eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 11/21

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2008
1121 Dronsch Strecker Vogel

Lernen und Lehren als Thema alt- und neutestamentlicher Wissenschaft

2008
Beate Ego
Christian Noack
Beate Ego / Christian Noack Lernen und Lehren als Thema alt- und neutestamentlicher Wissenschaft Neues Testament Aktuell sen. 4 Die Gegner der »Schulthese« wiederum sehen sich durch die unterschiedlichen Belege nicht überzeugt und verweisen zur Erklärung der Genese der Weisheitsliteratur auf ein Famulussystem bzw. auf die Weitergabe des Berufswissens innerhalb der Familie. 5 Die Diskussion wurde durch die Einbeziehung der Archäologie entschieden bereichert. Nach A. L EMAIRE sind Funde wie der Bauernkalender von Gezer oder verschiedene Abecedarien aus Lachisch, Arad oder Kadesh- Barnea Zeugnisse für die Entwicklung eines israelitischen Schulsystems, das zum Teil die alten kanaanäischen Schulen beerbte. 6 Kritiker wie D. J AMIESON -D RAKE verweisen darauf, dass die Anfänge der Literalität in Israel in das 8. Jh. zu datieren sind; Schriftfunde stehen in einem engen Bezug zur königlichen Administration, so dass im äußersten Fall für den Jerusalemer Königshof mit einer Schule gerechnet werden kann. 7 Der früheste explizite Beleg für ein Lehrhaus findet sich im Epilog des Weisheitslehrers Ben Sira, dessen Werk wohl um 190 v. Chr. in Jerusalem entstanden ist, und es ist anzunehmen, dass Ben Sira tatsächlich in seinem Hause einen Lehrbetrieb für junge Männer aus gehobener Schicht durchführte. 8 In engem Bezug zur Institution der Schule steht schließlich auch die Frage nach der personellen Institutionalisierung des Lehrens. Während der finnische Deuteronomiumsspezialist T. V EJOLA eine direkte Linie von den Tradentenkreisen der dtn.-dtr. Theologie hin zu den rabbinischen Lehrern ziehen möchte, 9 sehen andere im Priestertum der Zeit des Zweiten Tempels, insbesondere in den Leviten, die personellen Anfänge einer Unterweisung in der Schrift. 10 So kann wohl mit aller Vorsicht gesagt werden, dass die Existenz eines flächendeckenden Schulsystems in alttestamentlicher Zeit doch sehr unwahrscheinlich ist. Eine gewisse Plausibilität kommt freilich der Annahme zu, dass in der Nähe Teil I: Altes Testament (Beate Ego) Angeregt durch die aktuelle Bildungsdebatte sowie den Vormarsch der Kulturwissenschaften, die die Paradigmen der »Gedächtniskultur« 1 sowie der »Literacy« 2 in den wissenschaftlichen Diskurs eingebracht haben, spielt das Thema »Lernen und Lehren« gegenwärtig in der alttestamentlichen Wissenschaft eine beachtliche Rolle. 3 Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden zentrale Themen des alttestamentlichen Forschungsdiskurses querschnittartig beleuchtet und gleichzeitig auf künftige Forschungsperspektiven hingewiesen werden. a) Die institutionelle Verortung des Lernens: Gab es Schulen in Israel? Für die Erziehung der Kinder spielte zunächst die Familie eine bedeutende Rolle (so u.a. Ex 12,26; 13,8ff.; Spr 1,8; 6,20; 31,1.26). Innerhalb der Familie konnte auch das Berufswissen der Schreiber weitergegeben werden (s. 1Kön 4,3a; 2Sam 20,25; 1Chr 18,16; Jer 36,10; vgl. 2Kön 22,8-10; 2Chr 34,15.20). Höchst kontrovers diskutiert wurde in der alttestamentlichen Wissenschaft seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Frage nach der Existenz von Schulen im Alten Israel. Die Problematik der Thematik besteht darin, dass es für die alttestamentliche Zeit keine expliziten Belege für einen Schulbetrieb gibt. Als Indizien, aus denen zumindest implizit die Existenz von Schulen hervorgehen soll, werden sowohl verschiedene biblische Belege - u.a. Spr 22,17-21, Jes 50,4-6, Jes 28,9- 13 (im Sinne einer Verballhornung) - angesehen als auch die Tatsache, dass es in Israel eine ausdifferenzierte Weisheitsliteratur gab und diese ja auch eines Produktionsortes bedurfte. Häufig wurde dabei als Analogon auf das Schul- und Bildungswesen in Babylonien und Ägypten verwie- ZNT 21 (11. Jg. 2008) 3 »So kann wohl mit aller Vorsicht gesagt werden, dass die Existenz eines flächendeckenden Schulsystems in alttestamentlicher Zeit doch sehr unwahrscheinlich ist.« 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 13 Uhr Seite 3 Prof. Dr. Beate Ego studierte Ev. Theologie, Germanistik, Judaistik und Vergleichende Religionswissenschaft in Tübingen und Jerusalem. Promotion 1987 und Habilitation 1994. Beate Ego ist seit 1998 Professorin für Altes Testament und Antikes Judentum an der Universität Osnabrück. Forschungsschwerpunkte: Literatur und Religionsgeschichte bzw. Theologie des antiken Judentums, Schriftauslegung in der rabbinischen Literatur und im Targum, frühe jüdische Mystik. Zahlreiche Veröffentlichungen, auch zum Themenkomplex Lernen und Lehren. Weitere Informationen unter: www.ev-theologie.uni-osnabrueck.de/ lehrende/ ego.htm Beate Ego Neues Testament Aktuell 4 ZNT 21 (11. Jg. 2008) des Königshofes Schreiber und wohl auch Priester an einem wie auch immer strukturierten Unterrichtsgeschehen beteiligt waren. Wenn auch im Hinblick auf die Institutionen des Lernens für den Großteil der alttestamentlichen Zeit keine definitiven Aussagen gemacht werden können, so ist insgesamt aber doch deutlich, dass generell sowohl der mündlichen Traditionsweitergabe als auch dem Auswendiglernen eine große Bedeutung zukam. Schriftliche Zeugnisse dienten in diesem Zusammenhang wohl als Gedächtnisstütze und spielten für das eigentliche Unterrichtsgeschehen nur eine sekundäre Rolle. 11 Insgesamt ist auf die personale Dimension des Lerngeschehens abzuheben: Dieser Aspekt zeigt sich nicht nur im Verhältnis des Schülers zu seinem Lehrer, sondern auch in dessen Verhältnis zu seinem Stoff, der nicht als tote Materie erscheint, sondern vielmehr als eine lebendige Größe, die eine ganz eigene Faszination ausstrahlt. 12 b) Lehren und Lernen im Deuteronomium: Gedenken um der Zukunft Israels willen Einen bedeutenden Impuls erhielt die Beschäftigung mit der Thematik des Lehrens und Lernens im Alten Israel durch den katholischen Exegeten N ORBERT L OHFINK . Hier ist insbesondere auf seinen Beitrag »Der Glaube und die nächste Generation. Das Gottesvolk der Bibel als Lerngemeinschaft« in dem vom selben Autor herausgegebenen Band »Das Jüdische am Christentum. Die verlorene Dimension« (Freiburg / Basel / Wien 1987) zu verweisen. Lernen, dies ist der Grundtenor des Aufsatzes, soll nach dem deuteronomischen Programm intensiv in den Familien betrieben werden. Deshalb kann N. Lohfink Dtn 6,4-9 auch als »Schlüsseltext des Glaubens« bezeichnen. Dieses Lernen ist für das Leben und Überleben Israels ein eminent wichtiger Faktor, der letztendlich die Identität des Volks begründet. Israel wird damit der »lernende JHWH-Staat«. Der historische Rahmen für dieses Programm ist die josianische Zeit des ausgehenden 7. Jahrhunderts. Die exilischen Erweiterungen des Deuteronomiums fallen im Hinblick auf die historische Verankerung dieser Lernkonzeption insofern nicht ins Gewicht, da dadurch keine prinzipielle Weiterentwicklung erfolgt, sondern vielmehr »nur ein reflektierender Ausbau des Ansatzes aus der joschianischen Zeit«. 13 Mit dem Erscheinen von J AN A SSMANN s Buch »Das kulturelle Gedächtnis« erhielt Anfang der 90er Jahre der Terminus der Gedächtniskultur eine prominente Rolle im Forschungsdiskurs. J. Assmann selbst hat in der ihm eigenen eindrücklichen Sprache im Deuteronomium unterschiedliche Arten der Mnemotechnik festgemacht. So nennt er die Bewusstmachung und Beherzigung als Einschreibung in das eigene Herz (Dtn 6,6; 11,8) die Weitergabe an die folgenden Generationen (Dtn 6,7; 11,19), die Sichtbarmachung des Lernstoffes durch Denkzeichen auf Stirn und Hand (Dtn 6,8; vgl. Ex 13,9), die »limitische Symbolik« der Inschrift auf die Türzeichen (Dtn 6,9), die Speicherung und Veröffentlichung (Dtn 27,2- 8), die Feste der kollektiven Erinnerung (Dtn 16,1-3; 16,10 und Dtn 16,13), die mündliche Überlieferung in der Form von Poesie, die die Geschichtserinnerung kodifiziert (Dtn 31,21.22; 32,1-43) sowie die Kanonisierung des Vertragstextes (Dtn 31,9-13; 4,2) als Modi der Erinnerung. Lernen ist bei J. Assmann ein Erinnerungsgesche- 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 13 Uhr Seite 4 Beate Ego / Christian Noack Lernen und Lehren als Thema alt- und neutestamentlicher Wissenschaft ZNT 21 (11. Jg. 2008) 5 hen, das - so in Aufnahme eines Begriffes von G. Theißen - »kontrapräsentischen« Charakter hat. Gerade im Kulturland mit seinen zahlreichen Verführungen soll sich Israel seines Ursprungs in der Wüste erinnern. »Das Besondere und ›artifizielle‹ dieser Erinnerungskunst liegt darin, daß sie eine Erinnerung festhält, die in den Bezugsrahmen der jeweiligen Wirklichkeit nicht nur keine Bestätigung findet, sondern zu ihr in krassestem Widerspruch steht: die Wüste im Gegensatz zum Gelobten Land, Jerusalem im Gegensatz zu Babylon. Mit Hilfe dieser Mnemotechnik haben die Juden es seit dem Babylonischen Exil verstanden, über fast zwei Jahrtausende hinweg, in alle Weltgegen- Christian Noack, Jahrgang 1961, Studium der Evangelischen Theologie und Geschichte in Tübingen, seit 1992 Gymnasiallehrer in Darmstadt, Promotion in Frankfurt am Main 1998, seit 2003 Lehrbeauftragter an der Universität Gießen. Publikationen: Gottesbewußtsein. Exegetische Studien zur Soteriologie und Mystik bei Philo von Alexandria (WUNT II/ 116), Tübingen 2000; Haben oder Empfangen. Antithetische Charakterisierungen von Torheit und Weisheit bei Philo und bei Paulus, in: R. Deines / K.-W. Niebuhr (Hgg.): Philo und das Neue Testament. Wechselseitige Wahrnehmungen (WUNT 172), Tübingen 2004, 283-307; Der »Octavius« des Minucius Felix. Ein interreligiöser »Rechtsstreit« unter Freunden zur Beurteilung der römischen und christlichen religio, Spes Christiana 17 (2006), 7-20. Forschungsschwerpunkte: Soziologische Einbettung des frühen Christentums in die hellenistisch-römische Gesellschaft; Formen von Spiritualität im Urchristentum und in dessen religiösem Umfeld. Habilitationsprojekt: Die Eschatologie im Philipperbrief: soziologisch-systemtheoretische Zugänge. Christian Noack den verstreut, die Erinnerung an ein Land und an eine Lebensform, die zu ihrer jeweiligen Gegenwart in schärfstem Widerspruch standen, als Hoffnung lebendig zu erhalten.« 14 Eine direkte Auseinandersetzung mit J. Assmann und eine Weiterführung seines Ansatzes sowie der Darlegungen von N. Lohfink findet sich dann in einer Publikation G EORG B RAULIK s mit dem Titel »Das Deuteronomium und die Gedächtniskultur Israels. Redaktionsgeschichtliche Beobachtungen zur Verwendung von « (in: ders., Studien zum Buch Deuteronomium [SBS 24], Stuttgart 1997 [1993], 119-146). Während W. Lohfink wie auch J. Assmann aber innerhalb der einzelnen Lernaussagen im Deuteronomium nicht weiter differenzieren, versucht G. Braulik nun, die deuteronomisch-deuteronomistische Lernkonzeption in einen mehrstufigen diachronen Rahmen zu stellen. Dtn 6,6-9* als ein vor-dtr. Text möchte die gesamte Gesellschaft durch das ständige Rezitieren des Mosegesetzes sozialisieren, wobei ein besonderer Wert auf die Kinderunterweisung gelegt wird. Die Texte der Vorexilszeit (5,31; 6,1) wiederum autorisieren Mose als den von Gott beauftragten archetypischen Lehrer. Bedeutsam ist zudem das öffentliche Lernritual am Laubhüttenfest, bei dem die levitischen Priester und Ältesten dazu verpflichtet werden, die Toraschrift dem ganzen Volk vorzutragen und so die einst in Moab erfahrene Jahwefurcht neu zu erfahren (31,9-13). Um die Furcht vor JHWH geht es auch in den noch jüngeren Texten Dtn 14,23 und 17,19, die aus der Exilszeit stammen. Dtn 31,19.22 sowie Dtn 4 zeigen schließlich in der spätexilischen Zeit, dass Hören und Lernen für das Überleben Israels unabdingbar sind. Ausführlich wurde die Lernkonzeption des Deuteronomiums dann jüngst in zwei Monographien behandelt, die ungefähr zeitgleich entstanden sind und publiziert wurden. Hier ist zunächst auf K ARIN F INSTERBUSCH s Habilitationsschrift »Weisung für Israel. Studien zu religiösem Lehren und Lernen im Deuteronomium und in seinem Umfeld« (FAT 44), Tübingen 2005 zu verweisen. Auf der Basis von zahlreichen akribisch durchgeführten Einzelanalysen der Texte stellt die Autorin die Lehr- und Lernkonzeption des Deuteronomiums in ihrer Dimension zwischen Vergangenheit und Zukunft des Volkes mit ihren identitätserhaltenden Implikationen systematisch dar. Dabei 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 13 Uhr Seite 5 sönliche Gegenüber bei der Vermittlung« abzielt, will die Verschriftlichung die »Aufbewahrung der Texte angesichts des Generationenwechsels und dem Ende der Augenzeugenschaft«, »die ständige Vergegenwärtigung im Alltag durch den Schriftzug am Türrahmen oder im Buch, das der König mit sich trägt« sowie die »Präsenz der Texte neben der Lade und das visuelle Zeugnis durch das sichtbare Buch (31,26).« Im Zentrum der Lehre des Deuteronomiums steht die Verinnerlichung der Furcht Gottes, die wiederum zum rechten Handeln nach Gottes Gebot anleiten soll. Wichtig ist dabei das komplementäre Verhältnis von Schriftlichkeit und Mündlichkeit: »Schriftlichkeit ist, wie die Mündlichkeit, ein Mittel dazu, dieses Ziel zu erreichen. Auch der kanonisierte Toratext ist auf Mündlichkeit angewiesen. Die Stimme Gottes muss in immer wieder neuen Stimmen aktuell werden«. 16 c) Die Grenzen menschlichen Lernvermögens und die Belehrung als Gnadenakt: Gott als Lehrer Ein weiterer Schwerpunkt der Forschungen zum Lehren und Lernen bezog sich auf die anthropologische theologische »Binnenperspektive« von Lernvorgängen. Da das menschliche Lernvermögen letztendlich begrenzt ist, bedarf es einer göttlichen Unterstützung als einer Art Gnadengabe. Diese Motivik wurde erstmals in der 1979 erschienenen Dissertation von E. S CHAWE »Gott als Lehrer im Alten Testament. Eine semantische Studie« untersucht. 17 Da Schawe aber nur eine kurze Analyse der einzelnen Belegstellen liefert, die allerdings den weiteren Kontext nicht berücksichtigt, fand seine Arbeit in der Forschung zunächst nur wenig Resonanz. 18 Eine ausführliche Behandlung erfuhr das Konzept erst in zwei Aufsätzen in dem von B. E GO und H. M ERKEL herausgegebenen Sammelband »Religiöses Lernen in der biblischen, frühjüdischen und frühchristlichen Überlieferung« (WUNT 180), Tübingen 2005, in dem sich sowohl E. Z ENGER als auch B. E GO mit der Thematik auseinandersetzen. E. Z ENGER konzentriert seine Ausführungen in seinem Beitrag »JHWH als Lehrer des Volkes und als Lehrer der Einzelnen im Psalter« (47-67) auf Ps 50, Ps 111+112 sowie auf Ps 119. Er macht deutlich, dass die Meditation über JHWH als »Geber und Lehrer von kommt Mose als Lehrer der Tora eine bedeutende Rolle zu; seine Lehre ist freilich keine wortwörtliche Wiedergabe der von JHWH am Horeb mitgeteilten Worte, sondern »eine freie Rede des dtn Mose«, dessen Lehrautorität dadurch besonders hervorgehoben wird und der so Israel in besonderer Weise zum Tun der Tora motivieren kann. Moses Lehre konstituiert Israel als Lehr- und Lerngemeinschaft und soll künftig das Leben aller Generationen bestimmen. So wird insbesondere die Elterngeneration zum Lehren der Kinder verpflichtet. Durch intensives Erzählen sollen die Erlebnisse sichtbar gemacht werden, so dass sie für die Zuhörerinnen und Zuhörer zu eigenen Erlebnissen werden. Darüber hinaus sollen die Eltern mit ihren Kindern auch über die Gebote reden (so die dezidierte Auslegung von Dtn 6,7), d.h. dass sie »ihnen zum Verständnis der einzelnen Gebote Hintergrundwissen vermitteln und Fragen zu einzelnen Geboten beantworten« sollen (309). Sie müssen aber auch mit elterlicher Autorität dafür sorgen, dass die Kinder diese Gebote auch tatsächlich befolgen (Dtn 32,46). Der Aspekt des kollektiven Lernens kommt besonders in dem Tora-Lernritual in Dtn 31,10-13 zum Ausdruck, bei dem das Volk in jedem siebten Jahr beim Laubhüttenfest in Jerusalem versammelt wird. Hier verbinden sich die drei Lernorte »Horeb«, »Moab« und »Jerusalem« und die Identität Israels wird definiert: »Sie (sc. die Israeliten) lernen, wo sie herkommen: von der Versammlung vor JHWH am Horeb (Dtn 5,2), wo sie ›heute‹ stehen: in Moab vor dem dtn Mose, wo sie ›ab heute‹ sein werden: in dem von den Vätern zugeschworenen Land, und was sie ›ab heute‹ tun sollen: das von Mose gelehrte Gesetz zu befolgen. Die Versammelten lernen somit, dass sie Teil des Volkes sind, an dessen religiöser Identität sie partizipieren und für dessen Existenz sie verantwortlich sind«. 15 I SA B REITMAIER s Habilitationsschrift enthält wichtige Beobachtungen zum Verhältnis von Schriftlichkeit und Mündlichkeit im Kontext des Lernens. Mündliche Lehre und Verschriftlichung haben ganz unterschiedliche Ziele: Während die mündliche Lehre auf die verbale Präsenz des Gotteswortes im Alltag, auf die »Möglichkeit, neue Worte zu finden, die auf die aktuelle Situation bezogen sind«, auf die »rituelle Inszenierung des Horebereignisses« (31,9-13) sowie auf das »per- 6 ZNT 21 (11. Jg. 2008) Neues Testament Aktuell 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 13 Uhr Seite 6 Literatur zum Weiterlesen • J. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1992. • D. Carr, Writing on the Tablet of the Heart. Origins of Scripture and Literature, Oxford 2005. • J.L. Crenshaw, Education in Ancient Israel: Across the Deadening Silence, New York 1998. • B. Ego / H. Merkel (Hgg.), Religiöses Lernen in der biblischen, frühjüdischen und frühchristlichen Überlieferung (WUNT 180), Tübingen 2004. • R. Riesner, Jesus als Lehrer (WUNT II/ 7), Tübingen 3 1988 (Neuauflage 2008). • M. Ebner, Jesus - ein Weisheitslehrer? Synoptische Weisheitslogien im Traditionsprozeß (HBS 15), Freiburg i. Br. 1998. • A.F. Zimmermann, Die urchristlichen Lehrer. Studien zum Tradentenkreis der didaskaloi im frühen Christentum (WUNT II/ 12), Tübingen 2 1988. • Th. Schmeller, Schulen im Neuen Testament? Zur Stellung des Urchristentums in der Bildungswelt seiner Zeit (HBS 30), Freiburg 2001. • T. Vegge, Paulus und das antike Schulwesen. Schule und Bildung des Paulus (BZNW 134), Berlin u.a. 2006. • J. Christes u.a. (Hg.), Handbuch der Erziehung und Bildung in der Antike, Darmstadt 2006. finden, einer knappen, aber instruktiven Exegese unterzogen werden. In dieser Studie zeigt K. Finsterbusch, dass die Vorstellung zwar in der vorexilischen Zeit wurzelt, aber gerade in der Auseinandersetzung mit der Exilierung des Volkes besonderes Profil gewinnt. Der Gedanke vom lehrenden Gott dient dazu, auf die Ereignisse von 586 / 7 zu reflektieren und diese zu verarbeiten: Weil Israel konsequent JHWHs Lehre missachtet hat, wurde es von der Katastrophe des Exils getroffen; diese Gottesvorstellung dient aber auch der Neubesinnung im Hinblick auf die Beziehung des Volkes zu JHWH, denn »künftig wird JHWH lehren und weisen, und das Volk wird hören. In diesem Kontext ist wohl auch die Utopie der Völkerwallfahrt (Jes 2,2-4 par Mi 4,1-3) mit universaler göttlicher Wegweisung für die Völker formuliert worden - ein Ausdruck der Sehnsucht nach friedlichem Zusammenleben nach der Katastrophe von 586 v. Chr.«. Eine besondere Konzentration erhält die Vorstellung zudem in Texten, die einen Bezug zur Tora haben. JHWH hat seine Gebote seinem Volk in einmaliger geschichtlicher Stunde am Sinai bekannt gegeben, er kann aber auch - so Ps 94 - als Erzieher und Lehrer der Weltvölker erscheinen. Auch Finsterbusch betont schließlich, dass in Ps 119 die Vorstellung von JHWH als einem Toralehrer einen neuen Aspekt gewinnt, wenn »das betende Ich ... JHWH um Erschließung der verschiedenen Bedeutungsebenen des Gebotstextes« bittet (165). Ausblick aus alttestamentlicher Perspektive Leider ist es in dem hier zur Verfügung stehenden Rahmen nur möglich, exemplarisch auf einige zentrale Themen einzugehen, die im Kontext des Gebietes »Lehren und Lernen im Alten Testament« stehen. Diese Thematik wird die alttestamentliche Forschung sicher noch auf längere Zeit hin beschäftigen: Im Hinblick auf die praktische Seite des Lernens bereitet J OACHIM S CHAPER gegenwärtig eine Publikation mit dem Titel »Die Textualisierung der Religion« vor, die die Beiträge der von ihm initiierten Konferenz »Textualisierung der Religion. Juda und Jerusalem zwischen Kult und Text vom 7. bis 5. Jh. v. Chr.« (Tübingen 8.-10.7.2005) versammelt. 20 Auch im Hinblick auf das Deuteronomium ist eine umfassende Behandlung der Thematik noch ein Desiderat. Hier Tora« dem Beter Rettung »in einer feindlichen, ja geradezu chaotisch erlebten Welt« ist. B EATE E GO s Artikel »Zwischen Gabe und Aufgabe - Theologische Implikationen des Lernens in der alttestamentlichen und antik-jüdischen Überlieferung« (1-26) betont den Aspekt der Verinnerlichung der Tora durch die göttliche Unterweisung. Zudem enthält die Arbeit auch Ausführungen zu den anthropologischen und eschatologischen Implikationen des Motivs sowie einen Ausblick auf Qumran und die rabbinischen Quellen. Während in Psalm 119 die Bitte um Belehrung eine entscheidende Rolle spielt, deuten die Texte von Qumran darauf hin, dass diese göttliche Belehrung bereits erfolgt ist. Die Betenden markieren somit, dass sie sich bereits in der Gegenwart in einer besonders qualifizierten Zeit befinden. Die Vorstellung als solche dient nun auch dazu, die Lehrautorität eines menschlichen Lehrers zu untermauern. 19 Einen Überblick über die gesamte Motivik in der Hebräischen Bibel gab jüngst K ARIN F INSTERBUSCH in einer monographischen Studie, in der alle einschlägigen Belege von Gott als Lehrer, die sich in der Hebräischen Bibel be- ZNT 21 (11. Jg. 2008) 7 Beate Ego / Christian Noack Lernen und Lehren als Thema alt- und neutestamentlicher Wissenschaft 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 13 Uhr Seite 7 und Vorsteher) zu Lehrern der Gemeinde (1Tim 5,17f.; Tit 1,9), denen die »heilsame« Lehre anvertraut ist. In der lukanischen Apostelgeschichte wird Paulus zum souveränen Rhetor und Lehrer, der sich u.a. mit den Philosophen seiner Zeit misst (Apg 17) und in der Schule des Tyrannos zwei Jahre lang seine Schüler lehrt (Apg 19,9f.). Jakobus 3,1 warnt die Gemeinden: »Werdet nicht alle Lehrer! «, 25 während der Autor des Hebräerbriefes bedauert, dass die Hörer unmündige Anfänger geblieben sind, statt schon längst Lehrer zu sein (Hebr 5,11-13). Ignatius möchte mit allen Gläubigen als »Schüler Jesu Christi, unseres einzigen Lehrers« erfunden werden (IgnMagn 9,1). Seine polemische Ermahnung gegenüber Tendenzen, nach jüdischer Lebensweise zu leben, lautet: »Darum wollen wir, die wir seine Jünger geworden sind, lernen, nach christlicher Lebensweise (christianismos) zu leben.« (ebd.) Das Urchristentum - eine Lehr- und Lerngemeinschaft? Provokativ bezeichnete E.A. J UDGE in einem Artikel aus dem Jahr 1960 die frühen Christen als scholastische Gemeinschaft. 26 Damit stieß er eine noch immer aktuelle Forschungsdebatte an, in der kontrovers diskutiert wird, welche Erklärungskraft es hat, die frühchristliche Religion in die Nähe von philosophischen Schulen zu stellen. Zunächst aber stellt sich die Frage, ob die Zuschreibungen der 2. und 3. Generation in Hinblick auf Jesus und Paulus als Lehrer zutreffend sind. Damit sind weitere Fragestellungen verbunden: Wie lässt sich der historische Jesus angemessen als »Lehrer« verstehen? Lässt sich der Überlieferungsprozess der mündlichen Lehre Jesu bis hin zu den Evangelien mit Hilfe eines Lehreramtes in den urchristlichen Gemeinden erklären? War Paulus ein Lehrer, der bereits zu Lebzeiten eine »Schule« gründete, die in ihren Nachwirkungen besonders in den Deuteropaulinen zu greifen ist? a) Jesus als Lehrer Dass Jesus auch gelehrt hat, dass seine Anhänger von ihm auch gelernt haben, das ist unumstritten und wird in fast jeder Darstellung des »historischen Jesus« auch thematisiert. Die Frage jedoch müsste man - wie bereits G. Braulik eingefordert hat - den diachronen Aspekt mit bedenken und nach der konkreten historischen Verankerung der in den verschiedenen Schichten der im Dtn enthaltenen Lernkonzepte in ihrer Relation zueinander fragen. Nachdem die Thematik von Gott als Lehrer nun für die Hebräische Bibel monographisch aufgearbeitet wurde, gilt es, gleichsam »die Ränder« noch einmal differenziert zu untersuchen: So stellt sich die Frage nach der Verbindung der Motivik mit den Nachbarkulturen sowie ihrer Entwicklung in der hellenistischen Zeit. Eng verwandt mit der Vorstellung von Gott als Lehrer ist das Konzept, wonach Gott als Erzieher - sowohl des Volkes als auch des Einzelnen - fungiert. Dieses Konzept ist theologisch insofern besonders herausfordernd, da hier das für moderne Leser provokante Motiv des strafenden Gottes eine wichtige Rolle einnimmt. Sobald die Aufarbeitung dieses Komplexes publiziert ist, 21 wäre die Relation der Vorstellung von »Gott als Erzieher« zu der Thematik von »Gott als Lehrer« eingehender zu untersuchen. Gerade im Hinblick auf den theologischen Aspekt des Lernens werden künftig auch für die moderne Lebenswelt eher überraschende Konnotationen wie die doxologische Seite mit zu bedenken sein 22 sowie die Ritualisierung des Lernens, wie sie bereits in Neh 8 zu Tage tritt und dann bis in die rabbinische Zeit hinein von Bedeutung sein soll. 23 Auf die Bedeutung der Untersuchung der Lehr- und Lernthematik für die hellenistische Zeit wird am Ende dieses Beitrags noch eingegangen. Teil II: Neues Testament (Christian Noack) Christliche Texte der 2. und 3. frühchristlichen Generation (ca. 70-120 n. Chr.) verwendeten das Wortfeld »Lehrer / Schüler, lehren / lernen«, um einen markanten Charakterzug des neuen Glaubens hervorzuheben. Der Befund ist eindeutig: Die vier Evangelien beschreiben Jesus als vollmächtigen Rabbi und Lehrer, der einen Kreis von Schülern und Schülerinnen um sich sammelte. 24 Die Pastoralbriefe machen Paulus zum Lehrer der Völker (1Tim 2,7), die Gemeindeleiter (Presbyter 8 ZNT 21 (11. Jg. 2008) Neues Testament Aktuell »Wie lässt sich der historische Jesus angemessen als ›Lehrer‹ verstehen? « 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 13 Uhr Seite 8 hang, auf die sich jeder einlassen muss, der sich Jesus dauerhaft anschließen will: den Wanderradikalismus.« 34 Die Ansätze von Ebner und Riesner sind von zwei weiteren Theorien zu unterscheiden: von der Deutung Jesu als antiapokalyptischen kynisch gesinnten Wanderlehrer, die vor allem von einigen amerikanischen Forschern 35 favorisiert wird, als auch von der These, Jesus sei vor allem nach Analogie der jüdischen (Proto-)Rabbinen zu verstehen. 36 Dennoch bleiben Gemeinsamkeiten zu den Lehr- und Lebensformen des Kynismus und des Rabbinismus für das Verständnis Jesu als Lehrer bedeutsam, weil sie Indizien dafür sein können, dass Jesus näher an den Hellenismus und damit an hellenistische Ausbildungs- und Bildungspraktiken herangerückt werden kann, als es in der Regel geschieht. Vor allem aber ist auch die altisraelitische Tradition des Propheten, der seine Schüler beruft und lehrt, zum Verständnis der Lehrtätigkeit Jesu heranzuziehen. 37 b) Die urchristlichen Lehrerinnen und Lehrer Eher beiläufig stößt man bei der Lektüre des Neuen Testaments auf ein sehr frühes »Gemeindeamt«, das der »Lehrer«. Paulus erwähnt es in 1Kor 12,28: »Gott hat in der Gemeinde zum ersten Apostel, zum zweiten Propheten, zum dritten Lehrer eingesetzt.« Nach Apg 13,1 soll es in der Gemeinde von Antiochia »Propheten und Lehrer« gegeben haben, zu denen auch Barnabas und Paulus gehörten. In Gal 6,6 (vgl. dazu 1Tim 5,17) ermahnt Paulus: »Wer im Wort (gr. logon) unterrichtet wird, soll dem Katecheten von allen Gütern etwas mitgeben (oder: an allen Gütern Anteil geben).« Mt 13,52 und Mt 23,34 erwähnen christliche Schriftgelehrte (gr. grammateis). Lassen sich die Aufgaben dieser Lehrer, die Probleme, die sie lösen sollten, näher bestimmen? Die Forschung ist auf Rückschlüsse angewiesen. A.F. Z IMMER - MANN hat in seiner Monographie »Die urchristlichen Lehrer« 38 die verschiedenen Vorschläge bis 1978 zusammengefasst: Sie hatten eine paränetische Aufgabe (bei der sie Jesuslogien verwendeten), sie praktizierten (christologische) Schriftauslegung, sie waren Tradenten des Evangelienstoffes und der frühchristlichen Bekenntnisformeln. Sein eigener sehr aufwendig hergeleiteter und auf die als didaskaloi bezeichneten Lehrer begrenzter ist, wie diese Lehrtätigkeit Jesu angemessen zu charakterisieren und in sein Gesamtwirken einzuordnen ist (Jesus als Prophet, als Wundertäter, als Exorzist, als Messias…). Eine Maximalposition ist von R. R IESNER entwickelt worden: Jesus sei als »messianischer Lehrer der Weisheit« zu verstehen. 27 Sein Wirken als Lehrer gehöre ins Zentrum seines Selbstverständnisses, da gerade die Lehrtätigkeit ein wichtiger Aspekt atl.-jüdischer Messiaserwartung gewesen sei. 28 Wenn Jesus als messianischer Lehrer von seinen Schülern wahrgenommen wurde, dann ist zu vermuten, dass für sie seine Sprüche (die nach Riesner als Lehrsummarien verstanden werden sollten) und Gleichnisse höchste Autorität besaßen. 29 Riesner möchte plausibel machen, dass Jesus selbst durch bewahrende Formung einen sorgfältigen Anfang für »gepflegte Überlieferung« gelegt hat: Einprägsamkeit durch Kürze, Bildhaftigkeit, Symbolzahlen, eindringliche rhetorische Stilmittel und poetische Formung (Parallelismen, Strophen, Rhythmen, Reime, Chiasmen, Paarung). 30 Den Schülerkreis habe Jesus schon zu Lebzeiten zu lernenden Lehrern gemacht, indem er sie zu Multiplikatoren seiner Verkündigung ausbildete (»Aussendung«). Dazu brauchten sie einen Vorrat an Jesus-Spruchgut. 31 Als Lernmethoden der Jünger diskutiert Riesner u.a. 32 wiederholtes Hören, imitatio magistri, Fragen, Auswendiglernen, Kantillieren. Eine Minimalposition markiert M. E BNER : 33 Jesus sei davon überzeugt gewesen, dass das Reich Gottes bereits begonnen habe. Darum habe er eine Lebensform praktiziert, die dem schon präsenten Reich Gottes entsprechen sollte: Nichtsesshaftigkeit, die ganz auf die Vorsorge Gottes vertraut. Jesu Lehre sei in erster Linie eine besondere Lebensführung. Die authentischen von der atl. Spruchweisheit beeinflussten Sprüche Jesu sind nach Ebner in diesem pragmatischen Kontext situative, schlagfertige Einfälle, die den provokativen Lebensstil begründen, verteidigen oder rechtfertigen sollen. Zu Lk 14,26 notiert Ebner: »Anstelle einer Aufforderung oder gar Werbung wird hier für den, der Jesu Schüler werden will, eine denkbar harsche Bedingung genannt: Hass gegenüber den engsten Familienangehörigen, die einzeln aufgezählt werden. Das ist der Preis für den Eintritt in die ›Schule‹ Jesu. Er lässt sich nicht durch die besonderen Lehrinhalte erklären, sondern steht mit der Lebensform im Zusammen- ZNT 21 (11. Jg. 2008) 9 Beate Ego / Christian Noack Lernen und Lehren als Thema alt- und neutestamentlicher Wissenschaft 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 13 Uhr Seite 9 c) Paulus als Lehrer und die Paulusschule Paulus beschreibt sich selbst als Apostel oder Knecht Christi, nie als Lehrer (gr. didaskalos). Möglicherweise hatte dies damit zu tun, dass diese Bezeichnung im Kontext jüdischer Lebensformen an den pharisäischen Gesetzeslehrer erinnerte, Paulus sich aber nicht als Lehrer des Gesetzes, sondern als Zeuge des Evangeliums von Jesus Christus verstand. Faktisch hat Paulus jedoch im Rahmen seiner Missionstätigkeit und in der Betreuung seiner Gemeinden als Lehrer gewirkt. 47 Im 1Kor antwortet Paulus auf einige Fragen der Gemeinde, die sich durch diese Anfragen auf eine Schüler-Lehrer-Interaktion mit Paulus einlässt. Der von Paulus verwendete Stil der sogenannten Diatribe gehört, worauf S.K. S TOWERS hingewiesen hat, 48 in den Kontext von Lehrer-Schüler- Kommunikationen, wie sie für philosophische Schulen typisch waren. 49 A. M ALHERBE hat am Beispiel des 1. Thessalonicherbriefes gezeigt, dass Paulus in Analogie zur philosophischen Seelenführung als Seelsorger, als »Psychagoge« wirkte. 50 Diese Psychagogie kann im Philipperbrief den gesamten Briefkorpus durchziehen. 51 H. C ONZEL - MANN ist dafür eingetreten, dass Paulus bei der Erstellung der Briefe zum Teil auf vorgeprägte von jüdischer Weisheit bestimmte Argumentationsgänge zurückgreift, deren Aufarbeitung »ausgesprochenen Schulcharakter« 52 zeigt: »Man wird sogar noch einen Schritt weitergehen und annehmen können, daß im Hintergrund ein von Paulus bewußt organisierter Schulbetrieb, eine ›Schule des Paulus‹, zu erkennen ist, wo man ›Weisheit‹ methodisch betreibt bzw. Theologie als Weisheitsschulung treibt… Als Sitz der Schule bietet sich Ephesus an.« 53 In seiner umfangreichen Studie »Schulen im Neuen Testament« zeigt sich T H . S CHMELLER zwar skeptisch gegenüber der These Conzelmanns, Paulus habe einen Schulbetrieb eingerichtet, kann aber im Blick auf das Verhältnis von Paulus zu seinen Gemeinden positiv feststellen, dass der Vergleich mit den Praktiken im philosophischen Studium sehr erhellend ist: »Es hat sich gezeigt, daß in vielen Hinsichten die philosophische Schule tatsächlich ein angemessenes Modell ist, um die soziale Wirklichkeit der Tätigkeit und der Gemeinden des Paulus zu verstehen. Die Deutung der Christen als eine Schule, die Galen Vorschlag lautet: Sie bildeten im Judenchristentum einen »christlich-pharisäischen Kreis von Lehrern…, die einen judenchristlichen Protorabbinat darstellte(n).« 39 Sie seien für die »gepflegte« Jesusüberlieferung verantwortlich gewesen. Allerdings ist dabei unklar, in welchem Verhältnis diese Funktion zu der Rolle der apostolischen Augenzeugen der Jesusgeschichte stand. Papias schildert einen Jesusworte und -anekdoten lehrenden Petrus (Euseb, Historia Ecclesiastica III 39,15). Manche Indizien sprechen dafür, dass Petrus als theologischer Lehrer und Tradent von Jesusüberlieferung eine bedeutende Rolle gespielt hat. 40 Bei Zurückhaltung gegenüber solchen personalisierenden Deutungen des Traditionsprozesses muss dennoch gefragt werden, welche Rolle Lehr- / Lernprozesse bei der »Erinnerung« an Jesus gespielt haben. 41 In der Studie »Lehrende in den neutestamentlichen Schriften« von H. S CHÜRMANN 42 wird ein offensichtlicher, aber meist nicht thematisierter Tatbestand hervorgehoben: »…alle Neutestamentlichen Schriften (und schon die in ihnen verarbeiteten Traditionen) verdanken ihr Entstehen unverkennbar der überliefernden und applizierenden Lehrfunktion von urchristlichen Männern 43 , denen in besonderer Weise Lehrcharismen eigneten.« 44 Weiter: »Eine gründliche Untersuchung des Neutestamentlichen Schrifttums auf verfestigte Sprucheinheiten und ›frühe Kompositionen‹ sowie von stereotypen Lehrgehalten und von Formelgut könnte uns die urchristlichen Lehrer in der Werkstatt zeigen.« 45 Zu fragen wäre außerdem, welche Rolle Lehrer im Umfeld der Taufe spielten. Zu denken ist an eine vorbereitende und / oder nachbereitende Taufkatechese, die mit Jesuslogien, Jesusgeschichte und Deutung dieser Geschichte vertraut machte. 46 Grundsätzlich könnte noch intensiver untersucht werden, welche kommunikativen Probleme in den Gemeinden mit der Tätigkeit von Lehrerinnen und Lehrern gelöst wurden. Manches weist z.B. darauf hin, dass es in den frühen Gemeinden eine starke Inanspruchnahme von Lehre durch lernwillige, ja neugierige Schülerinnen (1Tim 5,13! ) und Schüler gab, was unter den Lehrern und Lehrerinnen u.a auch zu Autoritätskonflikten und zu streiterzeugenden Konkurrenzsituationen führte. Sehr deutlich spiegelt sich dies schon in den authentischen paulinischen Briefen wider. 10 ZNT 21 (11. Jg. 2008) Neues Testament Aktuell 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 13 Uhr Seite 10 Ausblick aus neutestamentlicher Sicht Der historische Rückblick auf die erste frühchristliche Generation von Jesus bis Paulus zeigt, dass die Charakterisierungen der zweiten und dritten Generation zu Recht ein markantes Merkmal verstärken, das von Anfang an eine wichtige Rolle spielte: die Jesus- und Osterbewegung war auch eine Lehr- und Lerngemeinschaft, in der Lehren mit neuen »inkongruenten Perspektiven« und das Lernen einer riskanten »devianten« Lebensführung in einem wechselseitigen Anregungsprozess standen. Die Attraktivität der frühchristlichen Gemeinden bestand u.a. in den Bildungsmöglichkeiten, 59 die mit den christologischen und soteriologischen Entwürfen verbunden waren (Christus als Weisheit und Logos; Erlösung als Erkenntnis Christi und Teilhabe an seinem Geschick, Teilhabe am vollkommenen Gesetz der Freiheit usw. …). Zugespitzt formuliert handelte es sich bei diesen Lehr- / Lern-Kommunikationen um eine Form praxisorientierter »religiös-sittlicher Erwachsenenbildung«, die mit der tertiären Bildung der Philosophenschulen sehr gut vergleichbar ist. 60 Im Anschluss an Überlegungen von P. P ILHOFER und T H . S CHMELLER könnte genauer untersucht werden, ob eine doch eher kontinuierliche Entwicklung von diesen frühchristlichen Lehr- / Lernkommunikationen des 1. Jahrhunderts hin zu denen des 2. und 3. Jahrhunderts plausibilisiert werden kann. 61 Der Blick der ntl. Forschung hat sich bisher schwerpunktmäßig auf das Lehren gerichtet. 62 Bezüglich der Beobachtung des Lernens besteht weiterer Forschungsbedarf. Das betrifft die Methoden des Lernens im frühen Christentum (u.a. hören, fragen, lesen, memorieren, üben, den Lehrer beobachten und handelnd nachahmen, nachfolgen, prüfen, nachdenken, Grundhaltung der Aufmerksamkeit, des Gehorsams und des Respekts gegenüber der Lehrperson), die Medien des Lernens (mündliche Lehre wie Lesungen, Erzählungen, Gleichnisse, Vortrag, Lehrgespräche, Streitgespräch, Instruktion, Paränese, Lehrsummarien, Glaubensformeln, Psalmen / Hymnen; der Lehrer als Lehrender und als derjenige, der die Lehre vorlebt; schriftliche Lehre wie Brief, Schriftrolle, Notizbuch, Kodex, Bibliothek) oder auch Lerntheorien (z.B. Gott und der Heilige Geist als Lehrer). Was die Bildungsvoraussetzunim 2. Jh. vornimmt, ist insofern schon für die Mitte des 1. Jh.s passend. Hinter den Parteiungen in Korinth (1Kor 1-4) steht das Selbstverständnis von Gemeindegruppen als konkurrierende Schulen. Die christliche Botschaft wurde als eine Philosophie gedeutet, die Missionare als Lehrer, die Gemeindeglieder als unterschiedlich weit fortgeschrittene Schüler … Wenn Paulus sich als Vater und Pädagogen der Gemeinde bezeichnet (1Kor 4,14-21), präsentiert er sich damit als Lehrer mit klarem Vorrang gegenüber anderen Lehrern.« 54 Zu den schulischen Elementen in den paulinischen Gemeinden führt Schmeller aus: Die Mitarbeiter des Paulus können mit den fortgeschrittenen, am Lehrbetrieb aktiv beteiligten Studenten verglichen werden. Paulus mache den Eindruck, Schulgründer zu sein, wobei die hohe Verbindlichkeit, die er der Jesustradition zuschrieb, mehr darauf hindeute, dass Jesus die Rolle des Schulgründers innehatte. Schultypisch seien die erkennbaren Überlieferungs- und Auslegungstätigkeiten wie auch die Protreptik und Psychagogik des Paulus. 55 Können die Deuteropaulinen als Publikationen einer Paulusschule gedeutet werden, die nach dem Tod des Paulus weiterhin Bestand hatte? Der Kolosserbrief scheint in dieser Hinsicht besonders vielversprechend zu sein. Anregungen von Conzelmann aufnehmend, hat sich A. S TANDHAR - TINGER für die Deutung des Kol als Zeugnis einer Paulusschule eingesetzt. 56 Anstatt von schriftlichen Kenntnissen der Paulusbriefe auszugehen, postuliert sie eine mündliche Tradition, die sich in Diskussionen der Paulusgruppe ausgebildet habe und im Kol fruchtbar gemacht worden sei: »Die Hochschätzung mündlicher Überlieferung in der Antike läßt es als wahrscheinlich erachten, daß die paulinischen Reden und Diskussionen in den Gemeinden mündlich tradiert wurden.« 57 Die paulinische Theologie sei dabei nicht Ergebnis einer Einzelperson, sondern habe sich im Prozess gemeinsamen Überlegens und Diskutierens jüdischer Tradition und Überlieferung im Kreis der Mitarbeiter geformt: »Die ›Weisheitsschule‹ des Paulus…war mehr ein Diskussionszusammenhang als ein von einem Lehrer oder Meister dominiertes Phänomen.« 58 Darum kann der Kolosserbrief im Kontext paulinischer Schultradition selbstbewusst eigene Akzente setzen. ZNT 21 (11. Jg. 2008) 11 Beate Ego / Christian Noack Lernen und Lehren als Thema alt- und neutestamentlicher Wissenschaft 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 14 Uhr Seite 11 nisierten Judentums an und verwenden sie kritisch-kreativ für Anknüpfungswie Abgrenzungsstrategien, und zwar sowohl in Beziehung zu jüdischen wie auch zu römisch-hellenistischen Lebensformen. Schließlich stellt sich die hermeneutische Frage, welche Relevanz alttestamentliche, antikjüdische und neutestamentliche Lehr- und Lernkonzepte für die heutige pädagogische und kirchliche Arbeit haben können. 68 Dass hier keine vorschnellen Applikationen am Platze sind, liegt auf der Hand. Dennoch wäre es lohnend, diese Frage in Zusammenarbeit mit der Religionspädagogik und der Lernpsychologie einmal umfassender anzugehen. 69 l Anmerkungen 1 Vgl. hierzu die richtungsweisende Studie von J. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1992. 2 Die Literatur zu diesem Themenbereich ist immens; vgl. die Hinweise bei W.J. Ong, Oralität und Literalität. Die Technologisierung des Wortes, Opladen 1987 (englisch: Orality and Literacy. The Technologizing of the Word, London 1982); J. Goody, Entstehung und Folgen der Schriftkultur, Frankfurt 1986; L.D. Reynolds / N.G. Wilson, Scribes and Scholars. A Guide to the Transmission of Greek and Latin Literature, Oxford 1991; S. Niditch, Oral World and Written Word. Ancient Israel Literature Library of Ancient Israel, Louisville, KY 1996; W.M. Schniedewind, How the Bible became a Book. The Textualization of Ancient Israel, Cambridge 2004 u.a. Hochinteressant im Hinblick auf die theologische Bedeutung der Schriftlichkeit im Alten Israel ist der Beitrag von J. Schaper, A Theology of Writing: The Oral and the Written, God as Scribe in the Book of Deuteronomy, in: L.J. Lawrence / M.I. Aguilar (Hgg.), Anthropology and Biblical Studies. Avenues of Approach, Leiden 2004. 3 S. in diesem Kontext die Publikationen seit 1990 in chronologischer Reihenfolge: R. Borchert, Erziehung im Alten Testament, in: H. Mercker u.a. (Hg.), Ökumenisch Leben. Festgabe für Helmut Fox zum 60. Geburtstag (Landauer Schriften zur Theologie und Religionspädagogik 3), Mainz 1990, 21-41; D.W. Jamieson- Drake, Scribes and Schools in Monarchic Judah. A Socio-Archaeological Approach (JSOT 109), Sheffield 1991; R. Lux, Die Weisen Israels. Meister der Sprache - Lehrer des Volkes - Quelle des Lebens, Leipzig 2002; R. Liwak, »Was wir gehört und kennengelernt und unsere Väter uns erzählt haben« (Ps 78,3). Überlegungen zum Schulbetrieb im Alten Israel, in: E. Axmacher / K. gen bei den Lernenden / Lehrenden betrifft (Elementarunterricht, Synagogenlesung und -predigt, protorabbinisches Torastudium, Progymnasmata beim Grammatiker, Ephebie, rhetorisches oder philosophisches Studium) 63 liegen bereits eine Reihe von Untersuchungen vor. Was Paulus anbelangt, geht der Trend der Forschung dahin, mindestens eine Ausbildung beim Grammatiker inklusive progymnasmatischer Übungen anzunehmen, darüber hinaus ein intensives methodisches Torastudium als Pharisäer und Protorabbiner. 64 In der korinthischen Gemeinde scheint es Gemeindeglieder gegeben zu haben, die sich ein Urteil über die rhetorischen Fähigkeiten des Paulus erlaubten (ephebische Ausbildung). 65 Wie hoch der Prozentsatz analphabetischer Gemeindeglieder war, ist kaum abzuschätzen; Illiteralität musste aber kein Hindernis für Bildungsinteresse sein in einer Kultur, in der mündliche Formen des Lehrens im Vordergrund standen. 66 Ausblick aus alt- und neutestamentlicher Perspektive (Beate Ego und Christian Noack) Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen einer multikulturellen Lebenswelt wird künftig auch der Untersuchung von Lernkonzeptionen in der hellenistischen und römischen Zeit Bedeutung zu kommen. Das antike Judentum muss sich ab der Seleukidenzeit in immer stärkerem Maße gegenüber hellenistischen Bildungseinflüssen behaupten. Dabei kommt es freilich nicht zu einer absoluten Frontstellung gegenüber solchen Gedanken, sondern es findet vielmehr eine Integration hellenistischer Vorstellungen in die Denkwelt des antiken Judentums statt. Lehren und Lernen wird nun wieder - wie bereits zur Zeit der Entstehung des Deuteronomiums - lebenswichtig für die Identitätsbewahrung des Gottesvolkes. 67 Dieser Vorgang gehört auch zu den Voraussetzungen der Entstehung und Formation des frühen Christentums. Die sich hier erst konstituierende Identitätsfindung und die damit verbundenen Lernprozesse knüpfen an den vielfältigen Bildungstraditionen des antiken helle- 12 ZNT 21 (11. Jg. 2008) Neues Testament Aktuell »Die Attraktivität der frühchristlichen Gemeinden bestand u.a. in den Bildungsmöglichkeiten, die mit den christologischen und soteriologischen Entwürfen verbunden waren.« 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 14 Uhr Seite 12 Hermeneutik der biblischen Gottesrede. FS Helen Schüngel-Straumann, Paderborn 2006, 215-225; K. Finsterbusch, JHWH als Lehrer der Menschen. Ein Beitrag zur Gottesvorstellung der Hebräischen Bibel (BTS 90), Neukirchen-Vluyn 2007. Für weitere Literaturhinweise s. die nun folgenden Ausführungen. 4 Vgl. u.a. H. Brunner, Altägyptische Erziehung, Wiesbaden 1957; P.D. Gesche, Schulunterricht im Babylonien im ersten Jahrtausend v. Chr. (AOAT 275), Münster 2001; S.N. Kramer, Die Sumerische Schule, WZ Halle-Wittenberg 5, (4 / 1956), 695-704. 5 Einen ausführlichen und instruktiven Forschungsüberblick zu dieser komplexen Diskussion gibt Breitmaier, Lehren, 49-87, sowie Delkurt, Erziehung nach dem Alten Testament, 240-246; Kieweler, Erziehung, 235- 240; s.a. die umsichtigen Ausführungen bei Lux, Die Weisen Israels, 63-71. Als Befürworter der Existenz von Schulen sind u.a. zu nennen: A. Klostermann, Schulwesen im Alten Israel, in: N. Bonwetsch u.a (Hg.), Theologische Studien. FS Theodor Zahn, Leipzig 1908; H.-J. Hermisson, Studien zur israelitischen Spruchweisheit (WMANT 28), Neukirchen 1968; Crenshaw, Education, 85-113; B. Lang, Schule und Unterricht im Alten Israel, in: M. Gilbert (Hg.), La Sagesse de l´Ancient Testament (BETL 51), Paris u.a. 1979, 186-201. Kritisch dagegen sind u.a. L. Dürr, Das Erziehungswesen im Alten Israel und im Alten Orient, MVAB 36 / 2, Leipzig 1932; G. Wanke, Der Lehrer im Alten Israel, in: J. Prinz von Hohenzollern / M. Liedtke (Hgg.), Schreiber, Magister, Lehrer. Zur Geschichte und Funktion eines Berufsstandes. Schriftenreihe zum Bayerischen Nationalmuseum Ichenhausen (Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums 8), Bad Heilbrunn / Obb. 1989, 50-59. Für weitere Literaturhinweise s. den Überblick bei Breitmaier und Delkurt. 6 A. Lemaire, Les écoles et la formation de la Bible dans l´Ancien Israël (OBO 39), Freiburg / Schweiz 1981; s. hierzu auch bereits Lang, Schule, 187f. 7 S. hierzu Jamieson-Drake, Scribes, 148ff. u.ö., der in seiner Darstellung darauf hinweist, dass bei der Untersuchung von Schriftlichkeit und der Frage nach der Existenz von Schulen immer auch das entsprechende sozioökonomische Umfeld mit zu betrachten ist. Zum Anwachsen der Literalität ab dem 8. Jh. bzw. 7. Jh. s.u.a. H.M. Niemann, Kein Ende des Büchermachens in Israel und Juda (Koh 12,12) - Wann begann es? , Bi- Ki 53 (1998), 127-134; Carr, Writing on the Tablet, 165; Schniedewind, How the Bible became a Book, 98-106; A. Knauf, Die Umwelt des Alten Testaments (NSK.AT 29), 216. Eine Schrift- und Buchkultur in einem umfassenderen Sinne entsteht freilich erst in hellenistischer Zeit s.a. Carr, Writing on the Tablet, 177-199; M. Hengel, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh.s v. Chr. (WUNT 10), 3., durchgesehene Aufl., Tübingen 1988, 120-152. 8 So bereits Hengel, Judentum und Hellenismus, 145.243. Freilich gibt es auch Stimmen, die hier von einem metaphorischen Sprachgebrauch ausgehen wollen; s. z.B. Kaiser, Erziehung, 223; Lohmann, Erziehung, 215. Authentische Einblicke in das religiöse Lernen von Juden zur Zeit des Zweiten Tempels geben auch die Handschriften-Funde vom Toten Meer. Sie belegen, dass in der Gemeinde der Essener ein intensives Schwarzwäller (Hgg.), Belehrter Glaube. FS J. Wirsching, Frankfurt u.a. 1994, 175-193 (n.v.); F. Golka, Die israelitische Weisheitsschule oder »Des Kaisers neue Kleider«, in: ders., Die Flecken des Leoparden. Biblische und afrikanische Weisheit im Sprichwort (AzTh 78), Stuttgart 1994, 11-23; G.I. Davies, Where there Schools in Ancient Israel? , in: J. Day / R. Gordon / H.G.M. Williamson (Hgg.), Wisdom in Ancient Israel, Cambridge 1995, 199-211; J.L. Crenshaw, Education in Ancient Israel: Across the Deadening Silence, New York 1998; M. Reitemeyer, Weisheitslehre als Gotteslob. Psalmentheologie im Buch Jesus Sirach (BBB 127), Berlin / Wien 2000; M. Kepper, Hellenistische Bildung im Buch der Weisheit, Studien zur Sprachgestalt und Theologie der Sapientia Salomonis (BZAW 280), Berlin 1999; H.V. Kieweler, Erziehung zum guten Verhalten und zur rechten Frömmigkeit. Die Hiskianische Sammlung, ein hebräischer und griechischer Schultext (BEATAJ 49), Frankfurt / M. u.a. 2001; Chr. Hardmeier, Weisheit der Tora (Dtn 4,5-8). Respekt und Loyalität gegenüber JHWH allein und die Befolgung seiner Gebote - ein performatives Lehren und Lernen, in: ders. / A. Kessler / A. Ruwe (Hgg.), Freiheit und Recht. Festschrift für Frank Crüsemann zum 65. Geburtstag, Gütersloh 2003, 224-254; H. Delkurt, Erziehung nach dem Alten Testament, JBTh 17 (2002), 227-253; K. Finsterbusch, Die kollektive Identität und die Kinder. Bemerkungen zu einem Programm im Deuteronomium, JBTh 17 (2002), 99-120; F. Crüsemann, Die Bildung des Menschengeschlechts. Überlegungen zum Thema »Bildung« im Alten Testament, in: ders., Maßstab Tora. Israels Weisung für christliche Ethik, Gütersloh 2003, 269-288; I. Breitmaier, Lehren und Lernen in der Spur des Ersten Testaments. Exegetische Spuren zum 5. Buch Mose und dem Sprüchebuch aus religionspädagogischer Perspektive (Beiträge zum Verstehen der Bibel 8), Münster 2004; B. Ego / H. Merkel (Hgg.), Religiöses Lernen in der biblischen, frühjüdischen und frühchristlichen Überlieferung (WUNT 180), Tübingen 2004 (mit zahlreichen Aufsätzen, auf die im Folgenden noch verwiesen wird); O. Kaiser, Erziehung und Bildung in der Weisheit des Jesus Sirach, in: A. Kunz-Lübcke / R. Lux (Hgg.), »Schaffe mir Kinder ...« Beiträge zur Kindheit im Alten Israel und seinen Nachbarkulturen (Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte 21), Leipzig 2004, 223-251; D. Carr, Writing on the Tablet of the Heart. Origins of Scripture and Literature, Oxford 2005; K. Finsterbusch, Weisung für Israel. Studien zu religiösem Lehren und Lernen im Deuteronomium in seinem Umfeld (FAT 44), Tübingen 2005; I. Lohmann, Erziehung und Bildung im antiken Israel und im frühen Judentum, in: J. Christes / R. Klein / Chr. Lüth (Hgg.), Handbuch der Erziehung und Bildung in der Antike, Darmstadt 2006, 183-222; I. Müllner, »Schreibe auf die Tafel deines Herzens« (Spr 3,3). Aspekte des Lernens in der biblischen Weisheitsliteratur. Antrittsvorlesung gehalten am 11. Mai 2005, in: Biblisches Forum 2006 (http: / / www.bibfor.de? page_id=7); dies.: Das hörende Herz. Weisheit in der Hebräischen Bibel, Stuttgart 2006; dies., Lehrerin und Gegenstand zugleich. Didaktische Aspekte der personifizierten Weisheit in Spr 1-9, in: I. Riedel-Spangenberger / E. Zenger (Hgg.), »Gott bin ich, kein Mann.« Beiträge zur ZNT 21 (11. Jg. 2008) 13 Beate Ego / Christian Noack Lernen und Lehren als Thema alt- und neutestamentlicher Wissenschaft 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 14 Uhr Seite 13 2007; die verschiedenen Beiträge werden an unterschiedlichen Publikationsorten erscheinen. 21 Zu dieser Thematik vgl. die kurz vor dem Abschluss stehende Dissertation von D. Betz, Gott als Erzieher im Alten Testament. Eine semantisch-traditionsgeschichtliche Untersuchung der Begrifflichkeit jsr/ mûsa¯r; paideuo¯ mit Gott als Subjekt in den Schriften des AT. 22 S. zu diesem Aspekt die Arbeit von Reitemeyer, Weisheitslehre. 23 S. hierzu die Arbeit von Steins, Inszenierung. 24 Vgl. S. Byrskog, Das Lernen der Jesusgeschichte nach den synoptischen Evangelien, in: Ego / Merkel, Religiöses Lernen, 191-209. Zum MtEv vgl. S. Byrskog, Jesus the Only Teacher. Didactic Authority and Transmission in Ancient Israel, Ancient Judaism and the Matthean Community (ConBNT 24), Stockholm 1994; J.Y.-H. Yieh, One Teacher. Jesus’ teaching role in Matthew’s Gospel (BZNW 124), Berlin u.a. 2004; zum MkEv vgl. V.K Robbins, Jesus the Teacher: A Socio- Rhetorical Interpretation of Mark, Philadelphia 1984. Vgl. auch M. Karrer, Der lehrende Jesus, Neutestamentliche Erwägungen, ZNW 83 (1992), 1-20. 25 J. Wanke, Die urchristlichen Lehrer nach dem Zeugnis des Jakobusbriefes, in: R. Schnackenburg u.a. (Hg.), Die Kirche des Anfangs. FS H. Schürmann, Leipzig 1978, 489-511. 26 E.A. Judge, The Early Christians as a Scholastic Community, JRH 1 (1960-61), 4-15 und 125-137; deutsche Übersetzung in: W.A. Meeks (Hg.), Zur Soziologie des Urchristentums (TB 62), München 1979, 131-164. 27 R. Riesner, Jesus als Lehrer (WUNT II/ 7), Tübingen 3 1988, 499 (eine überarbeitete Neuauflage ist vom Verlag für 2008 angekündigt). 28 Riesner, Jesus als Lehrer, 304-352. 29 Riesner, Jesus als Lehrer, 352. 30 Riesner, Jesus als Lehrer, 392-404. 31 Vgl. dazu schon H. Schürmann, Die vorösterlichen Anfänge der Logientraditon. Versuch eines formgeschichtlichen Zugangs zum Leben Jesu, in: ders., Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zu den synoptischen Evangelien, Düsseldorf 1968, 39-64. 32 Riesner, Jesus als Lehrer, 430-453. 33 M. Ebner, Jesus - ein Weisheitslehrer? Synoptische Weisheitslogien im Traditionsprozeß (HBS 15), Freiburg i. Br. 1998; ders, Jesus von Nazareth in seiner Zeit. Sozialgeschichtliche Zugänge (SBS 196), Stuttgart 2003, 146 (Neuauflage Stuttgart 2007 unter dem Titel: »Jesus von Nazareth. Was wir von ihm wissen können«). 34 Ebner, Jesus von Nazareth in seiner Zeit, 146. 35 Z.B. G. Downing, The Social Contexts of Jesus the Teacher. Construction or Reconstruction? , NTS 33 (1987), 439-451; J.D. Crossan, Der historische Jesus, München 1994. 36 Vgl. B. Gerhardsson, Memory and Manuscript. Oral Tradition and Written Transmission in Rabbinic Judaism and Early Christianity (ASNU 22), Uppsala 1961; Tradition and Transmission in Early Christianity (CN 20), Lund 1964. 37 Vgl. z.B. D. Zeller, Die Entstehung des Christentums, in: ders. (Hg.), Christentum. Von den Anfängen bis zur konstantinischen Wende, Stuttgart u.a. 2002, 44; Riesner, Jesus als Lehrer, 277-298. Schriftstudium betrieben wurde. S. hierzu A. Steudel, »Bereitet den Weg des Herrn«. Religiöses Lernen in Qumran, in: Ego / Merkel, Religiöses Lernen, 99-116. 9 T. Vejola, Die Deuteronomisten als Vorgänger der Schriftgelehrten: Ein Beitrag zur Entstehung des Judentums, in: ders., Moses Erben: Studien zum Dekalog, zum Deuteronomium und zum Schriftgelehrtentum, Stuttgart u.a. 2000, 192-240. 10 Zur Rolle der Leviten als Vorläufer pharisäischer bzw. rabbinischer Lehrtradition s. J. Schaper, Priester und Leviten im achaemenidischen Juda. Studien zur Kult- und Sozialgeschichte Israels in achaemenidischer Zeit (FAT 31), Tübingen 2000, 300.305f. Vgl. zur gesamten Thematik die verschiedenen Beiträge in den Monographien von J.F. Gammie / L.G. Perdue, The Sage in Israel and the Near East, Winona Lake, Ind. 1990; J. Blenkinsopp, Sage, Priest, Prophet. Religious and Intellectual Leadership in Ancient Israel (Library of Ancient Israel), Louisville, Ky. 1995. 11 Vgl. hierzu u.a. die Hinweise bei L. Schwienhorst- Schönberger, Den Ruf der Weisheit hören. Lernkonzepte in der alttestamentlichen Weisheitsliteratur, in: Ego / Merkel, Religiöses Lernen, 141-156, 77; s.a. J. Eaton, Memory and Encounter: An Educational Ideal, in: H. McKay / D. Clines (Hgg.), Of Prophets’ Visions and the Wisdom of Sages. Essays in Honour of R. Norman Whybray on his Seventieth Birthday, Sheffield 1993, 179-191 (n.v.). 12 S. zu diesem Aspekt die instruktiven Ausführungen bei Schwienhorst-Schönberger, Ruf, 73f., sowie im Anschluss daran die Arbeiten von I. Müllner. 13 S.a. die früheren Aufsätze des Autors: Glauben lernen in Israel, KatBl 108 (1983), 84-99; Gottes Volk als Lerngemeinschaft. Zur Kirchenwirklichkeit im Buch Deuteronomium, BiKi 39 (1984), 96-100. 14 Assmann, Das kulturelle Gedächtnis, 227. 15 Finsterbusch, Weisung für Israel, 309f. Sehr instruktiv zum Paradigma der Erinnerung sind auch die Ausführungen von G. Steins, Inszenierung des Lesens und Lernens in Neh 8,1-12, in: Ego / Merkel, Religiöses Lernen, 83-98: 89ff. 16 Zum Ganzen s. Breitmaier, Lehren und Lernen, 162- 171. Breitmaier analysiert selbstverständlich auch andere Aspekte der dtn. Lehr- und Lernkonzeption; darüber hinaus behandelt sie auch das Thema: Erziehung im Buch der Sprüche. Ihre Arbeit ist letztendlich religionspädagogisch motiviert, wenn sie von der Auslegung der biblischen Texte eine »Didaktik des Hörens« entwirft. 17 E. Schawe, Gott als Lehrer im Alten Testament. Eine semantisch-theologische Studie, Fribourg 1979. 18 F. Diedrich, Lehre mich, Jahwe! Überlegungen zu einer Gebetsbitte in den Psalmen, in: J. Zimijewski (Hg.), Die alttestamentliche Botschaft als Wegweisung. FS Heinz Reinelt, Stuttgart 1990, 59-73; s.a. die Bemerkungen bei B. Ego, »In meinem Herzen berge ich dein Wort.« Zur Rezeption von Jer 31,33 in der Torafrömmigkeit der Psalmen, JBTh 12 (1997), 277-289: 286f. 19 Zu diesem Thema auch ganz knapp Breitmaier, Lehren, 95; Delkurt, Erziehung, 228ff.248; Crenshaw, Education, 239-254; Crüsemann, Bildung, 279f.284f. 20 Das Thema des »schriftgestützten Lernens« war auch Gegenstand des Konsultationstreffens der »Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie« vom März 14 ZNT 21 (11. Jg. 2008) Neues Testament Aktuell 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 14 Uhr Seite 14 Tradition of Pastoral Care, Philadelphia 1987. 51 Vgl. P. Holloway, Consolation in Philippians: Philosophical Sources and Rhetorical Strategy (MSSNTS 112), Cambridge 2001. 52 H. Conzelmann, Paulus und die Weisheit, NTS 12 (1965 / 66), 231-244: 233. Conzelmann verweist auf 1Kor 1,18ff.; 2,6ff.; 11,2ff.; 13; 2Kor 3,7ff.; Röm 1,18ff. 53 Conzelmann, Paulus und die Weisheit, 233. Für die Historizität von Apg 19,9f. hat sich kürzlich P. Pilhofer, Von Jakobus zu Justin. Lernen in den Spätschriften des Neuen Testaments und bei den Apologeten, in: Ego / Merkel, Religiöses Lernen, 253-269: 259f., wieder eingesetzt. 54 Th. Schmeller, Schulen im Neuen Testament? Zur Stellung des Urchristentums in der Bildungswelt seiner Zeit (HBS 30), Freiburg 2001, 180. 55 Schmeller, Schulen, 151-180. 56 A. Standhartinger, Studien zur Entstehungsgeschichte und Intention des Kolosserbriefs (NT.S 94), Leiden 1999; vgl. auch dies., Colossians and the Pauline School, NTS 50 (2004), 572-593. 57 Standhartinger, Studien, 279. 58 Standhartinger, Studien, 280. 59 Vgl. G. Theissen, Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, Gütersloh 2000, 148-156. 60 E.A. Judge, Did the Churches Compete with Cult Groups? , in: J.T. Fitzgerald u.a. (Hg.), Early Christianity and Classical Culture: Comparative Studies in Honor of Abraham J. Malherbe, Leiden 2003, 501-524: »They constitute a movement of ideas, driven by argument and the interpretation of authoritative texts, a kind of adult re-education. Their intellectual premises are radically different from the naturalistic logic of the philosophical schools, turning on a re-orientation of world history towards the future.« Vgl. auch S.K. Stowers, Does Pauline Christianity Resemble a Hellenistic Philosophy? , in: T. Engberg-Pedersen (Hg.), Paul Beyond the Judaism / Hellenism Divide, Louisville 2001, 81-102: »…as early as Paul, certain types of Christianity focused on intellextual practises and ordered these around a totalizing unitary vision of the good. Even thogh Christianity did not derive from philosophy in any direct way, but from Judaism, it shared the structural features that made it philosopy-like.« (100); vgl. auch L.C.A. Alexander, Paul and the Hellenistic Schools: The Evidence of Galen, in: T. Engberg- Pedersen (Hg.), Paul in His Hellenistic Context, Minneapolis 1995, 60-83. 61 Vgl. P. Pilhofer, Von Jakobus zu Justin, 253-269. Vgl. auch Schmeller, Schulen, 129, gegen die Diskontinuitätsthese, die z.B. von U. Neymeyr, Die christlichen Lehrer im zweiten Jahrhundert. Ihre Lehrtätigkeit, ihr Selbstverständnis und ihre Geschichte (SVigChr 4), Leiden 1989, 237, vertreten wird. 62 Das gilt auch für Publikationen, die das Lernen im Titel führen, dann aber doch die Aufmerksamkeit vorwiegend auf das Lehren fokussieren; vgl. J. Blank, Lernprozesse im Jüngerkreis Jesu, ThQ 158 (1978), 163-177; oder das Themenheft »Rabbi Jesus und die Anfänge einer christlichen Lernkultur« der Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 2/ 2001 mit Artikeln von J. Schröter, K-.W. Niebuhr, A.-D. Bunke, K. Wegenast, H. Schröer und R. Kirchhoff. 38 A.F. Zimmermann, Die urchristlichen Lehrer. Studien zum Tradentenkreis der didaskaloi im frühen Christentum (WUNT II/ 12), Tübingen 2 1988. Vgl. auch H. Schürmann, ›…und Lehrer‹. Die geistliche Eigenart des Lehrdienstes und sein Verhältnis zu anderen geistlichen Diensten im neutestamentlichen Zeitalter, in: ders., Orientierungen am Neuen Testament. Exegetische Gesprächsbeiträge, Düsseldorf 1978, 116-156. 39 Zimmermann, Lehrer, 218. 40 Vgl. dazu M. Hengel. Der unterschätzte Petrus. Zwei Studien, Tübingen 2006, 43-58.85.129-145.162-166. 41 Zu diesem Forschungsfeld vgl. das Themenheft ZNT 20: »Der erinnerte Jesus«. 42 H. Schürmann, Lehrende in den neutestamentlichen Schriften, in: W. Baier u.a. (Hg.), Weisheit Gottes - Weisheit der Welt. FS J. Ratzinger, Bd. 1, St. Ottilien 1987, 419-440. 43 Dass auch Frauen Lehraufgaben übernommen haben (vgl. dazu u.a. U.E. Eisen, Amtsträgerinnen im frühen Christentum. Epigraphische und literarische Studien [FKDG 61], Göttingen 1996, 87-111) und dies umstritten war (was die vielsagenden Lehrverbote in 1Tim 2,11f. und 1Kor 14,33b-35 dokumentieren), sollte heute von männlichen Forschern nicht mehr »übersehen« werden. 44 Schürmann, Lehrende, 431. 45 Ebd., 428; vgl. H. Schürmann, Zur Kompositionsgeschichte der Redenquelle. Beobachtungen an der lukanischen Q-Vorlage, in: ders., Jesus - Gestalt und Geheimnis, Paderborn 1994, 398-419. 46 Vgl. dazu R. Riesner, Taufkatechese und Jesus-Überlieferung, in: V.A. Lehnert und U. Rüsen-Weinhold (Hgg.), Logos - Logik - Lyrik. Engagierte exegetische Studien zum biblischen Reden Gottes. FS K. Haacker, Leipzig 2007, 305-339: »Die Bedeutung der Worte Jesu in der urchristlichen Taufkatechese weist auf Lehr- und Lernsituationen, auf Tradition und Tradierung hin. Dabei war die Überlieferung der Worte Jesu, aus der die Paränese schöpfte, ein eigenständiger Vorgang (vgl. 1Kor 11,23-24), für den erst apostolische Ohrenzeugen (Lk 1,1-4) und dann auch andere ›Lehrer‹ als Überlieferungsträger verantwortlich waren.« (338f.). 47 K. Scholtissek, Paulus als Lehrer. Eine Skizze zu den Anfängen der Paulus-Schule, in: ders. (Hg.) Christologie in der Paulus-Schule: Zur Rezeptionsgeschichte des paulinischen Evangeliums (SBS 181), Stuttgart 2000, 11-36: 25. 48 S.K. Stowers, The Diatribe and Paul’s Letter to the Romans (SBL.DS 57), Chico 1981; von Th. Schmeller, Paulus und die »Diatribe«. Eine vergleichende Stilinterpretation (NTA NF 19), Münster 1987, relativiert. Die »Diatribe« könne in unterschiedlichen literarischen und sozialen Kontexten verwendet werden. 49 Vgl. A. Malherbe, Mê Genoito in the Diatribe and Paul, in: ders., Paul and the Popular Philosophers, Minneapolis 1989, 25-33: »….more characteristic of the type of schoolroom instruction in which Epictetus engaged than street corner preaching.« (32). Zum Haus als »Sitz im Leben« der Lehre vgl. S.K. Stowers, Social Status, Public Speaking and Private Teaching: The Circumstances of Paul’s Preaching Activity, NT 26 (1984), 59-82. 50 Malherbe, Paul and the Popular Philosophers, 67-77; ders., Paul and the Thessalonians: The Philosophic ZNT 21 (11. Jg. 2008) 15 Beate Ego / Christian Noack Lernen und Lehren als Thema alt- und neutestamentlicher Wissenschaft 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 14 Uhr Seite 15 63 Zu Erziehung und Bildung in der Antike vgl. J. Christes u.a. (Hg.), Handbuch der Erziehung und Bildung in der Antike, Darmstadt 2006, mit ausführlicher Bibliographie (296-312). 64 Vgl. u.a. T. Vegge, Paulus und das antike Schulwesen. Schule und Bildung des Paulus (BZNW 134), Berlin u.a. 2006; D. Sänger, Pagane Bildungsinstitutionen und die Kommunikation des Evangeliums. Erwägungen zu einem Aspekt der paulinischen Verkündigung, in: W. Härle u.a. (Hg.): Systematisch praktisch (FS R. Preul), Marburg 2005, 71-90; J.H. Neyrey, The Social Location of Paul: Education as a Key, in: D.B. Gowler u.a. (Hg.), Fabrics of Discourse, Harrisburg 2003, 126- 164; R.F. Hock, Paul and Greco-Roman Education, in: J.P. Sampley (Hg.), Paul in the Greco-Roman World, Harrisburgh / London / New York 2003, 198-224. 65 R.S. Dutch, The Educated Elite In 1 Corinthians: Education And Community Conflict In Graeco-Roman Context (JSNTSS 271), London / New York 2005. 66 H.A. Gamble, Books and Readers in the Early Church. A History of Early Christian Texts, New Haven / London 1995, 2-10. Zum rabbinischen Judentum vgl. C. Hezser, Jewish Literacy in Roman Palestine (TSAJ 81), Tübingen 2001. 67 Hier ist an die Arbeiten von M. Hengel und O. Kaisers anzuknüpfen. Vgl. hierzu exemplarisch Kepper, Hellenistische Bildung. Weiterführendes ist auch von der Dissertation von F. Ueberschaer zu erwarten, die Anfang 2008 unter dem Titel »Weisheit aus der Begegnung. Bildung nach dem Buch Ben Sira« erscheinen soll, zu erwarten. Zum Lernen in hellenistischer Zeit s.a. M. Mach, Lerntraditionen im hellenistischen Judentum unter besonderer Berücksichtigung Philons von Alexandrien, in: Ego / Merkel, Religiöses Lernen, 117-140. 68 Vgl. D. Korsch, Religionsbegriff und Gottesglaube. Dialektische Theologie als Hermeneutik der Religion, Tübingen 2005, 322, Anm. 86: »Auffällig ist ja, wie intensiv sich ›neue‹ oder in den Westen eingewanderte alte Religionen gerade über eine Methodik des religiösen Lernens profilieren - besonders deutlich am westlichen Neo-Buddhismus erkennbar. Welche Gestalt religiösen Lernens wäre von christlicher Seite aus naheliegend - und kulturell attraktiv? « 69 Wichtige Hinweise dazu finden sich bei Crüsemann, Bildung. 16 ZNT 21 (11. Jg. 2008) Neues Testament Aktuell Vandenhoeck & Ruprecht 37070 Göttingen info@v-r.de www.v-r.de Gerhard Sellin Der Brief an die Epheser Die in diesem Kommentar vorliegende Interpretation des Epheserbriefs geht davon aus, dass diese Schrift von einem »Schüler« des Paulus verfasst worden ist. Sie ist also kein »echter« Paulusbrief. Die Auslegung zeigt, dass der unbekannte Verfasser das theologische Erbe des Paulus im Sinne der philosophisch beeinflussten Theologie weiterentwickelte, wie sie gegen Ende des ersten Jahrhunderts von jüdischen (Philo von Alexandrien) und christlichen Gelehrten, zu denen der Verfasser des Epheserbriefes gehört haben wird, verbreitet wurde. Eduard Lohse Das Urchristentum Ein Rückblick auf die Anfänge Ohne die Geschichte Jesu von Nazareth hätte es das Christentum nicht gegeben, aber wie sahen die Anfänge der christlichen Kirche aus? Unter welchen Bedingungen wuchs das Urchristentum heran? Kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament, Band 8. 2008. 496 Seiten, Leinen € 78,90 D bei Abnahme der Reihe: € 71,- D ISBN 978-3-525-51550-1 2008. 173 Seiten, kartoniert € 14,90 D ISBN 978-3-525-53382-6 Neuerscheinungen Der neue Epheser- Kommentar! Eine Reise zu den Anfängen des Christentums i h N ng u in he sc r e Neu n r exegetischer ritischoommentar über das Neue D e g rhese e Ep r neu e D K r! a t n me m Ko S lli G h d Der Brief an die Epheser ieg rl o r v a t n me m Die in diesem Ko us on a v aav ht d e s g rbrief hese es Ep d Sellin Gerhard r ion t a et rpr te n e I d n e g t hrif s diese Sc as , d oommentar über das Neue e Band 8. estament, 0 Leinen Seiten, 496 008. 78,90 D e Abnahme der Reihe: ei 71,- D 1 - 550 51 - 525 3- - BN 978 g p us v l u a es P r« d hüle inem »Sc on e v usbrief l u a r« P hte in »ec lso ke t a s i a d r se as fa r e VVe te n n a k e nb u r e d s as d sc i h ilosop h r p e ne d us im Sin l u a P ie sie g te, w l ke ic w t n e r te i logie we il n (Ph he sc on jüdi ts v r e d n hrhu a J e n, zu d te hr le n Ge he ic tl s hri d c n u d ir n w e b aab t h hör e es g rbriefe hese Ep t. Sie s n i e d r t wo s as fa r ve igt, e ng z u usleg . Die A f es d e Erb he sc logi heo t as n Theo te s influs ee h b n te s r es e e d d n En e eg g n) rie d n on Alexa lo v es r d se as fa r e r VVe e n d ne e e. d r tet wu i e rbr d, ve 2200 €€ 14 IISBN EEin zzu des d kartoniert Seiten, 173 8. 4,90 D 6 53382- - 525 3- - N 978 se i ne Re n e n Anfäng e d ms tu n te s s Chri 37070 Göttingen Ruprecht && andenhoeck VVandenhoeck Eduard Lohse christentum Das Ur Anfänge k auf die kblic Ein Rüc O az on N hte Jesu v ic h hne die Gesc r w e b n, aab e b e eg ht g ic m n tu n te s Chri te us? Un he a n Kirc he ic tl s hri r c e d u g m tu n te s hri as Urc hs d c n wu e ng Eduard Lohse .de .v-r www .de info@v-r gen as te es d t ä h h et r za e n die Anfäng he a ie s w n Bedin he lc r we e n? ra m he 004608 ZNT 21 19.03.2008 21: 14 Uhr Seite 16