eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 13/26

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
2010
1326 Dronsch Strecker Vogel

Editorial

2010
Stefan Alkier
Eckart Reinmuth
Manuel Vogel
Editorial Verse deutlich, in welchem Maße gewichtige theologische Interessen - in diesem Fall: reformatorische und humanistische wider die römischen - auf die Arbeit des Übersetzens einwirken, ja, sie überhaupt veranlassen. Die Kontroverse zwischen Stefan Schorch und Adrian Schenker hat eine Grundsatzfrage von erheblicher Tragweite zum Gegenstand, die man zugespitzt so formulieren kann: Müssen wir unser »Altes Testament« durch ein ganz anderes Buch ersetzen, nämlich die griechische Bibel, eben jenes Textcorpus, auf das sich durchgängig auch die neutestamentlichen Schriften beziehen? Beide Beiträge diskutieren diese Frage mit gewichtigen philologischen Argumenten und formulieren zwei klar unterscheidbare Positionen. Den Beitrag unter der Rubrik »Hermeneutik und Vermittlung« bestreitet Stefan Alkier mit Überlegungen zu einer »Ethik der Übersetzung in den Bibelwissenschaften«. In Auseinandersetzung mit wichtigen Übersetzungskonzepten seit der Väterzeit entwickelt er interpretationsethische Grundentscheidungen, die die Extreme »Werkherrschaft des Autors« und »Willkür der Leser« vermeiden, zugleich aber beiden Seiten zu ihrem Recht verhelfen. Der Buchreport aus der Feder von Marco Frenschkowski resümiert die stellenweise überaus kontrovers geführte Debatte um die »Bibel in gerechter Sprache« von einem eigenen kritischen Standpunkt aus, gleichwohl differenziert und ausgewogen urteilend. Bemerkenswert ist sein Plädoyer, bei aller Kritik auch Freundlichkeit walten zu lassen. Im Haus der Sprache gibt es viele Wohnungen. Streit gibt es in vielen von ihnen, Stillstand aber in keiner, am wenigsten dort, wo Menschen miteinander an der Übersetzung der Bibel arbeiten. In diesem Sinne hoffen wir, liebe Leserin und lieber Leser, dass Sie die Lektüre dieses Heftes in Bewegung versetzt. Stefan Alkier Eckart Reinmuth Manuel Vogel Liebe Leserin, lieber Leser, so manche Lebenskrise stellt sich ein, wenn das lang ersehnte, mit Hingabe geplante und teuer finanzierte Einfamilienhaus endlich fertig ist. Ist erst die letzte Diele verlegt, die letzte Wand verputzt und auch der Rasen im kleinen Garten makellos dicht und grün, kann ein mulmiges Gefühl des Stillstands aufkommen. Soll’s das jetzt gewesen sein? Die dagegen »im Haus der Sprache wohnen« (Karl Kraus), bewohnen ihr Leben lang eine Baustelle, arbeiten an etwas, das niemals fertig wird. Das gilt erst recht für die zahlreichen Bibelübersetzungen, die im Laufe der Jahrhunderte in Angriff genommen wurden. Sprache hält in Bewegung, die Sprache der Bibel zumal. Die Beiträge dieses 26. Heftes der ZNT zeigen auf je eigene Weise, dass das Übersetzen der Bibel zu allen Zeiten ein mühsames, anfechtbares, niemals endgültiges und deshalb auch niemals endendes Unternehmen war und ist. In der Rubrik »Neues Testament aktuell« vermittelt Ute Eisen in einem weit gespannten Bogen von vorreformatorischen Teilübersetzungen bis hin zur »Bibel in gerechter Sprache« einen lebendigen Endruck »[v]om schwierigen und unendlichen Geschäft des Bibelübersetzens«. Günter Röhser ergänzt die historische Perspektive im ersten Beitrag der Rubrik »Zum Thema« um fundierte Überlegungen zu Theorie und Methode des Übersetzens und erarbeitet nachvollziehbar und begründet »Kriterien einer guten Bibelübersetzung«, die die Fremdheit des Ausgangstextes ebenso berücksichtigen wie die geforderte Verständlichkeit der Übersetzung. Nicht um Verständlichkeit, sondern um Verständigung geht es Francesca Albertini, Stefan Alkier und Ömer Özsoy in ihrem gemeinsamen Projekt »Hermeneutik, Ethik und Kritik Heiliger Schriften in Judentum, Christentum und Islam«. Es zeigt sich, dass die hermeneutischen Probleme der Bibelübersetzung analog auch dort anstehen, wo nicht zwischen Ausgangs- und Zieltext, sondern zwischen dem gültigen Wort Gottes und der Perspektivität menschlicher Sprache innerhalb der je verschiedenen Kommunikationszusammenhänge der drei monotheistischen Religionen zu vermitteln ist. Charlotte Methuen befasst sich mit der Entstehungsgeschichte der Luther-Übersetzung, beleuchtet die historischen Hintergründe und macht anhand ausgewählter ZNT 26 (13. Jg. 2010) 1 074910 ZNT 26 - Inhalt 22.09.10 14: 14 Uhr Seite 1