eJournals Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa) 3/1

Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa)
2366-0597
2941-0789
Francke Verlag Tübingen
2018
31 Fischer Heilmann Wagner Köhlmoos

The Open Richly Annotated Cuneiform Corpus

2018
Thomas  Wagner
Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 - 2018, Heft 1 Frontend The Open Richly Annotated Cuneiform Corpus oracc.museum.upenn.edu Thomas Wagner 1 Das Projekt Oracc ist ein kooperatives Projekt, das das Ziel verfolgt, Keilschrifttexte in Transliteration und englischer Übersetzung zugänglich zu machen. Es ist einzelnen Autoren möglich, Texteditionen innerhalb von Projekten darzustellen und auf diese Weise den Content des Projekts zu erhöhen. Inhaltlich geht das Projekt aus der Cuneiform Digital Library Initiative ( CDLI ) hervor und stellt die derzeit größte Sammlung von frei zugänglichen ( open access ) Texteditionen und Übersetzungen akkadischer Texte dar. Die Sammlung ist umfangreich und mittels der Suchfunktionen als einheitliches Corpus erkennbar, wobei sich der Nutzer auf divergierende Frontends in den einzelnen Projekten einstellen muss. Oracc ermöglicht es dem Nutzer, Textgruppen zu extrahieren und gesondert zu betrachten. Diese Aufgliederung in einzelnen Projekte, die teilweise unter ‚Projects‘ vorgegeben wird, führt der Sache nach zu inhaltlichen Überschneidungen (Zuordnung nach Themen sowie nach Editionen/ Editionsreihen). Die verschiedenen Projektseiten enthalten teilweise eigenständige Suchfunktionen, wobei das Portal sowohl eine schnelle Stichwortsuche durch die Gesamtdatenbank, als auch eine für Philologen äußerst detalliert nutzbare erweiterte Suchfunktion anbietet. Auch wenn auf diese Weise die Texte zugleich in einer Datenbank zusammengeführt und Editionen digital frei zugänglich gemacht werden können, führt die Doppelstruktur bei der Nutzung teilweise zu Irritationen. 102 Frontend Problematisch stellt sich die Darstellung in verschiedenen Browsern dar. Oracc ist auf Standardbrwoser ausgelegt, unterstützt MS Internet Explorer jedoch nicht. Transliterationen und Übersetzungen werden in Unicode-Fonts dargestellt. Schriftsätze für Keilschriftzeichen stehen auf der Seite zum Download zur Verfügung. Leider erfolgt die Anpassung der Fonts an sich fortentwickelnde Betriebssysteme nur langsam. Für Mac-User, die Betriebssysteme OS 10 . 5 oder neuer einsetzen, sind nicht alle Fonts nutzbar, da sich in den neueren Versionen des Betriebssystems ausschließlich True Type Fonts (.ttf) installieren lassen. 2 Content Entworfen von Steve Tinney wird die Plattform derzeit von Jamie Novotny, Eleanor Robson, Steve Tinney und Niek Veldhuis betrieben, denen es möglich war, die wichtigsten in der Altorientalistik erschienenen Editionen zusammenzuführen. Insgesamt umfasst das Portal 34 Editionsprojekte, u. a. die für die alttestamentliche Wissenschaft relevanten Texte vom Tell el-Armana, die State Archives of Assyria ( SAA ), Royal Inscriptions of Assyria ( RINA ) und Babylon ( RINB ), die Cuneiform Texts Mentioning Israelites, Judeans, and Other Related Groups ( CTIJ ) sowie Hellenistic Babylonia: Texts, Iconography, Names ( HBTIN ). Abgelegt sind die zu den Editionen zusammengeführten Texte in einer Datenbank, aus der heraus die Inhalte der Editionen erstellt werden. Dies ist für eine rein digitale Nutzung problemlos. Wird die digitale Textfassung jedoch für Publikationen verwendet, können aus den Datensätzen nicht die Seitenzahlen der Printfassungen entnommen werden. Dies ist für Nutzer, denen die Publikationen nicht oder nur schwer zugänglich sind, problematisch. Hinweise auf die Zitation der URL s finden sich in der Hilfe (s. u. 4 Hilfefunktion). 3 Suchfunktionen Das Portal bietet auf seinen einzelnen Ebenen verschiedene Suchoptionen. Auf der Startseite befindet sich bereits unter dem Banner des Projekts ein Suchfeld, mit dem der Gesamtbestand der Datenbank nach Stichwörtern durchsucht werden kann. Auf den Seiten einzelner, in das Projekt eingebundener Texte kann in den jeweiligen Korpora nach Begriffen im Text gesucht werden. Dies ist sowohl mit ursprachlichen Begriffen, als auch mit Wörtern aus den Übersetzungen möglich. Bei der Suche ist zu beachten, dass zum Start einer Suche jeweils das Icon für die Suche angeklickt werden muss; das Drücken der Enter-Taste nach Eingabe des Begriffs löst den Suchvorgang nicht aus. Angezeigt wird in den Frontend 103 Ergebnissen jeweils die gesamte Zeile, in der der Begriff erscheint, ergänzt um die Angabe des Textes, der Tafel und der Zeilennummer. Diese eher einfach gestaltete Suche kann durch eine genauere Suche, die für die philologische Arbeit relevant ist, ergänzt werden. Ausgehend von dem Link ‚Search‘ auf der Startseite des Portals bieten sich dem Nutzer drei auf das Gesamtkorpus bezogene Suchmöglichkeiten. Neben der Volltextsuche ist unter ‚Searching the Oracc corpora‘ ein in drei Segmente geteiltes Tool vorhanden. Anders, als es der Link vermuten lässt, bietet diese Ebene nicht ein differenziertes Suche-Angebot, sondern auführliche Erläuterung, wie eine Suche in den einzelnen Projekten vorgenommen werden kann. Unterschieden werden Suchen von Transliterationen und Übersetzungen. Zudem stellt Oracc eine Katalogsuche zur Verfügung, bei der nach Publikationsnummern, CDLI -Katalog-Nummer, Sammlungsnummer, Gattungen, Sprachen, Perioden, Erstellungsdatum (sofern auf der Tontafel vorhanden), Fundorten (sogar mit genauerer Spezifizierung der Lage) sowie Nummer im Verzeichnis des Ausgrabungsberichts gesucht werden kann. Grundsätzlich ist bei allen Suchen zu beachten, dass Leertasten als Unterstrich ‚_‘ abzubilden sind. Weitere Vorgaben/ Regeln (vor allem für die Suche in transliterierten Texten mit unterschiedlichen Fonts [Uni-code und ASCII ] zu beachten). Suchen in den Übersetzungen sind immer mit ! tra einzuleiten. Bei einer Stichwortsuche in den Übersetzungen der Texte werden jeweils alle mit dem Lemma verbundenen Formen (Nomina, Adjektive, Verben) ausgewiesen. Innerhalb der einzelnen Projekte stehen Glossarien zur Verfügung, die es dem Nutzer ermöglichen, vor einer Suche bereits zu prüfen, ob der Begriff im Textkorpus erscheint. Erweiterte Suchfunktionen werden unter ‚Search‘ angekündigt (Stand 07 . 09 . 2017 ) und erläutert. Es findet sich auf der Website jedoch kein Link, der zu den entsprechenden Suchmasken führt. Dabei wären diese Suchen, so wie sie konzipiert sind, für die philologische Arbeit an den ursprachlichen Textkorpora von besonderem Interesse. Wenn die Suchmaske online geht, werden die Nutzer sowohl nach transliterierten, als auch nach transkribierten Begriffen sowie nach Lemmata suchen können. Nach den auf der Website veröffentlichten Ausführungen über die Suchfunktionen werden in Transliterationen und Transkriptionen Suchen nicht nur nach Wörtern, sondern auch an Silben resp. Silbenkombinationen möglich sein. Dabei kann der Nutzer durch die Zufügung der Position in einem Drop-down-Menü anzeigen, an welcher Stelle innerhalb des Wortes, oder bei Begriffen, an welcher Position innerhalb der syntaktischen Struktur, das Gesuchte platziert sein soll. In der Grundstellung wird nach allen Positionen gesucht. Durch die Einfügung der Position in die Suchzeile wird die Suche eingeschränkt. Zudem kann angegeben werden, ob nach Syllabogram- 104 Frontend men, Logogrammen, Namenszeichen, Determinativen oder phonetischen Komplementen gesucht werden soll. Die Suche nach Lemmata setzt zunächst eine Festlegung voraus, auf welchen Sprachen (Summerisch, Akkadisch oder englische Übersetzung) sich die Suche beziehen soll. Zudem kann über das Anklicken von ‚End‘ angegeben werden, ob das Lemma in seiner morphemen Endform gesucht werden soll. Suchen nach einzelnen Charakteren sowie in den Übersetzungen und in den Katalogeinträgen können über ein ‚and‘-Drop-down-Menü als ergänzende, alternative oder sich gegenseitig ausschließende Suchen miteinander kombiniert werden. Über das ‚Following‘-Drop-down-Menü kann die Reihenfolge der Silben resp. der Begriffe festgelegt werden. Schließlich wird über das ‚Word‘- Drop-down-Menü die relative Stellung der Suchbegriffe bestimmt. Dabei ist es möglich, den Abstand nach Silben, Wörtern, Zeilen oder Texten festzulegen. 4 Hilfefunktionen Hilfestellungen bietet die Plattform in vielfachen Formen an. Neben der zuvor dargelegten Hilfe zu Suchfunktionen finden sich unter dem Link ‚Help‘ Angebote zur umfassenden Nutzung des Contents. Unter ‚Getting started with Oracc online corpora‘ werden die sich wiederholenden Aspekte der Seitenstruktur der einzelnen Projekbereiche dargelegt, durch die diese verbunden sind. Für Publikationen finden sich Hinweise zur Lizensierung unter der Überschrift ‚Reusing Oracc content‘. Diese werden um Angaben zur korrekten Zitation der URL s und der Printformate sowie einer Weiternutzung von Teilen des Contents auf weiteren Seiten ergänzt. Schließlich bietet die Plattform Downloads von Schriftsätzen und Tastaturbelegungen für Keilschrift und Transskription an. Unter ‚ CDLI AFT ‘ werden die für eine Integration von Content in CDLI ( Cuneiform Digital Library Initiative ) 1 notwendigen Aspekte zur Datenaufbereitung erläutert. Unter ‚Nammu und Emacs‘, Texteditoren, die zur Abfassung von Datensätzen für Oracc genutzt werden können, erklärt. Mit ‚Nammu‘ werden ATFfiles produziert, die CDLI -fähig sind, während ‚Emacs‘ auf Content-generating für die Oracc-Plattform ausgelegt ist. Da ‚Emacs‘ nicht mit dem OS -Betriebssystem kompatibel ist, steht Mac-Usern mit ‚Aquamacs‘ ein vergleichbarer Editor zur Verfügung. Für alle Editoren stehen neben Download-Links ausführliche Beschreibungen bereit. Von besonderer Bedeutung ist die Anlage von Lemmata 1 Zu CDLI vgl. Helge Betzold, Online-Portale zu antiken Texten und Manuskripten, VvAa 2/ 2 ( 2017 ), 93 - 104 , 94 f. Frontend 105 innerhalb der Projekte, durch die erweiterte Suchen erst möglich werden. Diese werden unter ‚Lemmatising‘ detailliert beschrieben. 5 Datenexport Während für den Einsatz in den Bibelwissenschaften die Aufbereitung von Datensätzen zur Einbindung in Oracc weniger relevant ist, ist die Übernahme von Texten in eigene Dokumente von Bedeutung. Zu dieser findet sich jedoch keine ‚Hilfe‘-Funktion, da eine solche nicht im Interesse der Portalersteller ist. Zwar lassen sich Text ausdrucken (‚Print text‘ in der linken Steuerungsleiste, sobald ein Text aufgerufen wird), doch dient dieses nicht der Integration des Textes in ein anderes Dokument. Vielmehr sieht die Plattform vor, dass der Nutzer die Textausgaben in Printform käuflich erwirbt, wenn er sie über die Suchfunktionen innerhalb des Textcorpus hinaus verwenden will. Damit wird die Annahme von ‚Open Data‘ partiell konterkariert, da diese nur Onscreen und als Printout verwendbar sind. 6 User Exchange Innerhalb des Portals ist ein Austausch über die Daten nicht angelegt, so dass auf diese Weise keine Fortentwicklung der Plattform stattfinden kann. Auf Twitter und Facebook bietet Oracc eigene Auftritte an, die jedoch kaum gepflegt werden. Die letzten Facebook- und Twitter-Posts datieren auf den 12 . 03 . 2015 (Stand 22 . 12 . 2017 ). Da das Portal auch keinen Newsletter anbietet, sind Nutzer auf einen regelmäßigen Besuch des Portals angewiesen, um von Änderungen und Erweiterungen zu erfahren. 7 Einsatzmöglichkeiten im akademischen Unterricht Innerhalb des akademischen Unterrichts ist dieses Portal zunächst auf den Einsatz in der Altorientalistik ausgelegt; es dient zur Publikation und Erschließung von Quellentexten. Zudem dient die Plattform mittels ihrer differenzierten Suche als Konkordanz, die für mesopotamische Texte in Printform nicht existiert. Bisher konnten nur die Wörterbucheinträge als ein solches Hilfsmittel eingeschränkt verwendet werden. Für die Bibelwissenschaften ist die Plattform zunächst als Zugang zu altorientalischen Texten wichtig, die einen Einblick in die Religionsgeschichte des Vorderen Orients ermöglichen. Da die einzelnen 106 Frontend Universitätsbibliotheken Mesopotamica in unterschiedlichem Umfang anschaffen, stehen den Lehrenden und Lernenden mit Oracc schnell zugängliche und semantisch sowie syntaktisch analysierbare Textfassungen zur Verfügung. Vor allem die Möglichkeit des Textvergleichs, die durch die differenzierte Suche gegeben ist, ist für einen Einsatz in thematischen Seminaren sowie in Proseminaren, die zum Erlernen exegetischer Methodik dienen, gut nutzbar. Die Suche auch in Übersetzungen führt dazu, dass nicht nur Studierende, die Akkadisch und/ oder Sumerisch erlern(t)en, Texte analysieren können. Noch ist das Portal auf eine Erschließung von Texten angelegt. Für den Einsatz im Unterricht wäre es über diese hinaus wünschenswert, wenn es neben der Abbildung im Browser weitere Möglichkeiten gäbe, Texte in Präsentationen einzubinden. Bisher bieten sich nur Screenshots oder das Erstellen von Druckdateien ( PDF ) an.