eJournals Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa) 3/2

Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa)
2366-0597
2941-0789
Francke Verlag Tübingen
2018
32 Fischer Heilmann Wagner Köhlmoos

Editiorial

2018
Stefan Fischer
Jan Heilmann
Thomas  Wagner
Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 -2018, Heft 2 Editorial Stefan Fischer / Jan Heilmann / Thomas Wagner Die Bibelkunde stellt für Studierende und Lehrende eine Hürde dar und zwar nicht nur zu Beginn des Studiums, sondern auch in der Integrationsphase. Das Studium keiner anderen Disziplin der Theologie enthält einen vergleichbaren Bereich, der sich fast ausschließlich auf inhaltsbezogenes Wissen (i. e. Inhalt und Struktur biblischer Texte) bezieht. Für Studierende steht Bibelkunde wohl vor allem für das Auswendiglernen und Hersagen von Bibelstellen; die größte Herausforderung für die Lehrenden lässt sich an der vielfach zu hörenden Klage ablesen, dass die Studierenden wegen der veränderten Sozialisationsbedingungen und der häufig in Elternhaus, Schule und Kirche zu kurz gekommenen Auseinandersetzung mit biblischen Erzähltraditionen nur noch rudimentäre Vorkenntnisse hätten. Zugleich gibt es eine Reihe von meist evangelikal sozialisierten Studierenden, die sich in der Erzählwelt der biblischen Texte sehr gut auskennen, jedoch Mühe mit einer hermeneutisch-kritischen Reflexion haben. Generell wird die Zeit, die für die Bibelkunde zur Verfügung steht, angesichts der Menge des Stoffes, stets als zu knapp angesehen. Und dies geschieht, obwohl sie an den einzelnen Fakultäten und in verschiedenen Studiengängen sehr unterschiedlich bemessen ist. Wenn Bibelkunde nicht integriert unterrichtet wird, umfasst sie im Minimum eine zweistündige, einsemestrige Veranstaltung für Altes und Neues Testament zusammen. Mit der Bibelkunde sind verschiedene hochschuldidaktische Herausforderungen verbunden, die in diesem Heft aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet werden: 1 . Heterogenität im Hinblick auf das Vorwissen sowie im Hinblick auf verschiedene Lerntypen; 2 . damit verbunden ist die Frage nach den richtigen Lernmedien und deren Ausgestaltung; 3 . motivationale Herausforderungen, das Lernen von häufig als ‚dröge‘ empfundenen 4 Stefan Fischer / Jan Heilmann / Thomas Wagner Inhalten interessant aufzuarbeiten, darzubieten sowie die Relevanz der Inhalte für das Studium und die spätere Berufspraxis deutlich zu machen; 4 . Vernetzung des primär inhaltsbezogenen Wissens mit weiteren Inhalten des Faches sowie mit hermeneutischen Grundkompetenzen. 5 . Damit verbunden ist die Herausforderung, wie genau man die Lernziele der Bibelkunde (kompetenzorientiert) bestimmt und sinnvoll prüft. 6 . Außerdem stellt sich die Frage, ob Bibelkunde in einer eigenen Lehrveranstaltung oder integriert unterrichtet wird bzw. wie hoch der Anteil zwischen Selbstudium und Instruktion anzusetzen ist. 7 . Zudem werden an manchen Studienorten unterstützend Tutorien angeboten. Diese müssen didaktisch sinnvoll an die Veranstaltungen zurückgebunden werden. Auch wenn das Budget für Fachlehrveranstaltungen begrenzt ist, so eröffnet das integrierte Lernen von Anfang an doch große Möglichkeiten, Wissenstiefe durch Vernetzung zu erreichen. Wie schon bei den Heften zum Proseminar und Biblischen Sprachen muss auch hier wieder beklagt werden, dass die fundamentalen Kenntisse zumeist nicht auf professoraler Ebene unterrichtet werden, als ob die Vermittlung der biblischen Stoffe keiner theologischen Reflexion bedürfe, da nur Inhalte vermittelt würden. Obwohl bereits dieses sachlich nicht zu halten ist, da die Komplexität von biblisch-theologischen Themen eine tiefe geistige Durchdringung erfordert und jede Vermittlung theologisch gefärbt ist, so erscheint diese dann, wenn Bibelkunde insbesondere im Verbund mit Einleitungswissenschaft unterrichtet wird, um so dringlicher. Die Beiträge dieses Heftes adressieren diese Problematiken. Lukas Bormann geht der Frage nach, in welcher Form, in welchem Format und mit welchem Ziel Bibelkunde in modularisierten Studiengängen unterrichtet werden soll. Ausgehend von einem instruktiven Überblick über den derzeitigen Stand von Bibelkunde an deutschen Universitäten, der auf einer Durchsicht der jeweils aktuellen Regularien basiert, stellt Bormann die Geschichte des Lehrgegenstandes dar, die seit ihrem Beginn mit einer apologetischen Tendenz der Bibelkunde verbunden war. Er spricht sich vehement gegen eine Bibelkunde aus, die nicht zugleich Fragen der Einleitungswissenschaft aufnimmt. Bormann führte zudem eine qualitative Befragung von Studierenden und Alumni durch, um ein genaueres Bild der Lehr-/ Lern-Wirklichkeit in der Bibelkunde, jenseit der Normativität von Studien- und Prüfungsordnungen, zu erhalten - ein Ansatz, der zukünftig in der fachbezogenen Hochschuldidaktik weiter ausgebaut werden sollte. Matthias Hopf stellt Erwägungen zum Umgang mit Bibelkunde in der Integrationsphase des Pfarramts- und Masterstudiums an. Dabei beleuchtet er zunächst die formalen, sachlichen und lernmedialen Voraussetzungen, analysiert in einem zweiten Schritt die Situation am Beginn der Intgegrationsphase und skizziert zuletzt einen eigenen Ansatz, wie den Herausforderungen des Editorial 5 Bibelkundestudiums in der Integrationsphase begegnet werden könnte. Dabei schreibt er motivationalen Aspekten, der eigenen Lektüre biblischer Texte und der Aktivierung zu eigener Arbeit eine besondere Rolle zu. Thomas Wagner stellt ein mehrfach evaluiertes, digitales Lehr-/ Lern-Konzept vor, mit dessen Hilfe Bibelkunde an der Bergischen Universität Wuppertal vermittelt wird. Ausgehend von einer Übersicht des Angebots lernmedialer Hilfsmittel für das Studium der Bibelkunde, stellt er Überlegungen zu Umfang, Nachhaltigkeit und Prüfungsformen an und reflektiert damit die didaktische Ausgangssituation. Anschließend beschreibt er Aufbau und Didaktik des verwendeten E-Learning-Kurses, wobei er am Schluss kurz auf die weitere Entwicklung elektronisch gestützter Formate für das bibelkundliche Lernen blickt. Der vierte Hauptbeitrag nimmt die Studierendenperspektive in den Blick. In einem Interview mit vier Studierenden der Goethe-Universität Frankfurt fragen wir nach Lernprozessen in theologischen und religionswissenschaftlichen Studiengängen. Sarah Krebs , Jennifer und Jessica Schaaf sowie Carl Henrich gewähren uns Einblicke in ihre Wahrnehmung und Erfahrung mit selbstgesteuertem und angeleitetem Erlernen biblischer Inhalte. Florian Oepping demonstriert in seinem Lehr-/ Lern-Beispiel eine Methode, bei der Bibelkunde in Anlehnung an Speed-Dating gelernt und vertieft wird. Als Beispiel dienen ihm die zwölf kleinen Propheten, von denen die Studierenden je einen ‚eigenen‘ Propheten vorstellen. Es handelt sich um ein interaktives Format für eine Sitzung, bei dem Studierende selbst zu Experten ausgewählter biblischer Texte werden und sich in einer spezifischen Sitzordnung gegenseitig austauschen. Nils Neumann gibt einen Einblick, wie Bibelkunde in großen und heterogenen Lerngruppen unterrichtet werden kann. Er beschreibt zunächst seinen didaktischen Ansatz, Bibelkunde in einem interaktiven Vorlesungsformat mit den Studierenden zu erarbeiten. Konkret stellt er die Umsetzung dieses Ansatzes exemplarisch am Johannesevanglium dar. In der seit dem letzten Heft neuen Kategorie Frontend stellt Nathanael Lüke das wissenschaftliche Bibelportal der Deutschen Bibelgesellschaft vor. Hier sind nicht nur eine Bibelkunde, sondern verschiedene Lexika, Bibelübersetzungen und neuerdings auch eine Zeitschrift zu finden. Susanne Luther bespricht die Theologie des Neuen Testaments. Grundlinien und wichtigste Ergebnisse der internationalen Forschung , welche Lukas Bormann kürzlich vorlegte, und Carolin Neuber rezensiert das 2017 in der Reihe Theologie kompakt erschienene Lehrbuch Methoden alttestamentlicher Exegese von Thomas Hieke und Benedict Schöning. Ein Interview mit Martin Rösel beschließt diese Ausgabe. Der aufmerksame Leser wird die teileweise divergierenden Ansichten in den Beiträgen bemerken, die die Diversität der aktuellen Diskussion widerspiegeln. 6 Stefan Fischer / Jan Heilmann / Thomas Wagner Sie sind Ansichten der jeweiligen Autoren und nicht der Herausgeber. Gerade wegen ihrer Diversität empfehlen wir Sie als gewinnbringende Lektüre. Anregungen und Rückmeldungen sind wie immer willkommen unter info@ vvaa.de. Stefan Fischer, Wien, Jan Heilmann, Dresden, und Thomas Wagner, Wuppertal