eJournals Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa) 1/2

Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa)
2366-0597
2941-0789
Francke Verlag Tübingen
2016
12 Fischer Heilmann Wagner Köhlmoos

Interview mit … Peter Wick

2016
Peter Wick
Interview mit-… Peter Wick Steckbrief: Prof� Dr� Peter Wick Alter: 50 Jahre Familiäres: verheiratet, vier Kinder Berufliches: Theologiestudium an der Universität Basel und Universität Fribourg, 1993 Doktor der Theologie, Universität Basel, 1999 Habilitation im Fach Neues Testament, 2000-2003 Assistenzprofessor für Neues Testament und antike Religionsgeschichte an der Universität Basel, seit April 2003 Inhaber des Lehrstuhls für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum Herr Wick, zum Start ein kurzes Blitzlicht: Lehre - Frust oder Lust? Vor allem und immer wieder einfach Lust! Lehre oder Forschung? Lehre, aber deren Inhalt ganz aus der eigenen, neusten Forschung, das macht am meisten Spaß� Lieber Erstsemester oder lieber Integrationsphase? Am liebsten ab 3� Semester, dann ist die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Denken schon da, und zugleich eine große Offenheit für Neues! Neues oder Bewährtes? Ein rabbinische Sprichwort lautet: Es gibt kein Lehrhaus ohne Neuigkeit, also immer vor allem Neues, aber dies muss rückgekoppelt werden an das Bewährte� Referate oder Gruppenarbeit? In einer Vorlesung etwas frontal zu entfalten, einen exegetischen »Krimi« zu erzählen, dessen Lösung am Ende der Stunde kommt, macht fast so viel Freude, wie wenn Studierende die Resultate ihrer eigenständigen exegetischen Forschung präsentieren� 134 Interview Wenn Sie auf Ihren Berufsweg zurückblicken, welche Erfahrungen und/ oder Menschen haben Ihre Lehre nachhaltig geprägt bzw. beeinflusst? Markus Barth, der Sohn von Karl Barth, mit seiner verschmitzt lächelnden Liebe gegenüber dem Neuen Testament, Ekkehard Stegemann mit seiner intellektuellen Kraft, Paulus zu verstehen, und Rabbiner Michel Birnbaum- Monheit aus Straßburg, mit der Fähigkeit, jedes Strichlein in der Tora auf seine Bedeutung hin zu untersuchen� Würden Sie sagen, dass es bei Ihnen ein Grundparadigma Ihrer Lehre gibt? Lehre beruht vor allem auf der eigenen Forschung� Lehre vermittelt den Studierenden die Kunst, Fragen zu stellen, deshalb ist sie immer interaktiv. Gute Lehre ist immer auch Beziehungsgeschehen. Welche Bedeutung besitzt die Kompetenzorientierung für Ihre Lehre? Lehre ist nie nur Vermittlung und Anhäufung von Wissen, sondern immer auch die Vermittlung der Lust am Bibeltext und von Kompetenzen, diesen selbstständig zu erforschen und auszulegen� Herr Wick, oft wirkt es so, dass die Lehre an unseren Hochschulen eher stiefmütterlich im Gegensatz zur Forschung behandelt wird. Beschreiben Sie bitte Ihren Weg, Forschung und Lehre miteinander zu verknüpfen. Lehre und Forschung sind für mich keine getrennten Welten� Meine Lehre beruht nicht nur so weit wie möglich auf meiner eigenen Forschung, sondern sie produziert immer wieder Rückkopplungsprozesse in die eigene Forschung hinein. Zur Zeit lese ich mit einer kleinen Gruppe von Nicht-Theologen den Römerbrief� Der Zwang zur Reduktion auf die wesentlichen Argumentationsgänge und die Rückfragen der Teilnehmer zwingen mich selbst, den Römerbrief noch besser zu verstehen� Ich nehme neue und exaktere Fragen mit in die Forschung� So ist für mich Lehre immer auch ein Teil der Forschung, und bei der Forschung freue ich mich jeweils schon auf deren Präsentation� Sie sind seit etwas mehr als 10 Jahren Professor in Bochum und haben dort von Beginn an die Umstrukturierungen und Umbrüche im Zuge des Bologna-Prozesses mitbekommen und mitgestaltet. Bochum war eine der ersten Universitäten, die nahezu konsequent auf konsekutive und modularisierte Studiengänge umstellte. Die Veränderungen des Studiums durch den Bologna-Prozess werden häufig negativ bewertet. Welche positiven Entwicklungen erkennen Sie durch den Prozess? Wie fällt Ihre Bilanz vor allem im Hinblick auf die Lehre in den exegetischen Fächern aus? Der größte Vorteil ist sicher, dass viel mehr Studierende zu einem akademischen Abschluss gebracht werden� Am Anfang haben wir den Fehler gemacht, alles vorzugeben� Unterdessen haben unsere Studierende eine große Freiheit, eigene Schwerpunkte zu setzen� So haben wir in unseren Seminaren Interview 135 immer wieder hoch motivierte Gruppen. Ich denke, die Umstellung hat sich gelohnt� Das alte System ließ zu viele Studierende stranden� Als Vater von vier Kindern bin ich auch froh, dass meine Kinder nicht so in der Gefahr stehen, in einem Studium auf Kosten der Eltern »verloren zu gehen«� Zum Schluss: Was würden Sie den Kollegen und Kolleginnen mit Blick auf die eigene Lehre gerne mitgeben? Erst die didaktisch aufbereitete, durch Lehre erfolgreich vermittelte Präsentation der eigenen Forschung gibt dieser den letzten Schliff� Zugleich ist es ein großes Privileg, mit jungen Erwachsenen so viel Zeit zu verbringen und die nächste Generation prägen zu dürfen. Dieses Privileg möchte ich gegen nichts eintauschen�