eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 12/24

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2009
1224 Dronsch Strecker Vogel

Editorial

2009
Stefan Alkier
Kristina Dronsch
Manuel Vogel
Editorial des gekreuzigten Herrn her verstanden, so sieht Barth sie, Bonhoeffer nicht unähnlich, im unhintergehbaren Gekommensein der Herrschaft Christi begründet. Die von Eckart Reinmuth treffend eingeleitete »Kontroverse« unternimmt den Brückenschlag von der Ethik der Bergpredigt zur Politik des Evangeliums: Der Neutestamentler François Vouga bestreitet der Bergpredigt ein unmittelbares Wirksamwerden in der Sphäre politischer Programme, betont aber die erhebliche politische Brisanz einer von der Bergpredigt geformten existentiellen Haltung, die ihr Bild vom Menschen aus der unbedingten Anerkennung der Person bezieht, liegen hier doch zugleich die Grundlagen offener, pluraler und universaler Gesellschaften zugrunde. Die Politikwissenschaftlerin Tine Stein sieht gar, über Vouga hinausgehend, im Reich-Gottes- Bezug der Bergpredigt den kritischen Impuls, der die im römischen Imperium essenzielle politische Funktionalisierung von Religion untergräbt und auf eine auch institutionelle Trennung beider Bereiche hinausläuft. Der damit gewonnene Standpunkt jenseits politischer Handlungszusammenhänge ist nun aber geeignet, die Politik auf ein humanes Menschenbild zu verpflichten. Der Beitrag des Kulturwissenschaftlers Thomas Macho zeigt in der Rubrik »Hermeneutik und Vermittlung« auf, dass sich die Rede von der Politik der Bergpredigt einer topologischen Ethik verpflichtet weiß, die sich als nicht kompatibel mit dem Prozess der Temporalisierung einer Ethik erweist, die den Ethikdiskurs der Moderne prägt. Der Buchreport stellt eine aktuelle Monographie vor, die wichtige Stationen der Auslegung der Bergpredigt von der Antike bis zur Gegenwart behandelt und damit beispielhaft die steigende Bedeutung der Rezeptionsgeschichte für das Verständnis des Neuen Testaments dokumentiert. Wir hoffen, dass die Aufsätze des aktuellen Heftes der ZNT zu einem neuen Verstehen jener unerschöpften und uneinholbaren Rede Jesu beitragen, und wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre. Stefan Alkier Kristina Dronsch Manuel Vogel Liebe Leserinnen, liebe Leser, das vorliegende 24. Heft der ZNT, das die Bergpredigt zum Thema hat, ist einmal mehr interkonfessionell, interdisziplinär und international besetzt. Die den Aufsätzen beigegebenen Kurzbiographien unserer Autorinnen und Autoren sprechen für sich und seien zur interessierten Lektüre empfohlen. Aber auch inhaltlich und methodisch decken die Beiträge dieses Heftes ein breites Spektrum ab: Martin Leutzsch spitzt in seinem forschungsgeschichtlich fundierten Beitrag Themen der aktuellen Matthäusforschung auf die Bergpredigt - die Bergrede, wie er lieber sagt - zu und skizziert mehrere sozialgeschichtlich wichtige Fragestellungen. Besondere Aufmerksamkeit widmet er der Frage, ob und wie die Bergpredigt zu antiken Konstruktionen von Männlichkeit ins Verhältnis gesetzt werden kann. Zumal für die Rubrik »Neues Testament aktuell« ist sein Beitrag ein Gewinn, weil er zu einzelnen Versen der Bergpredigt detaillierte Vorschläge für weitere sozialgeschichtliche Forschungen macht. Daran schließt der Beitrag von Moisés Mayordomo an und ergänzt die Bergpredigt um die ethische Perspektive, zunächst anhand instruktiver Beispiele aus der bewegten Auslegungsgeschichte der Bergpredigt von Augustin bis zu den Täufern. Ohne die theologischen und literarischen Bezüge aus den Augen zu verlieren, skizziert er daran anschließend Wege zu einer Tugendethik der Gewaltvermeidung. Ansgar Wucherpfennig hingegen insistiert auf der theologischen Bedeutung Jesu als des Sohnes Gottes für das Verständnis der Bergpredigt, bindet aber darüber hinaus das vollmächtige Wort des Bergpredigers gleichermaßen konsequent in die Tradition der Tora Israels und des Glaubens der Kirche ein: Die Bergpredigt ist noch ganz Teil der jüdischen Tradition und bereits ganz Teil der kirchlichen. Einen anderen theologischen Akzent setzt Katherine Grieb, die uns mit der Bergpredigt-Auslegung Karl Barths eine eindrucksvolle Gegenstimme zu Lektüren in Erinnerung ruft, die in augustinischer Tradition zwischen der teilweisen oder gänzlichen Unerfüllbarkeit der Bergpredigt abwägen. Hatte Bonhoeffer die Bergpredigt vom unbedingten Ruf ZNT 24 (12. Jg. 2009) 1 072209 ZNT 24 Inhalt 22.09.2009 14: 13 Uhr Seite 1