eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 17/34

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2014
1734 Dronsch Strecker Vogel

»damit ihr seinen Fußspuren nachfolgt« (1 Petr 2,21)

2014
Thomas  Popp
Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 61 - 2. Korrektur ZNT 34 (17. Jg. 2014) 61 Der 1. Petrusbrief wird im Folgenden durch die Brille der Lebenskunst gelesen. Dabei ist zu bedenken, was Albert Einstein 1926 in einem Gespräch mit Heisenberg über die Frage der Datengrundlagen von Theorien gesagt haben soll: »Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können.« 1 Den Auftakt bildet eine blitzlichtartige Annäherung an aktuelle philosophische und theologische Lebenskunstdiskurse. Aus dieser Perspektive erfolgt eine Spurensuche im 1. Petrusbrief in Gestalt einer kursorischen Lektüre mit einem Ausblick auf die Bedeutung für die zu Beginn skizzierten Diskurse. 1. Aktueller Einblick Die Lebenskunstfrage ist ein zeit- und kulturbedingtes Phänomen. Ein Witz pointiert es: »Ein Engländer, ein Franzose und ein Deutscher unterhalten sich, was sie zu ihrer Entspannung tun: Der Engländer trinkt einen Sherry und geht zur Rennbahn. Der Franzose trinkt einen Cognac und geht zur Freundin. Der Deutsche nimmt seine Herztropfen und geht zur Arbeit.« 2 1.1. Lebenskunst in der Philosophie In Deutschland ist der Begriff der Lebenskunst von Wilhelm Schmid wiederentdeckt und popularisiert worden. 3 In dem von ihm vorgelegten Entwurf einer Philosophie als Lebenskunst im Anschluss an Michel Foucault definiert er diesen Begriff mit dem ethischen Blick auf die Lebensführung wie folgt: »Unter Lebenskunst wird grundsätzlich die Möglichkeit und die Anstrengung verstanden, das Leben auf reflektierte Weise zu führen und es nicht unbewusst einfach nur dahingehen zu lassen.« 4 Für den deutschen Lebenskunstphilosophen ist die Frage nach Lebenskunst besonders dann virulent, wenn Menschen mit von Grund auf fremden Situationen konfrontiert sind: »Nach Lebenskunst fragen diejenigen, für die sich das Leben nicht mehr von selbst versteht, in welcher Kultur und welcher Zeit auch immer.« 5 In diesem Kontext wirft Schmid die alte Frage neu auf, was die Philosophie zur Lösung von Problemen des Lebens und Zusammenlebens beisteuert. 6 Dabei rekurriert er auch auf die antike Philosophie als Lebenskunst. 7 In ihr wird nicht nur theoretisiert, sondern die Lebensführung reflektiert. Sie ist eine Lebensform. 8 Generell ist auch die Bibel ein Buch, das die Kunst des Lebens lehrt. 9 1.2. Lebenskunst in der Theologie Schmids ›Philosophie der Lebenskunst‹ hat eine Renaissance des Lebenskunstbegriffes in der Praktischen Theologie ausgelöst. 10 Beispielsweise plädiert Michael Schibilsky im Anschluss an Schmid für eine Theologie als Theorie der Lebenskunst im Sinne einer biblisch orientierten Lebensdeutung und Lebensbegleitung. 11 Im Anklang an Schmids Definition von Lebenskunst als Bezeichnung für bewusste Lebensgestaltung zielt christliche Lebenskunst nach Peter Bubmann und Bernhard Sill darauf, »das eigene Leben bewusst in, mit und unter dem Wirken des Geistes Gottes zu gestalten.« 12 Im Anschluss an die mittelalterliche Lebenskunst betonen sie den Konnex von ars vivendi und ars moriendi. 13 Im Bewusstsein der Endlichkeit und Gefährdung menschlichen Lebens bedeutet christliche Lebenskunst als Form von Christusnachfolge immer auch, sich in der Kunst des Zusammenlebens zu üben. 14 2. Lebenskunst im 1. Petrusbrief 2.1. Kunst der Konvivenz Der 1. Petrusbrief ist für eine Lektüre einer christusorientierten Lebenskunst offen. 15 Der ganze Brief kann unter diesem Aspekt wahrgenommen werden. 16 Dieses erlesene Schreiben initiiert anerkennungstheologisch in die Kunst der Konvivenz. 17 Der aus dem Spanischen (convivencia) bzw. Portugiesischen (convivência) abgeleitete Begriff bedeutet ›Zusammenleben‹. In der lateinamerikanischen Befreiungstheologie bezeichnet Konvivenz die Lebens- und Hilfsge- Thomas Popp »damit ihr seinen Fußspuren nachfolgt« (1 Petr 2,21) Christus als Leitbild der Lebenskunst im 1. Petrusbrief Hermeneutik und Vermittlung »Der 1. Petrusbrief ist für eine Lektüre einer christusorientierten Lebenskunst offen. [...] Dieses erlesene Schreiben initiiert anerkennungstheologisch in die Kunst der Konvivenz.« Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 62 - 2. Korrektur 62 ZNT 34 (17. Jg. 2014) Hermeneutik und Vermittlung 5,12) eine christusorientierte Kunst des Zusammenlebens skizziert: 20 1) 1,1 f.: friedvoll leben 2) 1,3-12: hoffnungsvoll leben 3) 1,13-2,10: bewusst leben 4) 2,11-3,12: konvivial leben 5) 3,13-4,11: kraftvoll leben 6) 4,12-5,11: gelassen leben 7) 5,12-14: vernetzt leben Der Autor, der unter dem Namen des Petrus schreibt, 21 wendet sich vor allem an eine Adressatenschaft aus griechisch-römischer Religiosität (1,1). 22 Aus religionsgeschichtlicher Sicht ist für das Verständnis der Vorstellungswelt des 1Petr vor allem der Priester und Philosoph Plutarch (46/ 47-125 n. Chr.) aufschlussreich. 23 Sein Werk ist ein Musterbeispiel religiös-philosophischer bzw. weisheitlicher Lebenskunst (technē peri bion 2,613B). 24 Aus dem Bereich der alttestamentlich-frühjüdischen Texte ist unter dem Aspekt der Lebenskunst insbesondere das Proverbia-Buch in den Blick zu nehmen. 25 ›Petrus‹ rezipiert die Proverbien in (1) Anspielungen (1 Petr 1-5) und (2) Zitaten (1 Petr 4-5): 26 1 Petr Prov (1) Anspielungen 1,7 17,3 1,13 31,17 2,17 24,21 3,6 3,25 4,12 27,21 (2) Zitate 4,8 10,12 4,18 11,31 5,5 3,34 Geschickt integriert der Autor diese Anspielungen und Zitate in seine Argumentation, um seine Adressatinnen und Adressaten von Anfang an zu einem weisheitlichen Lebensstil des Glaubens und der Liebe in ihrem angefochtenen Alltag zu animieren (vgl. nur 1,1-9). 2.3. Durchblick: Kursorische Lektüre 2.3.1 »wiedergeboren zu lebendiger Hoffnung« (1,3): Das Fundament der Lebenskunst (1,1-12) Ihr besonderes Profil gewinnt christliche Lebenskunst durch den Bezug auf Jesus Christus. Von Beginn an wird meinschaft unter den Armen, die im kirchlichen Leben die Gestalt von Basisgemeinden annimmt. Durch Theo Sundermeier hat dieser Begriff Eingang in die deutschsprachige Theologie gefunden. Sundermeier kennzeichnet Konvivenz dreifach: (1) gegenseitige Hilfe, (2) wechselseitiges Lernen und (3) gemeinsames Feiern. Kirche existiert konvivial: »Missionarische Kirche ist nicht Kirche für andere, sondern Kirche mit anderen.« 18 Für eine konviviale Theologie ist es unabdingbar, dass das Hoffnungszeugnis nur im Rahmen einer offenen Weggemeinschaft adäquat ausgesprochen werden kann: »Den Grund der christlichen Identität kann niemand ändern, Jesus Christus. Doch es gehört zur Besonderheit der christlichen Identität, dass sie nach vorne hin offen und nicht festgelegt ist […] Es ist gerade die Begegnung mit fremden Menschen, fremden Religionen und Kulturen, die jene Erfahrung verstärkt, die kennzeichnend ist für alle interreligiösen Dialogsituationen: Man wird auf sich selbst verwiesen, muss nach den eigenen Wurzeln fragen und über die Hoffnung Rechenschaft ablegen, die einen bestimmt (vgl. 1Petr 3,15).« 19 Sundermeier legt mit dem in der neutestamentlichen Wissenschaft noch nicht etablierten Konzept der Konvivenz ein auf biblischen Einsichten basierendes, richtungsweisendes Modell vor, das auch für die Exegese des 1. Petrusbriefes neue Perspektiven eröffnet. 2.2. Einleitungsfragen In dieser wohl um 90 n. Chr. im kleinasiatischen Raum entstandenen Schrift wird in konzentrierter Form (vgl. Thomas Popp, geb. 1966, Promotion 2000, Habilitation 2009 und Privatdozent für Neues Testament an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; seit 2013 Ausbildungsleiter der Rummelsberger Diakone und Diakoninnen sowie Professor für Praktische Theologie (Schwerpunkt Diakoniewissenschaft) an der Evangelischen Hochschule Nürnberg Prof. Dr. Thomas Popp Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 63 - 2. Korrektur ZNT 34 (17. Jg. 2014) 63 Thomas Popp »damit ihr seinen Fußspuren nachfolgt« (1 Petr 2,21) die Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet und im Akt der Lektüre gebildet. 27 Im Präskript (1,1 f.) wird ›Petrus‹ als dessen Apostel ausgewiesen (1,1). Die Empfängerinnen und Empfänger werden auf das grundlegende Erlösungshandeln Christi verwiesen (1,2). Im Exordium (1,3-9) wird Gott als »Vater unseres Herrn Jesus Christus« und die »lebendige Hoffnung« der Glaubenden durch den Bezug auf die Auferstehung Christi spezifiziert (1,3). Die Hoffnung lebt in ihnen (vgl. 3,15), d. h., das Leben des dreieinen Gottes (vgl. 1,2) erfüllt sie und fundiert ihre Lebenskunst. Schon jetzt leben sie im Horizont endzeitlicher Anerkennung und Freude (1,4-9). In der brieflichen Selbstempfehlung wird das Heil durch Christus mit der durch seinen Geist gedeuteten biblischen Geschichte verknüpft (1,10-12). Die im 1Petr präsentierte Lebenskunst speist sich aus dieser geistlichen Schriftauslegung. Sie bringt auf den Geschmack, »dass der Herr köstlich (gütig) ist« (2,3). 28 2.3.2. »Ihr wisst ja« (1,18): christusbewusst leben (1,13-2,10) Diese Passage intoniert, wie der Glaube an und die Liebe zu Christus (1,7-9) im Leben der Wiedergeborenen konkret Gestalt gewinnt. 29 Aus Lebenskunstperspektive verdient vor allem der Auftaktvers Aufmerksamkeit. Die anfängliche Aufforderung zum Hoffen auf die Gnade (1,13; vgl. 1,2.10) wird durch die Wendung »Gürten der Hüften der Gesinnung« vor Augen gemalt. Die Kleidungsmetaphorik (vgl. 2,1.16; 3,3-5; 5,4) hat ihre Basis im empirischen Bezugssystem. Das Hochgürten des Gewandes bezieht sich in seinem Primärsinn auf das Kürzen des den Schritt hemmenden langen Gewandes. Es signalisiert den Einsatzwillen bzw. die Bereitschaft zum Aufbruch. Mit den Proverbien vertraute Leserinnen und Leser könnten darin eine Anspielung auf die Anerkennung der unübertroffen tüchtigen Frau sehen (Prov 31,17): »Sie gürtet kraftvoll ihre Lende und stärkt ihre Arme zur Arbeit.« Vor dem Hintergrund, dass Kleidung in der antiken Ehrenkultur den sozialen Status darstellt, 30 entspricht die Bekleidung mit hoffnungsvoller Einsatzbereitschaft dem neuen Status der zu einer lebendigen Hoffnung Wiedergeborenen (vgl. 1,3.23; 2,2). Insofern ist die christliche Lebenskunst-- vergleichbar mit der Philosophie bei Seneca (vgl. Ep 4,2-6)-- ein Leben in einem neuen Gewand bzw. die Einkleidung in das neue Sein bei der Taufe, dem Ort der Wiedergeburt. 31 Für ein Leben auf dem Grund der Taufe ist Bewusstheit geboten: Hoffnungsvoller Aufbruch hat nicht kopflos, sondern »nüchtern« zu geschehen (gr.: nēfō: 1,13; vgl. 4,7; 5,8). In der Tradition der biblischen Weisheitsliteratur stehend, bezeichnet die Metapher der Nüchternheit im Gegensatz zur Trunkenheit (vgl. 4,3) die Weisheit, sich unverhüllt der Wirklichkeit zu stellen. 32 Auch Plutarch rühmt die Nüchternheit. Zur ethischen Ästhetik der Existenz eines Herrschers gehört es, sich mehr zu scheuen, Böses zu tun als Böses zu leiden. Der menschenfreundliche Regent tut alles, um seine Untertanen vor jeder Schädigung zu bewahren (4,781C). Als Vorbild fungiert u. a. Epaminondas, der selbst an Festtagen »nüchtern« blieb (gr.: nēfein) und wachte, um den Anderen ausgelassenes Feiern zu ermöglichen (4,781D). Im Gegensatz zur früheren ›Unwissenheit‹ (gr.: agnoia 1,14) sind die Wiedergeborenen jetzt ›Wissende‹ (gr.: eidotes 1,18). Der folgende Rekurs auf eine Bekenntnisformel dient der Vergewisserung: Die Getauften werden an das rettende Wissen ihrer Erlösung durch den für sie gestorbenen und auferstandenen Christus erinnert (1,18-21). Eine wesentliche Konsequenz ist-- im Kontrast zu in einem Lasterkatalog komprimierten lieblosen Verhaltensmustern (2,1)-- beharrliche Geschwisterliebe unter den Wiedergeborenen (1,22-25) und Sehnsucht nach dem Wort Gottes (2,2 f.). Es ist ihre Bestimmung, als Volk Gottes zeugnishaft in der Welt zu leben (2,4-10; vgl. 1,14-16). 2.3.3. »in seinen Fußspuren« (2,21): Lebensform der Nachfolge (2,11-3,12) Für die in 2,9 f. präsentierte missionarische Vision wird in 2,11-3,12 vor allem eine nonverbale Strategie mit Anweisungen zur taktischen Realisierung entwickelt. 33 ›Petrus‹ schärft ein, dass die Sonderexistenz der Wiedergeborenen als Volk Gottes nicht zur Absonderung von der Mitwelt führen darf, selbst wenn sie ihnen feindlich gesonnen ist. Sie sollen in ihren jeweiligen Subkulturen »als Außenseiter und Fremde« (2,11) durch ihren vorbildlichen Lebenswandel missionarisch wirksam sein (2,12). Die verleumderischen Vorurteile der paganen Mitwelt sollen nicht im theoretischen Diskurs, sondern durch ihre vorbildliche Lebenspraxis entkräftet werden. Nur in der Begegnung mit ihnen kann die nichtchristliche Mitwelt lernen, was aus deren Sicht gut ist. Letztlich entscheidet daher die Übersetzung in die konkrete Lebenspraxis darüber, was als gut gelten kann. Für die Christinnen und Christen gilt, was auch für den Philosophen als Lehrer in »christliche Lebenskunst [ist] - vergleichbar mit der Philosophie bei Seneca (vgl. Ep 4,2-6) - ein Leben in einem neuen Gewand bzw. die Einkleidung in das neue Sein bei der Taufe, dem Ort der Wiedergeburt.« Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 64 - 2. Korrektur 64 ZNT 34 (17. Jg. 2014) Hermeneutik und Vermittlung der Antike maßgeblich war. Man nahm ihn dadurch beim Wort, »dass man sich für seine eigene Lebensweise ebenso interessierte wie für seine Lehre. Max Schelers Ausspruch vom Wegweiser, der den Weg nicht selber geht, wäre damals auf wenig Verständnis gestoßen.« 34 Für eine werbende christliche Lebenspraxis werden in 2,13-3,12 chancenreiche Anknüpfungspunkte an das bestehende gesellschaftliche Leben angeboten. In der Mitte dieser Paraklese zum Leben in der paganen Mitwelt ist eine Passionserinnerung planvoll positioniert (2,21-25; vgl. 1,18- 21; 3,18-22). Makrokontextuell bildet sie das christologische Briefzentrum. 35 Christus ist das Leitbild (2,21-25). 36 Mikrokontextuell begründet sie nicht nur die Unterordnung und Würde der Sklaven christologisch (2,18-20), sondern auch die Anweisungen zum Leben im Staat (2,13-17), in der Ehe (3,1-7), in der Gemeinde (3,8) und Mitwelt (3,9-12). Das Verhalten der christlichen Sklaven und Sklavinnen (2,18-20) wird im Verhältnis zu Christus als Ur- und Vorbild verankert (2,21-25). Sein Leiden hat paradigmatische Bedeutung. 37 Gerade als der leidende Gerechte erfährt er Gottes Anerkennung (2,21-23; vgl. 1,18-21). Im Hintergrund des Auftaktverses 2,21 dürfte wieder die Erinnerung an die Taufe stehen. Sie ist das Symbol-Sakrament für den Übergang zur Christusnachfolge. Als Leitverb fungiert ›leiden‹ (gr.: paschō). Es verknüpft 2,18-20 (V. 19 f.) und 2,21-25 (V. 21.23). Der nur zu Beginn ausdrücklich genannte Christus (vgl. 2,5), der in 2,21b-24a Subjekt ist, hat für die Angeredeten gelitten. Mit der ›für‹- Formel (gr.: hyper) bringt der Autor nicht nur den exemplarischen, sondern auch den fundamentalen Charakter des Leidens Christi zum Ausdruck. Sein Todesleiden begründet und motiviert die Leidensnachfolge (vgl. 1,2,18 f.). Seine leidende Proexistenz zielt auf Nachfolge in seinen ›Fußspuren‹ (gr.: ichnos). Das Bild vom ›Nachfolgen in der Spur‹ betont die Konformität der Adressatinnen und Adressaten mit Christus und akzentuiert zugleich dessen Andersartigkeit. Sie gehen in seinen Spuren ihren Weg. Diese Nachfolge gibt ihrem Leben neue Form und Richtung. Werden sie in 2,1 und 3,10 aufgefordert, allen Betrug abzulegen bzw. damit aufzuhören, Betrug zu reden, ist auch diesbezüglich Christus das Leitbild (2,22). Als er litt, drohte er nicht (2,23). Der Grund für dieses außergewöhnliche Verhalten ist seine vorbildliche Gottesbeziehung: Er überließ sich dessen Fürsorge. Das verlieh ihm Gelassenheit. Er war frei von der Verpflichtung, die eigene Ehre hochzuhalten, weil er sich dem gerechten Richter anvertraute. Seine Vergebungstat besteht darin, dass er für die sündigen Menschen den stigmatisierten Tod eines Sklaven erlitten hat (2,24). In klimaktischer Fortschreibung von 2,21 steht die am Vorbildgedanken orientierte Paraklese auf dieser christologisch-soteriologischen Grundlage. Die neue Lebenspraxis, das Leben der Gerechtigkeit (2,24), ist Ausdruck der durch die Lektüre des 1. Petrusbriefes ›eingebildeten‹ Christus-Mentalität. 38 Die einst irrenden Schafe gehören nun zu Christus, dem Hirten und Bischof ihrer Seelen (2,25). Das Leitbild des leidenden Jesus ist auch für das Zusammenleben der christusgläubigen Adressatinnen mit ihren paganen Ehemännern maßgeblich (3,1-6). Wie jedes Handeln etwas über die dahinterstehende Mentalität aussagt, ist die alltägliche Lebensführung der Christinnen »ohne Wort« (3,1) Ausdruck ihrer Christus-Mentalität mit missionarischer Ausstrahlung (3,1 f.). Da die Erlösung nicht durch Gold geschah (1,18), kann auch Goldschmuck keine werbende Wirkung für den Christusglauben haben (3,3). Lebenskunst heißt nicht nur in diesem Kontext, Wesentliches und Unwesentliches bzw. Unvergängliches und Vergängliches unterscheiden zu können (vgl. nur 1,4- 7.18 f.23-25; 5,4). Für die Christinnen ist in den Spuren von Christus »sanftmütige« Gelassenheit geboten (gr.: praüs: 3,4). 39 Die Sanftmut agiert nicht mit Hinterlist (vgl. 2,1), sondern zielt auf friedliches Zusammenleben. Sie ist-- wie die Demut (vgl. 3,8; 5,5 f.)-- »keine manipulative Strategie der Schwachen, sondern eine offene Lebenshaltung der Starken, die ihre eigene Differenz nicht durch Aggressivität untermauern müssen.« 40 Auch für Plutarch hat die soziale Tugend der Sanftmut wegweisende Bedeutung. In der Einleitung des wohl zwischen 90 und 100 n. Chr. verfassten Lehrbriefes ›Eheliche Ratschläge‹ (Coniugalia praecepta) führt er aus, dass die Philosophie auch Ruhe lehrt (138B- C): In ihr »gibt es viele schöne Themen, von denen das nun anstehende Thema der Ehe nicht weniger als die anderen der Mühe wert ist. Mit dem Singen dieses Themas bezaubert die Philosophie diejenigen, die sich zu einer Lebensgemeinschaft vereinigen, und macht sie sanft und handzahm füreinander (gr.: tous epi biou koinōnia syniontas eis tauto praous te parechei kai cheiroētheis allēlois).« 41 Wie in der Sklavenparaklese (2,18-25) illustriert ›Petrus‹ auch die Frauenparaklese durch ein exemplum: Vorbildcharakter haben die einst »auf Gott hoffenden heiligen Frauen« (3,5), allen voran Sara (3,6). Die pointierte abschließende Ermahnung an die christusgläubigen Ehemänner zum vernünftigen Zusammenle- »Letztlich entscheidet [...] die Übersetzung in die konkrete Lebenspraxis darüber, was als gut gelten kann. Für die Christinnen und Christen gilt, was auch für den Philosophen als Lehrer in der Antike maßgeblich war.« Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 65 - 2. Korrektur ZNT 34 (17. Jg. 2014) 65 Thomas Popp »damit ihr seinen Fußspuren nachfolgt« (1 Petr 2,21) ben mit ihren christlichen Gattinnen lässt u. a. durch den Gebrauch des neutestamentlichen Hapaxlegomenon ›zusammenwohnen‹ (gr.: synoikeō) aufhorchen (3,7). Plutarch verwendet dieses Verb sowohl für das bürgerliche Zusammenleben wie auch für das häusliche Zusammenwohnen der Eheleute. 42 So soll die Ehefrau stets freundlich mit ihrem Mann ›zusammenwohnen‹ (gr.: synoikē: 28,142A) und in allen Belangen ihren gepflegten Charakter und Lebenswandel als wahren Schmuck an den Tag legen (29,142B). Eheleute, die sich lieben, sind »wie ein einziges, zusammengewachsenes Wesen« (gr.: symphysēs 34,142E), dagegen bestehen die, die nur aufgrund der Mitgift oder der Nachkommenschaft geheiratet haben, »aus ineinander verhafteten Teilen [gr.: synaptomenōn 34,142F], und wenn sie nur miteinander schlafen, dann sind sie getrennte Teile, zwei, die sozusagen miteinander hausen, aber nicht miteinander leben« (gr.: hous synoikein an tis allēlois ou symbioun nomiseie: 34,142F). Die christlichen Ehefrauen sind als getaufte Mitglieder des Gottesvolkes (vgl. 3,6) gleichwertige ›Miterbinnen‹ (gr.: synklēronomos) der »Gnade des Lebens« (3,7; vgl. 1,4). Die gläubigen Gatten sollen ihre physisch zerbrechlicheren Frauen als geistlich gleich Gewürdigte erkennen, aufgrund dieser Einsicht anerkennen und diese Anerkennung durch ein entsprechendes Handeln beglaubigen. Dabei hat das sprachlich mit synoikeō korrespondierende syn-Kompositum synklēronomos Signalwirkung: »Das hier gebrauchte Wort mit bezeichnet die letzte Bindung, die tiefste Gemeinschaft der Ehegatten.« 43 Die zum achtsamen Zusammenwohnen animierende Ehegattenparaklese (3,7) leitet zur Etablierung des neuen reziproken christlichen Ethos der Liebe und Demut über (3,8-12). Diese Präsentation des neuen Modells des Zusammenlebens ist ein Konzentrat der konvivialen Theologie der Anerkennung im 1Petr. Den Auftakt bildet eine ausdrücklich für alle geltende programmatische Handlungsweisung zu einem neuen Mit- und Füreinander (vgl. die Vorsilben homo- und syn- 3,8). Als Komplement zum fünfgliedrigen polysyndetischen Lasterkatalog in 2,1 werden asyndetisch fünf genderübergreifende Tugenden chiastisch angeführt: A ›gleichgesinnt‹ (gr: homophrones) B ›mitleidend‹ (gr.: sympatheis) C ›die Geschwister liebend‹ C (gr.: philadelphoi) B ›barmherzig‹ (gr.: eusplanchnoi) A ›demütig‹ (gr.: tapeinophrones) In der Mitte dieser konvivialen Alltagstugenden steht die Geschwisterliebe. Sie wird durch die Innenglieder Sympathie/ Barmherzigkeit und die Außenglieder Einheit/ Demut gerahmt. In der frühchristlichen Literatur wird die Demut im 1Petr erstmals zu einem Zentralbegriff der Ethik. 44 Nur hier erscheint das Adjektiv ›demütig‹. Wie im NT ist tapeinophrōn auch in der Septuaginta ein Hapaxlegomenon. Es findet sich bezeichnenderweise in den Proverbien (29,23). Im Gegensatz zum Hochmütigen erlangt ein Demütiger Ehre (vgl. 3,34; 1Petr 5,5). Demut bedeutet, sich im Vertrauen auf Gott selbst zu Gunsten Anderer zurücknehmen zu können (vgl. 2,23; 4,17-19; 5,5-7). 45 Ohne solche zuvorkommende Selbstzurücknahme ist Einheit nicht lebbar. 46 Die Gemeinde ist der erste modellhafte Ort für diese Lebenskunst (3,8). Die mit der Christusnachfolge gegebenen neuen konvivialen Regeln und Maßstäbe lassen sich auch auf das Verhältnis zur Mitwelt beziehen (3,9-12). Als auf Vergeltung Verzichtende und stattdessen Segnende (3,9) bewegen sich die Wiedergeborenen in den Fußspuren Christi (vgl. 2,21). Diese Lebensform ermöglicht friedliches Zusammenleben in einer feindlichen Mitwelt (vgl. 3,10-12.13-17). Die Forderungen in 3,8-12 »stellen geradezu eine Magna Charta gemeinschaftsfreundlicher Achtsamkeit dar. Sie schließen Aggressionen, die Androhung oder Anwendung physischer oder psychischer Gewalt kategorisch aus.« 47 Diese humanisierende Kraft praktizierten Glaubens setzt wie die Demut nicht Schwäche voraus, sondern gottgegebene Souveränität und Stärke. 2.3.4. »aus der Kraft, die Gott gewährt« (4,11): glaubwürdig leben (3,13-4,11) Das im Grundsatzprogramm 2,11 f. intonierte, nach 2,13-3,12 durch vorbildliches christuskonformes Verhalten zu bewältigende Problem der Anfeindung durch die Mitwelt wird im Zusammenspiel mit innergemeindlicher Paraklese in 3,13-4,11 erörtert. 48 Der Anstoß durch das nicht mehr ins alte Schema passende Leben (vgl. 1,14) der Neugeborenen ist nicht nur Anlass zum Leiden, sondern provoziert auch die Rückfrage nach der Herkunft dieses unterscheidbaren Lebensentwurfs in der Christusnachfolge (3,13-16). Sie bezeugen ihrer nichtchristlichen Mitwelt ihre im Auferstandenen gründende Hoffnung (3,15). Für ihr Hoffnungszeugnis gilt der auch von der christlichen Gemeinschaft rezipierte sokratische Grundsatz, Rechenschaft nach Maßgabe des logos abzulegen. 49 Das setzt wiederum bewusstes Leben im Glauben voraus (vgl. nur 1,18). Das glaubwürdige »In der Mitte dieser konvivialen Alltagstugenden steht die Geschwisterliebe.« Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 66 - 2. Korrektur 66 ZNT 34 (17. Jg. 2014) Hermeneutik und Vermittlung Mitleben-- und nicht nur Überleben-- der »zu lebendiger Hoffnung« (1,3) Wiedergeborenen mit allen Menschen kann Feindschaft in friedliches Miteinander verwandeln (vgl. 3,9-12). Der Appell zur sanftmütigen und furchtlosen Apologie (3,13-16) wird erneut durch den Rekurs auf den Willen Gottes (3,17; vgl. 2,15) und die Jesus-Christus- Geschichte (3,18-22; vgl. 2,21-25) plausibilisiert. In die imperativisch intonierte Paraklese 4,1-6 ist der Verweis auf den Willen Gottes (4,2) sowie frühchristliches Wissen (4,6; vgl. 1,14.18) als Maßstab für das Verhältnis zur paganen Mitwelt verwoben. Daran schließen sich in Wiederaufnahme insbesondere von 1,22; 2,17 und 3,8 Anweisungen zum innergemeindlichen konvivialen Miteinander an (4,7-11). Im Bewusstsein des nahenden Endes ist Besonnenheit und Nüchternheit zum Gebet angesagt (4,7; vgl. 1,13; 5,7 f.). Wesentlich ist, an der vergebenden Liebe zueinander festzuhalten (4,8), gegenseitig gastfreundlich zu sein (4,9) und einander charismenorientiert zu dienen (4,10). Wie die Liebe (vgl. 4,8) die unterschiedlichen Charismen verbindet, so entspricht deren Vielfalt der ›bunten‹ göttlichen Gnade. 50 Dieser Dienst geschieht nicht eigenmächtig, sondern »aus der Kraft, die Gott gewährt« (4,11). Diakonische Konvivenz im Sinne des in 4,7-11 (vgl. 1,22; 2,4-10.17; 3,8) entworfenen Gemeindebildes verdankt sich göttlichem Empowerment. Gott ermächtigt zu einem Gemeindeleben, dessen Kennzeichen reziproke Zugewandtheit in Liebe und Solidarität ist. 2.3.5. »denn der Geist…ruht auf euch« (4,14): in leidenschaftlicher Gelassenheit leben (4,12-5,11) Auch in dem Textkomplex 4,12-5,11 sind die Passagen planvoll aufeinander bezogen. 51 Das Leben in Schicksalsgemeinschaft mit Christus (4,12-19; vgl. 2,21-25) impliziert geistgeschenkte Gelassenheit (4,14; vgl. 2,18-20). 52 Der entehrenden Schmähung der »Fremden in der Diaspora« (1,1) wird-- in Anspielung auf Jes 11,2LXX (vgl. Ps 88,51 f.LXX)-- ihre Geistbegabung gegenübergestellt. Das ›Ruhen‹ des göttlichen Geistes der Herrlichkeit auf ihnen wird durch eine Präsensform verbalisiert (gr.: anapauetai). Geistesgegenwart macht sie in der ›Feuersglut‹ (4,12) ihrer Verfolgung gelassen. Dagegen ist Senecas Ruheverständnis im Zusammenhang der Weltüberlegenheit der kynisch-stoischen Ataraxie zu verstehen (Const 9,2 f.): Ein Weiser lässt sich weder von Hoffnung und Furcht bestimmen noch durch Unrecht aus der Fassung bringen, sondern er moderiert sich selbst (lat.: moderator sui), erfüllt von tiefer und friedlicher Ruhe (9,3). Ihn wird keines Menschen Missachtung aus der Ruhe bringen. Würde er sich nämlich herablassen, sich von Unrecht oder von Beschimpfung betroffen zu fühlen, würde er niemals innerlich ruhig sein können (13,5). Die Adressatinnen und Adressaten werden als Gottes Geschöpfe dazu animiert, ihre Seelen dem treuen Schöpfer anzuvertrauen (4,19; vgl. 5,7). Auch und gerade in diesem Vertrauen äußert sich ihre Christusnachfolge, denn er ist die Inkarnation dieser spirituellen Lebenskunst (vgl. 2,21-23). 53 Ihr Leben liegt in Gottes Hand (vgl. 5,6). Er ist der Grund ihrer Gelassenheit. Diese geistgeschenkte Gelassenheit bewährt sich in der Kunst, auch in der Situation der Verfolgung das Gute zu tun: » Ebenso wie die in der Taufe geschenkte Begnadung den ganzen Menschen erfasst, bezieht sich die Befähigung zur Gelassenheit in der Welt auf die Lebensganzheit. Handeln in dieser Gelassenheit in der Welt ist in Zeiten, die hoffnungslos erscheinen, Ausdruck der Hoffnung, die die Christen auszeichnet, ist Zeugnis im Alltag der Welt.« 54 Da dieses Handeln ihr Weiterleben voraussetzt, ist 4,12- 19 kein Beleg für eine Märtyrertheologie. ›Petrus‹ ruft durch seinen Brief nicht zum Martyrium auf, sondern bereitet sie implizit durch die Bestärkung ihrer in dem auferstandenen Christus verankerten »lebendigen Hoffnung« (1,3) auf ihr Sterben vor (ars moriendi). Die Schlussparaklese richtet sich zunächst an die Gemeindeleitung (5,1-5a), dann an alle Gemeindeglieder (5,5b-11). Erneut wird die Demut als konkrete konviviale Grundhaltung präsentiert (5,5b-6). Wie in 3,8 bezieht sie sich zunächst auf das reziproke zwischenmenschliche Verhalten (5,5b) und bezeichnet zudem-- im wörtlichen Rekurs auf Prov 3,34LXX-- das angemessene Verhältnis zu Gott (5,5b). 55 Zur demütigen Bergung in Gottes Hand (5,6) gehört die geistliche Lebenskunst, alle Sorgen dem fürsorgenden Gott zu überlassen (5,7; vgl. 4,19). Er wird sie in ihrer leidvollen Situation (5,8 f.) »in Ordnung bringen, stärken, kräftigen, gründen« (5,10). Zur Lebenskunst der Christinnen und Christen zählt nicht zuletzt die Einsicht in die Fragmentarität der eigenen Existenz und das Vertrauen, dass Gott vollenden wird, was bruchstückhaft ist (gr.: katartizō 5,10). 56 2.3.6. »Es grüßt euch …« (5,14): vernetzt leben (5,12-14) Im Postskript wird als erste Person im geistlichen Netzwerk des ›Petrus‹ Silvanus als Briefüberbringer benannt »Zur Lebenskunst der Christinnen und Christen zählt nicht zuletzt die Einsicht in die Fragmentarität der eigenen Existenz und das Vertrauen, dass Gott vollenden wird, was bruchstückhaft ist« Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 67 - 2. Korrektur ZNT 34 (17. Jg. 2014) 67 Thomas Popp »damit ihr seinen Fußspuren nachfolgt« (1 Petr 2,21) (5,12). 57 Er gehört als zuverlässiger ›Bruder‹ (gr.: adelphos) zum leidgeprüften weltweiten Beziehungsgefüge der ›Bruderschaft‹ (gr.: adelphotēs 5,9; vgl. 2,17). Der »mit wenigen [Worten]« geschriebene Brief zielt darauf, die stigmatisierten und diffamierten Empfängerinnen und Empfänger durch die verdichtete theologisch-seelsorgliche Deutung ihrer Situation darin zu bestärken, auch im Leiden in unverbrüchlicher Gemeinschaft mit Gott zu stehen. 58 So kann die Lektüre dieser Literatur für sie zum Lebenselixier werden, das ihre Widerstandskraft in diabolischer Bedrängnis stärkt (vgl. 5,8-10). Diesem Ziel dient auch die Ausrichtung von Grüßen der mitauserwählten Gemeinde in ›Babylon‹ sowie von ›Markus‹ (5,13; vgl. 1,1). Wiederum werden die Wiedergeborenen darauf aufmerksam gemacht, dass sie Teil des globalen Netzwerkes der bedrängten ›Geschwisterschaft‹ sind (vgl. 5,9). Die im 1Petr entfaltete ars vivendi ist nicht zuletzt eine ars amandi: Die ›Geliebten‹ (gr.: agapētoi 2,11; 4,12) werden aufgerufen, einander mit dem »Kuss der Liebe« (5,14a) zu grüßen. 59 Er ist eine berührende Expression ihrer Communitas als Geschwisterschaft (vgl. 2,17; 5,9). Sie ist unter den bei der gottesdienstlichen Verlesung des Briefes körperlich anwesenden Personen interaktiv erlebbar. Im Liebeskuss somatisiert sich die geistige Vorstellung ihrer wechselseitigen Agape (vgl. 4,8). Indem ›Petrus‹-- in Modifikation des paulinischen ›heiligen Kusses‹ (1Thess 5,26; 1Kor 16,20; 2Kor 13,12; Röm 16,16)- - den Rang der Agape betont, unterstreicht er die basale Bedeutung der reziproken Liebe für die diskriminierte und kriminalisierte christliche Gemeinschaft. 60 Als von Gott Geliebte bilden sie ein Netzwerk der wechselseitigen liebenden Anerkennung. Der-- vor dem Lebenskontext der Pax Romana ergehende-- abschließende Friedenszuspruch in 5,14b bildet mit 1,2b eine Inklusion. Wie der Brief begonnen hat, so endet er auch. In Analogie zur Geste des Kusses der Liebe als Ausdruck der gemeinsamen Anerkennung durch Gottes Gnade wird durch den Friedenswunsch die Horizontale betont, d. h. »das heile Verhältnis zu Gott und zu den Mitmenschen (vgl. 1,2), das die Konfliktsituation in Hoffnung, Glaube und Liebe überwindet (1,3-7; vgl. Joh 14,27).« 61 Die Wiedergeborenen leben in aller Bedrängnis gelassen im Frieden Gottes, weil sein Geist auf ihnen ruht (vgl. 4,14). Schließlich wird der anerkannte Heilsstand der Adressatinnen und Adressaten durch die zum dritten Mal gebrauchte Formel ›in Christus‹ (en christō 5,14b; vgl. 3,16; 5,10) herausgestellt. Mit dem Schlüsselgedanken der Konvivenz mit Christus, zu der genuin das Zusammenleben mit den Mitchristinnen und -christen und der Mitwelt gehört, klingt der Brief wirkungsvoll aus. 3. Rückblick und Ausblick Aufgabe der im 1Petr mit Christus als Leitbild entworfenen Lebenskunst ist es, theologische Deutungen und Handlungsanweisungen bereitzustellen, mit deren Hilfe die bedrängten Christinnen und Christen ihr in Christus gründendes Leben in »seinen Spuren« (2,21) konvivial gestalten können. Im Sinne von Bubmanns und Sills eingangs zitiertem Ziel christlicher Lebenskunst (siehe 1.2) ist die im 1Petr vor Augen gemalte Lebenskunst »ein geschenktes Können« 62 . Der Mensch lebt nicht in erster Linie von dem, was er konstruiert, sondern von dem, was er rezipiert. Entsprechend ist die Gelassenheit der Wiedergeborenen keine ›stoische‹, sondern eine geistgegebene (vgl. 4,14). 63 Für die Ganzheit ihres Lebens müssen sie nicht selbst sorgen. Sie können alle Sorgen Gott im Gebet lassen (vgl. 4,19; 5,6 f.). Er ist ihre Ganzheit und wird ihr bruchstückhaftes Leben vollenden (vgl. 5,10). 64 Diese durch die Lektüre des 1Petr geschärfte Sehweise unterbricht alltägliche Wahrnehmungsmuster wie etwa utopische Gesundheits- und Ganzheitsvorstellungen und lässt das Leben in einem anderen Licht erscheinen: »selbst als Fragment kann ich noch darauf vertrauen, dass Gott mein mehr oder weniger gelungenes Lebenskunstwerk bejahen wird.« 65 Die im 1. Petrusbrief entfaltete Theologie als Form der Lebenskunst inspiriert dazu, in aller Fragmentarität schon jetzt im Horizont endzeitlicher Anerkennung und Freude zu leben (vgl. nur 1,7-9; 5,10 f.). Mit der erfreulichen Aussicht auf die bereits gegenwärtige Teilhabe an der »ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus« (5,10; vgl. 5,14b) lässt sich gut leben und sterben (ars vivendi et moriendi). Diese Hoffnung erfüllt das Herz (vgl. 3,15). Die Dimension der göttlichen Unendlichkeit lässt sich in der brüchigen menschlichen Endlichkeit durch das Sein in Christus erfahren (vgl. 3,15; 5,10.14). Diese Lebensform der geisterfüllten leidenschaftlichen Gelassenheit mit Christus als Leitbild übersteigt auf wunderbare Weise die durch den Witz am Anfang persiflierte deutsche Art, zur Entspannung Herztropfen zu nehmen und zur Arbeit zu gehen-- Gott sei Dank (5,11): »Ihm sei die Macht in Ewigkeit. Amen.« Anmerkungen 1 Zit. bei P. Watzlawick, Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn-- Täuschung-- Verstehen, München 1977, 57. 2 Zit. n. W. Vorländer, Gastfreundschaft als Gotteserfahrung, in: Markenzeichen Gastfreundschaft. Grundlagen und Bausteine einer wertschätzenden Kultur der Gemein- Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 68 - 2. Korrektur 68 ZNT 34 (17. Jg. 2014) Hermeneutik und Vermittlung de, hg. v. Amt für missionarische Dienste der Evangelischen Kirche von Westfalen, Dortmund 2001, 4-7: 7. 3 Vgl. dazu aus der Publikationsfülle basal W. Schmid, Philosophie der Lebenskunst. Eine Grundlegung, Frankfurt a. M. 12 2012 (zur Bezugnahme auf Foucaults Entwurf einer Ästhetik der Existenz vgl. z. B. a. a. O., 165-172) ; komprimiert: ders., Schönes Leben? Einführung in die Lebenskunst, Frankfurt a. M. 3 2008 (zu Foucault vgl. a. a. O., 186-195); zur philosophischen Kritik an Schmids Lebenskunstkonzept vgl. nur C. Langbehn, Grundlegungsambitionen, oder der Mythos vom gelingenden Leben. Über Selbstbewusstsein und Selbstgestaltung in der Ethik, in: Ders./ Kersting, W. (Hg.), Kritik der Lebenskunst, Frankfurt a. M. 2007, 201-234, 215-234. 4 W. Schmid, Philosophie, 9. 5 loc. cit. W. Schmid, Philosophie, 9. 6 Vgl. a. a. O., 49. 7 Vgl. a. a. O., 27; zur antiken Philosophie als Lebenskunst vgl. nur A. Dihle, Philosophie als Lebenskunst, RhWAW.G 304, Opladen 1990; P. Hadot, Philosophie als Lebensform. Geistige Übungen in der antike, Berlin 2 1991; ders., Wege zur Weisheit-- oder was lehrt uns die Antike Philosophie? , Frankfurt a. M. 1999; C. Horn, Antike Lebenskunst. Glück und Moral von Sokrates bis zu den Neuplatonikern, München 1998; H. Niehues-Pröbsting, Die antike Philosophie. Schrift, Schule, Lebensform, Frankfurt a. M. 2004, 142-219; M. Lang, Die Kunst des christlichen Lebens. Rezeptionsästhetische Studien zum lukanischen Paulusbild, ABG 29, Leipzig 2008, 97-167. 8 Vgl. dazu P. Hadot, Philosophie; vgl. auch H. Niehues- Pröbsting, Philosophie, 142: »Die literarischen und schulischen Formen der antiken Philosophie sind in ihrem Sinn wesentlich auf das Ziel einer philosophischen Lebensform, auf eine spezifische philosophische Führung und Gestaltung des Lebens bezogen.« 9 Vgl. W. Schmid, Gottvertrauen. Oder: Die Kunst des Lebens, Psychologie Heute compact 19 (2008), 12-17, 16. 10 Vgl. dazu aus der Literaturfülle seit der Jahrtausendwende P. Bubmann, Freiheit wahrnehmen-- die ästhetische Dimension christlicher Lebenskunst, in: H.-R. Reuter u. a. (Hg.), Freiheit verantworten (FS W. Huber), Gütersloh 2002, 504-516; ders., Gemeindepädagogik als Anstiftung zur Lebenskunst, PTh 93 (2004), 99-114; ders./ B. Sill (Hg.), Christliche Lebenskunst, Regensburg 2008; W. Engemann, Lebenskunst als Beratungsziel. Zur Bedeutung der Praktischen Philosophie für die Seelsorge der Gegenwart, in: M. Böhme u. a. (Hg.), Entwickeltes Leben. Neue Herausforderungen für die Seelsorge (FS J. Ziemer), Leipzig 2002, 95-125; ders., Die Lebenskunst und das Evangelium. Über eine zentrale Aufgabe kirchlichen Handelns und deren Herausforderung für die Praktische Theologie, ThLZ 129 (2004), 875-896; ders., Aneignung der Freiheit. Lebenskunst und Willensarbeit in der Seelsorge, WzM 58 (2006), 28-48; ders., Aneignung der Freiheit. Essays zur christlichen Lebenskunst, Stuttgart 2007; ders., Gemeinde als Ort der Lebenskunst. Glaubenskultur und Spiritualität in volkskirchlichem Kontext, in: I. Karle (Hg.), Kirchenreform. Interdisziplinäre Perspektiven, APrTh 41, Leipzig 2009, 269-291; C. Schwindt, Glaube und lebe. Lebenskunst als Thema christlicher Bildungsarbeit, PTh 91 (2002), 168-182; M. Schibilsky, Lebensbegleitung und Lebenskunst, Zeitzeichen 4 (2003), 38-40; ders., Theologie als ars vivendi, in: W. Huber (Hg.), Was ist gute Theologie? , Stuttgart 2004, 113-127; T. Erne, Die Kunst zu leben. Christlicher Glaube und Lebenskunst, PrTh 41 (2006), 144- 151; C. Burbach, Weisheit und Lebenskunst: Horizonte zur Konzeptualisierung von Seelsorge, WzM 58 (2006), 13-27; I. Kirsner/ F. Hiddemann, Lebenskunst im Film, WzM 58 (2006), 49-63; R. Zitt, Abschied, Trauer und Neuanfang. Menschsein als Lebenskunst in den existentiellen Lebensumbrüchen, WzM 58 (2006), 358-372; R. Schieder, Seelsorge und Lebenskunst, in: W. Engemann (Hg.), Handbuch der Seelsorge. Grundlagen und Profile, Leipzig 2007, 379-389; H. Wahl, Theologische Erwachsenenbildung: Sinnagentur oder Provokation zur Lebenskunst? , WzM 59 (2007), 354-369; R. Kunz, Weisheit: Konzepte der Lebensklugheit, in: T. Klie u. a. (Hg.), Praktische Theologie des Alterns, Praktische Theologie im Wissenschaftsdiskurs 4, Berlin 2009, 155-205; I. Karle, Lebensberatung-- Weisheit-- Lebenskunst. Herausforderung für die Theologie, in: Dies. (Hg.), Lebensberatung-- Weisheit-- Lebenskunst, Leipzig 2011, 7-14. 11 Zu Schibilskys Entwurf der Theologie als Theorie der Lebenskunst vgl. J. Gohde, »Theologie als Theorie der Lebenskunst«. Michael Schibilskys Vermächtnis in Kirche und Diakonie, PrTh 41 (2006), 180-186. 12 P. Bubmann / B. Sill, Einleitung, in: Dies. (Hg.), Christliche Lebenskunst, Regensburg 2008, 9-19, 10. 13 Vgl. a. a. O., 11-15; vgl. dazu auch W. Schmid, Philosophie, 348-355; ders., Leben, 67-75; P. Hadot, Philosophie, 29-37. 14 Vgl. P. Bubmann/ B. Sill, Einleitung, 15-19; vgl. auch P. Bubmann, Gemeindepädagogik, 107.114. 15 Vgl. dazu-- im Bewusstsein der Relativität durch diese Perspektivität-- T. Popp, Die Kunst der Konvivenz. Theologie der Anerkennung im 1. Petrusbrief, ABG 33, Leipzig 2010; zur Bezugnahme auf den Lebenskunstbegriff vgl. a. a. O., 25- 27; zur Lektüre des 1 Petr unter dem Aspekt der Lebenskunst vgl. auch M. Lang, Lebenskunst und Ethos. Beobachtungen zu Plutarch, Seneca, Philo von Alexandrien und dem 1.-Petrusbrief, in: F.W. Horn/ R. Zimmermann (Hg.), Jenseits von Indikativ und Imperativ. Kontexte und Normen neutestamentlicher Ethik. Bd. 1, WUNT 238, Tübingen 2009, 57-76; zur Rezeption des Lebenskunstbegriffes in der ntl. Forschung vgl. auch ders., Art. Lebenskunst, www.bibelwissenschaft.de/ de/ stichwort/ 59 490/ (erstellt: Mai 2011); zum lk Paulusbild vgl. ders., Kunst; zur Lebenskunst bei Paulus vgl. ders., Lebenskunst und Kohärenz. Beobachtungen anhand von Epiktet und dem Römerbrief, in: F.W. Horn u. a. (Hg.), Ethische Normen des frühen Christentums. Gut-- Leben-- Leib-- Tugend, Kontexte und Normen neutestamentlicher Ethik/ Contexts and Norms of New Testament. Bd. IV, WUNT 313, Tübingen 2013, 207- 224; zur Lebenskunst im Blick auf Paulus vgl. auch H. Löhr, Paulus und der Wille zur Tat. Beobachtungen zu einer frühchristlichen Theologie als Anweisung zur Lebenskunst, ZNW 98 (2007), 165-188; zur paulinischen ars moriendi vgl. M. Vogel , Commentatio mortis. 2 Kor 5,1- 10 auf dem Hintergrund antiker ars moriendi, FRLANT 214, Göttingen 2006; zur lukanischen ars moriendi vgl. S. Schreiber, »Ars Moriendi« in Lk 23,39-43. Ein pragmatischer Versuch zum Erfahrungsproblem der Königsherrschaft Gottes, in: C. Niemand (Hg.), Forschungen zum Neu- Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 69 - 2. Korrektur ZNT 34 (17. Jg. 2014) 69 Thomas Popp »damit ihr seinen Fußspuren nachfolgt« (1 Petr 2,21) en Testament und seiner Umwelt (FS A. Fuchs), Linzer Philosophisch-Theologische Beiträge 7, Frankfurt a. M. 2002, 277-297; zur Lebenskunst im Jak vgl. P. Wick, Der Jakobusbrief und die Grenzen des weisheitlichen Rates, in: I. Karle (Hg.), Lebensberatung-- Weisheit-- Lebenskunst, Leipzig 2011, 65-79; zur ntl. Freundschaftsethik unter dem Aspekt der Lebenskunst vgl. R. v. Bendemann, Frühchristliche Freundschaftsethik, in: I. Karle (Hg.), Lebensberatung, 80-99. 16 Vgl. dazu generell W. Schmid, Philosophie, 13: »Ist denn alles Lebenskunst? Nein, aber in der Tat kann alles unter dem Aspekt der Lebenskunst betrachtet werden.« 17 Referenzrahmen für diese Sehweise ist das Konvivenzkonzept des Heidelberger Missions- und Religionswissenschaftlers T. Sundermeier; vgl. dazu T. Popp, Kunst, 1-25; zum Folgenden vgl. a. a. O., 6 f.17-25. 18 T. Sundermeier, Konvivenz als Grundstruktur ökumenischer Existenz heute, in: V. Küster (Hg.), Konvivenz und Differenz. Studien zu einer verstehenden Missionswissenschaft (FS T. Sundermeier), MWF.NF 3, Erlangen 1995, 43-75, 71. 19 T. Sundermeier, Den Fremden verstehen. Eine praktische Hermeneutik, Göttingen 1996, 227 f. 20 Zur Datierung vgl. T. Popp, Kunst, 106 mit Anm. 638 (Lit.! ); zur späteren Ansetzung um die Jahrhundertwende vgl. G. Guttenberger, Passio Christiana. Die alltagsmartyrologische Position des Ersten Petrusbriefes, SBS 223, Stuttgart 2010, 92 f. 21 Der 1 Petr ist ein pseudepigrafisches Schreiben. Deshalb wird im Folgenden für den Autor die Schreibweise ›Petrus‹ gewählt; vgl. dazu T. Popp, Kunst, 106 mit Anm. 639 (Lit.! ). 22 Zur Adressatenschaft vgl. a. a. O., 14-16 106 f. mit Anm. 640 (Lit.! ). 23 Vgl. nur a. a. O., 15 f.85-89; zum lateinischsprachigen römischen Kontext (Seneca) vgl. a. a. O., 89-93. 24 Zur besonders markanten Verkörperung der Synthese von Religion und Philosophie bzw. Weisheit durch Plutarch vgl. R. Feldmeier, »Göttliche Philosophie«: Die Interaktion von Weisheit und Religion in der späteren Antike, in: R. Hirsch- Luipold u. a. (Hg.), Religiöse Philosophie und philosophische Religion der frühen Kaiserzeit. Literaturgeschichtliche Perspektiven, Ratio Religionis Studien I, Tübingen 2009, 99- 116, 102 f.; R. Hirsch-Luipold, Die religiös-philosophische Literatur der frühen Kaiserzeit und das Neue Testament, in: ders. u. a. (Hg.), Philosophie, 117-146, 129-137 (zum 1 Petr vgl. a. a. O., 122); zur Plutarchschen technē peri bion vgl. T. Popp, Kunst, 85 f. mit Anm. 522 (Lit.! ). 25 Vgl. T. Popp, Kunst, 16.95-104. 26 Vgl. a. a. O., 95 mit Anm. 582 (Lit.! ). 27 Zur Auslegung von 1,1-12 vgl. T. Popp, Kunst, 122-159. 28 Zur Übersetzung vgl. R. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, ThHK 15/ I, Leipzig 2005, 83.87. 29 Zur Auslegung von 1,13-2,10, vgl. T. Popp, Kunst, 159- 218. 30 Vgl. C. Bender/ S. Bieberstein, Art. Kleidung, SWB, 295- 300. 31 Zum Leben in einem neuen Gewand bei Seneca vgl. M. Lang, Kunst, 165; ders., Lebenskunst, 63.75. 32 Vgl. dazu T. Popp, Kunst, 163 mit Anm. 977 (Lit.! ). 33 Zur Auslegung vgl. a. a. O., 218-322. 34 A. Dihle, Philosophie 19; zur großen Relevanz des Vorbildgedankens in der paganen Antike vgl. auch T. Popp, Kunst, 406 f. 35 Vgl. T. Popp, Kunst, 262 mit Anm. 1615 (Lit.! ); zu den programmatischen christologischen Passagen vgl. nur a. a. O., 465 f. 36 Zu Christus als Leitbild im Blick auf 2,21 vgl. a. a. O., 262 mit Anm. 1616 (Lit.! ). 37 Zum Leiden Christi als Paradigma vgl. F. Vouga, »Auch Christus hat für uns gelitten«. Christologie und Soteriologie im 1. Petrusbrief, in: D.S. du Toit (Hg.), Bedrängnis und Identität. Studien zu Situation, Kommunikation und Theologie des 1. Petrusbriefes (In memoriam L. Goppelt), BZNW 200, Berlin 2013, 205-222, 214-218. 38 Zu dieser ›Einbildung‹ vgl. T. Popp, Kunst, 269 491 f. 39 Vgl. dazu im Rekurs auf griechisch-hellenistisches Denken L. Goppelt, Der erste Petrusbrief, KEK 12/ 1, Göttingen 1978, 217 Anm. 34. 40 M. Volf, Christliche Identität und Differenz. Zur Eigenart der christlichen Präsenz in den modernen Gesellschaften, ZThK 92 (1995), 357-375, 366. 41 Übers. R. Hirsch-Luipold, Pferde, Musen und Spargelkranz. Die Bedeutung der Bildersprache bei Plutarch am Beispiel der »Eheratschläge« zur Fülle an Metaphern, Vergleichen und Bildern bei Plutarch, in: M. Baumbach u. a. (Hgg.), Mousopolos Stephanos (FS H. Görgemanns), BKAW 2102, Heidelberg 1998, 105-118, 109 f.114. 42 Zur frühjüdischen und paganen Verwendung dieses Verbs vgl. T. Popp, Kunst, 298-300. 43 H. Rendtorff, Getrostes Wandern. Eine Einführung in den ersten Brief des Petrus, UCB 20, Berlin 5 1936, 63. 44 Vgl. dazu R. Feldmeier, Macht-- Dienst-- Demut. Ein neutestamentlicher Beitrag zur Ethik, Tübingen 2012, 84.113-120. 45 Für R. Feldmeier, a. a. O., 120, ist Demut »Ausdruck einer Selbstbeschränkung, um für Begegnung Raum zu schaffen und so Gemeinschaft zu ermöglichen.« Zur Kunst der Selbstzurücknahme vgl. auch G. Langenhorst, »Aber wer bin ich, dass …« Zu einer Spiritualität der Selbstzurücknahme, BiKi 50 (1995), 108-115. 46 Zur Übersetzung von tapeinophrōn mit ›zuvorkommend‹ vgl. L. Goppelt, 1Petr, 223; im Anschluss R. Feldmeier, Macht, 115. 47 M. Evang, Gewalt und Gewaltlosigkeit in der Strategie des 1. Petrusbriefs, ZNT 9 (2006), 21-30: 24. 48 Zur Auslegung von 3,13-4,11 vgl. T. Popp, Kunst, 322- 377. 49 Zum hellenistischen Sprachgebrauch vgl. a. a. O., 329- 331. 50 Vgl. dazu R. Feldmeier, 1Petr, 147. 51 Zur Auslegung von 4,12-5,11 vgl. T. Popp, Kunst, 377- 443. 52 Z um Konnex von Geist und Gelassenheit im 1Petr vgl. a. a. O., 469 f. 53 Zum ›Lebensstil der Nachfolge‹ und zur ›Kultur der Geschöpflichkeit‹ vgl. aus christlicher Lebenskunstperspektive P. Bubmann/ B. Sill, Einleitung, 17: »Das bewahrende und Leben schaffende Wirken Gottes zu ›erspüren‹, ist daher eine erste Grundaufgabe der Lebenskunst.« Vgl. dazu auch aus Zeitschrift für Neues Testament_34 typoscript [AK] - 07.10.2014 - Seite 70 - 2. Korrektur 70 ZNT 34 (17. Jg. 2014) Hermeneutik und Vermittlung philosophischer Lebenskunstperspektive W. Schmid, Gottvertrauen, 16: »Für die Lebenskunst kommt es darauf an, die endliche Welt von einer unendlichen Dimension durchdringen zu lassen, und sei es nur als denkerische Möglichkeit. Für die Lebenskunst macht es einen Unterschied, sich in einem solchen Horizont zu sehen oder nicht, unabhängig davon, wie dieses Verständnis zum Ausdruck gebracht wird: sich als Teil der Unendlichkeit oder, poetischer, als ›Kind Gottes‹ zu verstehen.« 54 F.R. Prostmeier, Handlungsmodelle im ersten Petrusbrief, fzb 63, Würzburg 1990, 516; zu dieser Gelassenheit vgl. auch N. Brox, Der erste Petrusbrief, EKK 21, Zürich/ Neukirchen- Vluyn 4 1993, 223; zur Gelassenheit als Lebenskunst vgl. W. Schmid, Philosophie, 137 f.393-398; ders., Leben, 129-136; ders., Gelassenheit. Was wir gewinnen, wenn wir älter werden, Berlin 2014; A. Pieper, Gelassenheit als Lebenskunst, in: C. Neuen (Hg.), Gelassenheit. Vom Umgang mit Angst und Krisen, Düsseldorf 2004, 34-52; dies., Glückssache. Die Kunst gut zu leben, Hamburg 4 2007, 50 f.237 f. 55 Vgl. dazu R. Feldmeier, 1 Petr, 159-163; ders., Macht, 117 f. 56 Vgl. dazu L. Goppelt, 1Petr, 344; zur fragmentarischen Identität im 1Petr vgl. T. Popp, »… den erwählten Fremden« (1 Petr 1,1). Theologie der Anerkennung im 1. Petrusbrief, in D.S. du Toit (Hg.), Bedrängnis und Identität. Studien zu Situation, Kommunikation und Theologie des 1. Petrusbriefes (In memoriam L. Goppelt), BZNW 200, Berlin 2013, 183-203. 57 Zur Auslegung von 5,12-14 vgl. T. Popp, Kunst, 443-455. 58 Vgl. dazu R. Feldmeier, 1Petr, 9-12.170. 59 Zur Bedeutung des Kussrituals in der in der Antike vgl. a. a. O., 449-454. 60 Vgl. R. Feldmeier, 1Petr, 171. 61 L. Goppelt, 1Petr, 355. 62 P. Bubmann/ B. Sill, Einleitung, 14. In diesem Zusammenhang stellen sie u. a. an W. Schmid die kritische Rückfrage, ob seine Theorie das Subjekt als ›Organisator der Lebenskunst‹ letztlich nicht überfordert und überschätzt (ebd.). 63 Vgl. dazu aus der Sicht christlicher Lebenskunst P. Bubmann/ B. Sill, Einleitung, 18 f. 64 Vgl. dazu pointiert F. Steffensky, Schwarzbrot-Spiritualität, Stuttgart 2006, 15 f.: »Gott ist die ungeschuldete Güte. Die Erfahrung der ungeschuldeten Güte befähigt den Menschen dazu, sich als Fragment zu erkennen. Gott ist unsere Ganzheit, nicht wir selber.« 65 R. Schieder, Seelsorge, 382.; vgl. auch klassisch H. Luther, Identität und Fragment, in: Ders., Religion und Alltag. Bausteine zu einer Praktischen Theologie des Subjekts, Stuttgart 1992, 160-182, 172: »Glauben hieße dann, als Fragment zu leben und leben zu können.« Vgl. dazu ferner I. Kirsner/ F. Hiddemann, Lebenskunst, 63; G. Schneider- Flume, Leben ist kostbar. Wider die Tyrannei des gelingenden Lebens, Göttingen 3 2008; dies., Perfektionierte Gesundheit als Heil? Theologische Überlegungen zu Ganzheit, Heil und Heilung, WzM 61 (2009), 133-150. Vorschau auf Heft 35 »Rituale« Mit Beiträgen von: Christian Strecker, Anni Henschel,Richard deMarris, Peter Wick, Udo Schnelle, Jan Heilmann, Hal Taussig Bernhard Mutschler Beziehungsreichtum Bibelhermeneutische, sozialanthropologische und kulturgeschichtliche Erkundungen 2013, 272 S €[D] 29,99/ SFr 40,10 ISBN 978-3-7720-8495-9 Ein verantwortungsvoller, zeitgemäßer Umgang mit biblischen Texten ist alles andere als einfach. Besonders bedeutsam wird dies bei den grundlegenden Fragen menschlichen Miteinanders: Mann und Frau, Kinder, Haus, Familie, Gemeinde. Nach einer Einführung in Fragen der Bibelübersetzung und der Geschichte des Bibelkanons werden Grundfragen zeitgemäßen Bibelverständnisses und zeitgemäßer Bibelauslegung beleuchtet. A. Francke Verlag • Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen • info@francke.de • www.francke.de