eJournals Kodikas/Code 39/1-2

Kodikas/Code
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2016
391-2

Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs

2016
Wolfgang Wildgen
K O D I K A S / C O D E Volume 39 (2016) · No. 1 - 2 Gunter Narr Verlag Tübingen Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs Wolfgang Wildgen (Bremen) After an introductory definition of the concepts of multi-modality and discourse, the methods of semiotics relevant for discourse analysis are sketched and a list of “ symbolic forms ” (in the spirit of Cassirer ’ s philosophy of symbolic forms) is introduced: language, myth, visual art, dance and music, olfactory signs and others. In the chapter on applications visual signs and music will be treated in more detail. Basic notions of semiotics in the Peircean tradition: icon, index, symbol, and aspects of the genesis of symbolic forms (evolutionary, historical, ontogenetic and ad hoc creation) establish a point of departure for semiotic analysis. They are applied in two major fields: (a) Visual semiotics, where paintings of Leonardo and urban morphogenesis are analyzed, and (b) musical semiotics. Here the focus is put on the history and musical structure of the blues. The conclusion discusses the relevance of semiotics for discourse analysis. Einleitung Üblicherweise denkt man bei Diskurs natürlich an Sprache, meist in der Form der Argumentation oder des Gesprächs, aber bereits Michel Foucault verweist mit „ diskursiver Praxis “ auf visuelle Medien, etwa in der Architektur oder auf performative Gestalten, sowie auf Institutionen, welche diese Praxis einrahmen. Falls man den Begriff auf semiotische Systeme jenseits der Sprache erweitert, muss man allerdings den Schwerpunkt auf die lineare Ordnung und den deduktiven Charakter von Argumentfolgen aufgeben bzw. den Begriffsumfang von „ Diskurs “ erweitern. Das Bild wird zweidimensional gelesen, wobei die Lesewege nicht streng festgelegt sind und zumindest auf der Ebene der Augen-Sakkaden einen stochastischen Charakter haben. Die Architektur kann dreidimensional betrachtet, abgeschritten und in der täglichen Praxis erlebt werden. Der Film hat für den Betrachter eine kontinuierliche Verlaufsstruktur, wobei das Auge bestimmte Felder fokussiert verfolgt. Die meisten Benützer dieser Zeichensysteme sind eher Patheure, d. h. sie sehen, erleben leiblich die Architektur (vgl. Hasse, 2014: 4 f) oder sie lassen den Film auf sich wirken; dasselbe gilt auch für die Musik, obwohl in manchen Kulturen der Anteil aktiver Musiker sehr hoch ist. Die kreative Gestaltung von Musik bleibt aber wenigen vorbehalten. Aktive Musik ist auch sehr häufig zusammengefügt aus der Zeichentätigkeit vieler (im Chor, im Orchester). Die Chorfunktion der Musik könnte sogar evolutionäre entscheidend gewesen sein (vgl. Merker, 2001: 318). Der Diskurs ist somit nicht nur multimodal sondern auch multipersonal. Aus der Multipersonalität folgt, dass wir von einer Gruppe, Gemeinschaft, Gesellschaft als Trägern des Diskurses ausgehen müssen und damit von einer sozial geteilten Kompetenz, die wesentlich koordiniert, verteilt ist und nicht auf ein (allgemeines) Subjekt, auf ein Bewusstsein oder gar ein kognitives Zentrum bezogen werden darf. Außerdem sind die pragmatischen Bedingungen, Raum und Zeit des Diskursgeschehens, Eigenschaften der Diskursteilnehmer (Geschlecht, Alter, soziale Schicht usw.) stärker mit einzubeziehen, als dies in der Sprachwissenschaft traditionell der Fall ist. Der „ Diskurs “ in seiner räumlichen und zeitlichen Bedingtheit hat Vorläufer in der antiken Rhetorik, insbesondere in der Gedächtniskunst (ars memoriae), die bildhafträumlich aufgebaut ist. Beim Abrufen des Gedächtnisses, etwa beim Plädoyer des Advokaten, durchschreitet der Redende den Raum, in dem die Gedächtnisinhalte platziert wurden. Es ist deshalb auch von einem Gedächtnistheater die Rede. Die Architektur kann ihrerseits eine Gedächtnisfunktion haben und damit Diskurse einen gewissen Typs (etwa feierliche Reden oder soziale Rituale und Feste) strukturieren oder dazu einladen (vgl. zum künstlichen Gedächtnis in der Renaissance Wildgen, 1998). Die räumliche, soziale und prozessuale Komponente von Sprache und Rede wurde im Strukturalismus nach Saussure weitgehend ausgeklammert bzw. es wurden keine methodischen und begrifflichen Vorbereitungen für ihre Integration und theoretische Nutzung getroffen. In der dynamischen Semiotik, die an Arbeiten von René Thom seit Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts anknüpft, wird zumindest im mathematischen Ansatz dieser Mangel behoben. Die Umsetzung in ein Forschungsprogramm wurde aber bisher nur zögernd verfolgt; siehe Wildgen und Brandt (2010) für eine Bestandsaufnahme. Aber der Begriff des Diskurses/ Verständigungsprozesses ist in diesem Theoriekontext grundlegend verändert, da primär von einem Kontinuum ausgegangen wird, in das (durch Katastrophen) Grenzen eingezogen werden, und da raumzeitliche Musterbildungen im Vordergrund stehen und nicht statische Schemata und Konfigurationen (Strukturen genannt). Ich werde im Folgenden deshalb eher von Zeichenprozessen, deren zeitlichen Organisation und im Fall von Zeichenschöpfung und -veränderung von Semiogenese sprechen (vgl. dazu auch Wildgen, 2014). Von der Semiotik zur multimodalen Diskursanalyse: Überlegungen zur Methode Ich will zuerst die grundlegende Frage klären, inwiefern die Semiotik eine spezifische Methodik erfordert, methodische Prinzipien mit benachbarten Disziplinen teilt und ob es Alleinstellungsmerkmale der semiotischen Methodik gibt. Die Frage einer kohärenten, möglichst exhaustiven Methodik ist darüber hinaus ein Test für den Disziplincharakter der Semiotik und ihren Anspruch, neben anderen institutionell gefestigten Disziplinen bestehen zu können. Besondere Eigenschaften von Zeichen bzw. Zeichensystemen implizieren besondere Vorgehensweisen in der Analyse. Dies sind: 1. Zeichen im Sinne von Saussure oder Peirce, symbolische Formen im Sinne von Cassirer treten in verschiedenen phänomenalen Gestalten auf, denen lediglich die Zeichen- oder Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 69 Symbolfähigkeit des Menschen gemeinsam ist. Die Hauptformen sind (angelehnt an Cassirer): a. Sprache, historisch in den Formen der gesprochenen Sprache (primär) und der geschriebenen Sprache oder anderer Kulturtechniken, welche die Sprache spezifisch gestalten (Fachsprachen, Kunstsprachen, formale Sprachen usw.). b. Mythen, rein imaginativ oder in Bildern, musikalischen Formen oder Anrufungen manifestiert. Religionen und Ideologien sind eine späte sprachzentrierte Entwicklung dieser symbolischen Form. c. Bildzeichen, die auf der visuellen Kompetenz des Menschen und seiner motorischen Fähigkeit zur Herstellung visuell wahrnehmbarer Gestalten und Artefakte beruhen. In der archäologisch/ historischen Reihenfolge gehören dazu: Körperbemalung und Schmuck (prähistorisch bis heute), Skulpturen und kulturelle Artefakte (Tier- und Menschenskulpturen seit dem Paläolithikum, Werkzeuge, Möbel, Häuser, Städte usw.), Zeichnungen und Malereien (seit dem Paläolithikum, aber besonders entfaltet seit den antiken Hochkulturen). d. Tanz und Musik, welche auch auditive und motorische Fähigkeiten nützen, aber mehr die rhythmische und tonale Qualität betreffen. Dazu gehört auch der Bereich der Mimik und Gestik, da sie primär den Zeichencharakter der Motorik nutzen. e. Geruchsbezogene (olfaktorische) und geschmacksbezogene (gustative) Zeichen, die in der Beeinflussung des Körpergeruchs (durch Reinlichkeit oder Duftessenzen), der Auswahl und Endfertigung von Speisen und Getränken ihren Ausdruck finden. Die Erweiterung jenseits der Vorschläge von Cassirer ergibt sich zuerst aus der Existenz von Sinnesorganen jenseits von Gehör- und Gesichtssinn. Nach Cassirer verlangt die symbolische Form zusätzlich normative Fixierungen, die eine Kultur konstituieren. Diese Bedingung wird auch für die weniger reichen Modalitäten Tanz/ Musik und Geruch erfüllt. Die Liste ließe sich weiter vervollständigen; wichtig ist der multimediale Charakter von Zeichen, d. h. sie treten in verschiedenen Formen auf, die sich auch vermischen können oder durch Kombination neue Effekte erzielen. Die semiotische Methode muss versuchen, dieser Gliederung des Phänomens „ Zeichen “ , „ Symbol “ gerecht zu werden, d. h. sie darf nicht von dieser Vielfalt abstrahieren oder positiv gewendet, sie muss immer die Multimodalität und entsprechende Interferenzphänomene im Auge behalten. 2. Die Beziehung zwischen Zeichenkörper und Objekt selbst hat nach Peirce drei grundlegende Aspekte, die meistens in Kombinationen auftreten, deren Spezifik aber bei jeder Analyse zu berücksichtigen ist: als Index, als Ikon und als Symbol. Dabei ist zu beachten, dass für Peirce die Beziehung (Relation) primär ist, nicht die Relata. Das Objekt, auf das der Zeichenkörper verweist, kann nicht ohne diese Relation bestimmt werden. Das dynamische Objekt entspricht der im Limit erreichbaren Anpassung der Semiose an die Realität (und ist damit ein Äquivalent des naiven Objektbegriffes). 1 Aus den unter- 1 Der Objektbezug ist senso-motorisch konstituiert, d. h. auf der Basis einer Koordination von Wahrnehmung und Bewegungen, etwa Greifbewegungen, und muss auch bei Tieren angenommen werden. Die symbolischen Formen entfalten diese Basis, wobei der Bezug zur Senso-motorik aber jeweils verschieden ist. Er ist in Sprache und Bildkommunikation deutlich anders organisiert als in der Musik, im Tanz und im Bereich von Geschmack und Geruch. Auch soziale Prozesse der Referenzfixierung und der text- und diskursbezogenen 70 Wolfgang Wildgen (Bremen) schiedlichen Objektbeziehungen ergeben sich verschiedene methodische Herangehensweisen: a. der Index, wird wesentlich verursacht durch das Bezeichnete, z. B. der Rauch, der für Feuer steht, der Donner, der für Blitz steht, das Krankheitssymptom, das auf einen Krankheitstypus verweist. In dieser Hinsicht ist das Zeichen in einen quasi-natürlichen, mit naturwissenschaftlichen Begriffen und Methoden erforschbaren Komplex eingebettet. Diese Zeichenfunktion und deren Spezifikation in der griechischen Medizin standen Pate für den Begriff der Semiotik (als semeiotikon meros, d. h. semiotischer Anteil der Medizin). Peirce nimmt außerdem den Akt des Zeigens, der demonstratio ad oculos (Index =Zeigefinder) als Definitionsmerkmal des Index auf. Tomasello (2011) vergleicht Primaten, Kleinkinder und erwachsene Menschen in Hinsicht auf die Zeigegesten (die in manchen Kulturen auch mit Lippen oder Kopfbewegungen umgesetzt werden). Eng damit hängen Begriffe der wahrgenommenen Kausalität zusammen. Beides, Zeigen und Kausalitätswahrnehmungen bzw. - hypothesen sind typisch für den Menschen und zeichnen ihm vor höheren Primaten aus. Empirisch sind nur Korrelationen und zeitliche Abfolgen feststellbar sowie deren kollektive Interpretation als Ursache-Wirkungsbeziehung. Die eigentliche Kausalität fällt methodisch in den Bereich der Naturwissenschaften (Physik, Chemie), Kausalitätsattributionen sind dagegen Gegenstand der Wahrnehmungspsychologie (vgl. die Arbeiten von Michotte im Rahmen der Gestaltwahrnehmung). b. Als Ikon, d. h. vermittelt durch eine Ähnlichkeit von Zeichen und Bezeichnetem (Signifikant und Signifikat). Um ein Maß der Ähnlichkeit verfügbar zu haben, ist ein mentaler Raum mit Differenz/ Äquivalenz und Distanzmaßen (einer spezifischen Topologie) notwendig. Die semiotische Methodik muss also auf kognitive bzw. emotionale Kräfte und Prozesse Bezug nehmen, um die ikonische Zeichenbeziehung angemessen erfassen zu können. Dies kann natürlich auf verschiedenen Feinheitsstufen bzw. Beobachtungsebenen geschehen. So sind alltägliche Ähnlichkeitsurteile (etwa Ähnlichkeit von zwei Farben oder Formen) ein möglicher Zugang, wenn die Variation subjektiver Urteile statistisch in Rechnung gestellt wird. Es können aber auch Testserien, wie sie in der Psychologie üblich sind, als methodischer Zugang gewählt werden; eventuell sind sogar Ergebnisse der funktionellen MR-Tomographie, wenn ähnliche Regionen des Gehirn aktiviert werden, ein methodischer Zugang. Deduktiv (mathematisch) können unterschiedliche geometrische und topologische Modelle des mentalen Raums und entsprechende Ähnlichkeitsmaße vorgeschlagen werden und (abduktiv) die Basis zur Einordnung entsprechender Beobachtungen im Zeichenverhalten sein. Die entsprechenden Methoden sind die der Kognitionswissenschaften, die allerdings selbst aus einem interdisziplinären Feld mit den Kerndisziplinen: Mathematik/ Informatik, Neurologie und Psychologie bestehen. Intuitive, subjektive Ähnlichkeitsurteile sind zu qualifizieren (wie ähnlich in Bezug auf welchen Aspekt? ) und natürlich intersubjektiv abzusichern, da im Prinzip alles mit allem eine (eventuell erfundene) Ähnlichkeit aufweist. Referenzabfolgen sind spezifisch für sprachliche Formen (Texte und Diskurse); vgl. Agha (2007: Kap. 2). Sie können in Bilderserien/ Film und Musik in Analogie zur Sprache entfaltet werden. Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 71 c. Als Symbol, d. h. im Sinne von Peirce beruhend auf gesellschaftlich (kulturell) fixierten Regeln oder Gewohnheiten (habits bei Darwin, habitus in der Soziologie von Bourdieu). Häufig ist die Rede von Konventionen (dem arbitraire du signe bei de Saussure). Da keine expliziten Vereinbarungen stattfinden, muss man diese im Sinne eines contrat social bei Rousseau denken. Diese Querbezüge deuten an, dass wir uns im Bereich der Soziologie, Ethnologie und ihrer Methodik bewegen. Aus der Wirtschaftswissenschaft (etwa bei Adam Smith) sind Prozesse der „ hidden hand “ , modern gesprochen Selbstorganisationsprozesse ins Auge zu fassen (vgl. Wildgen und Mottron, 1987; neu Wildgen, 2005). Man kann natürlich auf einer elementaren empirischen Ebene die Verhaltensregelmäßigkeiten in einer Population statistisch oder strukturell untersuchen und auf einen idealen Sprecher/ Hörer bzw. Zeichenbenützer extrapolieren, wie dies die Linguisten in der Nachfolge von Chomsky versucht haben. Im Bereich nichtsprachlicher Zeichen ist aber die Variation bzw. die Vagheit der konventionellen Bindungen so dominant, dass die strukturlinguistischen Methoden nicht mehr erfolgversprechend sind. Die linguistischen Regelrekonstruktionen haben nur wegen des Normcharakters von Sprachen, die stark institutionalisiert sind (etwa im Kontext von Schriftsprache) eine Existenzberechtigung. Wie Pike dies bereits in den 60er Jahre des 20. Jhs. gezeigt hat (vgl. Pike, 1967), sind religiöse Rituale in dieser Hinsicht sprachähnlich (und teilweise in sprachlichen, meist in schriftlichen Regelsystemen kodiert). Auch juristische Systeme und formale Sprachen entsprechen einem Regelkanon. Eine strikte und einfach erfassbare, weil ständig wiederholte, Regelbefolgung ist aber eher ein spezieller Fall im Bereich des Semiotischen. Die Objektbeziehung oder Referenz scheint ein Spezifikum der Modalität Sprache zu sein. Zumindest im abstrakten Bild wird die darstellendende Funktion ausgeschaltet und man kann annehmen, dass sie auch bei der darstellenden Kunst der Modalität aufgepfropft wurde, insofern die visuelle Kunst religiöse oder (später) literarische Inhalte zu „ illustrieren “ hatte. In der Musik ist die Verzichtbarkeit oder geringe Relevanz der Referenz deutlicher und dies wird insbesondere in der instrumentalen Musik seit der Neuzeit sichtbar (obwohl die vokale Musik bis ins 19. Jh. stilbildend blieb). Wenn man den triadischen Charakter der Zeichendefinition bei Peirce (und in der Tradition seit Augustinus) beibehalten will, muss der Objektbegriff erweitert werden, insofern sowohl innere Zustände, soweit sie intersubjektiv vermittelbar sind, auch als Zeichenobjekte in Frage kommen. In der unendlichen Semiose bei Peirce sind bereits andere Zeichen als Objekte von Zeichen eingeführt, was allerdings einen Regress auslöst, den man als wenig hilfreich bei wissenschaftlichen Definitionsbemühungen ansehen mag. 3. Wichtige Eigenschaften von Zeichen werden in der Zeichenschaffung (der Semiogenese) festgelegt und sind in ihren allgemeinen Zügen nur verständlich, wenn wir diese Genese beobachten oder ihre Prozesseigenschaften abschätzen können. Wie in der Astrophysik, siehe den Urknall und die darauf folgenden Momente, werden im Keim der Genese die Gesetzmäßigkeiten festgelegt, die für den ganzen weiteren Entwicklungszeitraum grundlegend sind. Später auftretende Regularitäten sind weit weniger allgemein und damit auch weniger erklärungsrelevant. Es gibt allerdings zwei große Hindernisse bei der Nutzung dieses wichtigen phänomenalen Feldes: 72 Wolfgang Wildgen (Bremen) a. Zeichensysteme können in ihren Grundzügen vor sehr langer Zeit geschaffen worden sein, so dass eine historische oder gar evolutionäre Rekonstruktion notwendig wird. Da im Gegensatz zu den in Geologie oder Paläontologie untersuchten Phänomenen (siehe tektonische Platten, Schichtungen, die Evolution von Pflanzen und Tieren) für die Zeichen vor der Erfindung der Schrift keine „ Fossilien “ existieren, bleibt der Ursprung von Sprachen und visuellen/ motorischen, gustatorischen Zeichensystemen in den meisten Fällen unzugänglich, bzw. Hypothesen dazu sind nur begrenzt prüfbar (es gibt eine lediglich auf wenige Jahrtausende oder gar Jahrhunderte begrenzte Zeitdimension der empirischen Prüfbarkeit). b. Selbst synchron, d. h. in der Jetztzeit, im jeweiligen Beobachtungszeitraum, ist die Genese von Zeichen und die frühe Konsolidierungsphase einerseits plötzlich und schnell, so dass sie der Aufmerksamkeit leicht entgeht, andererseits kann sie an vielen Orten passieren und sich ausbreiten. Im Falle der Sprache zeigen die Studien zur lexikalischen Innovation (ad-hoc-Bildungen und Neologismen) und zur morphologisch-syntaktischen Variation Aspekte dieser Problematik (siehe zu den Gelegenheits- Komposita Wildgen, 1982 und zur Sprachvariation in amerikanischen Großstädten Labov, 2001). Die Problematik einer Rekonstruktion möglicher Semiogenesen zeigt sich deutlich bei Untersuchungen zum Sprachursprung (vgl. Wildgen, 2004). Untersuchungen des Klimas, der Entwicklung von Körper, Gangart, Gehirnvolumen und - struktur oder der Artefakte (Steinwerkzeuge, Kunst, Schmuck, Wohnumgebungen, Bestattungsrituale) erlauben auf dem Hintergrund der Evolutionstheorie und Genetik Hypothesen zum Sprachursprung. Deduktive Ansätze erlauben auch Computersimulationen, die wiederum Plausibilitätsabschätzung zur Folge haben und damit das Bild einer möglichen Sprach-Evolution schärfen (ohne es allerdings endgültig fixieren zu können). Wir können vier Bereiche unterscheiden: a. Die evolutionäre Ebene: die Genese der Fähigkeit zur Zeichenerzeugung. Im Bereich des Menschen (Humanevolution und Humansemiotik) sind die Evolution der menschlichen Sprache und der anderen symbolischen Formen zu nennen ( Jahrmillionen und Jahrhunderttausende). b. Die kulturelle Ebene: die Genese von Zeichenkulturen, Kunst und Technik ( Jahrtausende, Jahrhunderte, Jahrzehnte). c. Die Ontogenese von Sprache und Zeichenverhalten beim Kind ( Jahre, Monate, Tage). d. Die Mikrogenese, d. h. die spontane und sehr schnelle Entstehung von Zeichen und Zeichenordnungen im Denken und in der Kommunikation (Bruchteile von Sekunden bis Minuten). Mit der Zeit, die kürzer wird, werden auch die räumlichen Ausdehnungen kleiner: Lebenswelten der Gattung Mensch > Kulturräume (z. B. ägyptisches Reich) > Familie, Nachbarschaft > Individuum > Gehirnareale. Insgesamt ergibt sich aus dieser Spezifik der Semiotik, dass deren Methodik multimodal und interdisziplinar sein muss. Bevorzugte Bezugsdisziplinen sind: Linguistik, Soziologie, Psychologie/ / Biologie, Genetik, Evolutionstheorie/ / Physik, Chemie. Eine besondere Rolle spielen die Formalwissenschaften, heute die Mathematik (inklusive Logik), die Computersimulation und andere Spezialmedien der wissenschaftlichen Modellbildung. Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 73 Die moderne Diskursforschung im Hinblick auf die Semiotik Die Diskursforschung lässt sich grob in eine engere und eine weitere unterscheiden: l Die engere geht im Sinne von Harris (1952) zuerst über den Satz hinaus und untersucht Texte, Dialoge d. h. größere sprachliche Gebilde möglicherweise mit mehreren Akteuren/ Sprechern und die Kontexte, in die diese eingebettet sind. In einer ersten Erweiterung können auch andere Zeichenformen, z. B. visuelle, musikalische auf einer komplexen Ebene, jenseits des Einzelbildes, des einzelnen Gebäudes, der vestimentären Gestalt, oder des einzelnen Liedes, eines Ton-Satzes als Texte untersucht werden. Der Begriff des Texts wird damit zweidimensional auf eine Textur, dreidimensional auf die komplexe Organisation im Raum (etwa von Architektur in einer Stadt) oder der Zeit (im Film; siehe Beispiel 3) erweitert. l Die weitere Diskursanalyse dehnt die Kontexte auf Institutionen, Gesellschaften, historische Zeiträume, usw. aus. Dabei dienen die Arbeiten von Foucault als Orientierung. Da auch die Diskursforschung, Gegenstand der Diskursanalyse im weiten Sinn sein kann, ist diese Forschung selbstreferentiell. Daraus wird teilweise gefolgert, dass eine standardisierte Methode als Diskursfestlegung und - einschränkung; d. h. als Machtinstrument funktioniert und abzulehnen ist. Foucaults Diktum „ ni méthode, ni approche “ bringt dies auf den Punkt (vgl. Bröckling und Krasmann, 2010 und Foucault, 2003). Ähnliches gilt für die kritische Diskursforschung, die sich selbst als politisch und somit in den politischen Diskurs eingreifend versteht und sich nicht etablierten Methodenstandards unterwerfen möchte. Sie setzt sich damit aber dem Vorwurf aus, sie habe eine Tendenz zur Selbstimmunisierung, d. h. sie reproduziere nur eigene Voreinstellungen, die nicht an der Erfahrung korrigierbar seien (Bröckling & Krasmann, 2010: 39). Die englisch-sprachige “ discourse analysis ” ist linguistisch-soziologisch ausgerichtet. So geben Jørgensen und Phillips (2004: 1) die folgende vorläufige Definition: ” discourse as a particular way of talking about and understanding the world (or an aspect of the world) ” . Jenseits von Sprache sind auch soziale Handlungen (Praktiken) und Wissensbestände Gegenstand der “ discourse analysis ” . Die engere Diskursforschung wirft im Grunde die gleichen Methodenfragen auf, wie die Semiotik (siehe oben). Bei der weiteren stellen sich wegen ihrer Selbstreferentialität neue Methodenprobleme ein. Foucault (2003: 239) empfiehlt eine „ aufsteigende Analyse “ , die von Mikro-Praktiken, lokalen Rationalitätskonstrukten ausgeht und schließlich zu globalen Konstrukten (Beispiele: Staat, Neoliberalismus) fortschreitet (vgl. Bröckling & Krasmann, 2010: 25 f). Es scheint vernünftig, sowohl im Zeichenverhalten als im Diskurs davon auszugehen, dass globale (kulturelle, ökonomische und politische) Kontexte im Mikrobereich nur eine begrenzte Wirkung haben. Alkemeyer & Villa (2010: 327) sprechen von einer „ prinzipiellen Unverfügbarkeit des Körpers gerade in den Sozialisations-, Bildungs- und Subjektivationsprozessen “ ; dem Körper werden schon frühzeitig Kommunikations- und Zeichenpraktiken eingeschrieben (etwa im Erst-Sprachen-Erwerb und in der visuellen und musikalischen Sozialisation), die nur begrenzt revidierbar, manipulierbar sind. Semiotisch oder linguistisch betrachtet kann man sagen, dass der Staat, das Kollektiv nur einen begrenzten Einfluss auf die Zeichensysteme im Alltag, im Privatbereich hat. In 74 Wolfgang Wildgen (Bremen) der Konsequenz lassen sich Zeichenprozesse und Diskurse in diesem Bereich, z. B. in der privaten face-to-face-Kommunikation relativ ideologie- und politikfrei untersuchen. Die Einflüsse des Staates etwa sind auf lexikalische Teilfelder begrenzt und auch nur unter dem extremen Druck einer staatlichen Propaganda und Repression (vgl. zur Sprache in Nazi- Deutschland Klemperer, 1986) ausdehnbar. Die grundlegende, etwa die morphologische und syntaktische Organisation bleibt davon weitgehend unberührt; dies ist auch in der Bildkommunikation und noch stärker in der Musik anzunehmen. Insofern können auch allgemeine Methoden, welche die etablierten Rationalitätsstandards verwenden, zur Anwendung kommen. In einer aufsteigenden Analyse können schließlich jene Bereiche thematisiert werden, in denen die Zeichenprozesse und Diskurse von ökonomischen und politischen Interventionen betroffen sind (vom „ symbolischen Markt “ nach Bourdieu, 1980). Dies bedeutet nicht unmittelbar, dass sie manipuliert werden, denn die Politik wird von Foucault durchaus als „ produktive Macht “ verstanden, insofern die Gesamtgesellschaft und die Politik den Diskurs und die verfügbaren Zeichensysteme/ Medien gestalten. Dies geschieht besonders durch ihre Bildungs- und Medienpolitik. In dieser Wirkung können sie ebenso wie alltägliche Diskurse zum Gegenstand eine qualitativen (und quantitativen) Analyse werden, die methodisch organisiert ist. Selbstreferentielle kritische Rückbezüge werden dadurch nicht ausgeschlossen; im Gegenteil sie haben erst dann, wenn überprüfbare Analysen vorliegen, einen brauchbaren Ansatzpunkt. Semiotik und visueller Diskurs Für Diskurse, die multimodal sind, erweisen sich neben den sprachlichen besonders die visuellen Aspekte als tragend. Die Modalität wird einerseits durch die körperlichen Voraussetzungen (Wahrnehmungsfähigkeiten und kognitive Erstverarbeitung), andererseits durch Kodierungen, Elaborationen in kulturellen Traditionen bestimmt. Dies bedeutet etwa, dass bestimmte Diskurse, die eigentlich visueller oder musikalischer Natur sind, sich Gestaltungsformen aneignen, die ihren Ursprung in anderen Sinnesmodalitäten, etwa der (mündlichen) Sprache haben. Sprachliche Formen sind ihrerseits durch die Schrift und andere Medien in das visuelleWahrnehmungsfeld transponiert worden (vgl. zum Begriff der Modalität Meier, 2014: 32 ff ). 2 Ich will nun an mehreren Beispielen zeigen, dass die Analyse visueller und auditiv-musikalischer Diskurse andere Begrifflichkeiten erfordert, als jene die in der Grammatik-Rhetorik-Tradition zur Verfügung gestellt wurden und immer noch im Gebrauch sind. Insbesondere spielt der Raum in seiner Komplexität (nicht nur linear sondern zweibis dreidimensional) und die Zeit in ihren vielfachen Wirkungen (von der Evolution über die historische Entwicklung, die individuelle Entfaltung und die Aktualgenese) eine entscheidende Rolle. Ich beginne mit Beispielen für „ visuelle Diskurse “ und verweise dabei für die detaillierte Ausführung auf mein Buch „ Visuelle Semiotik “ (Wildgen, 2013 a). Anschließend gehe ich auf auditiv-musikalische Diskurse ein, ein Gebiet, das ich erst seit kurzem bearbeite. 2 Die Multimodalität steht im Zentrum der Sozialsemiotik, wie sie angeregt durch die Arbeiten von Halliday von Kress und Leeuven (2006) und Bateman (2014) weiter entwickelt wurde. Semiotische Aspekte spielen auch in den „ Visual Culture Studies “ eine Rolle; vgl. Meier (2014: 34 - 39). Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 75 Beispiel 1: Die Analyse von Motivserien bei Leonardo da Vinci (vgl. Wildgen, 2013 a: Kap. 3) Jenseits von verbaler Beschreibung und Klassifikation 3 kann das Bild geometrischtopologisch untersucht werden, d. h. thematische, figurale Teilfelder des Bildes sind herauszulösen und in Beziehung zu setzen. Deren zweidimensionale Struktur ist nach Gestaltprinzipien analysierbar (einen Überblick zu den Methoden gibt Wildgen, 2013 a: Kap. 1.1). Die Ausdrucks-Dynamik kann z. B. anhand von Körperpositionen, Zeige- und Blickvektoren rekonstruiert werden (vgl. dazu Wildgen, 2010 a und 2013 a: 97 - 100). Diese Zeichenstrukturen werden visuell herausgelesen und eventuell körperlich-mental simuliert, haben aber keinen propositionalen Charakter, auch wenn post hoc eine sprachliche Beschreibung denkbar ist. Der Diskurs findet auf verschiedenen Ebenen statt: Erstens gibt es einen ikonographischen Diskurs. Dabei dient die Tradition der künstlerischen Behandlung des Anna-Selbdritt-Motivs als Hintergrund, auf den sich Leonardo und seine zeitgenössischen Auftraggeber beziehen können. Innerhalb des Gesamtwerks gibt es einen Diskurs Leonardos mit seinen Skizzen und Kartons zum selben Thema. Bei der Thematik und den Bildvorstellungen für die beiden Mütter (Anna und Maria) mögen die leibliche und die Stiefmutter Leonardos eine Rolle gespielt haben. Ich will den Diskurs zwischen den Vorstudien und dem Endergebnis kurz erläutern. Abb. 1: Der Londoner Karton (1498/ 1499), Leonardos Skizze von 1503 und die endgültige Version der Anna Selbdritt, 1509/ 10 (Paris, Louvre) (vgl. Wildgen, 2013 a: 100) Die Kompositionsversuche, insbesondere die Korrektur im mittleren Bild, betreffen die Körperbalance, die Hand- und Armbewegungen, sowie die Blicklinien. Diese bilden zusammen ein Vektorgefüge visuell vermittelter Kräfte, Bewegungen und Intentionen. In Abbildung 2 werden die Vektorkonstellationen der beiden Vorstudien verglichen (es gibt weitere Skizzen, die herangezogen werden könnten). 3 Die Klassifikation kann Werk- und Themengruppen über einen größeren Zeitraum verfolgen (siehe die Analyse der Abendmahl-Varianten in Wildgen, 2010 a und 2013 a). 76 Wolfgang Wildgen (Bremen) Man erkennt deutlich, wie Leonardo versucht, die vektorielle Struktur des bereits schön ausgeführten Kartons zu vereinfachen, diese Komposition korrigiert und schließlich zu einer überzeugenderen „ Lösung “ im endgültigen Bild gelangt, bei dem die Arm- und Blickbewegungen quasi parallel verlaufen und die Blickachsen von Anna, Maria, Jesus und dem Lamm zu einem Strang zusammenfügt werden. Allerdings wirkt die Position von Maria Abb. 2: Die Vektoren des Londoner Kartons (1498/ 1499) und in der Skizze von 1503 Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 77 auf dem Schoß ihrer Mutter Anna instabil bzw. für beide kräftezehrend. Für Leonardo war es jedoch wichtig, die Körper im Zustand der Bewegung wiederzugeben, um auf dieseWeise Seele und Intention bildlich wiederzugeben: Körper sollen nicht hölzern wie Gegenstände aussehen. Vergleiche der Vektorbilder in verschiedenen Fassungen des Themas bei Leonardo lassen die Tendenz einer Optimierung zentraler Gestaltprinzipien erkennen. Beispiel 2: Die Analyse der Hafenstadt als semiotischem Prototyp Der semiotische Typus der Zeichen in Architektur und Stadtentwicklung ist primär indexikalisch, d. h. der Interpret reagiert primär auf natürliche Sachverhalte und Dingvalenzen. Das daraus folgende Handeln (Ansiedlung, Bautätigkeit, Verkehr und Austausch) ist von dieser Zeichendeutung abhängig und verändert gleichzeitig die Umwelt, indem diese gestaltet wird. Dies eröffnet einen Zyklus von Interpretation und Handeln, welcher sehr komplexe Zeichengestalten hervorbringt, Man spricht in diesem Kontext von Selbstorganisation. Naturkatastrophen und massive Migrationen/ Eroberungen können die äußeren Bedingungen und deren Interpretation allerdings grundlegend verändern. Dies wird besonders bei der Kulturfolge in Lissabon (siehe Beispiel unten und Wildgen, 2013: 259ff und 2013 c) deutlich. Der Diskurs in der Architektur erfolgt wiederum auf verschiedenen Ebenen. Er beginnt mit derAuseinandersetzung des Architekten mit den Intentionen des Auftraggebers und mit den räumlichen (und ökonomischen) Rahmenbedingungen. In der weiteren Entwicklung werden die Nutzer des Gebäudes bzw. die Bewohner der Stadt in den Diskurs einbezogen. Bei öffentlichen Gebäuden (siehe die Rathausfassade in Bremen) sind sie sogar der Adressat des Skulpturenprogramms (siehe Wildgen, 2013 a: Kap. 9.2). Bei der langfristigen Entwicklung (Morphogenese) einer Stadt spielen geographische und ökonomische Faktoren eine große Rolle. Der Mensch führt quasi einen Diskurs mit der Natur, der Landschaft, dem Fluss, dem Meer und erkennt deren Valenz, die Handlungs- und Lebensmöglichkeiten an diesem Ort. Ich will dies anhand der Morphogenese von vier Hafenstädten erläutern (vgl. Wildgen, 2013 a: Kap. 9.1). Das grundlegende Merkmal einer Hafenstadt ist die Opposition: Land (Schutz) im Vergleich zu Wasser (Bewegung). Es impliziert die Verwendung von Booten und Schiffen, d. h. Boote kommen an und fahren ab, Schiffe werden gebaut (repariert), Waren werden transportiert und kommerziell genutzt (gestapelt, verkauft). Ein Marktplatz entsteht, schließlich werden Fabriken und Wohnungen für die Arbeiter und Angestellten gebaut. Solange die Zahl der beförderten und ausgetauschten Güter klein ist und ihre Verteilung keine Institutionen und Gesetze erfordert, ist das obige Schema ausreichend. Aber nachdem das Wirtschaftswachstum eine Überschussproduktion und die Lagerung von Waren sowie Handelsbeziehungen gestattete, wurde die Situation komplizierter. Mit dem gegenseitigen Austausch von Waren begann auch ein gemeinsames Wertesystem zu entstehen. Es wird implizit bereits in Handel und Tausch benützt, bewusst wird es mit dem Einsatz von konventionalisierten Wert-Marken, z. B. Geld und der Entstehung der schriftlichen Buchhaltung. Das erweiterte Schema der Interaktion hat drei oder vier stabile Zentren (Attraktoren): Das Schema der gegenseitigen Austausch (doppelte Gabe) und das Schema des Sendens (über ein Medium, vgl. Wildgen, 1982: 85 - 92, und 1994: 68 - 72, 129 - 138). 78 Wolfgang Wildgen (Bremen) Abb. 3: Das prozessuale Grundschema der Hafenstadt Das Anhäufen und Stapeln von Waren erforderte einen effektiven Schutz (gegen Diebe oder Piraten). Daraus ergab sich die äußere Form mit Wall/ Mauer, Graben und Toren. Die sich abzeichnende soziale Schichtung rief eine räumliche Differenzierung (Unterschiede der Häuser und Wohnungen) oder sogar die Absonderung (in Stadt-Vierteln) hervor. Das Wertesystem führte zur Festlegung wirtschaftlicher Standards, die in einer Stadt/ Region gültig waren, und zu Austausch-Strukturen zwischen Städten und Regionen; d. h. das semiotische System Geld und Verkehr wurde entwickelt und ausgebaut. Das kollektive Werte-System bewirkte die Konzentration von Werten in spezifischen Institutionen. Nach der Christianisierung wurden z. B. Kirchen, Klöster und Schlösser Konzentrationspunkte für die Anhäufung von Werten, die geschützt werden mussten. Die Rechte und Privilegien der verschiedenen Gruppen in den Städten oder sogar in einem Handels-Netz erforderten Gesetze, Gerichte und Verwaltungen. Was über die Jahrhunderte hinweg stabil blieb, waren die grundlegende Bedeutung von Land/ See und die Handelswege, sowie die Opposition Stadt/ Land. Die Dynamik der Interpretation von Land versus Fluss/ Meer und der anschließenden Siedlungs- und Bauentscheidungen kann an vier Beispielen illustriert werden: 1. Lissabon: Zwei Bäche führen zum Fluss zwischen zwei Hügeln und formen eine tiefe ebene Fläche (heute der Rossio-Platz im Zentrum). Der Fluss Tejo mündet ins Meer. 2. Paris: Eine Insel in der Seine, die zum Meer führt, und mehrere Hügel rund um einen flachen und sumpfigen Bereich (siehe das heutige Stadtviertel ’ Marais, d. h. Sumpf ). Eine Straße führt über den Fluss und über die Insel (Île de la Cité). 3. Bremen: Eine Dünenkette erstreckt sich entlang des Flusses, es gibt einen Nebenfluss, der sich als erster Hafen anbot, und zwei Fernwanderwege, einer von ihnen führt über den Fluss und über die Halbinsel. 4. Aarhus: Eine Küste (Ostsee) und ein Fluss. Umliegende Höhen betten eine ebene Fläche ein, die zum späteren Stadtzentrum wird. Ich gehe nur kurz auf den „ Diskurs “ der Christianisierung in Aarhus und wie er sich in der Entwicklung des Stadtbildes zeigt, ein. In Aarhus wurde eine Wikinger-Stadt auf der dreieckigen Fläche gebaut, die an zwei Seiten von Meer und Fluss begrenzt war. Die dritte flache Seite konnte künstlich durch einen Graben gesichert werden. Später bauten Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 79 christliche Missionare eine Kirche außerhalb dieses Bereiches; die sakrale Funktion konnte nach der Christianisierung ins Zentrum rücken, wie dies Abbildung 2 zeigt. Wegen der unterschiedlichen Ökosysteme und Populationen unterscheiden sich Hafenstädte in Europa in vielerlei Hinsicht. Die vier Städte, die verglichen wurden, können entsprechend ihrer unterschiedlichen Netzwerke und Bereiche in zwei Gruppen eingeteilt werden: 1. Das nördliche Europäische Netzwerk der Wikinger-Handelswege (ca. 1.000 n. Chr.) und der Händler der Hanse-Liga (1200 - 1500 n. Chr.) sind die Grundlage vieler Stadtgründungen und deren Entwicklung im Mittelalter und der Neuzeit. Aarhus und Bremen sind Beispiele dieser Entwicklung. Abb. 4: Ausgangssituation für den städtebaulichen Diskurs der Hafenstädte: Lissabon, Paris, Bremen und Aarhus Abb. 5: Morphogenese der Wikinger-Stadt Aarhus 80 Wolfgang Wildgen (Bremen) 2. Paris und Lissabon waren hauptsächlich von den städtischen Strukturen des römischen Reiches (seinen Kolonien) beeinflusst und wurden durch die mittelalterliche, christliche bzw. islamische Reorganisation und durch Modernisierungen seit dem 17. Jahrhundert weiter umgestaltet. Beide Städte wurden später entweder das Vorbild anderer moderner Hauptstädte (dies gilt besonders für Paris) oder wurden in Übersee-Gründungen nachgeahmt (dies gilt z. B. für Lissabon). Beispiel 3: Filmsemiotik und Diskurs. Analyse von Verfolgungsszenen im Action-Film Semiotisch steht im Film die ikonische Objektbeziehung im Vordergrund (wie in der Photographie, aus der sich der Film historisch ableitet). Der indexikalische Objektbezug kommt besonders bei der Wiedergabe von Verfolgung und Kampf zu Tragen. Kausalitätsattributionen sind dabei wesentlich für die Plausibilität des Geschehens; in Wildgen (2015) wird deshalb der Begriff: Filmphysik eingeführt. Im Film geschieht der erste und entscheidende Diskurs in der Planung und Herstellung des Films zwischen Auftraggeber (Verlag), Drehbuchautor, Regisseur, Kameramann u. a. Andere Filme, eventuell auch solche des gleichen Regisseurs/ Autors oder Konkurrenten, sowie die Geschichte des Films und der großen Stilrichtungen oder Genres bestimmen ein Diskursfeld, in dem sich der Film (bzw. die Filmschaffenden) positionieren müssen. Schließlich treten mit der Aufführung des Films die Filmkritiker und das Publikum in den Diskurs ein, und sei es nur dadurch, dass sie ihn zahlreich besuchen oder ignorieren. Im Action-Film sind wie es die Bezeichnung nahelegt, Handlungen, Konflikte, Kampf, Verfolgung die inhaltliche Essenz des Films. Ich werde deshalb in erster Linie Verfolgungsszenen und deren Höhepunkte (Kampfszenen) untersuchen (vgl. die ausführlichen Analysen zum Action-Film und zu den drei letzten James-Bond-Filmen; Wildgen, 2013 b und 2015). Für die Bewegungen, Beschleunigungen, Kampfinteraktionen ist ein geeignetes Beschreibungsraster zu entwickeln. Dabei zeigt sich, dass eine lineare Erfassung nicht ausreicht, der Raum spielt eine zentrale Rolle und Kräfte (antagonistische, protagonistische, neutrale) müssen erfasst werden. Ein einfacher Verfolgungsprozess (zu Pferd oder im Auto) ist linear; z. B. verläuft er entlang einer Straße (beim Auto) oder eines Weges/ Pfades (bei der Kutsche oder dem Reiter im Western). Erst wenn die beiden Protagonisten zusammentreffen, ergibt sich eine mehrdimensionale Mikrostruktur, etwas der Kampf um die Kutsche im Western oder die sich von der Straße drängenden Autos im James-Bond-Film. Der Bond-Film Ein Quantum Trost bringt bereits im Vorspann eine Autoverfolgungsjagd entlang des Gardasees und in den Steinbrüchen von Carrara. Die erste Spielszene des Films eskaliert das Verfolgungsthema und bettet es in die beginnende Erzählung ein. Die Eskalation erfolgt auf zwei Ebenen: Einerseits ist Siena der Ort, wo traditionell Pferderennen im Stadtzentrum ausgetragen werden. Andererseits kann der Gefangene fliehen und Bond verfolgt ihn über die Dächer von Siena. In Abbildung 6 werden Phasen der beiden parallelen, aber nicht ursächlich verbundenen Verfolgungen gezeigt. Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 81 Abb. 6: Pferderennen in Siena und Verfolgungsjagd Bonds 4 Die beiden Prozesse werden punktuell verbunden. Schließlich fallen beide Kontrahenten vom Glockenturm auf ein labiles Baugerüst mit einem sich drehenden Lastenaufzug und den Aufzugsseilen, die für einen Kampf in der „ Zirkuskuppel “ genützt werden. An dieser Stelle wird das Modell einer linearen Bewegung in der Fläche verlassen, die Bewegungen erfolgen pendelartig im Raum. Die Singularitäten, d. h. die Treffpunkte beider Akteure, werden dadurch komplizierter und schwerer zu erreichen. Das erweiterte Muster kann man als ein gekoppeltes Pendel beschreiben (wenn beide am Seil hangeln) oder als ein Doppelpendel (wenn sich der Balken, an dem das Seil hängt, bewegt). In Abbildung 7 werden anschauliche Modelle des gekoppelten und des doppelten Pendels (links) mit Kampfszenen in der Kuppel aus dem Bond-Film Ein Quantum Trost (rechts) in Verbindung gebracht. Mathematisch werden Pendelbewegungen in der Physik beschrieben und 4 Screen shots aus: http: / / screenmusings.org/ QuantumOfSolace/ index_19.htm#2035 Abb. 7: Gekoppelte Pendel (die beiden Seile) und Doppelpendel (der Arm an dem das Seil hängt schwingt seitlich) 82 Wolfgang Wildgen (Bremen) Pendelbewegungen sind sogar ein Prototyp physikalischer Bewegungs- und Stabilitätsphänomene. Doppelte Pendel sind Beispiele für chaotische Systeme und gekoppelte Pendel sind Paradebeispiele der Synergetik (vgl. Haken, 1996: 128 - 147 und Scott-Kelso und R ą czaszek-Leonardi, 2008). Eine lineare Text-Grammatik, etwa im Stil von Propps Märchenanalyse oder Greimas „ parcours “ in einem statischen „ carré sémiotique “ (vgl. Wildgen, 2010 b, Kap. 11) werden der räumlichen und dynamischen Komplexität des Action-Films nicht gerecht. Es ist deshalb notwendig wie in diesem Bespiel, raum- und dynamik-orientierte Kategorien zur Analyse heranzuziehen. Diese verweisen aber letztlich auf die naturwissenschaftliche Dynamik und deren mathematische Modelle, z. B. auf die Theorie dynamischer Systeme (vgl. Wildgen, 2005). Diesen Aspekt haben wir in der Analyse nur angedeutet. Semiotik und musikalischer Diskurs Die semiotische Behandlung der Musik leidet darunter, dass die Vordenker der Semiotik um 1900, Peirce und Saussure, primär an die epistemologischen und logischen Aspekte von Zeichen (Peirce) oder an sprachliche Zeichen (Saussure) dachten. Dies gilt auch noch für Carnap, Cassirer und Morris. Visuelle, musikalische (sowie taktile, olfaktorische) Zeichen mussten in das entsprechende Prokrustesbett für Wissenschaft oder Sprache gepresst werden. Ähnliches gilt für den Diskurs. Morris (1980: Kap. V) unterscheidet 16 Diskurstypen nach deren Signifikationsmodus und Gebrauch. Er nennt sie „ Sprachspezialisierungen “ (ibidem: 215) und denkt dabei ausschließlich an sprachliche Diskurse. Tarasti (1983: 1790) schlägt zwar vor, innerhalb dieser Systematik den „ musical discourse “ einzuführen (in Nachbarschaft zu dem von Morris vorgeschlagenen: „ ideological “ und „ technological discourse “ ), erweitert den Theorierahmen aber nicht systematisch. Ebenfalls mit Bezug auf Morris schlägt Hess-Lüttich (2006) vor, Musik als primär syntaktisch zu charakterisieren (innerhalb der Dreiteilung von Morris: Syntagmatik, Semantik und Pragmatik). Die fehlende denotative Bedeutung wird durch eine aus der Syntax der Musik ( „ repetition, sequence, continuation, transition, contrast, similarity, difference etc. “ ; ibidem) abzuleitende „ Bedeutung “ ersetzt. Wie bei der visuellen Semiotik erscheint es dagegen dringend notwendig, sich von den Betrachtungsfolien Logik und Sprache zu lösen. Koelsch (2012: 158) charakterisiert die Musik damit, dass sie wesentlich auf einen Grundtypus von „ nonconceptual meaning “ rekurriert und negativ damit, dass die aussagelogischen Grundrelationen: Wahrheitswert, Konnektor, Quantor, Modale keine Rolle spielen, d. h. eine „ Logik der Musik “ gibt es nicht. Colomb (1983) weist darauf hin, dass wegen der Dominanz der denotativen Funktion in der Sprache die akustische Komplexität in der Sprache reduziert ist. Es reicht aus, wenn klare Segmentationen und Lautklassen akustisch und auditiv markiert sind. Die Musik entfaltet dagegen die Textur des Lautes ( „ sound texture “ ) gemäß der Vielfalt der Dimensionen und in maximaler Komplexität. Dabei sind Segmentationen variabel und können auch vom Interpreten (noch radikaler vom Hörer) geändert werden, d. h. Musik ist nicht vorweg diskret (zerhackt) wie die Sprache, kann aber im Diskurs mit aktual erzeugten Grenzen versehen werden. Dies ist besonders in der indischen Musik und im Blues oder Jazz deutlich. Zur indischen Musik (Hindustani und Karnatik) sagt Kühl (2007: 178): Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 83 „ Each scale step must be approached and abandoned in a certain way. It is required to apply the proper ornamentation or embellishment, which could be a glide from one note to the next, a specific shake, trill or quaver of the note, a more elaborate pattern of notes or any combination of these. ” Zum Blues bemerkt er (ibidem: 179): „ an accomplished master of the delta Blues, like B. B. King, is able to shape his music with subtle inflections and bends, evoking a unique feeling in each blues. “ Der Zuhörer kann als Teilnehmer am musikalischen Diskurs wie der Bildbetrachter aus einer Menge angebotener Eindrücke frei auswählen, quasi in einem Zufallsverfahren, das bei jedem Zuhörer anders ist. 5 „ The selection occurs in a non-linear fashion − we pick up a word here, a rhythm there − opposed to textual semantics, where understanding supposedly develops in time and on the surface level as the text unfolds. ” (Kühl, 2007: 476) Im Vergleich zu visuellen Zeichen (z. B. im Film) haben musikalische Zeichen eine sehr hohe zeitliche Auflösung. Spitzer (2009: 78) bemerkt, dass wenn diese noch feiner wäre, wir das Rauschen der Moleküle hören würden, was nicht angenehm wäre. Den Ortskarten, welche das Gehirn anhand der visuellen Information herstellt, entsprechen Frequenzkarten im Hörsystem. Ansonsten arbeiten beide zerebrale Systeme in vergleichbarer Weise. Insofern kann man die visuelle und die musikalische Zeichenverarbeitung zwar nicht auf der sensomotorischen aber auf der zerebralen Seite als strukturell und dynamisch ähnlich ansehen. Die Sprache unterscheidet sich dagegen von beiden durch den Vorrang des denotativen Modus, was sich auch an unterschiedlichen Gehirn-Prozessen zeigt. Auf der Diskursebene lässt sich die Musik besser als auf der morphologischen oder lexikalischen Ebene mit der Sprache vergleichen. Insbesondere sind vergleichbar: „ well defined beginnings and ends, such as pauses, pitch contour, dynamic stress and rhythmic patterning ” (nach Krumhansl , 1996; zitiert in Koelsch, 2012: 183). Der musikalische Diskurs erfolgt auf verschiedenen Ebenen: 1. Der Musikschaffende (Komponist, improvisierender Interpret, anonymer Liedautor) tritt in eine Diskursbeziehung zu anderen Schaffenden und deren Werken, indem er Elemente übernimmt (zitiert oder variiert) oder sich davon distanziert. Dies ist vergleichbar mit unserer Analyse der thematischen Variationen eines visuellen Themas bei Leonardo da Vinci (Beispiel 1). 2. Wird die Musik in der Gruppe (Blues-Trio, Streichquartett, Orchester oder Chor) aufgeführt, findet ein Diskurs zwischen den Musikern statt, der sich spontan in der Ausführung entwickeln kann (etwa im Jazz bei einer neuen Gruppierung) oder vom Dirigenten angeleitet wird (im Orchester). 3. Der Diskurs mit dem Zuhörer, dem Publikum (indirekt den Kunden). Der Zuhörer kann durch Beifall, Desinteresse oder Missfallensäußerungen reagieren. Stellvertretend 5 Auch beim Lesen bewegt sich das Auge nicht streng linear von Buchstabe zu Buchstabe und Alltagsgespräche werden ebenso wie Musik sehr selektiv wahrgenommen, quasi häppchenweise. Dieser Aspekt wird literarisch im Sprechtheater (z. B. von Peter Handke) hervorgehoben. 84 Wolfgang Wildgen (Bremen) können Kritiker für die (potentiellen) Zuhörer reagieren. Als Mediatoren fungieren Musikverlage und heute das Internet. Die Musikgeschichte zeigt die historische Komplexität der musikalischen Diskurse, deren Langzeitwirkung und die Vielfalt im Einzelnen auf. Ich möchte die klassischen und technisch komplexen musikhistorischen Analysen vermeiden und nehme deshalb als Beispiel die Musikgattung Blues (und deren Folgen im Jazz). Geleichzeitig erlaubt dieses Beispiel einige Querbezüge zu synkretistischen Prozessen in der Sprache (Pidgins und Kreols) und der Religion und gibt damit Hinweise auf tiefere Gemeinsamkeiten der symbolischen Formen. Beispiel 4: Der Blues. Semiotische Charakteristik und Diskursebenen Der Diskurscharakter des Blues geht auf die ursprünglichen die Arbeit begleitenden Shouts zurück, die ihrerseits im „ afrikanischen Wechselgesang von Anrufung und Beantwortung “ ihre Wurzeln haben (LeRoy, 1963: 90); allerdings sind auch europäische Balladen häufig nach dem Muster Erste Zeile - Wiederholung (mit Variation) - letzte Zeile aufgebaut. Hier treffen sich also afrikanische und europäische Diskursmuster des Gesangs. Der melodische Aspekt ist ebenfalls ein Hybrid aus einer afrikanischen Pentatonik, wobei die fehlenden Töne zum europäischen Melodiemuster durch „ blue notes “ ersetzt werden und damit eine ambivalente Form zwischen Dur und Moll ergeben. Dies ergibt die typische Blues- Stimmung zwischen Trauer und Freude. Der Rhythmus ist ebenfalls ein Hybrid von europäischer Marschmusik (die besonders in der napoleonischen Zeit und in den Südstaaten beliebt war) und einer afrikanischen Polyrhythmik, welche die Offbeats betont und durch rhythmische Variation eine Spannung zwischen Gleichmaß der Zeit und deren Auflösung erzeugt. Als Stabilitätsmuster dient das vielfach zu variierende Bluesschema (vgl. die Rolle einer konventionellen Matrix bei Nattiez, 1983: 1726). 6 Das Schema beginnt mit Tonika (I) bewegt sich hin zum zweiten Zentrum, der Sub-Dominante (IV), zurück zur Tonika und schließlich zum dritten Zentrum, der Dominante (V) und zurück zu Tonika. Von diesem Schema gibt es zahllose Varianten; außerdem können sich die Instrumente und Musiker abwechseln. Dennoch bleibt ein wiedererkennbares diskursives Muster erhalten. War der Blues bereits eine Weiterentwicklung einfacher Formen aus der Zeit der Plantagengesellschaft und Sklaverei (Shouts, Chants, Holler) in der Übergangszeit nach der Sklaven-Emanzipation, so entwickelte der Jazz diese Charakteristik weiter. Insbesondere in der Improvisation und den ausgiebigen 6 „ matrice conventionnelle “ , c ’ est-à-dire l ’ ensemble des possibilités positives et négatives dont un compositeur dispose au moment où il se met à écrire » Abb. 8: Blues-Schema in C-Dur (am Beispiel: Why I sing the Blues, http: / / de.pluspedia.org/ wiki/ 6_String_Theory) Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 85 Variationen wird das musikalische Potential sowohl der (hinzugefügten) Instrumente 7 als auch des musikalischen Raums mit allen Zwischenstufen und Übergängen ausgebaut. Kühl (2007: 45) nennt u. a. die folgenden Dimensionen der menschlichen Musikrezeption: „ Rhythm, Tempo, Melodic phrase, Form, Vocal quality, Micropitch, Timbre, Harmony “ . Die meisten sind skalar, kontinuierlich organisiert; in der Improvisation kann in diesem Kontinuum navigiert werden, 8 wobei die Form im Akt entsteht und weniger als die Orchestermusik von der Musiknotation, die ja sprachähnlich ist, abhängt (die frühen Blues- und Jazz-Musiker waren so wie in Europa die Flamenco-Musiker notenunkundig, d. h. ausschließlich auditiv oder durch ihr musikalisches Handeln sozialisiert). Insofern kehrt der Jazz zur eigentlichen Natur des Musizierens zurück und entzieht sich der logozentrischen Domestizierung; dies machte seine Provokation (in Europa und im weißen Amerika) und auch seine Faszination aus. Vgl. die Jazz-Kommentare von Boris Vian im Nachkriegsfrankreich (Vian, 1967). 9 Der Ursprung des Blues aus einer Hybridisierung westafrikanischer, karibischer und europäischer Musikkulturen und die weiteren Entwicklungen im Jazz sind eine interessante Parallele zur Geschichte der Pidgin- und Kreolsprachen. Im Kontakt und Konflikt der Kulturen bei gleichzeitigen massivem Verlust hoch entwickelter Ausprägungen wird Raum geschaffen für die Basiskräfte musikalischer Gestaltung und damit wird exemplarisch der Blick frei auf die gattungsspezifischen Grundlagen menschlicher Musikalität (vgl. zur Kreolgenese Wildgen, 2010 c). Fazit Die Semiotik überdacht den Diskurs, insofern sie generell das Symbolverhalten des Menschen thematisiert und zwar in den unterschiedlichen Symbolformen: Sprache, Mythos, Kunst (visuelle Kunst, Musik, Tanz), Wissenschaft usw. Die Text-/ Textur-Manifestationen sind Makroformen und komplexe Symbolorganisationen; Diskurse sind deren Einbettung in soziales Handeln und institutionelle Praktiken (Foucault). In der Konsequenz sind auch Diskurse ohne Sprache oder mit Sprache als begleitendem Anteil ins Auge zu fassen. Bei dieser Überschreitung des Bereiches der klassischen Grammatik und Rhetorik wird die Semiotik mit ihren Konzepten und Instrumentarien zur notwendigen Stütze. Allerdings ist sie jenseits der klassischen Zeichendefinitionen und - klassifikation bei Peirce 7 In Westafrika (besonders Gambia und Senegal) gab es ein Instrumententrio: Geige (riti), Laute (loanga) und Tamburin (calabash), das als Vorbild für die klassischen Blues-Trios mit Fiedel, Banjo, Trommel dienen konnte. Die Bezeichnung Banjo ist ab 1678 in Martinique belegt. Später wurde das Banjo durch die Gitarre, im Jazz durch die lauteren E-Gitarren verdrängt. Vgl. zum afrikanischen Ursprung des Blues Coolen (1982). 8 Von einem Kontinuum ist auch in der Ethno-Musikologie die Rede. Manchmal wird in den Ethnien gar nicht zwischen Tanz, Singen und Musik unterschieden (vgl. Nattiez, 1990: 58 ff ) und die musikalischen Äußerungen sind wesentlich freier und von vorgegebenen strengen Mustern unabhängiger als in den westlichen Musik- Kulturen. Insbesondere mit der Einführung der Notenschrift und einer systematischen Ausbildung der Musiker wird die Musik sprachähnlicher, da in der Rationalisierung des Musikunterrichts Sprache eine wichtige Rolle spielt. In der Terminologie von Morris gehört der Instrumentalunterricht zum „ technologischen Diskurs “ . 9 Von 1941 bis 1951 war Vian als Jazz-Musiker in Paris tätig, die Text-Beiträge wurden von 1947 bis 1958 in der Zeitschrift Jazz Hot publiziert. 86 Wolfgang Wildgen (Bremen) und Saussure weiter zu entwickeln, wobei philosophisch die Kultur- und Symboltheorie Cassirers eine gute Basis darstellt; formal muss sie über die Logik hinausgehen und moderne Zweige der Mathematik, etwa die qualitative Dynamik (Morphodynamik) von Thom, die Chaostheorie und fraktale Geometrie (Mandelbrot) sowie die Selbstorganisationstheorie im Kontext der Synergetik (Haken-Kelso-Bunz-Modell) 10 als Theoriehintergründe nützen. Die Diskussion der semiotischen und diskursiven Aspekte hat zu folgenden Einsichten geführt: 1. Spezifische Aspekte der Semiotik, wie Multimodalität, ein dynamischer Objektbezug der Zeichen und die Semiogenese sind auch für die Diskursanalyse im engeren und weiteren Sinn von zentraler Relevanz. Semiotische Methoden schöpfen aus einem interdisziplinären Reservoir von den Kunst- und Sozialwissenschaften bis zur Biologie/ Physik und bieten die Perspektive einer interdisziplinären Integration. 2. Logische und formale (mathematische) Modell-Rahmen bestimmen und beschränken häufig die Basiskonzepte und Fragestellungen der Semiotik und die Diskursanalyse. Dies ist hilfreich, kann aber auch eine Einschränkung, gar Bevormundung in der wissenschaftlichen Praxis ergeben. Dieser Gefahr ist durch ein Erproben verschiedener formaler Techniken zu begegnen. Im Visuellen bieten sich Geometrie und Topologie an, bei der Musik mathematische Methoden, die aus derAkustik und, Psychoakustik stammen (etwa Fourier-Analyse und die Dynamik gekoppelter Resonanzkreise). 3. Aspekte der Genese (evolutionär, historisch, ontogenetisch und aktualgenetisch) sind entgegen dem Verdikt gegen die Diachronie im Strukturalismus anhand von stärker dynamischen und kontextbezogenen Methoden ins Zentrum der Semiotik zu rücken. Dieser Aspekt ist aber wie die Geschichtswissenschaft und Archäologie zeigen, nur schwerlich einer überwiegend beobachtenden oder gar experimentellen Kontrolle zugänglich und fußt auf plausiblen, mit den verfügbaren Daten kompatiblen Rekonstruktionen. 4. In der visuellen Semiotik (Bild, Film, Architektur, Bekleidung, Design usw.) sind raum- und bewegungsbezogene Begriffsbildungen und entsprechende Methoden notwendig und zentral. Dies erfordert eine methodische Innovation und Begriffssysteme, die sich an Modellen der Topologie und dynamischen Systemtheorie orientieren. In der Architektur und im Städtebau sind sowohl Bezüge zum Raum als auch zur materiellen Beschaffenheit (Baumaterialien, Landschaft) semiotisch grundlegend. Kulturelle Festlegungen überlagern oder verdrängen sich über längere Zeiträume. Im Film sind ebenfalls Raumaspekte zentral; es geht aber vordringlich um eine semiotische Beherrschung von Zeit (Bewegung, Handlung, Konflikt). 5. In der Musik-Semiotik gibt es zwar Überschneidungen mit der Sprache (etwa im Lied und in der Vokalmusik), der Raum möglicher akustischer Gestaltungen ist aber viel reicher und komplexer, da die Musik weitgehend von der denotativen Funktion der Sprache befreit ist. Es gibt kontinuierliche Skalen, die spontan in der Ausführung segmentierbar und variierbar sind. Das diskursive Moment ist besonders im Jazz stärker ausgeprägt als 10 Das seit 1985 entwickelte Modell kombiniert mathematische Ansätze der Synergetik (Haken) mit experimentalpsychologischen Studien von Scott Kelso und anderen. Es befasst sich hauptsächliche mit komplexen Bewegungskoordinationen. Siehe Scott Kelso und R ą czaszek-Leonardi (2008) sowie: http: / / www.scholarpedia. org/ article/ Haken-Kelso-Bunz_model Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 87 in der Sprache. Notenschriften und sprachabhängiger Musikunterricht bringen Musik und Sprache in eine kulturabhängige Nähe, während die Befreiung der instrumentellen Musik von den vokalen und religiösen Traditionen diese Abhängigkeit seit dem 19. Jh. in Europa verringert hat. Insgesamt ist eine über die Sprache hinausreichende Diskursforschung weitgehend kompatibel oder, was die thematisierten Phänomene betrifft, gar identisch mit einer Semiotik, die sich von den begrifflichen Engstellungen bei Peirce und Saussure befreit und systematisch dynamische und räumliche Aspekte erfasst. Die konzeptuell autonome Bearbeitung der visuellen, musikalischen (olfaktorischen, gustativen, taktilen usw.) Zeichenerzeugung und - nutzung und die Entwicklung von Instrumentarien, welche diesen Modalitäten angemessen sind, ist ein Desiderat in beiden Forschungsrichtungen. Forschungsliteratur Agha, Asif (2007): Language and Social Relations. Cambridge: Cambride U. P. Alkemeyer, Thomas und Paula-Irene Villa (2010): „ Kritische Anmerkungen zu Diskurs- und Gouvernementalitätsforschung aus sujektivationstheoretischer und praxeologischer Perspektive “ . In: Johannes Angermüller und Silke van Dyk (Hgg.): Diskursanalyse meets Gouvernementalitätsforschung. Perspektiven auf das Verhältnis von Subjekt, Sprache, Macht und Wissen. Frankfurt: Campus, 315 - 335. Bateman, John A. (2014): Text and Image. A Critical Introduction to the Visual/ Verbal Divide. London: Routledge. Bourdieu, Pierre (1980): Le sens pratique (besonders Kap. 7 : Le capital symbolique). Paris : Les Editions de Minuit. Bröckling, Ulrich und Susanne Krasmann (2010): „ Ni méthode, ni approche. Zur Forschungsgeschichte der Gouvenementalitätsstudien mit einem Seitenblick auf Konvergenzen und Divergenzen zur Diskursforschung “ . In: Johannes Angermüller und Silke van Dyk (Hgg.): Diskursanalyse meets Gouvernementalitätsforschung. Perspektiven auf das Verhältnis von Subjekt, Sprache, Macht und Wissen. Frankfurt: Campus, 23 - 42. Colomb, Harai (1983): “ Function-Reversal of Similar Subsystems in Different Auditory Temporal Systems of Communication: The Role of Pitch and Timbre in Music and Language ” . In: T. Borbé (Hg.), Semiotics Unfolding, III, 1643 - 1646. Coolen, Michael Theodore (1982): “ The Fodet: A Senegambian Origin of the Blues ” . In: The Black Perspective on Music 10 (1), 69 - 84. Foucault, Michel (2003): „ Macht und Wissen “ . In: Idem. Schriften in vier Bänden. Dits et ècrits, Bd. III, Frankfurt/ Main: Suhrkamp), 515 - 534. Haken, Hermann (1996): Principles of Brain Functioning. A Synergetic Approach to Brain Activity, Behavior, and Cognition. Berlin: Springer. Harris, Zellig Sabatai (1952): „ Discourse Analysis “ . In: Language, 22 (3), 1 - 30 (deutsche Übersetzung: In: Elisbeth Bense, Peter Eisenberg und Hartmut Haberland (Hgg.) (1976): Beschreibungsmethoden des amerikanischen Strukturalismus. München: Hueber), 261 - 298. Hasse, Jürgen (2014): Was Räume mit uns machen - und wir mit ihnen. Kritische Phänomenologie des Raums. München: Karl Alber. Jørgensen, Marianne W. und Phillips, Louise J. (2006): Discourse Analysis as Theory and Method. London: Sage. 88 Wolfgang Wildgen (Bremen) Hess-Lüttich, Ernest W. B. (2006): “ The Language of Music, Gaze and Dance. Benjamin Britten ’ s Opera Death in Venice “ . In: trans. Internet Zeitschrift für Kulturwissenschaften, 16; Internetquelle: http: / / www.inst.at/ trans/ 16Nr/ 07_1/ hess-luettich16.htm. Koelsch, Stefan (2012): Brain & Music. Chichester: Wiley-Blackwell. Kühl, Ole (2007): Musical Semantics. Bern: Lang. Klemperer, Victor (1996): LTI. Notizbuch eines Philologen. Leipzig: Reclam. Kress, Guenther und Theo van Leeuwen (1996): Reading Images: The Grammar of Visual Design. London: Routledge. Krumhansl, C. L. (1996): “ A Perceptual Analysis of Mozart ’ s Piano Sonata K. 282: Segmentation, Tension, and Musical Ideas ” . In: Music Perception 13: 401 - 432. Labov, William (2001): Principles of Linguistic Change. Social Factors. Oxford: Blackwell. LeRoi, Jones (1963): Blues People. Schwarze und ihre Musik im weißen Amerika. Darmstadt: Melzer. Meier, Stefan (2014): Visuelle Stile. Zur Sozialsemiotik visueller Medienkultur und konvergenter Design-Praxis. transcript: Bielefeld. Merker, Björn (2001): “ Synchronous Chorusing and Human Origins ” . In: Nils, L. Wallin, Björn Merker, and Steven Brown (Hgg.) The Origins of Music, Bradford Book. Cambridge (Mass.): MIT-Press. Morris, Charles Williams (1981): Zeichen, Sprache und Verhalten. Ullstein: Frankfurt am Main. Nattiez, Jean-Jacques (1983) : « à propos de Schoenberg : Les problèmes de la construction du modèle poétique en sémiologie musicale ». In: T. Borbé (Hg.), Semiotics Unfolding, III: Berlin: Mouton, 1717 - 1731. Nattiez, Jean-Jacques (1990): Music and Discourse. Toward a Semiology of Music. Princeton: Princeton U. P. Pike, Kenneth L. (1967): Language in Relation to a Unified Theory of the Structure of Human Behavior. Mouton: The Hague. Scott Kelso J. A. und Joanna R ą czaszek-Leonardi (2008): “ Reconciling Symbolic and Dynamic Aspects of Language: Toward a Dynamic Psycholinguistics ” . In: New Ideas in Psychology 26 (2), 193 - 207. Spitzer, Manfred (2009): Musik im Kopf. Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk. Stuttgart: Schattauer. Tarasti, Eero (1983): Toward a Structural Semantics of Music: Reflections on the Logic of Musical Discourse, in: T. Borbé (Hg.), Semiotics Unfolding, III: 1791 - 1798. Tomasello, Michael (2011): Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation. Frankfurt/ Main: Suhrkamp Taschenbuch. Vian, Boris, 1967. Chroniques de Jazz, hrsg. von Lucien Malson. Paris : Union Générale d ’ Éditions (édition 10/ 18). Wildgen, Wolfgang (1982): „ Zur Dynamik lokaler Kompositionsprozesse. Am Beispiel nominaler ad hoc-Komposita im Deutschen “ . In: Folia Linguistica 16, 297 - 344. Wildgen, Wolfgang (1994): Process, Image, and Meaning. A Realistic Model of the Meanings of Sentences and Narrative Texts. Amsterdam: Benjamins. Wildgen, Wolfgang (1998): Das kosmische Gedächtnis. Kosmologie, Semiotik und Gedächtnistheorie im Werke von Giordano Bruno (1548 - 1600). Frankfurt: Lang. Wildgen, Wolfgang (2004): The Evolution of Human Languages. Scenarios, Principles, and Cultural Dynamics. Amsterdam: Benjamins. Wildgen, Wolfgang (2005): Das dynamische Paradigma in der Linguistik (= e-book auf der Basis von Teil I von: Wildgen and Mottron (1987). E-book: Bremen: Staats- und Universitätsbibliothek. Wildgen, Wolfgang (2008): Kognitive Grammatik. Klassische Paradigmen und neue Perspektiven. de Gruyter, Berlin. Wildgen, Wolfgang (2010 a): “ Geometry and Dynamics in the Art of Leonardo da Vinci. ” In: Cognitive Semiotics 5, 1 - 30. Semiotik und multimodaler (visueller und musikalischer) Diskurs 89 Wildgen, Wolfgang (2010 b): Die Sprachwissenschaft des 20. Jh.s: Versuch einer Bilanz. de Gruyter. Berlin. Wildgen, Wolfgang, 2010 c. „ Kreol-Genese und kreolische Identität (am Beispiel von Martinique) “ . In: Stolz, Thomas; Ruigendijk, Esther and Trabant, Jürgen (Hgg.), Linguistik im Nordwesten. Beiträge zum 1. Nordwestdeutschen Linguistischen Kolloquium. Bochum: Brockmeyer, 57 - 78. Wildgen, Wolfgang (2013 a): Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren. Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt. transcript, Bielefeld. Wildgen, Wolfgang (2013 b): „ Erzählung und Action im James Bond-Film: Ein Quantum Trost “ . In: Bateman, John, Matthis Kepser und Markus Kuhn (Hgg.). Film, Text, Kultur. Beiträge zur Textualität des Films. Marburg: Schüren), 321 - 345. Wildgen, Wolfgang, 2013 c. „ Vergleichende Semiotik von vier Hafenstädten (Paris, Lissabon, Aarhus, Bremen) “ . In: Aina Urdze & Natalya Levkovych (Hgg.): Linguistik im Nordwesten. Beiträge zum 4. Nordwestdeutschen Linguistischen Kolloquium, Bremen, 02. - 03. Dezember 2011. (Diversitas Linguarum 36). Bochum: Brockmeyer, 1 - 16. Wildgen, Wolfgang (2014): „ Interaktion und Semiogenese “ . Vortrag anlässlich des 14. Kongress der DGS, Tübingen, 24. 05. 2014. (Präsentation im Internet). Wildgen, Wolfgang (2015): “‘ Movie physics ’ or dynamic patterns as the skeleton of movies ” . Erscheint 2016 in: Wildfeuer, Janina u. a. (Hg.). Film Text Analysis. Routledge, London. Wildgen, Wolfgang [in Press]: Musiksemiotik: musikalische Zeichen, Kognition und Sprache. Würz burg: Königshausen & Neumann. Wildgen, Wolfgang und Laurent Mottron (1987): Dynamische Sprachtheorie. Sprachbeschreibung und Spracherklärung nach den Prinzipien der Selbstorganisation und der Morphogenese. Bochum: Brockmeyer. Wildgen, Wolfgang und Martina Plümacher (Hgg.) (2009): Prägnanter Inhalt - Prägnante Form. Themenheft der Zeitschrift für Semiotik 31 (1 - 2). Tübingen: Stauffenburg. Wildgen, Wolfgang und Per Aage Brandt (Hgg.) 2010. Semiosis and Catastrophes. René Thom's Semiotic Heritage. Bern: Lang. 90 Wolfgang Wildgen (Bremen) -