogien zwischen der paulinischen Antithese von Fleisch und Geist und vergleichbaren Konzepten bei Aristoteles und in der Stoa. Wo diese Analogien an Grenzen stoßen, ist nicht von vornherein ausgemacht, dass Paulus den Zuschlag erhält. Hier sind die Leserinnen und Leser gefordert, sich selbst ein Urteil zu bilden. Von einigem theologischen Gewicht ist die Kontroverse, die die alte Frage, ob das »Ich« im siebten Kapitel des Römerbriefes auf die vorchristliche oder (auch) auf die christliche Existenz zu beziehen ist, neu stellt. Beide Beiträge aus der Feder von Stefan Schreiber und Günter Röhser zeichnen sich durch eine durchgehende Nähe zum paulinischen Referenztext aus. Der Beitrag von Gary Anderson deckt einen wichtigen Aspekt der Begriffsgeschichte auf, nämlich eine semantische Verschiebung hin zu einer ökonomischen Metaphorik im Sündenbegriff in nachbiblischer Zeit. Damit ist ein Thema angerissen, das auf aktuelle Debatten zur religiösen Grundierung ökonomischer Begriffe hinweist. Inhaltlich geht es Anderson darum, von der Vergebungsbitte des Vaterunser einen Bogen zum rabbinischen Judentum und seiner von christlicher Seite lange verkannten Auffassung von »Schulden« und »Schulderlass« zu schlagen. Mit dem Buchreport von Thomas Schmeller zu einer wichtigen neueren Publikation zum Thema schließt das Heft. In eigener Sache verabschieden wir an dieser Stelle Axel von Dobbeler, der wegen zahlreicher beruflicher Verpflichtungen aus dem erweiterten Herausgeberkreis der ZNT ausscheidet. Er hat vor nunmehr sechzehn Jahren die ZNT mit aus der Taufe gehoben und war zwischen 2003 und 2006 selbst einer der Hauptherausgeber. Die ZNT verdankt ihm wichtige Impulse und Weichenstellungen. Wir danken ihm für seine Mitarbeit und wünschen ihm für seinen weiteren beruflichen und persönlichen Weg alles Gute. Stefan Alkier Eckart Reinmuth Manuel Vogel