eJournals Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa) 4/1

Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa)
2366-0597
2941-0789
Francke Verlag Tübingen
2019
41 Fischer Heilmann Wagner Köhlmoos

Wissen – Können – In der Lage sein

2019
Hannes Bezzel
Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 4 -2019, Heft 1 Wissen - Können - In der Lage sein Ein Repetitorium für das Fach Altes Testament Hannes Bezzel As a form of interconnected thinking, review courses are offered in the specific disciplines of Protestant theology, taken by students in order to study for their final examinations. The aim of these sessions is exam preparation. In his article, the author introduces an educational concept in which the interconnection of scientific contents takes place focusing on each exam’s individual requirements. 1 Voraussetzungen: Hauptstudium und Integrationsphase Nicht erst seit der Modularisierung des Theologiestudiums stellt das Erste Theologische Examen oder, etwa am Standort Jena, die Diplomprüfung, eine besondere, nicht selten angstbesetzte Herausforderung für die Studierenden dar. Während insbesondere das Hauptstudium darauf ausgelegt ist, theologische Kompetenz durch exemplarische Vertiefung von Einzelthemen zu erarbeiten, und im Rahmen von Modulprüfungen kurzfristig erlerntes Spezialwissen verlangt wird, ist beim Ersten Theologischen Examen auf einmal Überblickswissen und die Fähigkeit zur Vernetzung unterschiedlicher Themengebiete gefragt. Gefordert sind nun, nicht nur, aber auch, andere Kompetenzen, als sie bisher für den Erwerb von Leistungsnachweisen nötig waren. Um diesen wichtigen Schritt in der Bildungsbiographie der Studierenden zu begleiten und zu unterstützen, werden seit langem an den Theologischen Fakultäten Repetitorien in den einzelnen Disziplinen angeboten. Vor der ‚Durchmodularisierung‘ des Theologiestudiums ließ sich deren idealer Sitz im Studienleben relativ leicht bestimmen. 42 Hannes Bezzel Die Zeit zwischen dem Stadium relativer ‚Scheinfreiheit‘ und dem Zeitpunkt X der Examensklausuren wurde im Allgemeinen mit 15 bis 18 Monaten taxiert. Dieser Vorbereitungszeitraum ließ sich sinnvoll in eine Erarbeitungsphase von neun bis zwölf Monaten und eine intensive Lernphase von etwa sechs Monaten aufteilen. Demnach konnte man für das persönliche Projekt ‚Examen‘ die Wegmarken ‚Scheinfreiheit‘ mit X minus 15 Monaten und Abschluss der Erarbeitungsphase mit X minus 6 Monaten definieren. Dieser Zeitraum bestimmte gleichzeitig das Fenster für den Besuch von Repetitorien. Mit der Modularisierung des Theologiestudiums haben sich diese systemischen Voraussetzungen, die im Kopf der einen oder anderen Dozentin und des einen oder anderen Prüfers noch präsent sein mögen, nicht unwesentlich geändert. Vorgesehen ist nun bekanntlich eine Integrationsphase von zwei Semestern, die dazu dienen soll, „die während des Grund- und Hauptstudiums gewonnenen Einsichten zu einem fächerübergreifenden Zusammenhang [zu HB ] verdichten“ 1 . Diese Formulierung der Rahmenordnung beschreibt konzis die oben genannte Aufgabe der Repetitorien. 2 Der Unterschied zur Situation in vormodularisierten Zeiten liegt nun freilich einmal darin, dass die Examenszeit im modularisierten Korsett auf zwölf Monate terminiert wird. Zum anderen - und das ist gravierender - ist diese Integrationsphase nicht mehr die Anzahl der Monate n bis zu einem Prüfungszeitpunkt X , sondern umfasst bereits, auch wenn dies in der Rahmenordnung des Fakultätentags nicht explizit ausgeführt wird, „die Wissenschaftliche Hausarbeit, Klausuren und mündliche Prüfungen“ 3 . Das bedeutet, zumindest konzeptionell, eine deutliche Verdichtung der Vorbereitungsphase auf das Examen. Dem sollte bei der Durchführung von Examensprüfungen ebenso wie bei der Bewertung von Prüfungsleistungen, aber auch bei der Konzeption eines Repetitoriums Rechnung getragen werden. Erarbeitungs- und Lernphase sind also enger aneinander oder ineinander gerückt. Daraus ergeben sich Konsequenzen im Repetitorium sowohl hinsichtlich des Materials als auch der Methoden. Beides ist noch stärker als früher auf die konkrete Prüfungssituation auszurichten. Ein - zumindest der Theorie nach - kürzerer Anlaufweg zum Examen bedeutet freilich nicht, dass das ‚Schreckenspotential‘ der Abschlussprüfung für 1 EKD, Rahmenordnung, 1, Satz 3, https: / / www.kirchenrecht-ekd.de/ document/ 10479. Letzter Zugriff: 14. Dezember 2018. 2 Unbeschadet des betonten „fächerübergreifenden Zusammenhang[s]“ zielt die aktuelle Prüfungspraxis im Examen nach wie vor auf disziplininternes Fachwissen ab. An dieser gängigen Praxis orientiert sich auch das vorliegende Konzept. Mit dieser Problematik beschäftigt sich Lehnert, Theologische Dimension, 55-72, in dieser Ausgabe. 3 EKD, https: / / www.das-volle-leben.de/ der-beruf/ theologie-studieren.php. Letzter Zugriff: 14. Dezember 2018. Wissen - Können - In der Lage sein 43 Studierende dadurch abgenommen hätte. Aus meiner subjektiven Lehr- und Prüfungserfahrung der vergangenen Jahre ergibt sich vielmehr das - empirisch nicht belegbare - Bild einer zunehmenden Verunsicherung, was die Selbsteinschätzung der eigenen Kompetenzen mit Blick auf die anstehende Examenssituation anbelangt. Diese Verunsicherung artikuliert sich auf zweierlei Weise: Zum einen ist eine gewisse Selbstüberschätzung einiger - weniger - Studierender zu beobachten, die aus ihren bisherigen guten Studienleistungen auf ein erfolgreiches Abschneiden im Examen auch ohne intensive zusätzliche Anstrengungen schließen - ob dies eine Folge modularisierten Denkens ist, sei dahingestellt. Zum anderen aber, und weit häufiger, begegnet der Fall übertriebener Verunsicherung und Verzagtheit bis hin zu Prüfungsangst, die in einer Art ‚Kaninchen-und-Schlange-Syndrom‘ nicht nur in der Prüfungssituation selbst, sondern bereits im Vorfeld zu einer Blockade führen kann, die den Betroffenen Lernen, Erarbeiten oder Vernetzen von Themen unmöglich macht. Diese Einschätzung freilich betrifft alle theologischen Disziplinen gleichermaßen. Im Fach Altes Testament kommen die gefühlte Stoffmenge, die Angst vor ungenügenden Hebräischkenntnissen und die Sorge hinzu, sich angesichts der laufenden Diskussion um exegetische Methodik und der im Fach nicht immer unpolemisch geführten Debatte um Forschungspositionen als Prüfling ‚falsch‘ zu positionieren. Diese Rahmenbedingungen bedenkend, gilt es die Ziele zu bestimmen, die sinnvollerweise in einem alttestamentlichen Repetitorium verfolgt werden sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den einzelnen Landeskirchen die Prüfungen im Ersten Theologischen Examen, speziell im schriftlichen Teil, durchaus unterschiedlich gehandhabt werden. Während etwa in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern - derzeit - die innerhalb von vier Stunden anzufertigende Klausur aus Übersetzung, Exegese und kurzem thematischen Essay besteht, werden an der Friedrich-Schiller-Universität Jena im gleichen Zeitraum eine Übersetzung und eine thematische Abhandlung verlangt - es gibt keinen eigenen exegetischen Teil. In Heidelberg dagegen ist die Klausur Hannes Bezzel, *1975, Schreinerlehre 1994-97; Studium der evangelischen Theologie in Göttingen, Zürich und München 1997-2003, Promotion 2007 (Göttingen, Die Konfessionen Jeremias ), Juniorprofessor für Altes Testament Jena 2010, Habilitation 2014 ( Jena, Saul. Israels König in Tradition, Redaktion und früher Rezeption ), 2015 Ruf auf die Professur für Altes Testament an der FSU Jena. 44 Hannes Bezzel ebenfalls dreigeteilt - aber in der Fragestellung wesentlich feiner gegliedert. Die Kandidatinnen und Kandidaten haben hier nach der Übersetzung zunächst zwei eng textbezogene Fragen zu beantworten, dann vier aus sechs „Thematische[n] Fragen“ 4 aus den Bereichen Einleitungswissen, Geschichte Israels, Theologie und Methodik auszuwählen und schließlich in einem dritten Teil einen Kurzessay oder eine Kurzexegese zu erarbeiten. In der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche von Westfalen ist ferner ein Gesamtentwurf einer Theologie des Alten Testaments 5 Gegenstand der Prüfung. Für die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung ist ferner zu berücksichtigen, ob in ihr lediglich ein Spezialthema oder auch Allgemeinwissen verlangt wird. Es ist offensichtlich, dass jedes dieser Prüfungsmodelle eine zumindest leicht modifizierte Art der Prüfungsvorbereitung erfordert. 2 Wissen - Können - In der Lage sein: Ziele des Repetitoriums Globalziel eines Repetitoriums ist selbstverständlich, die teilnehmenden Kandidatinnen und Kandidaten dazu zu befähigen, das Erste Theologische Examen erfolgreich zu absolvieren. Daher ist die Planung der Lehrveranstaltung an die jeweils gültigen Prüfungsordnungen anzulehnen. Im Fach Altes Testament sind dafür - unabhängig von der jeweils konkreten Durchführung der Prüfung - zum einen Sachkompetenz erforderlich, ferner Übersetzungskompetenz, drittens Methodenkompetenz und viertens die Fähigkeit, gelerntes Wissen zu vernetzen, auf eine Fragestellung hin zu bündeln und - mündlich wie schriftlich - zusammenhängend in einer Prüfungssituation zum Ausdruck zu bringen. Diese sich teils überlappenden Kompetenzbereiche lassen sich vielleicht sinnvoller in drei Zielebenen einteilen, die im Folgenden als ‚1. Wissen‘ - ‚2. Können‘ - ‚3. In der Lage sein‘ beschrieben werden: ‚ 1. Wissen ‘ ist dabei selbsterklärend: Ziel einer 90-minütigen, einsemestrigen Lehrveranstaltung kann es dabei freilich nicht sein, das komplette Fachwissen zu vermitteln oder auch nur anzusprechen, welches jede/ r Kandidat/ in der Theologie für das Examen parat halten muss. Eine derartige Erwartungshaltung kann seitens der Studierenden sowie der Dozierenden nur zu Frustrationserfahrungen führen. Aufgabe der oder des Dozierenden ist es aber gleichwohl, die Studierenden beim Bündeln, Wiederaufrufen, Ergänzen und Vernetzen von Fachwissen zu unterstützen. Am Ende des Semesters sollten die Studierenden 4 Ich beziehe mich hier auf die mir vorliegenden Heidelberger Examensthemen der Jahre 2011-2015. 5 Gedacht ist hier vermutlich (in meiner Jenaer Repetitoriumspraxis hatte ich mich bislang noch nicht mit den Prüfungsmodalitäten im Rheinland und Westfalen zu beschäftigen) an neuere Werke wie Kaiser, Gott; Rogerson, Theology; Jeremias, Theologie. Wissen - Können - In der Lage sein 45 fähig sein, das in Eigenarbeit konzentrierte und idealerweise im Rahmen einer privaten Arbeitsgruppe besprochene Fachwissen direkt in die Lernphase zu überführen, die ohne weiteres Literaturstudium zu bestehen sein sollte. ‚ 2. Können ‘ soll in diesem Zusammenhang die Fähigkeiten meinen, die in der mündlichen sowie der schriftlichen Prüfungssituation gefragt sind. Dies sind im Einzelnen: 1. Übersetzen aus dem Hebräischen; 2. Anwenden des exegetischen Methodenkanons; 3. Schreiben eines Essays; 4. Reagieren auf direkte Befragung in einer mündlichen Prüfungssituation; sowie, vielleicht zunächst in diesem Zusammenhang überraschend, aber nichtsdestoweniger in der Prüfung ebenso wichtig wie trainierbar, 5. Umgang mit Wissenslücken. 6 Dieser letzte Punkt leitet bereits zum dritten Hauptziel über, dem ‚ 3. In der Lage sein ‘. Damit soll die Aufgabe des Repetitoriums angesprochen werden, die oben genannten möglichen hemmenden psychischen Barrieren anzugehen und dazu beizutragen, in der Prüfungssituation mit einem realistisch begründeten Selbstvertrauen an- und aufzutreten. Auch hier sind die Grenzen klar zu benennen: Ein Repetitorium kann keine Therapie gegen Prüfungsangst sein oder ersetzen. Diese Problematik ist im Rahmen der entsprechenden Angebote beispielsweise der psychosozialen Beratungsstellen der Studierendenwerke anzugehen. Es liegt allerdings auch in der Verantwortung des oder der Dozierenden, eine entsprechende mögliche Indikation wahrzunehmen und die Betroffenen möglichst frühzeitig darauf hinzuweisen. Was im Rahmen des Repetitoriums dagegen bearbeitet werden kann und soll, sind die oben angesprochenen Ängste ‚im üblichen Rahmen‘ vor der Fülle des Stoffes, vor der hebräischen Sprache und vor dem Versagen in der Prüfungssituation. 3 Inhalte Wenn es das Ziel des Repetitoriums ist, Studierende auf ein erfolgreiches Absolvieren des Examens vorzubereiten, so ist klar, dass der Inhalt dieser Lehrveranstaltung durch die Prüfung definiert wird. Freilich lässt sich hier differenzieren. Die Erfahrung als Prüfer zeigt, dass es, je nach Prüfungsordnung, drei bzw. vier Kompetenzbereiche sind, die über Erfolg oder Misserfolg einer Examensleistung entscheiden. Diese sind 1. die Fähigkeit, aus dem Hebräischen zu übersetzen; 2., sofern das gefordert ist, eine sichere Beherrschung der exegetischen Methodenschritte; 3. solide bibelkundliche Kenntnisse, und 4. fachliches Grundwissen aus den drei Bereichen Einleitung , Geschichte Israels und Theologie des Alten Testaments . Auch wenn im Prüfungsgeschehen diesen Bereichen nahezu gleiches 6 Vgl. dazu den Abschnitt zum worst case bei Brouwer, Repetitorium, 201-204. 46 Hannes Bezzel Gewicht zukommt, kann doch im Rahmen des Repetitoriums nicht auf alle in der gleichen Weise und Intensität eingegangen werden. Das ist auch gar nicht nötig. Bibelkundewissen sowie Hebräischkenntnisse und exegetische Fertigkeiten können in der Examensphase nicht mehr neu erarbeitet werden. Es muss davon auszugehen sein, dass sie den Studierenden in reaktivierbarer Form zur Verfügung stehen, im Falle der Bibelkunde und Sprachkenntnisse etwa in Form von Lern- und Vokabelkarten. Hier liegt die Aufgabe für die Dozierenden in erster Linie in der ‚Paränese‘: An die Bedeutung beider, Bibelkunde und Hebräisch, ist kontinuierlich mahnend zu erinnern. Ein solider Grundwortschatz sowie ein auch thematisch orientiertes Bibelkundewissen 7 muss den Kandidatinnen und Kandidaten in der Prüfung präsent sein. Beider ‚Sitz im Leben‘ im Rahmen der Prüfungsvorbereitung ist aber in erster Linie das Selbststudium und die private Lerngruppe. 8 Ähnliches gilt für die exegetischen Methoden. Sie können im Repetitorium nicht in extenso besprochen werden. Was aber in diesem Rahmen unbedingt zu thematisieren ist, ist die Frage, auf welche Art sie etwa im exegetischen Teil einer Examensklausur angewandt werden. Inhalt des Repetitoriums sind also nicht Bibelkunde, Hebräisch und exegetische Methoden, sondern die möglichst erfolgreiche Anwendung aller drei in der Prüfungssituation. Diese technischen Fertigkeiten können und sollen im Rahmen der Lehrveranstaltung trainiert werden. Idealerweise sollte dies aber möglichst wenig im Kontext der kostbaren wöchentlichen 90 Minuten Seminarzeit geschehen, sondern durch regelmäßige Übersetzungshausaufgaben und auf jeden Fall mehrere, ebenfalls in Heimarbeit und unter Ernstfallbedingungen zu erstellende Übungsexegesen, die von den Dozierenden schriftlich zu korrigieren und zu kommentieren sind. 9 Zeigen sich bei der Korrektur grundlegende Missverständnisse der exegetischen Methodenschritte oder Lücken in der hebräischen Grammatik, so können diese durch kurzen gezielten Input in der Lehrveranstaltung selbst, etwa zum Unterschied von ‚Traditionsgeschichte‘ und ‚Überlieferungsgeschichte‘ 10 oder zum hebräischen Schwursatz, geklärt werden. 7 Unter den zahlreichen Bibelkunden, die aktuell auf dem Markt sind, halte ich Preuß/ Berger, Bibelkunde 1, in diesem Sinne für am besten nutzbar. Hier werden zu den jeweiligen biblischen Büchern unter der Überschrift Themen immer genau die Querverweise aufgezeigt, die für die Bearbeitung eines theologisch ausgerichteten Examensthemas wichtig sind. Für einen aktuellen Überblick über unterschiedliche Lehrbücher vgl. Hopf, Bibelkenntnis, 29-31. 8 Vgl. Hopf, Bibelkenntnis, 39. 9 Das bringt, zugegebenermaßen, einen nicht geringen Arbeitsaufwand für die Dozierenden mit sich, hat sich aber als enorm effektiv erwiesen. Ähnlich ist der Vorschlag Hopfs, Kurzexegesen anfertigen zu lassen, die dann freilich in der entsprechenden Seminarsitzung präsentiert werden sollen (Hopf, Bibelkenntnis, 40). Man wird zu überlegen haben, wie viel der kostbaren wöchentlichen 90 Minuten man dafür veranschlagen möchte. 10 Ggf. ist ein ergänzender Hinweis auf Becker, Exegese, hilfreich. Wissen - Können - In der Lage sein 47 Den größeren Teil der inhaltlichen Arbeit wird das letzte Anforderungsdrittel beanspruchen, das Fachwissen. Hier liegt die Herausforderung darin, dass in der Regel im Examen einerseits ein überaus breites, andererseits in bestimmten Bereichen aber auch vergleichsweise tiefes Wissen gefordert wird. Die Aufgabe des Repetitoriums liegt hier darin, zu sortieren, zu gewichten und zu orientieren - in der Breite sowie in der Tiefe. Es ist zwar nicht immer so, dass sich Prüferinnen und Prüfer ausschließlich an der 2011 vom Fakultätentag beschlossenen „Übersicht über die Gegenstände des Studiums der Evangelischen Theologie“ 11 orientieren, aber diese stellt doch eine gewisse Richtschnur des Erwartbaren dar. Die dort genannten Bereiche, speziell die aufgelisteten biblischen Bücher, bieten gewiss in mehrerlei Hinsicht Anlass zur inhaltlichen theologischen Kritik. Prüfungspositivistisch ist aber schlicht festzustellen, dass dort explizit die Rede ist von „Pentateuch (v. a. Gen, Ex, Dtn), Prophetie (v. a. Jes, Jer, Ez, Am, Hos, Sach) und Schriften (v. a. Ps, Hiob, Koh)“ 12 . Freilich heißt es einen Spiegelstrich vorher, dass auch die „Geschichte der alttestamentlichen Literatur in ihrer altorientalischen Umwelt (Einleitung)“ bekannt sein sollte - und das heißt, streng genommen, alles - aber de facto ist es schlicht so, dass die Wahrscheinlichkeit, in einer alttestamentlichen Examensklausur mit einem Thema zu Chr, Esr und Neh konfrontiert zu werden, deutlich geringer ist, als nach dem sogenannten Deuteronomistischen Geschichtswerk gefragt zu werden, dass das Jesajabuch höhere Prüfungsrelevanz als Nahum oder Zephanja hat, und dass eine detaillierte Kenntnis des Deuteronomiums wichtiger als eine des Buches Levitikus ist. Die Prüfungsökonomie gebietet es geradezu, dem in der individuellen Vorbereitung sowie im Repetitorium Rechnung zu tragen. Dieser Auswahl aus der Breite des Fachs korrespondieren thematische Vertiefungen und Schwerpunktsetzungen zu bestimmten relevanten Themen. Mehr als bei allem bisher Genannten ist hier die auswählende Hand und das Gespür der oder des Dozierenden gefragt. Einleitungswissen lässt sich zur Not auch ausschließlich in Selbststudium und Arbeitsgruppe mit Hilfe der gängigen und zum Teil hervorragenden Einleitungsliteratur 13 erwerben - für die Auswahl der 11 Rat der Ev. Kirche in Deutschland, Übersicht; veröffentlicht im Amtsblatt der EKD 66 (2012), 359-361, online einzusehen etwa unter Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland, https: / / www.kirchenrecht-nordkirche.de/ pdf/ 25950.pdf � Letzter Zugriff: 14. Dezember 2018. 12 Ev. Kirche in Deutschland, Übersicht. 13 Persönlich empfehle ich die Arbeit mit Gertz u. a., Grundinformation, und additiv die Lektüre von entweder Zenger, Einleitung; Dietrich u. a., Entstehung, oder Römer u. a., Einleitung. Begleitend dazu kann für das Selbststudium Brouwer, Repetitorium, von großem Nutzen sein. Das Buch bietet inhaltlich eine gute Zusammenfassung vor allem des Einleitungswissens. Da es seinem Wesen nach bereits die Komprimierung einer Komprimierung ist, sollte es aber nicht als einziges Lehrbuch für die Vorbereitung herangezogen werden. 48 Hannes Bezzel tiefergehenden Themen ist die Begleitung durch eine Lehrperson mit Prüfungserfahrung vielleicht nicht unabdingbar, aber doch hoffentlich hilfreich. In der konkreten Durchführung bedeutet dies, dass der ausgewählte Bereich des Flächenwissens auf 12 bis 13 Einheiten 14 zu verteilen ist und jeweils mit einem passenden Tiefenthema korreliert wird, dessen Relevanz sich aus der Auswertung früherer Examensthemen, eigener Prüfungserfahrung, der aktuellen exegetischen und theologischen Diskussion sowie dem persönlichen Gefühl ergibt. Tabelle 1 zeigt ein Beispiel nach dem Muster der von mir im Sommersemester 2017 durchgeführten Veranstaltung. Thema der Sitzung Thematische Essays Geschichte Israels I Die Frage der Historizität von Mose, Exodus, Landnahme Geschichte Israels II Probleme der Geschichtsschreibung der Perserzeit Pentateuch I: Probleme, Ältere Forschung, Neuere Urkundenhypothese Bundestheologie im Alten Testament Pentateuch II: Rechtstexte und Dtn Der Dekalog Pentateuch III: P und Neuere Entwürfe Die Priesterschrift Geschichtsbücher I: DtrG Menschliches Königtum und Königtum Gottes Hintere Propheten I: Jes Die Entstehung des Monotheismus Hintere Propheten II: Jer Das Problem der Gerichtsprophetie Hintere Propheten III: Ez; XII (besonders Am, Hos, Hag und Sach) Prophetische Kult- und Sozialkritik Psalmen Schöpfung und Anthropologie Weisheit Eine Krise der Weisheit? Dan und Apokalyptik Tod und Auferstehung im AT Tab. 1: Korrelation von Grundwissen und Vertiefungsthemen im Repetitorium 14 Ein wenig Flexibilität ist angesichts unterschiedlicher Semesterzeiten erforderlich. Zudem sollte mit ein wenig ‚Verschnitt‘ kalkuliert werden: Irgendeine Sitzung wird mit ziemlicher Sicherheit ausfallen oder für überraschend auftretenden Diskussions- oder Erklärungsbedarf geopfert werden müssen. Außerdem sollte eine ganze Sitzungseinheit ausschließlich für konkrete Prüfungsfragen vorgemerkt werden. Wissen - Können - In der Lage sein 49 4 Methoden Diese Zweizügigkeit im Aufbau, die sowohl auf Überblickswissen als auch auf vertiefte Kenntnisse in zentralen Feldern ausgerichtet ist, lässt, verbunden mit dem Anspruch, die für die Prüfung zentralen drei Kompetenzbereiche Wissen-- Können - In der Lage sein zu fördern, die Frage nach geeigneten Methoden für die Durchführung des Repetitoriums aufkommen, noch dazu, wenn dabei an eine 90-minütige Lehrveranstaltung gedacht wird. Für zwei Wochenstunden in einem Semester wirkt das inhaltliche Programm auf den ersten Blick - und vielleicht auch auf den zweiten - durchaus ambitioniert. Es ist offensichtlich, dass es nicht sinnvoll zu bewältigen ist, wenn erwartet wird, dass die Wissensinhalte im Rahmen der wöchentlichen Sitzungen primär vermittelt werden. Diesem Missverständnis, das gelegentlich bei Studierenden in Form einer gewissen Konsumentenhaltung und bei Dozierenden in Form eines gewissen Hangs zum Frontalunterricht begegnet, sollte bereits in der Ankündigung der Lehrveranstaltung im Vorlesungsverzeichnis gewehrt werden. Stattdessen ist auf eine Methodik zurückzugreifen, die sich an das anlehnt, was seit einigen Jahren unter dem Stichwort „Inverted Classroom“ 15 firmiert: Das inhaltliche Wissen ist mithilfe der bereitgestellten oder vorausgesetzten Literatur im Selbststudium zu erarbeiten und idealerweise in der privaten Examensarbeitsgruppe zu besprechen. In der Repetitoriumssitzung selbst erfolgt keine Wiederholung des Bekannten durch die Lehrperson in Form einer Art Vorlesung, sondern die gemeinsame Vertiefung, die Klärung von Fragen und die Vernetzung der selbständig erarbeiteten Wissensbausteine. Anders formuliert: Von den drei Aktionsformen des a) darstellenden Lehrens, des b) zusammenwirkenden Lehrens und des c) Aufgaben stellenden Lehrens 16 tritt im Repetitorium die Variante a) zugunsten von b) und c) tendenziell zurück - ohne ganz verbannt zu werden. Zentral für das vorliegende Konzept ist dabei die Praxis der von den Studierenden anzufertigenden Arbeitspapiere. 17 Sie dient zum einen dazu, den Spagat zwischen dem breiten Allgemeinwissen und dem vertieften Spezialwissen zu meistern. Zum zweiten bietet sie den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich be- 15 Vgl. hierzu Handke/ Sperl, Inverted Classroom, sowie zu konkreten Einzelfragen die diversen Tagungsbände der Inverted Classroom Konferenz . 16 Zu dieser Einteilung vgl. Böss-Ostendorff/ Senft, Einführung, 216-219. 17 Das im Folgenden dargelegte Konzept von Arbeitspapieren habe ich, wie auch die meisten anderen methodischen Ideen, als Teilnehmer im Repetitorium Praktische Theologie im Sommersemester 2001 an der Evangelisch-theologischen Fakultät der LMU München kennengelernt, das von Traugott Roser (jetzt Münster) und Renate Zitt (jetzt Darmstadt) geleitet wurde. Damals habe ich diese Form des Arbeitens als außerordentlich produktiv und effektiv kennengelernt. Beiden, Traugott Roser und Renate Zitt, gilt mein tief empfundener Dank. 50 Hannes Bezzel reits während der Erarbeitungsphase ein potentielles Schwerpunktgebiet für die mündliche Prüfung zu erarbeiten. Zum dritten trägt sie dem Prinzip des Lernens durch Lehren Rechnung und ist dadurch gut dafür geeignet, eigene Verständnisschwierigkeiten aufzudecken und zu benennen. Konkret besteht diese Methode darin, dass die in Tabelle 1 unter Thematsiche Essays aufgelisteten Bereiche vertieften Themenwissens durch die an der Lehrveranstaltung teilnehmenden Studierenden in Form von Arbeitspapieren für die gesamte Gruppe erarbeitet werden. Der individuelle Arbeitsaufwand richtet sich dabei nach der Gruppengröße. Bei größeren Gruppen mag es vorkommen, dass einzelne Themen geteilt und zu zweit behandelt werden. In meiner Praxis reichen die vorhandenen Wochen in der Regel dafür aus, jede und jeden - mindestens - ein eigenes Papier erstellen zu lassen, wenn nicht zwei oder sogar drei. Damit ist für die Teilnehmenden ein nicht unerheblicher Arbeitsaufwand verbunden; gleichwohl ist es wichtig, möglichst nicht auf die Ausarbeitungen zu einzelnen Themen verzichten zu müssen, stellen diese doch einen wichtigen Teil der Erarbeitung des Lernstoffes dar. Ihr Hauptziel ist es, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Repetitoriums anhand ihrer Ausarbeitungen die behandelten Bereiche direkt in die Lernphase überführen können. Das heißt, es ist darauf zu achten, dass die Texte nicht in Stichpunkten, sondern in verständlichen ganzen Sätzen abgefasst sind, die zentralen Aspekte des jeweiligen Themas umfassen und eine maximale Länge von zehn Seiten (einschließlich der Bibliographie) nicht überschreiten. Die Gliederung wird sich nach dem jeweiligen Thema richten. Grundsätzlich sollen zentrale Bibelstellen genannt werden, ein kleiner forschungsgeschichtlicher Überblick erfolgen und aktuelle Positionen und Fragestellungen sowie Querverbindungen zu anderen Themenbereichen genannt werden. Im Idealfall sollten abschließend eigene Fragen zum Thema formuliert werden. Diese können dazu dienen, sich selbst darüber klarzuwerden, ob verstanden worden ist, worin die in der neueren Fachdiskussion behandelte Problematik eigentlich jeweils liegt. Ein Beispiel wäre etwa die Frage: ‚Wo liegen die methodischen und hermeneutischen Differenzen in der jüngeren Diskussion um die Entstehung der Gerichtsprophetie in Israel - und warum wird diese Debatte so intensiv geführt? ‘ Diese Arbeitspapiere sind allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Repetitoriums rechtzeitig zugänglich zu machen. Es hat sich bewährt, abgesehen von der ersten bzw. zweiten Sitzung, die Papiere bis spätestens eine Woche vor der Behandlung des entsprechenden Themas auf der eLearning-Plattform der Universität bereitstellen zu lassen. In der Praxis bedeutet das sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrperson einen nicht unerheblichen Aufwand an Arbeit, im zweiten Fall vor allem an Koordination. Geeignete Literatur in ausreichendem, aber nicht übertriebenem Maß ist rechtzeitig bereitzustellen; Wissen - Können - In der Lage sein 51 für das eine oder andere Thema wird es sinnvoll sein, mit den betreffenden Studierenden vorab die Gliederung und womöglich auch erste Entwürfe vorzubesprechen. 18 Als Literaturgrundlage eignet sich eine Kombination aus geeigneten Lexikonartikeln (TRE, RGG und WiBiLex) mit ausgewählten Schlüsselpublikationen und Forschungsüberblicken in Zeitschriften oder Sammelbänden und, in sehr überschaubarem Maße, Zusammenfassungen aus Monographien. Im Seminar selbst soll dann auf der Grundlage des erarbeiteten Flächenwissens sowie der Arbeitspapiere die weitere Durchdringung und Vernetzung der Inhalte erfolgen. 19 Die bereits ausformulierten Anfragen können dabei eine wichtige Rolle einnehmen. Trainiert die Methode der Arbeitspapiere in erster Linie den Aspekt des Wissens und - mit Blick auf die Fähigkeit, ein komplexes Thema zu bündeln und zu elementarisieren - nachgeordnet den des Könnens , so tritt bei anderen Arbeitsformen in der Seminarsitzung selbst das In der Lage sein stärker in den Vordergrund, indem auch die Prüfungssituation selbst im Blick bleibt. Ziel ist ja nicht allein, etwas über das Alte Testament zu wissen, sondern dieses Wissen in einer konkreten und nach definierten Spielregeln ablaufenden Situation gattungsgerecht abrufen und anwenden zu können. Dies ist in hohem Maße trainierbar. In der Kleingruppe des Repetitoriums können und sollten daher beispielsweise konkrete Examensaufgaben, die das Thema der Sitzungseinheit berühren, besprochen werden. In Einzel-, Kleingruppen- und Plenumsarbeit kann anhand des Erstellens von Landkarten 20 oder Wissensbäumen der Weg vom ersten Schreck über die Themenstellung hin zur Gliederung des in der Klausur verlangten Essays geübt werden. Dadurch können mit geringem Aufwand Wissensbestände schnell sortiert und strukturiert und Querverbindungen zu Nachbarthemenbereichen erkannt und etabliert werden. Die Studierenden erfahren dabei, wie viel sie, womöglich entgegen ihrer Selbstwahrnehmung, bereits an Wissen und Können präsent haben - und wo noch Lücken bestehen, die es zu füllen gilt. Eine Methode, die dazu geeignet ist, kontroverse Positionen zu einzelnen Forschungsfragen zu verdeutlichen und zugleich das eigene Verständnis des 18 Das ‚Recyclen‘ von Arbeitspapieren aus Vorgängerkursen ist natürlich prinzipiell möglich und kommt in der Praxis auch hin und wieder vor, stellt m. E. aber kein großes Problem dar. Der Wert für die anderen Kursteilnehmer bleibt der gleiche, die Plagiatorin oder der Plagiator betrügt sich letztlich selbst um den Lernerfolg. Selbstbetrug kann durch die Dozierenden aufgedeckt und angesprochen, aber nicht verhindert und schon gar nicht sanktioniert werden. 19 Selbstredend sind in den Arbeitspapieren auftretende sachliche Fehler oder Missverständnisse anzusprechen und zu korrigieren. 20 Vgl. zur Metapher der Landkarte Böss-Ostendorff/ Senft, Einführung, 29. 52 Hannes Bezzel Themas zu hinterfragen, ist die der Podiumsdiskussion. Sie eignet sich nicht gleichermaßen für die Behandlung jedes Themas und für jede Gruppe. Da sie anspruchsvoll und in hohem Grad exponierend ist, erfordert sie nicht nur engagierte Teilnehmende, sondern setzt auch unbedingt voraus, dass die Seminargruppe einschließlich des Dozierenden für alle Beteiligten einen soweit möglich angstfreien Raum darstellt. Wie der Name schon sagt, geht es bei ihr darum, ein umstrittenes Thema - etwa die neuere Pentateuchdebatte oder die Diskussion um die Gerichtsprophetie - als fiktive Podiumsdiskussion prominenter Vertreterinnen und Vertreter darzustellen. Drei oder vier Studierende aus dem Repetitorium machen sich dabei jeweils eine prägnante Forschungsposition zueigen und schlüpfen spielerisch in die Rolle der jeweiligen Fachvertreterin oder des jeweiligen Fachvertreters. Der oder die Dozierende moderiert das Gespräch und versucht, die Beteiligten zu einer Diskussion über die Pros und Contras der jeweiligen Argumente anzuregen. Den übrigen Beteiligten kommt die Rolle des Publikums zu, die nicht nur in der anschließenden Auswertung des Gesprächs zu Wort kommen sollen, sondern sich auch bereits durch Publikumsfragen an der Diskussion beteiligen. Dieses Format ist nicht einfach. Es erfordert, dass die Diskutanten ziemlich gut über ihre jeweils zu vertretende Position Bescheid wissen und sie auch zu präsentieren vermögen - und es erfordert seitens der Lehrperson die Fähigkeit, ein Sitzungsklima zu erzeugen, in dem diese Art des spielerischen Selbstexponierens möglich ist - und die Fähigkeit, präzise, erkenntnisleitende Fragen zu formulieren. Die potentielle Doppelrolle der Lehrperson kann dabei hemmend wirken: Ist klar, dass der oder die Dozierende im eigenen Examen in der Rolle eines Prüfenden auftreten wird, wird die Bereitschaft der Studierenden, sich in der Lehrveranstaltung vermeintlich zu blamieren oder eine Blöße zu geben, voraussichtlich deutlich sinken. Selbsterklärend und selbstverständlich ist schließlich der ganze Bereich des konkreten Prüfungstrainings, das im Rahmen des Repetitoriums zu erfolgen hat. Dazu zählt erstens das Abhalten mündlicher Probeprüfungen unter Ernstfallbedingungen in der Seminargruppe. Auf diese Weise werden die Kandidatinnen und Kandidaten mit dem in der Praxis erstaunlich knappen Zeitrahmen und den sich daraus ergebenden Herausforderungen konfrontiert. Ein sensibles, wertschätzendes aber nichtsdestoweniger ehrliches Feedback ist dabei unabdingbar, um Hemmungen gegenüber der Situation des ‚Face to Face‘-Prüfungsgespräches abzubauen, ohne womöglich Illusionen über den aktuellen Stand der Kenntnisse und Fähigkeiten zu erzeugen. Weniger exponierend ist dagegen das nicht als Alternative, sondern als notwendige Ergänzung anzusehende Prüfungstraining im schriftlichen Bereich. Dieses erfolgt durch regelmäßig aufgegebene Übersetzungshausaufgaben, das Einfordern von Übungsexegesen (sofern eine solche in der Examensklausur verlangt wird) und das Anfertigen von mindestens einer, Wissen - Können - In der Lage sein 53 eher aber zwei, Probeklausuren. Bei diesen Aufgaben ist es wichtig, die Kandidatinnen und Kandidaten darauf einzuschwören, die Spielregeln einzuhalten und sich nicht selbst zu betrügen. Das heißt, die Arbeiten sind im vorgegebenen Zeitrahmen (maximal eine Stunde für die Übersetzung, zwei für Übersetzung und Exegese, vier für eine komplette Klausur) mit den auch im Ernstfall zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln - und nur mit diesen - zu bestehen. Natürlich nützt dieser Teil der Prüfungsvorbereitung nur dann etwas, wenn die entsprechenden Arbeiten seitens der Lehrperson zügig gründlich korrigiert und mit hilfreichen und unterstützenden Kommentaren zurückgegeben werden. Alles in allem, so ist zu hoffen, wird sich so zeigen, dass das Bestehen der exegetischen Prüfungen im Rahmen des Ersten Theologischen Examens kein ‚Hexenwerk‘ ist und wenig mit persönlicher Genialität zu tun hat, sondern - nicht unbeträchtlichen Arbeitsaufwand zugegeben - zu einem großen Teil ein erlernbares und trainierbares Handwerk darstellt. Diese Einsicht zu vermitteln und dazu beizutragen, sie in die Praxis zu überführen, ist vielleicht das Hauptziel des Lehrveranstaltungstyps Repetitorium . Daraus resultieren die drei Kompetenzen, die im Examen gefragt sind: Wissen - Können - In der Lage sein . Literatur Becker, Uwe: Exegese des Alten Testaments. Ein Methoden- und Arbeitsbuch (UTB 2664), Tübingen 4 2015. Böss-Ostendorf, Andreas/ Senft, Holger: Einführung in die Hochschul-Lehre. Ein Didaktik-Coach (UTB 3447), Opladen/ Farmington Hills, MI. 2010. Brouwer, Rebekka: Repetitorium Altes Testament (Einführungen Theologie 3), Münster 2014. Dietrich, Walter u. a. (Hg.), Die Entstehung des Alten Testaments (ThW 1), Stuttgart 2014. Gertz, Jan Christian u. a. (Hg.), Grundinformation Altes Testament (UTB 2745), Göttingen 6 2019. Evangelische Kirche in Deutschland: Rahmenordnung für den Studiengang Evangelische Theologie (Pfarramt/ Diplom/ Magister Theologiae) vom 26./ 27. 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