eJournals Kodikas/Code 31/1-2

Kodikas/Code
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
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Die heute dominanten grammatiktheoretischen Konzeptionen des Formalismus (Chomsky 1995, Legendre 2001 u.a.) und des Funktionalismus (Lockwood et al. 2000, Halliday 2004 u.a.) haben ihre Genese in Positionen des frühen Strukturalismus, wiederum gründend in der Sprachphilosophie des neunzehnten Jahrhunderts. Beide modernen Positionen sind das Resultat einer Zergliederung ursprünglicher Dualismen und einseitiger Rezeption der Vorgänger; sie erschöpfen sich – häufig – in prinzipieller Opposition und gegenseitigen Legitimationsbemühungen: "ein echter Kirchenstreit, bei dem beide Seiten sich auf dieselben Heiligen Schriften beziehen, um sich dann besser die Köpfe im Namen von Sankt Humboldt einschlagen zu können" (Trabant 1998). Mangelnde Rezeption sowohl der frühen Schriften Humboldts (1820 u.a.) als auch des Nachlasses Saussures (1891 – 1911) jenseits des "Cours linguistique générale" begünstigen diesen Zustand: Beide Schulen vergessen ihren gemeinsamen begrifflich-konzeptionellen Ursprung und fokussieren nur je eine Seite des linguistischen Gegenstandes, ob nun ergon oder energeia, competence oder performance. Aporien und jeweils begrenztes explanatives Potential beider Ansätze liegen hierin begründet. Zu selten beachtete, gleichwohl in ihrer Nichtbeachtung frustrierende These ist, dass "There is no a priori incompatibility between adopting a functional point of view on the one hand, and trying to apply a consistent system of formalization on the other." (Bolkestein 1993). Diese Arbeit zeigt, welche fundamentalen Probleme die sich als polar betrachtenden Grammatikmodelle bewahrt haben, ausgehend von Entwicklungen des generativ-formalen Paradigmas in der Folge Bloomfields (1933) einerseits und des extern-funktionalistischen in derjenigen Trubetzkoys (1939) andererseits. Versucht wird zu zeigen, auf Grund welcher inhärenten Anknüpfungspunkte sich der Zweiklang von Minimalistischem Programm und Optimalitätstheorie einer Funktionalen Grammatik zur Wiedergewinnung der komplementären Konzeption von Sprachbetrachtung annähern könnte – et vice versa – und sollte.
2008
311-2

Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure

2008
Lars Meyer
Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure Potential und Aporien zwischen Sprachphilosophie und Linguistik Lars Meyer Die heute dominanten grammatiktheoretischen Konzeptionen des Formalismus (Chomsky 1995, Legendre 2001 u.a.) und des Funktionalismus (Lockwood et al. 2000, Halliday 2004 u.a.) haben ihre Genese in Positionen des frühen Strukturalismus, wiederum gründend in der Sprachphilosophie des neunzehnten Jahrhunderts. Beide modernen Positionen sind das Resultat einer Zergliederung ursprünglicher Dualismen und einseitiger Rezeption der Vorgänger; sie erschöpfen sich - häufig - in prinzipieller Opposition und gegenseitigen Legitimationsbemühungen: “ein echter Kirchenstreit, bei dem beide Seiten sich auf dieselben Heiligen Schriften beziehen, um sich dann besser die Köpfe im Namen von Sankt Humboldt einschlagen zu können” (Trabant 1998). Mangelnde Rezeption sowohl der frühen Schriften Humboldts (1820 u.a.) als auch des Nachlasses Saussures (1891-1911) jenseits des “Cours linguistique générale” begünstigen diesen Zustand: Beide Schulen vergessen ihren gemeinsamen begrifflich-konzeptionellen Ursprung und fokussieren nur je eine Seite des linguistischen Gegenstandes, ob nun ergon oder energeia, competence oder performance. Aporien und jeweils begrenztes explanatives Potential beider Ansätze liegen hierin begründet. Zu selten beachtete, gleichwohl in ihrer Nichtbeachtung frustrierende These ist, dass “There is no a priori incompatibility between adopting a functional point of view on the one hand, and trying to apply a consistent system of formalization on the other.” (Bolkestein 1993). Diese Arbeit zeigt, welche fundamentalen Probleme die sich als polar betrachtenden Grammatikmodelle bewahrt haben, ausgehend von Entwicklungen des generativ-formalen Paradigmas in der Folge Bloomfields (1933) einerseits und des extern-funktionalistischen in derjenigen Trubetzkoys (1939) andererseits. Versucht wird zu zeigen, auf Grund welcher inhärenten Anknüpfungspunkte sich der Zweiklang von Minimalistischem Programm und Optimalitätstheorie einer Funktionalen Grammatik zur Wiedergewinnung der komplementären Konzeption von Sprachbetrachtung annähern könnte - et vice versa - und sollte. Einleitung Die Linguistik zerfällt in zwei Lager - den Beginn der Frontenbildung findet man spät, irgendwo zwischen dem Aufkommen des Kognitivismus und der bald folgenden Pragmatischen Wende. Das Trennende der Konzeptionen des Funktionalismus und des Formalismus ist ihr Sprachbegriff und ihre Uneinigkeit darüber, von welcher Seite man den damit bezeichneten Gegenstand befüllt und betrachtet. Zentrale Vorläufer der Disziplin, die Sprachphilosophien Humboldts und Saussures, haben die Trennung innerhalb des Sprachbegriffs K O D I K A S / C O D E Ars Semeiotica Volume 31 (2008) No. 1 - 2 Gunter Narr Verlag Tübingen Lars Meyer 30 nicht als solche behandelt: Vielmehr herrschen hier noch harmonische Dualismen vor, im Werk Humboldts eher als in dem seines Nachfolgers, bei dem die Begriffe schon deutlicher auseinander driften. In den beiden ersten Teilen soll anhand der Primärtexte kritisch diese mehr oder weniger einheitliche begriffliche Basis dargestellt werden. Im dritten und vierten Teil werden die Resultate der Zergliederung der ursprünglichen Dualismen kritisch untersucht. Deutlich werden sich dabei in beiden Fällen isolierte Elemente der beiden sprachphilosophischen Konzeptionen der ersten beiden Teile wiederauffinden lassen. Geschieht dies, wird das Potential zu einer Ausdehnung der einseitigen Begrifflichkeit und ihrer methodischen Resultate ausgelotet. Die These, dass die beiden verfeindeten Lager sich nicht prinzipiell inkompatibel ausnehmen, sondern meist nur - oft aus einer zu engen Vorstellung des linguistischen Gegenstandes - so dargestellt werden, soll im Endteil anhand der Analysen der Grammatikmodelle belegt werden. Die zentralen Hindernisse und Lösungsmöglichkeiten der oppositionellen Schulen durchziehen die Zeilenzwischenräume der gesamten Arbeit und werden abschließend erneut exponiert. 1 Eine Dichotomie Wilhelm von Humboldts: ergon und enérgeia Begibt man sich im Werk Humboldts auf die Suche nach mit der im zweiten Absatz besprochenen Konzeption korrespondierenden Termini, drängt sich das Bild einer Hydra auf: Ist ein Begriff erst einmal interpretiert, wird plötzlich und scheinbar sorglos in gleichem oder ähnlichem Sinnzusammenhang ein neuer, traditionell vorbelasteter eingeführt. Am Besten in die heute verbreitete Sicht der Dinge passt die hier verwendete Dichotomie, auch wenn sie weder immer korrekt angewandt wird noch polar zu nehmen ist. Zu jedem Begriff Humboldts ließe sich eine Tabelle mit Synonymen anlegen; oft erzeugen Reste romantischen Überschwanges Analogien, die, präzise gehandhabt, tückische Implikationen mit sich führen (vgl. Borsche 1989: 49f). Meine Interpretation versucht, die im terminologischen Dickicht verborgenen, modernen Gedanken Humboldts näher zu beleuchten. 1.1 Das ergon Einer der Pole der genannten Dichotomie muss, so scheint es, ein festes System 1 sein, der andere seine flexible Anwendung. Gibt es überhaupt so etwas wie jenes, so den Begriff der Form 2 , der erst in den späteren Schriften Humboldts deutlich hervor tritt und weiterer Entwicklung durch frühe Interpreten bedurfte. Dass Humboldt aber das Vorhandensein einer Form i.S. eines - wie auch immer gearteten - Gerüsts jeder Einzelsprache und sogar aller Einzelsprachen gemeinsam postuliert, wird an mehr als einer Stelle deutlich: (1) “[…] Die Identität, […] so wie die Verwandtschaft der Sprachen muß auf der Identität und der Verwandtschaft ihrer Formen beruhen. […] Die Formen mehrerer Sprachen können in einer noch allgemeineren Form zusammenkommen, und die Formen aller tun dies […] daß man […] sagen kann, daß das ganze Menschengeschlecht nur eine Sprache […] besitzt […].” (Humboldt 1836a: 42) Auch wenn solche Ausführungen stets durch vielerlei ‘Hecken’ abgemildert werden, wird hier doch die Form der Sprache nicht nur auf die jeweilige Einzelsprache, sondern im zweiten Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 31 Schritt auf alle Sprachen überhaupt angewandt. Schon früher äußert Humboldt sich sinngemäß, auch wenn hier die Form noch keine Rolle spielt 3 : “Es lässt sich […] ein solcher Mittelpunkt aller Sprachen suchen, und […] finden, und es ist nothwendig, ihn […] nicht aus den Augen zu verlieren […].” (Humboldt 1820: 25). Klarste Erwähnung findet die Form im Hauptwerk (Humboldt 1836a), wo Humboldt seine berühmte Definition abgibt: (2) “Sie selbst ist kein Werk (Ergon), sondern eine Tätigkeit (Energeia). […] streng genommen, ist dies die Definition des jedesmaligen Sprechens; aber im […] wesentlichen Sinne kann man auch nur gleichsam die Totalität dieses Sprechens als die Sprache ansehen. […] Das Zerschlagen in Wörter und Regeln ist nur ein totes Machwerk wissenschaftlicher Zergliederung 4 […].” (ebd. 36) Beherzigt man dies, wird die auch hier vorgenommene polare Sichtweise von einem festen sprachlichen System auf der einen und dem einzelnen Sprechakt auf der anderen Seite eine Fehlinterpretation, da sie die Untrennbarkeit und wechselseitige Bedingung der Begriffe auflöst. Mit dem frühen Humboldt ließe sich dem späten hier vermeintlich widersprechen: “Die Sprache liesse sich nicht erfinden, wenn nicht ihr Typus schon in dem menschlichen Verstande vorhanden wäre […].” (Humboldt 1820: 19). Doch sind spätere Formulierungen nicht der Abschied Humboldts von etwas einem grammatischen System zu Grunde Liegendem: zunächst sind sie nur das Bekräftigen seines virtuellen Charakters 5 . Nimmt man den hier verwendeten Begriff des Typus in Kombination mit folgender Stelle, wird eine intrinsische Interpretation möglich: (3) “Darum aber darf man sich die Sprache nicht als etwas fertig Gegebenes denken, da sonst ebensowenig zu begreifen wäre, wie der Mensch die gegebene verstehen, und sich ihrer bedienen könnte. Sie geht nothwendig aus ihm selbst hervor […] so, dass ihr Organismus nicht zwar, als eine todte Masse, im Dunkel der Seele liegt, aber als Gesetz die Functionen der Denkkraft bedingt, […].” (ebd. 20) Das feste, systemhafte ist hier das Gesetz, zu verstehen als eine geistige Anlage, dem Denken und der Sprache zu Grunde liegend (vgl. Borsche 1989: 57): Eine erste Form, die den Formen der einzelnen Sprachen zu Grunde liegt und die Art festlegt, in der jede einzelne Sprache das Streben nach der ihr eigenen zweiten Form verwirklicht (vgl. Di Cesare 1988: 40). Die möglichen Formen der Einzelsprachen sind so zu einem gewissen Grad vorgegeben 6 . Die Art, von der eine solche geistige Anlage wäre, beschreibt Humboldt mit dem Begriff des intellektuellen Instinkts, mit welchem er die Sprache zumindest vergleicht 7 : (4) “Wenn sich daher dasjenige mit etwas andrem vergleichen lässt, so kann man an den Naturinstinct der Thiere erinnern, und die Sprache einen intellectuellen der Vernunft nennen […].” (ebd. 20) Eine ähnlich biologistische Metaphorik kennzeichnet eines der vermeintlichen Substitute der Form in den frühen Schriften; hier findet der Vergleich der Sprache mit einem biologischen Organismus statt, den Humboldt im Gegensatz zu manchem seiner Vorläufer auch nur als Vergleich verwendet: (5) “Der Organismus der Sprachen entspringt aus dem allgemeinen Vermögen und Bedürfniss des Menschen zu reden […]. Der Organismus gehört zur Physiologie des intellectuellen Menschen, die Ausbildung zur Reihe der geschichtlichen Entwicklungen.” (ebd. 16) Die Form liegt ’tiefer’, und dient als Fundament der äußerlich erkennbaren Gestalt der Sprache und der Sprachen. So liest sich der Organismus als ein oberflächlicheres Phänomen Lars Meyer 32 und bezeichnet die Verwobenheit und das Zusammenwirken der einzelnen Elemente der Einzelsprache: Er meint die grammatische Struktur 8 ; innerhalb derer jedes Element das andere bedingt. Metaphorisch gesehen sind ihre Teile denen eines biologischen Organismus durchaus analog: (6) “Unmittelbarer Aushauch eines organischen Wesens […], theilt sie [die Sprache, L.M.] darin die Natur alles Organischen, dass Jedes in ihr nur durch das Andre […] besteht […]. Aber auch die Mundart der rohesten Nation ist ein zu edles Werk der Natur, um […] der Betrachtung fragmentarisch dargestellt zu werden. Sie ist ein organisches Wesen, und man muss sie, als solches, behandeln.” (ebd. 12ff) Auch im biologischen Organismus ist der Teil in Form und Funktion auf die übrigen bezogen, erst ihr gemeinsamer teleologischer Charakter eint sie. Der Gedanke, dass ein Teil der Sprache die anderen relational bedingt, ist einer der modernen Aspekte im Werk Humboldts, der den Strukturalismus und die Semiotik des zweiten hier besprochenen Autors vorweg nimmt: “Wir haben Grund, von einem “humboldtianischen Strukturalismus” zu sprechen” (Coseriu 1979: 3). Wie aus der hylomorphistischen Geschichte der Form bekannt ist, muss sie immer Form für etwas, genau genommen eine Substanz, nicht ganz so genau genommen auch ein Stoff sein: (7) “Der wirkliche Stoff der Sprache ist auf der einen Seite der Laut […], auf der andren die Gesamtheit der sinnlichen Eindrücke und selbsttätigen Geisteseindrücke, welche der Bildung des Begriffs mit Hülfe der Sprache voraus gehen.” (ebd. 41) Wie diese Stelle zeigt, ist es nicht nur eine Substanz, für die die Sprache eine Form liefert; vielmehr ist es zum einen der Laut, dem durch den Phonemschatz einer Einzelsprache eine Struktur gegeben wird. Zum anderen aber wird der Gesamtheit der Erscheinungen der äußeren Welt, der Phänomene in der Sprache erst die Möglichkeit einer Strukturierung gegeben: (8) “Die intellectuelle Thätigkeit […] wird durch den Ton […] wahrnehmbar für die Sinne, und erhält durch die Schrift einen bleibenden Körper […]. Die intellectuelle Thätigkeit ist an die Nothwendigkeit geknüpft, eine Verbindung mit dem Ton einzugehen, das Denken kann sonst nicht zur Deutlichkeit gelangen, die Vorstellung nicht zum Begriff werden […].” (ebd. 191) Ohne Sprache wäre die äußere Welt demnach nur nicht-abstrahierte Masse, ein holistischer Eindruck 9 . Bereits die Bildung von Begriffen, die in diesem Denken Analogien auf die sinnlich erfahrene Welt darstellen, ist also im Ursprung auf die Sprache angewiesen, die innere Welt auf die sprachliche Präzisierung. Der sprachliche Organismus, die Sprache als Netz von Relationen steht so nicht in einem arbiträren, sondern analogen Verhältnis zur äußeren Welt 10 , “indem sie den inneren Zusammenhang erfaßt, der ein Objekt mit dem anderen und dem Ganzen verbindet […]” (Di Cesare 1996: 283). Die sprachliche Analogie 11 stellt damit eine Hypothese über das Aussehen der Welt dar (vgl. Di Cesare 1989: 69f). Damit besitzt die Sprache Welt gestaltende Funktion, und als Konsequenz ergibt sich die Annahme einer je Einzelsprache eigenen Perspektive auf die Welt: Da die Welt sprachlich gebildet wird, ist sie je nach Sprachgemeinschaft eine andere (vgl. Wittgenstein 1921: 86f) - was bis heute ein häufig anzutreffendes Dogma ist (vgl. Jäger 1994: 308f). (9) “Die Sprache ist aber durchaus kein blosses Verständigungsmittel, sondern der Abdruck des Geistes und der Weltansicht der Redenden […].” (Humboldt 1827: 135) und “Das Denken ist Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 33 aber nicht bloss abhängig von der Sprache überhaupt, sondern, bis auf einen gewissen Grad, auch von jeder einzelnen bestimmten.” (Humboldt 1820: 24) Humboldt bewertet dies positiv; alle Sprachen zusammen bilden für ihn ein Prisma der Weltansichten: “die Sprachen in ihrer Verschiedenheit, sind die Mittel, die Wahrheit zu entdecken” (Trabant 1990: 47). Es ist des Weiteren nicht so, dass das einzelne Subjekt in seiner Weltansicht vollständig durch einen Konsens determiniert wäre; da jeder Mensch die Welt zum einen individuell sinnlich wahrnimmt, darin zum anderen aber durch die Sprachgemeinschaft sprachlich determiniert ist, befindet sich der Organismus in einem Wechselspiel von kollektiver und individueller Konstitution. Die kollektiv-objektive Welt bleibt damit immer offen für die individuell-subjektive, die hypothetische Analogie wird laufend modifiziert, durch Analogiebildungen des Subjektes. (10) (“Die Sprache ist aber kein freies Erzeugniss des einzelnen Menschen, sondern gehört immer der ganzen Nation an […]. Der durch die Sprache bedingte Mensch wirkt aber wieder auf sie zurück […] (Humboldt 1820: 26f) Soweit der Versuch, die Form, das dem Organismus und dem Gebrauch der Sprache - dessen Betrachtung folgt - zu Grunde liegende System zu skizzieren. Der Organismus i.S. des grammatischen Systems ist so als virtuelle Größe, die Form als seine Basis und, modern gesprochen, mentale Anlage zu verstehen. 1.2 Die enérgeia Dieser Abschnitt behandelt, wie Humboldt die Sprachverwendung in seine Sprachphilosophie einbettet 12 . Wichtig dabei ist immer, dass das im letzten Teil besprochene System, des Organismus als ein virtuelles vorgestellt wird, nach meiner Interpretation basierend auf der Form, die, wenn unbedingt ein Pol gesucht wird, der eine ist - sein Gegenstück ist die enérgeia, die Tätigkeit. Die Sichtweise der Sprache als einer solchen ist für Humboldt immer zentral und “Symbol der Humboldtschen Wende in der Geschichte der Sprachphilosophie” (Di Cesare 1988: 31). (11) ”Wie genau und vollständig man aber auch die Sprachen in ihrem Organismus untersuche, so entscheidet, wozu sie vermittelst desselben werden können, erst ihr Gebrauch.” (Humboldt 1820: 18) und “Die Sprache wird durch Sprechen gebildet […].” (Humboldt 1836a: 134) Das Sprechen, genauer der einzelne Akt hat so immer Priorität, die Tätigkeit Vorrang vor der Potenzialität. Im Hauptwerk (ebd. 167ff) ist diesem Akt ein eigenes Kapitel gewidmet - exemplarisch dafür z.B. “Wie ich es hier […] getan habe, kann man diesen Akt überhaupt den Akt des selbsttätigen Setzens durch Zusammenhang (Synthesis) nennen.” (ebd.). Der sprachliche Organismus wird durch jeden einzelnen, zum einen schöpferischen 13 , zum anderen durch das Prinzip der Analogie in gewissem Grad vorgegebenen Akt modifizierbar. Der Akt ist dabei als Setzen einer Bezeichnung - für einen innerlich oder äußerlich sinnlichen Eindruck - zu verstehen: (12) “[…] keine Gattung der Vorstellungen kann als ein reines Beschauen eines […] Gegenstandes betrachtet werden. Die Thätigkeit der Sinne muss sich mit der inneren Handlung des Geistes synthetisch verbinden, und aus dieser Verbindung reisst sich die Vorstellung los, wird […] zum Object, und kehrt […] aufs neue wahrgenommen, in jene zurück. Hierzu aber ist die Sprache unentbehrlich. […] in ihr […] kehrt das Erzeugniss desselben zum eignen Ohre zurück. […]” (ebd. 195f) Lars Meyer 34 Damit erfährt die hypothetische Welt respektive die Analogie darauf in jedem Sprechakt Erneuerung, Bestätigung oder Modifikation. Materiell, d.h. Objekt wird die Synthesis für das äußernde Subjekt erst, wenn sie einem zweiten gegenüber artikuliert wird: Das sich sprachlich artikulierende Subjekt benötigt immer ein Ziel der Artikulation, der Mensch den Dialog, um sich selbst als Individuum zu bilden und zu entfalten 14 . Eine Objektivierung der Begriffe, die auf die Resonanz anderer Subjekte einer Sprachgemeinschaft angewiesen und ohne die eine Verständigung nicht möglich ist, kann nur sprachlich erfolgen (vgl. Di Cesare 1996: 280). (13) “Alles Sprechen ruht auf der Wechselrede, in der […] der Redende die Angeredeten immer sich als Einheit gegenüberstellt. Der Mensch spricht, sogar in Gedanken, nur […] mit sich, wie mit einem Andren […] die Möglichkeit des Sprechens […] wird durch Anrede und Erwiederung bedingt. […] der Mensch sehnt sich […] zum Behuf seines blossen Denkens nach einem dem Ich entsprechenden Du, der Begriff scheint ihm erst seine Bestimmtheit und Gewissheit durch das Zurückstrahlen aus einer fremden Denkkraft zu erreichen.[…].”(Humboldt 1927: 137f) Diese Funktionen und die Ansicht, dass die spezifisch menschliche Fähigkeit des Denkens sprachlich gestaltet ist, legen für Humboldt die Verwendung eines weiteren biologischen Ausdrucks nahe, desjenigen des Organs: “Die Sprache ist das bildende Organ des Gedanken.” (Humboldt 1836b: 191). Im Gegensatz zum zweiten hier behandelten Autor wird damit der Begriff des Instruments gemieden; es scheint so, als wäre der Begriff des Organs im Gegensatz zu dem des Organismus weit weniger metaphorisch zu nehmen. Diese Interpretation stützt der folgende Absatz, in dem die wörtliche Lesart weit ausgeführt wird: (14) “Da das intellektuelle Streben nicht bloß den Verstand beschäftigt, sondern den ganzen Menschen anregt, so wird auch dies vorzugsweise durch den Laut der Stimme befördert. Denn sie geht, als lebendiger Klang, wie das atmende Dasein selbst, aus der Brust hervor, begleitet, auch ohne Sprache, Schmerz und Freude, Abscheu und Begierde, und haucht also das Leben, aus dem sie hervorströmt, in den Sinn, der sie aufnimmt, […]” (1836a: 47) Tatsächlich verweist das menschliche Subjekt nicht nur auf eine von der Sprache unabhängige Welt, erfasst die Welt nicht nur sinnlich, sondern eben auch gedanklich, mit der Sprache als Organ. Dass die Welt damit für Humboldt nur bestimmt und letztendlich überhaupt vorhanden ist, so lange sie sprachlich erfasst ist, wurde oben bereits ausgeführt und passt zur wörtlichen Verwendung des Begriffs. 1.3 Ein Zwischenfazit Trägt man von außen die dichotomisch-polare Konzeption eines ruhenden sprachlichen Systems und einer fließenden sprachlichen Verwendung an die Sprachphilosophie Wilhelm von Humboldts heran, wird man meinen, dass sowohl Organismus als auch Form jenes, die Tätigkeit oder der Akt oder das Sprechen dieses darstellen. Für den Begriff der Form - der damit dem ergon entspräche - ist dies stimmig, doch stellt auch dieser nicht einen Ideenhimmel dar, aus dem einzelne sprachliche Äußerungen aktualisiert werden, sondern, wie oben gezeigt wurde, eine mentale Fähigkeit - auch wenn hier, gerade bei der Beachtung des im letzten Absatz gefallenen Terminus des Organs, Zweifel aufkommen könnten, was aber wiederum der fehlenden Trennschärfe der Terminologie Humboldts geschuldet ist. Genauso wenig, wie aber das Auge als Organ isoliert Bilder verarbeiten kann, kann die Sprache ohne eine gewisse geistige Voraussetzung ihre Funktion erhalten, eine Form bzw. einen Typus, der dem Organismus als Vorlage dienen kann (vgl. Borsche 1989: 48); auch gegen die Kritik an der Vernachlässigung der oft postulierten semiotischen Konstitutionsbedingung menschlicher Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 35 Kognition (etwa Jäger 1994: 314f) sei dies betont. Der Organismus ist innere Form, während die Form eine äußere Form (vgl. Borsche 1989: 55) ist. In diesem Sinne kann die Konzeption Humboldts am ehesten mit einer zweistufigen Type-Token-Relation beschrieben werden (vgl. Dezsö 1988: 42f und 47ff). Der Begriff des Organismus ist damit nicht synonym mit dem der Form zu sehen. Der Organismus ist im Sinne des - bei Humboldt immer als virtuell begriffenen - grammatischen Systems der einzelnen Sprache zu verstehen, welches nur als identisch mit der Gesamtheit des Sprechens korrekt lokalisiert ist. Hieraus wird verständlich, dass die Sprache enérgeia, Tätigkeit, ist; diese Interpretation vertritt auch Di Cesare (1988: 38), wenn sie “eine universelle […], eine historische […] und […] eine individuelle Ebene” ansetzt. Im folgenden Teil soll nun überprüft werden, ob und, wenn ja, wie sich die drei zentralen Strukturmerkmale der Sprachphilosophie Humboldts im Werk eines zweiten, jüngeren und nicht minder intensiv rezipierten Autors wiederfinden lassen. 2 Eine Dichotomie Ferdinand de Saussures: langue und parole Die hier zu besprechende Dichotomie Saussures gehört sicher zu den meist diskutierten - und instrumentalisierten - in der Geschichte der Linguistik. Hier soll sie möglichst authentisch den Schriften Saussures (1891-1911) und seiner Editoren (Saussure 1916) entnommen werden 15 . Des weiteren sollen, wie schon im letzten Kapitel, weit greifende, moderne Auslegungen vermieden und die verwendeten Schriften, Notizen und Manuskripte intrinsisch gelesen werden, nicht jedoch ohne die offensichtlichsten Parallelen zum zuerst behandelten Autor aufzuzeigen. Die folgenden beiden Abschnitte sind der Natur der Sache nach zwar schärfer voneinander abgegrenzt als die korrespondierenden im ersten Teil, ebenfalls der Natur der Sache nach ist eine eindeutige und ausdifferenzierte Behandlung mit entsprechenden Definitionen aber kaum möglich, da auch Saussures Begriffe stark miteinander verwoben sind - m.E. ist an ihren Auslegungen und vermeintlichen Implikationen vieles Meinung. 2.1 Die langue Die langue wird in den deutschen Übersetzungen mit dem Begriff der Sprache übersetzt - so auch im Folgenden - und bei Saussure vom Begriff der parole, deutsch und im Folgenden Sprechen 16 , getrennt 17 . Wie bereits die Einleitung des Cours de linguistique générale - im Folgenden Cours - darlegt, ist jene der eigentliche Gegenstand der Sprachwissenschaft. Will man solche betreiben, müsse man (15) ”sich von Anfang an auf das Gebiet der Sprache begeben und sie als die Norm aller andern Äußerungen der menschlichen Rede gelten lassen.” (Saussure 1916: 11) Die langage 18 oder menschliche Rede nun, die in dieser Konzeption als Pendant zum Begriff der äußeren Form bei Humboldt interpretiert werden kann, ist nach Saussure für den Sprachwissenschaftler nicht zentraler Gegenstand der Betrachtung, Sprache ist “die menschliche Rede abzüglich des Sprechens” (Saussure 1916: 91). Dieser eigentliche Gegenstand wird von weiteren für den Autor randständigen Feldern der sprachwissenschaftlichen Forschung 19 geschieden - zum einen ist die Sprache von ihrem akustischen Auftreten getrennt zu betrachten, denn der Laut ist Lars Meyer 36 (16) “[…] nur das Werkzeug des Gedankens und existiert nicht für sich selbst. […] der Laut, eine zusammengesetzte akustisch-stimmliche Einheit, bildet seinerseits mit der Vorstellung eine zusammengesetzte Einheit, die physiologisch und geistig ist.” (Saussure 1916: 10) In diesem Sinne ist der Laut (bzw. das image acoustique, Lautbild, das als mentaler Inhalt zu verstehen ist und nicht mit dem akustischen Laut zusammen fällt) dem im eigentlichen Sinne sprachlichen Zentrum des Zeichens lediglich neben geordnet und zunächst zu vernachlässigen 20 . Wie die Sprache nun nicht gleich dem Laut ist, und dieser nicht eigentlicher Gegenstand ihrer Betrachtung, so ist auch das Denken es nicht und die Sprache nicht isomorph demselben: Sie ist Zwischeninstanz und vermittelt zwischen Denken und Äußerung, gibt jenem eine Form vor, die sich in dieser zeigt: (17) “Die Sprache hat also […] die Rolle […], als Verbindungsglied zwischen dem Denken und dem Laut zu dienen […]. Psychologisch ist unser Denken […] nur eine gestaltlose und unbestimmte Masse […] , und nichts ist bestimmt, ehe die Sprache in Erscheinung tritt […]. Die Sprache ist ferner vergleichbar mit einem Blatt Papier: Das Denken ist die Vorderseite und der Laut die Rückseite 21 . […]; diese Verbindung schafft eine Form, keine Substanz.” (ebd. 133f) Der Begriff der Form nun wird von Saussure häufig gebraucht, seine Definition jedoch erscheint nicht immer deutlich - die gängige Interpretation (vgl. Coseriu 1975: 235f und Stetter 2005: 190) siedelt sie auf der Seite der menschlichen Rede an. An anderen Stellen aber liest sie sich wieder als Bezeichnung für das Netz aus Relationen, das die einzelnen sprachlichen Zeichen innerhalb der Sprache unterhalten: (18) “Wie die Sprache nun aber einmal ist, kann es in ihr, von welcher Seite man auch an sie herantritt, nichts Einfaches geben; überall und immer dieses selbe beziehungsreiche Gleichgewicht von Gliedern, die sich gegenseitig bedingen. Mit andern Worten: die Sprache ist eine Form und nicht eine Substanz.” (ebd. 146) Will man beide Lesarten zur Deckung bringen, muss das System der Sprache ein Ausdruck der Form, die die menschliche Rede vorgibt, darstellen. Sieht man, wie oben gesagt, von den genannten physischen und psychischen Faktoren ab, bleibt diese Basis. Als Form ist sie zu verstehen i.S. einer “[…] rezipierenden und koordinierenden Fähigkeit, wodurch sich bei den sprechenden Personen Eindrücke bilden, die schließlich bei allen […] die gleichen sind.” (ebd. 16) 22 , als “psychische Formation im Bewußtsein der sprechenden Subjekte” (Stetter 2005: 190) also. Die Sprache als Ausdruck der menschlichen Rede nun besitzt ein inneres System, eine innere Struktur 23 , deren Gestaltung ihren Begriff in der modernen Sprachwissenschaft vielleicht am nachhaltigsten geprägt hat: (19) “Die Sprache […] stellt ein innerlich in all seinen Teilen geordnetes System dar, […].” (Saussure 1891-1911), “Eine Sprache bildet ein System. […] dieses System ist ein komplizierter Mechanismus.” (Saussure 1916: 86) Um dieses innere System der Sprache zu fassen, verwendet Saussure verschiedene Metaphern, teils die des Mechanismus, teils die des Organismus 24 : “Selbstverständlich kann eine Maschine, ein Mechanismus, nicht eher als ein Organismus zum Vergleich dienen” (Saussure 1891-1911: 371). Konstituierendes Merkmal des einen wie des anderen ist, das ein jeweils Ganzes aus Bestandteilen, deren jedes in seiner Funktionsweise auf die übrigen abgestimmt und angewiesen ist et vice versa. In der Veränderung wird dies offenbar: Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 37 (20) “Es ist, als ob einer der Planeten […] Dimension und Gewicht änderte: dieses Einzelereignis würde allgemeine Folgen haben und das Gleichgewicht des ganzen Sonnensystems beeinträchtigen. […] Die Umgestaltungen vollziehen sich niemals am System als Ganzem, sondern an einem oder dem andern seiner Elemente […]. Allerdings hat jede Umgestaltung ihre Rückwirkung auf das System […]” (Saussure 1916: 100ff) Das so gebildete System ist nicht im Sinne eines Fundus fest definierter Teile zu verstehen, eines Systems von Inhalten, als wären die einzelnen Teile des Systems positive Entitäten. Vielmehr sind sie als Knoten in einem Netz aus Oppositionen zu denken, und ihre Definition ist eine relationale, negative; “[…] denn die Sprache ist ein System von bloßen Werten, das von nichts anderem als dem augenblicklichen Zustand seiner Glieder bestimmt wird.” (ebd. 95). Dieses Gefüge wird in der Folge, so etwa bei Brinker (1977: 12), häufig als Regelsystem einer Sprache interpretiert. Saussure selbst verwendet diese Formulierung nicht, verwehrt sich an anderer Stelle 25 sogar explizit gegen diese Interpretation: (21) “Wenn man sagt, daß sie [die Werte, L.M.] Begriffen entsprechen, so deutet man […] an, daß diese […] durch Unterscheidungen bestehen, die nicht positiv durch ihren Inhalt, sondern negativ durch ihre Beziehungen zu den anderen Gliedern […] definiert sind. Ihr bestimmtestes Kennzeichen ist, daß sie etwas sind, was die andern nicht sind.” (Saussure 1916: 139f) Der Wert des einzelnen sprachlichen Zeichens liegt so nicht in seinem positiven, sondern seinem distinktiven Gehalt, in der Opposition zu den übrigen Zeichen 26 : “Element und Merkmal […] sind dasselbe.” (Saussure 1891-1911: 380). Dieser Punkt wird an mehreren Stellen durch weitere Analogien hervorgehoben 27 . Das relationale System i.S. der Repräsentation eines menschlichen Potenzials ist kein angeborenes; unterstrichen wird das Verständnis von der Sprache als einem (22) “[…] Schatz, den die Praxis des Sprechens in den Personen, die der gleichen Sprachgemeinschaft angehören, niedergelegt hat, ein grammatikalisches System, das virtuell in jedem Gehirn existiert. […] sie ist das Produkt, welches das Individuum in passiver Weise einregistriert.” (ebd. 16) Dies kann nicht als Plädoyer für ein genetisches Sprachverständnis gewertet werden; diese Stelle betont vielmehr, das gerade das grammatikalische System der sozialen Konstitution bedarf 28 . Für Dresselhaus (1979: 51) ist die Sprache zwar logisch unabhängig von letzterer denkbar: “Die Langue könnte […] existieren, ohne jemals realisiert worden zu sein.” Zur Konstitution aber ist das Sprechen “[…] historisch betrachtet […] das zuerst gegebene Faktum.” (Saussure 1916: 22): (23) “Sie [die Sprache, L.M.] ist der soziale Teil der menschlichen Rede und ist unabhängig vom Einzelnen, welcher für sich alleine sie weder schaffen noch umgestalten kann; sie besteht nur kraft einer Art Kontrakt zwischen den Gliedern der Sprachgemeinschaft. Anderseits muss das Individuum sie erst erlernen, um das Ineinandergreifen ihrer Regeln zu kennen […].” (ebd. 17) Den Aspekt der sozialen und konventionellen Konstitution hebt Saussure an vielen Stellen hervor. Um das Zustandekommen der Sprache in sozialer Weise - “Ihre soziale Natur gehört zu ihrem inneren Wesen.” (ebd. 91) - als ein konventionelles System zu definieren, wird stets auf die Möglichkeit der Produktion und Reproduktion rekurriert 29 : Lars Meyer 38 (24) “Sie [die Sprache, L.M.] ist zu gleicher Zeit ein soziales Produkt der Fähigkeit zu menschlicher Rede und ein Ineinandergreifen notwendiger Konventionen, welche die soziale Körperschaft getroffen hat, um die Ausübung dieser Fähigkeit durch die Individuen zu ermöglichen […] Zwischen allen Individuen, die so durch die menschliche Rede verknüpft sind, bildet sich eine Art Durchschnitt aus - alle reproduzieren […] dieselben Zeichen, die an dieselben Vorstellungen geknüpft sind.” (ebd. 11ff) Die Sprache als kollektive Einheit kann als ein nicht mehr abstrakter, sondern durch den innerhalb der jeweiligen Sprachgemeinschaft relativ festen Charakter des zweiseitigen sprachlichen Zeichens durchaus konkreter Gegenstand analysiert werden. Dass dies trotz allem problematisch ist, liegt auf der Hand, denn die Sprache ist für den Betrachter immer nur anhand des Sprechens beobachtbar, und so als Gegenstand lediglich virtuell zu fassen (vgl. Albrecht 2000: 31). Nach Saussure (1916: 23) aber besteht sie als ganzheitlicher Gegenstand (25) “[…] in der Sprachgemeinschaft in Gestalt einer Summe von Eindrücken, die in jedem Gehirn niedergelegt sind, ungefähr so wie ein Wörterbuch, von dem alle Exemplare, unter sich völlig gleich, unter den Individuen verteilt wären.” (ebd. 23) Das Wesen dieses konkreten Gegenstandes kann nicht einseitig als das einer festen Setzung begriffen werden; vielmehr ist er gerade durch seine Konstitution im Sprechen dem steten Wandel unterworfen. Es besteht ein Dualismus, gleichsam aus dem Sein der Sprache und ihrem Werden im Sprechen. Sie ist einerseits im Fluss, andererseits im Beharren befindlich: (26) “[…] das Beharrungsstreben der Menge von Sprachgenossen steht sprachlichen Neuerungen im Wege.” (ebd. 86), “[…] während es in Wirklichkeit nie […] ein […], stabiles Gleichgewicht gibt. Wir setzen also das Prinzip des unablässigen Wandels der Sprachen als absolut.” (Saussure 1891-1911: 259) Betont werden sollte, dass die Diskussion des Cours mit der Konstitution der Sprache im Sprechen jene als individuelleres Phänomen begreift (vgl. z.B. Hiersche 1972: 10), da jedes Individuum in seinem Leben unterschiedliche Manifestationen des Sprechens rezipiert und sich damit eine individuelle Sprache heraus bildet; diese Interpretation geht aber möglicherweise zu weit, da das, was Saussure Sprache nennt, kollektiver Besitz ist 30 . Es “existiert […] in den Gehirnen einer Gesamtheit von Individuen; denn die Sprache ist in keinem derselben vollständig, vollkommen existiert sie nur in der Masse.” (Saussure 1916: 16). Soweit zur grundlegenden Gestalt des Begriffs der Sprache bei Ferdinand de Saussure. Da dieser stets in einem Atemzug mit dem des Sprechens verwendet wird und beide nur durch enge, sich gegenseitig bedingende Relationen charakterisierbar sind, folgt nun der Abriss des zweiten Gliedes der Dichotomie, des Sprechens 31 . 2.2 Die parole Wenn man, wie oben erwähnt, die Sprache als kollektiven Besitz einer jeweiligen Sprachgemeinschaft versteht, als ein - wenn auch virtuelles - System, so kann das Sprechen vielleicht am ehesten als das kreative und individuell-willentlich verfügbare Prinzip 32 - […] “die Ausübung […] ist immer individuell und das Individuum beherrscht sie; wir werden sie das Sprechen […] nennen.” (Saussure 1916: 16) - diesem gegenüber gestellt werden, deren stete Produktion und Rezeption die Sprache ausbildet: (27) “Andererseits erlernen wir unsere Muttersprache nur, indem wir andere sprechen hören; sie kann sich nur infolge unzähliger Erfahrungen in unserem Gehirn festsetzen. Endlich ist es auch das Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 39 Sprechen, was die Entwicklung der Sprache mit sich bringt: die Eindrücke, die man hört, gestalten unsere Sprachgewohnheiten um. Es besteht also eine gegenseitige Abhängigkeit von Sprache und Sprechen; dieses ist zugleich das Instrument und das Produkt von jener.” (Saussure 1916: 23) Wo die Sprache sich, wie oben erwähnt, eher auf eine passive Art durch das Sprechen konstituiert - dieses ist immer “Ort der sozialen Arbeit am […] System” (Stetter 1996: 429) -, wird das Sprechen i.S. des einzelnen Sprechaktes als aktiv beschrieben: (28) “Das Sprechen ist […] ein individueller Akt des Willens und der Intelligenz, bei welchem zu unterscheiden sind: 1. die Kombinationen, durch welche die sprechende Person den code der Sprache in der Absicht, ihr persönliches Denken auszudrücken, zur Anwendung bringt; 2. der psycho-physische Mechanismus, der ihr gestattet, diese Kombinationen zu äußern.” (Saussure 1916: 17) Diese Aktivität hat, wie so viele der Begriffe Saussures, wieder zwei Seiten: Zum einen stellt sie die psychische Fähigkeit dar, aus dem Teil der Sprache, über den das sprechende Individuum verfügen kann, eine Kombination, etwa einen Satz 33 , zu erzeugen. Zum anderen muss ein weiterer Teil, ein Bindeglied zwischen dem mentalen Inhalt sowohl des Satzes als auch der ihm zugeordneten Lautbilder, und dem physischen Akt der Äußerung der letzteren vorhanden sein. Eine weitere Stelle unterstreicht den Dualismus: (29) “Es [das Sprechen, L.M.] ist eine Summe von allem, was die Sprachgenossen reden, und umfaßt: a) die individuellen Kombinationen, welche abhängig sind von dem Willen der Sprechenden, b) die Akte der Lautgebung, welche gleichermaßen vom Willen bestimmt werden und notwendig sind zur Verwirklichung jener Kombinationen. Also ist beim Sprechen nichts kollektiv; die Auswirkungen sind individuell und momentan.” (Saussure 1916: 23) An dieser Stelle erscheint aber auch das Sprechen als kein rein individueller Vorgang; zumindest bezeichnet der Begriff nicht nur den einzelnen Sprechakt. Es liest sich hier so, als wäre wiederum die Gesamtheit der im einzelnen immer individuellen Sprechakte innerhalb einer Sprachgemeinschaft das, was das Sprechen als Gegenstand bezeichnet. Wie Dresselhaus (1979: 44) hierzu versöhnlich schreibt, ist eine strikte Korrespondenz jedes der Begriffe zu entweder einer sozialeren oder individuelleren Seite nicht gegeben: “Die Parole und die Langue können sowohl unter dem sozialen, als auch unter dem individuellen Gesichtspunkt betrachtet werden” 34 . Für die Beschreibung des Rückwirkens einzelner Sprechakte auf die Sprache nun ist einmal mehr nur eine dualistische Konzeption adäquat, die sich im Begriff der Analogie 35 ausdrückt und ein auf der einen Seite bewusstes und individuelles, auf der anderen unbewusstes und sozial bedingtes Prinzip darstellt: (30) “[…] das Phänomen der Analogie […]. Man kann sich davon […] nicht besser Rechenschaft geben, als wenn man einem drei- oder vierjährigen Kind zuhört. Sein Sprache […] ist ein wahrhaftes Gewebe von analogischen Bildungen […]. In einem Sinn ist es nicht eine Transformation, sondern eine Kreation, aber letztlich ist es nur eine Transformation […] Es wird also nie eine Schöpfung ex nihilo geben, sondern jede Erneuerung wird nur die neue Anwendung von Elementen sein, die vom vorangehenden Sprachzustand […] geliefert werden.” (Saussure 1891-1911: 250) Das Prinzip der Analogie bleibt für Saussure, bei allem sozialen Anteil daran, Stetter (1996: 427) das “[…] Prinzip sprachlicher Kreativität schlechthin.” Dabei bleibt festzuhalten, dass keinesfalls jede der individuell gebildeten Analogien Eingang in die Sprache findet: Lars Meyer 40 (31) “Im Sprechen […] ruht der Keim aller Veränderungen: Jede derselben ist zunächst von einer gewissen Anzahl von Individuen aufgebracht worden, ehe sie in Gebrauch kam. […] (Saussure 1916: 17) und “Nichts wird in die Sprache aufgenommen, ohne vorher im Sprechen ausprobiert zu sein; alle Entwicklungserscheinungen wurzeln in der individuellen Sphäre […]. Keineswegs alle analogischen Neuerungen haben diesen Erfolg. Jeden Augenblick stößt man auf Kombinationen, die keine Zukunft haben […].” (Saussure 1916: 201) Eine Sprachgemeinschaft sanktioniert in diesem Sinne jede Neuerung, die von ihren Mitgliedern erzeugt wird: “Die Sprache […] muß, um sich dem Geist des Individuums aufzudrängen, zuerst die Sanktion des Kollektivs haben.” (Saussure 1891-1911: 385) 36 . So weit auch der Abriss einer der bekanntesten und einflussreichsten der Dichotomien Ferdinand de Saussures, der nun noch einmal in verdichteter Form wiedergegeben wird. 2.3 Ein zweites Zwischenfazit Die Sprache wurde in ihrer äußeren und inneren Gestalt dargestellt, und ihre Interaktion mit dem Sprechen wurde umrissen. Das Sprechen wurde, so weit möglich, gegen die Sprache abgegrenzt und zu ihr in Beziehung gesetzt, dabei die Frage erörtert, welcher der Begriffe sich eher unter Einfluss des autonomen Willens, und welcher sich eher kollektiv konstituiert. Wie klar geworden sein sollte, ist die oben versuchte, eindeutige Trennung der beiden Begrifflichkeiten Sprache und Sprechen nicht nur auf den ersten Blick nicht sonderlich scharf, und die Frage nach dem dominanteren Partner gleicht derjenigen nach Huhn und Ei. In der Literatur finden sich Belege, meist aus dem Cours, die mit solchen aus dem Nachlass widerlegt werden können und werden - wobei der Cours, vielleicht auf Grund seiner Editionsgeschichte, den homogeneren der Texte darstellt. Auch Dresselhaus (1979: 44f) weist vor diesem Hintergrund darauf hin, dass im Hinblick auf den Verlauf der Vorlesungen Saussures nicht immer klar zu sagen ist, ob es nun eindeutig die Sprache ist, die durch die Möglichkeit der Analogiebildung das Sprechen jeweils neu erzeugt, oder ob es der kreative Sprechakt ist, aus dem ein rein virtueller Gegenstand Sprache resultiert. Die Wahrheit nämlich, dass es “hinter dem Sprechen eine Sprache” (Stetter 2005: 168) als ein System von types gibt, die den token (vgl. Peirce 1906-1908: 83f) des Sprechens zu Grunde liegen, ist zumindest an dem Punkt, an dem Saussure sich befindet, eine lediglich intuitive und induktiv nicht erzeugbare, trotz aller Setzung der Sprache als vorgeblich nichtabstrakten Gegenstand. Weiterhin auffällig ist, dass die Trennung zwischen den Begriffen der Sprache und der menschlichen Rede oft an Schärfe zu wünschen übrig lässt, gerade, wenn die vorbelastete Form in ihrer Vorbelastung parallel zu jener auftritt. Hier wird folgender Interpretation gefolgt: “Man muß in der Sprache (langage) drei Ebenen unterscheiden: die universale Ebene der Aktivität des Sprechens, die historische Ebene der Einzelsprachen und die besondere Ebene des Diskurses (oder des “Textes”)” (Coseriu 1975: 242). Damit wird aber deutlich, dass die Sprache keineswegs als festes, psychisches System gelten kann, sondern eine Repräsentation der menschlichen Rede darstellt. Nur diese könnte, falls dies von Saussure so intendiert ist, den Status eines solchen Systems einnehmen. Nach der Herausarbeitung der begrifflichen Inhalte bei den beiden hier besprochenen Sprachphilosophen sollte zum einen deutlich geworden sein, dass ihre zweigliedrigen Begriffskonzeptionen sehr ähnlich, teils nahezu parallel sind. Der bei beiden vorhandene dritte Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 41 Begriff, die äußere Form bei Humboldt, menschliche Rede bei Saussure, ist weniger deutlich korrespondierend; gerade um die menschliche Rede spielt sich eine ausgedehnte Diskussion ab; es ist z.B. nicht klar, ob auch der jeweils dritte der Begriffe als offen für Veränderungen gedacht ist und wie genau er strukturell bzw. repräsentationell mit dem Organismus bzw. der Sprache zusammenhängt. Wohl zeigt sich aber deutlich, dass bei vielen der Ideen, gerade in Bezug auf ein abstraktes sprachliches System und seine interne Struktur starke Übereinstimmungen bestehen. Besonders die soziale und funktionale Art der Konstitution des sprachlichen Systems ist ein wiederkehrender Gedanke. Bei aller in den letzten Teilen herausgestellten Ähnlichkeit ist aber wichtig zu betonen, dass der Einfluss Humboldts auf Saussure trotz der starken Ähnlichkeiten in ihren Konzeptionen schwer zu belegen ist (vgl. Stetter 1995: 36). 3 Die Polarisierung Mit vielen Zwischenstationen 37 führen die besprochenen, ursprünglich untrennbar zweiseitigen Konzeptionen 38 in einen Gegensatz und offenen Konflikt zwischen stets um die eigene Legitimation bemühten Theorien, den Anhängern einer funktionalistischen Erklärung von Sprache auf der einen, denjenigen einer formalistischen 39 auf der anderen Seite. Nach dem bisher Gesagten verfahren beide jedoch selektiv bei der Eingrenzung ihrer Gegenstandsbereiche, und somit ist der Vorwurf genereller Inadäquatheit an jeden der Ansätze ein falscher: Es ist vielmehr so, dass die Theorien ursprünglich nur für ihren genuinen Gegenstand aufgestellt wurden und taugen können - “what unites both positions is […] their unfailing reductionism” (Givón 1995: 19). Funktionalistische Grammatiktheorie beschreibt mit Humboldt die energeia, den Akt, oder mit Saussure das Sprechen, und kann mit ihrem präsupponierten Sprachverständnis auch nichts anderes tun. Für den Gegenpol einer wie auch immer gearteten formalistischen Grammatik gilt das Umgekehrte; das ergon, der Typus oder die äußere Form mit Humboldt und menschliche Rede mit Saussure sind hier zentral. Die jeweiligen Beschreibungsmittel nun scheinen zu beschränkt, um Aussagen über beide Aspekte machen zu können. Einseitig argumentierende Funktionalisten und Formalisten reden so nicht gegeneinander, sondern aneinander vorbei: “Es ist ein echter Kirchenstreit, bei dem beide Seiten sich auf dieselben Heiligen Schriften beziehen, um sich dann besser die Köpfe im Namen von Sankt Humboldt einschlagen zu können” (Trabant 1998: 193). Dass die sprachwissenschaftliche Beschäftigung aber in Dichotomien verfahren muss, fodert der sowohl von Humboldt als auch von Saussure erkannte Charakter ihres Gegenstandes. Fraglich ist so nicht die Existenzberechtigung eines der beiden Pole der Grammatiktheorie, sondern wie ihre jeweiligen Gegenstandsbereiche zu einander stehen, wie also der Repräsentationsmodus beider Medaillenseiten beschaffen ist. Um nun zu zeigen, dass “There is no a priori incompatibility between adopting a functional point of view on the one hand, and trying to apply a consistent system of formalization on the other.” (Bolkestein 1993: 339) 40 , wird in den nächsten beiden Abschnitten das Potential der Komplementarität der opponierenden Positionen ausgelotet. Lars Meyer 42 3.1 Der Funktionalismus Der Weg zu einer funktionalistischen Erklärung von Sprache und einer deskriptiven Grammatik des Sprechens 41 führt nun nicht direkt von der energeia Humboldts bzw. dem Sprechen Saussures zu ihren Reflexen bei Dik (1978 und 1993), Zifonun et al. (1997) oder Halliday (2004). Als Zwischenstationen können auf Seiten der Linguistik Trubetzkoy (1939) oder Jakobson (1969) gelten, auf Seiten der Sprachphilosophie Wittgenstein (1921) und Bühler (1934), Sprechakttheoretiker wie Austin (1962), Arbeiten zur Informationsstruktur (vgl. Bolkestein 1993: 339) und solche zur Theorie der Perspektive (z.B. Dürscheid 2004) 42 . Die Implementation einer umfassenden Kontexttheorie hingegen hat nur ansatzweise stattgefunden, am ehesten noch bei Zifonun et al. (1997: 410ff). Allen funktionalistischen Ansätzen ist gemein, dass sie die Entstehung der menschlichen Sprachfähigkeit und der individuellen sprachlichen Äußerung aus ihrer primären Funktion als ein “instrument in communication, that is, in verbal interaction between human beings” (Bolkestein 1993: 340) herleiten 43 . Als Variablen, die das Sprechen bedingen, sind bei einem Teil der Autoren soziale und kommunikative zentral, die außerhalb des Einflusses der sprechenden Subjekte stehen. Givón (1995: xv) argumentiert versöhnlich und stärkt die Intentionalität: “the natural parameters […] cognition and communication, the brain and language processing, social interaction and culture, change and variation, acquisition and evolution” 44 . Eine grammatische Äußerung müsste “the most orderly or efficient means of conveying information, the desirability of foregrounding or backgrounding events in the discourse, the speaker’s desire for economy, the hearer’s demand for clarity” (Newmeyer 1998: 10f) verbinden. Ein Teil der funktionalistischen Forschung führt die Interaktionsmuster menschlicher Gesellschaften und die als isomorph gedachten, aus ihnen resultierenden wie sie bedingenden sprachlichen Muster auf eine “universality of function” (Givón 1995: 18) zurück 45 . Über die Natur dieser funktionalen Universalien herrscht Uneinigkeit (vgl. Haspelmath 2006: 18f), doch werden sie meist “derived from scales of processing difficulty” (Haspelmath 2006: 19), d.h. Ökonomieprinzipien (vgl. Deacon 1998). Dies wäre nach Humboldt aber damit zur Deckung zu bringen, dass der einzelne Sprechakt die Offenheit der bestehenden, kollektiven Analogie für immer neue Analogien anzeigt, dass mit jedem Sprechakt eine erneute Synthese durchlaufen wird (vgl. Simon 1971: 108). Auch wäre wiederum nach der - mentalen, psychischen, neurophysiologischen - Repräsentation der Kenntnis von Ökonomieprinzipien zu fragen, wie auch nach der Möglichkeit, durch neue gesellschaftliche Anforderungen an die Sprache Modifikationen an diesen vornehmen zu können. Ein Vorteil des Ansatzes scheint zu sein, dass er einen plausiblen Rahmen für die Beschreibung des Sprachwandels bietet; für Givón (1995: 10), “rise and subsequent change of grammatical structures is always functionally motivated”. Ob jedoch die gemäß der Prämisse von Sprache als kommunikativ konstituiertem Mittel primären sozialen Faktoren die ausschlaggebenden für den Wandel von Sprache sind, ist umstritten; Labov etwa (1987: 319) argumentiert entgegengesetzt anhand phonetischer Wandelerscheinungen: “The data available so far shows that the need to communicate information is a persistent but weak constraint on the development of linguistic form.” Nach dieser Schilderung der Prämissen soll nun ihr Niederschlag in der Architektur einer Grammatik, als jüngster derjenigen Hallidays (2004) kritisch umrissen werden. Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 43 3.1.1 Hallidays Funktionale Grammatik Halliday begreift die Genese der höheren kognitiven Fähigkeiten, unter die er das grammatische bzw. lexikogrammatische System subsumiert 46 , als “evolution of the organism’s resource for constructing reality” (Halliday 2000: 222): Menschliche Sprache ist damit Konstituens des introspektiven Bewusstseins - ähnlich wie bei Humboldt 47 . Das lexikogrammatische System einer Sprache, “its syntax and vocabulary, together with any morphology” (ebd. 221), m.a.W. das virtuelle sprachliche System Saussures, stellt damit wieder eine hypothetische Analogie auf die Realität, erneut im Sinne Humboldts, dar 48 . Damit ist auch die Funktionale Grammatik, implizit kognitivistisch orientiert (vgl. Newmeyer 1995: 14) 49 . Der Analogiecharakter bestimmt auch den Satzbegriff der Grammatik wesentlich mit, der neben den Sprecherintentionen und Dialogerfordernissen auf einem realitätsrepräsentationellen Aspekt fußt; dieser determiniert somit das einmal mehr postulierte System 50 der language, das im Sinne des lexikogrammatischen Systems als Ordnungsinstanz einer Bedeutungsebene charakterisiert wird (vgl. Halliday 2004: 21). Einseitig nun ist der Gedanke, dass sich dieses System erst im Kontakt mit einer gesellschaftlichen Realität bilden kann: “infants’ protolanguage […] has yet no grammar at all” (ebd. 24). Auf die Frage nämlich, warum das kindliche Gehirn danach strebt, ein lexikogrammatisches System herauszubilden - “What features of cognitive architecture enable the evolution of a mental lexicon? ” (Levelt 1998: 169) - und welche Muster den Erwerb reglementieren (vgl. Atchinson 1997, Jusczyk 1997, Guasti 2002), wird keine Antwort gegeben. Für eine Grammatik sind dies vielleicht nebensächliche Fragen, doch ist dies eine deutliche Positionsbestimmung. Ist das lexikogrammatische System Ordnungsinstanz der Bedeutungsebene, stellt sich die Frage nach der Architektur der Semantik, der Ebene, von der aus der Prozess der Erstellung einer syntaktischen Form 51 stattfindet. Das lexikogrammatische System als Objekt dieser Grammatik, als Mittel und Resultat der Abbildung von und Kommunikation über Realität 52 - die uns nicht nur verbal, sondern in weit größerem Maße auf anderen perzeptuellen ‘Kanälen’ erreicht - muss aber, wenn es Repräsentation der Realität sein soll, durch einen linguistisch höchst relevanten semantischen Bündelungsprozess konstituiert werden, der die syntaktische Form in entscheidender Weise beeinflusst. Die Einbettung dieser semantischen Ebene wird mit einem Hinweis auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen verworfen (Halliday 2004: 588); es werden lediglich aus dem lexikogrammatischen System des Englischen heraus vermeintliche Aspekte semantisch repräsentierter Information postuliert, wie auch an anderer Stelle syntaktische Konstellationen auf induktiv gewonnene, in ihnen repräsentierte Vorgangsmuster zurück geführt. Dass in der Folge dann aber konzeptionell die semantische Ebene als Resultante der Sprachgenese verstanden und darauf reduziert wird (vgl. ebd. 31) ist nicht ein Kompromiss, sondern eine reduzierte und nach Ergebnissen aus der Primatenforschung 53 falsche Perspektive. Wenn funktionalistisch argumentiert wird, können nicht verbale Daten und das beobachtbare Verhalten bei ihrer Rezeption und Produktion als alleiniges Konstituens von Bedeutung und ihrer Repräsentation in Sprache gesetzt, sondern muss die Bandbreite an perzeptuellen Mitteln nebst ihrem kognitiven Anhang als einflussreich begriffen werden: Nicht nur die Funktion der Sprache determiniert ihre Gestalt, sondern auch die der übrigen menschlichen Rezeptions- und Produktionssysteme und deren vorsprachliche Bündelung. Mit dieser Schilderung der Eckpunkte und auffälligsten Aussparungen wird deutlich, dass diese Grammatik durchaus nicht einem extremen Funktionalismus - der dann auch eher in der Lars Meyer 44 Sprachphilosophie des späten Wittgenstein (1953) zu Hause ist und nur selten auf die Linguistik übertragen wurde - zugerechnet werden kann. Mit dem repräsentationellen Charakter des lexikogrammatischen Systems auf der einen und dem Gedanken der analogischen Struktur von Kognition und Sprache auf der anderen Seite ist das Sprechen zwar situiert, nicht aber als hermetisch und solipsistisch gesetzt. Nach diesem Abriss folgt nun ein zweiter, der die Grundelemente des Formalismus und einer fortgeschrittenen formalistischen Grammatik zum Gegenstand hat. 3.2 Der Formalismus Auch die formalistische Sprachbetrachtung lässt sich nicht direkt von ihren Ahnherren auf die heutigen Ausprägungen zurück führen - neben der Sprachphilosophie des Europäischen Strukturalismus 54 (z.B Hjemlslev 1968) sind linguistische Vorläufer der Amerikanische Deskriptivismus (z.B. Bloomfield 1933) und Behaviorismus; Resultate sind u.a. der Generativismus und der kognitivistische Zweig (z.B. Lakoff 1987), der heute in intensiver Interdisziplinarität mündet. Ziel formalistischer Sprachbetrachtung ist das Auffinden der postulierten grundlegenden Regeln, die die wohlgeformten Sätze einer Einzelsprache determinieren. Ziel ist also die Modellierung der äußeren Form Humboldts, und nicht, wie Stetter (2005: 169ff) kritisiert, die der Sprache Saussures. Der wohl prominenteste Vertreter, der Generativismus 55 , setzt die Gesamtheit dieser Regeln als ein - mehr oder weniger vermitteltes - Abbild der menschlichen Sprachfähigkeit, als “device that specifies the well-formed sentences of the language and their structures” (Newmeyer 1998: 9; vgl. Chomsky 1986). Der Erwerb dieser Fähigkeit wird als Ausformung genetischer Anlagen unter gegebenen Umweltbedingungen verstanden - bei Chomsky (1993) als Fixierung eines Anfangs variablen mentalen Zustandes, als Aussteuerung bestimmter universaler Parameter (Meisel 1995), bei Prince et al. (1993) als Festsetzung ihres Interaktionsschemas. Die Universalienforschung liegt also bereits in den Prämissen des generativen Paradigmas bedingt, wobei zum einen die Erfolgsaussichten gespalten sind und zum anderen bis heute keine umfassende Auflistung der Parameter oder Constraints der Universalgrammatik stattgefunden hat; wie Haspelmath (2006: 6) schreibt, ist der primäre Grund hierfür wohl, dass “most of them are not easy to isolate form the assumptions about UG in which they are embedded, and these differ substantially from author to author and from year to year.” Auch ist nicht klar, ob die Universalien einer Grammatik in diesem Sinne lexikonextern und morphosyntaktisch oder vielmehr lexikonintern, die Syntax nur als Resultat begreifend, zu beschreiben sind (vgl. Haspelmath 2006: 10). Im Gegensatz zu funktionalistischen Ansätzen, die die Ausprägung der individuellen Sprachfähigkeit im Spracherwerb nur induktiv setzen 56 und kontingent mit neurolinguistischen Befunden zum statistischen Lernen (vgl. Breitenstein 2003) korrelieren können, werden innerhalb des Generativismus Ansätze zur Modellierung derjenigen Anlagen, die statistische Verfahren ermöglichen, erstellt; dass den Spracherwerb Restriktionen eindeutig physiologischer Natur reglementieren, zeigt schon Pinker (1989): Das Paradox der tabula rasa, das der funktionalistischen Erklärung des Spracherwerbs anhaftet, wird vermieden. Der Generativismus ist laut einer verbreiteten Kritik dazu gezwungen, den Sprachgebrauch von der Sprachfähigkeit 57 zu scheiden. Da er sprachliche Äußerungen sämtlich auf zu Grunde liegende menschliche Anlagen zurückführen will, wird der Sprachgebrauch hier degradiert als die “jeweilige Art der stimmlichen Aktualisierung einer rein “mentalen” Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 45 Sprachkompetenz, die “Aufführung” der Sprache” (Simon 1971: 104): “constructions are considered to be wholly epiphenomenal.” (Newmeyer 1995: 11). Eine einseitig formalistische Grammatiktheorie will, so die häufige Kritik, die äußere Form ohne Rücksicht auf Sprechen und Sprache erklären; das “Äußern und Verstehen von Sätzen im Vollzug von Sprechhandlungen ist in genuin linguistischer Perspektive lediglich als der theoretisch uninteressante Gebrauch eines zugrundeliegenden und wissenschaftlich allein relevanten Kenntnissystems zu verstehen.” (Jäger 1994: 294) 58 . Diese Kritik ist reflexhaft und kann sich, wie im folgenden gezeigt wird, im Kern nur auf ältere generative Modelle beziehen. Der Vorwurf der relativen Statik und Hermetik gegenüber dem Einwirken des konkreten Sprachgebrauchs auf Veränderungen an der Sprachkompetenz jedoch ist stichhaltig und soll weiter unten diskutiert werden. Zunächst aber möchte ich kurz auf ein aktuelles formalistisches Grammatikmodell eingehen, um dann mit einer abschließenden Diskussion Probleme und Potential beider beschriebener Herangehensweisen zu erörtern. 3.2.1 Die Optimalitätstheorie Das heute fortgeschrittenste und meist diskutierte formalistische Grammatikmodell in der Folge des Modells der Prinzipien und Parameter (Chomsky 1993) ist die Optimalitätstheorie (Prince et al. 1993, Müller 2000, Legendre 2001 u.a.). deren syntaktische Formulierung meist im Rahmen des Minimalistischen Programms (Chomsky 1995a) verfährt 59 . Die Optimalitätstheorie übernimmt die genuin generative These einer Universalen Grammatik und aus dieser abgeleiteter Einzelgrammatiken. Arbeitet das Modell der Prinzipien und Parameter noch mit der Annahme eines universalen Sets binärer Parameter 60 , die die Menge der wohlgeformten syntaktischen Strukturen der jeweiligen Einzelsprache determinieren, nimmt die Optimalitätstheorie ein universales Set von Constraints, die zum Aufbau wohlgeformter syntaktischer Strukturen führen, an 61 , deren je individuelle Hierarchie eine Einzelsprache charakterisiert. Für die Typologie bedeutet dies, dass “To propose a constraint ranking for one language in OT is to claim that all possible rerankings of these constraints yield all and only the possible human languages” (Legendre 2001: 15). Aus verschiedenen Gründen 62 wird angenommen, dass nicht alle möglichen Hierarchien auch Realisierung finden (vgl. Samek- Lodovici 2001: 321ff). Typologische Untersuchungen vor dem Hintergrund des Vergleichs von Constrainthierarchien zur Absicherung der Thesen sind dabei jedoch selten (vgl. aber Vikner 2001); für Haspelmath (2006: 12) “the skeptical reader cannot help being struck by the contrast between the ambitious rhetoric and the typically much more modest results.” Die Festlegung der Constrainthierarchie wird als Vorgang, der sich im Spracherwerb vollzieht, verstanden. Wie Jäger (2004: 264ff) zeigt, ist, wenn von einem statistisch-stochastischen Spracherwerb (vgl. Breitenstein 2003) - in Kombination mit einer gewissen neurophysiologischen Determination (vgl. Pinker 1989) desselben - der Erwerb von Constraints und Constrainthierarchien im Rahmen eines kumulativen Vorganges durchaus möglich. Führt in der Theorie der Prinzipien und Parameter die Verletzung der durch einen Parameter erzeugten Restriktion zur Ungrammatikalität, können die Constraints der Optimalitätstheorie verletzt werden, wenn eine hierarchisch höhere Restriktion dadurch befriedigt wird. Für den formalen Rahmen des Minimalistischen Programm gilt, dass die realisierte syntaktische Oberflächenstruktur als Output das optimale Resultat eines Sets von Kandidaten als Input ist: Eine gegebene Tiefenstruktur erzeugt ein Set von Kandidaten 63 , von denen derjenige an der Oberfläche realisiert wird, der die wenigsten oder hierarchieniedrigsten Constraints verletzt 64 . Lars Meyer 46 In revidierten Versionen (vgl. Blutner 1999) ist die Struktur des Modells bidirektional: Auch für die Interpretation einer sprachlichen Äußerung, auf dem Weg von der syntaktischen Ebene auf die semantisch-konzeptuelle (vgl. Wilson 2001: 493) wird ein Set möglicher Interpretationen erzeugt, dass nach Prinzipien der Optimalität verarbeitet wird: “So it seems that the mapping of linguistic forms to interpretations requires optimization both in the parsing and in the generation direction.” (Jäger 2000: 43): Die Constraints der Interpretation sind vor allem von den Ökonomieprinzipien der Sprechakttheorie beeinflusst (vgl. Blutner 1999: 6f). Das hohe Interesse an der Optimalitätstheorie und ihrer Anwendung auf die Syntax zeigt jedoch auch ihre derzeitigen Schattenseiten: Wie Haspelmath (2006: 12f) kritisiert, wächst die Menge der zur Erklärung schon grundlegender Probleme benötigten Constraints stetig über die ursprünglichen Annahmen hinaus: Die Anzahl und Art der Transformationsbeschränkungen ist bisher unklar, wie auch ihre Hierarchie derzeit Gegenstand intensiver Diskussion ist. 4 Kritik, Hinweise und Diskussion Es sollen nun die beiden im letzten Teil beschriebenen Systeme der Sprachbetrachtung und Grammatik sowohl intern kritisiert als auch einander gegenübergestellt werden. Zentrale Schwachstellen und Probleme sollen dabei ebenso herausgestellt werden wie Punkte, an denen die Positionen einander nahe liegen. Grob ist der Abschnitt in einen Teil zum funktionalistischen und einen zum formalistischen Ansatz gegliedert, wobei Überschneidungen erwünscht sind. 4.1 Erneut der Funktionalismus Bereits auf den ersten Blick drängt sich auf, dass für eine Grammatik funktionalistischer Prägung Kreativität und Intentionalität des sprechenden Subjekts sekundär sind: “In this account, pragmatics has in a sense priority over semantics ‘proper’ and syntax” (Bolkestein 1993: 345). Die Struktur konkreter sprachlicher Äußerungen wird damit als “a vessel […] for conveying a semantic structure which for some reason is selected as appropriate by the speaker in a certain pragmatic situation, on the basis of his assumptions about the interlocutor at that point in the interaction, and in view of his own communicative goal” (Bolkestein 1993: 1940). Dass dies impliziert, dass jeder Sprecher die genannten äußeren Faktoren bei der Erzeugung seiner Äußerung mit einkalkuliert haben muss, setzt aber eine zu Grunde liegende, zunächst konzeptuell gesättigte Struktur voraus 65 , die aber innerlich und damit mit funktionalistischen Mitteln nicht beschreibbar ist; ein Paradox bleibt. Eine Reaktion auf gegebene Umweltfaktoren, eine Abstimmung einer sprachlichen Äußerung auf ihren kommunikativen Zweck fußt auf einer internen Repräsentation; ohne eine solche und ohne das - implizite - Wissen darum, welches Mittel wie zu verwenden ist, kann keine gerichtete Kommunikation erfolgen. Auch die Abhängigkeit der syntaktischen Abfolge und des Umfangs sprachlicher Äußerungen von der Informationsstruktur wird (vgl. Bolkestein 1993: 342ff) auf Erfordernisse ihrer Funktion zurückgeführt. Dass dieser Einfluss besteht, ist unbestritten, doch greift auch hier wieder das beschriebene Paradox: Verwendet ein Sprecher eine bestimmte syntaktische Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 47 Struktur, und sei es, um bestimmte Konstituenten zu fokussieren, muss hierfür eine - bewusste oder unbewusste - Begründung vorliegen 66 . Die kommunikative Notwendigkeit der Anwendung sprachlicher Mittel resultiert primär aus der Notwendigkeit, einen bestimmten Inhalt zu kommunizieren: Möchte ich verstanden werden, muss ich eine semantisch konsistente Interpretation ermöglichen, unter allen Umständen 67 . Primäre Funktion des Sprechens, so trivial das erscheint, ist der Informationsaustausch 68 , die optimale Abstimmung einer Äußerung auf diese Funktion bleibt Mittel zu genau diesem Zweck. Der außersprachliche Kontext der verwendeten informationsstrukturellen Gliederung und die Diskursstränge verwendeter Begriffe ermöglichen nicht nur etwa die Reduktion des verbalen Anteils in einem Teil der Fälle, sondern erzwingen auch seine gesteigerte Redundanz in anderen. In beiden Fällen, sei es in der gesprochenen Sprache in umfangreichem, sei es in der geschriebenen in nichtvorhandenem bzw. unmittelbar im Text vorhandenem Kontext muss Kohärenz geschaffen werden: “one is to treat coherence not only as a methodologically useful observable artifact of the external text, but also as a cognitive phenomenon in the mind that produces and comprehends the text” (Givón 1995: 343). Am Anfang sowohl der Produktion von Text als auch derjenigen von Äußerungen 69 steht eine semantisch gesättigte, kohärente mentale Repräsentation (vgl. Givón 1995: 346). Ihre Umsetzung in der Kommunikation verwendet aber nicht nur sprachliche Mittel; die Beschreibung der Bandbreite sowohl sprachlicher Mittel der Erzeugung von Kohärenz als auch ihrer kognitiven Basis beschreibt Givón (1995: 341ff). Der Fokus fällt dabei weit breiter aus als der bei Halliday (2004) verwendete. Auf deskriptiver Seite eröffnen die Modelle jedoch durch ihren empirischen Ansatz - der mit Ausnahme einiger slawischer Sprachen anhand des Englischen konzipiert wurde - auf für den Mitteleuropäer exotischere Sprachen angewandt, Vorteile (vgl. Givón 1995: 73ff): Ein Phänomen wie die Informationsstruktur, die nicht in allen Sprachen im traditionellen Sinne syntaktisch markiert ist (vgl. Dürscheid 2004: 119) kann hier allgemeiner beschrieben werden: Die Herleitung von Grammatik erhält einen weiteren Fokus als den rein syntaktischen: “grammatical typology is the study of the diversity of structures that can perform the same type of function.” (Givón 1995: 76). Was aber jedoch wieder - methodisch bedingt - fehlt, ist eine Antwort auf die Frage nach der psychischen Repräsentation etwa einer Fokussetzung, gibt man diese nicht, beschreibt man Kontingenzen. Prideaux (1987: 298) kann hier als exemplarisch für die funktionalistische, nach dem eben Gesagten deskriptive und damit äußere Perspektive gelten, wenn er die psychischen Verarbeitungsmomente von Sprache nur als “analogues of certain notions developed by the Prague School functionalists” vernachlässigt. Wie Dürscheid (2004: 122) schreibt, kann eine Modellierung dieser repräsentationelle Ebene und der kognitiven Anlagen, die Sprachverwendung ermöglichen, nur in einem formalistischen Rahmen erklärt werden, formalistisch in dem Sinne, dass die zu Grunde liegende Form - im Sinne der äußeren Form Humboldts - zum eigentlichen Gegenstand gemacht, gewissermaßen eine Rückkehr in das Subjekt auch für den Funktionalismus vollzogen wird. Es lässt sich sagen, dass funktionalistische Sprachbeschreibung ein großes deskriptives Potential hat und vielerlei sprachliche Phänomene relativ unabhängig beschreiben kann. Werden diese aber einseitig auf äußerliche Faktoren zurückgeführt und das intentionale Subjekt und vernachlässigt, werden Kontingenzen beschrieben. Ohne Modellierung der Verarbeitungsschritte ist jede Beschreibung Mutmaßung. Möchte der Funktionalismus des weiteren den Kontext und die Kontextgebundenheit von Sprache und Sprechen fokussieren, muss er seinen Kontextbegriff ausdifferenzieren und nicht zuletzt die kognitiven Grundlagen Lars Meyer 48 der Einflussnahme und Interaktion außersprachlicher Faktoren auf und mit sprachlichen (vgl. Altmann 1988) greifbar machen. 4.2 Erneut der Formalismus Wie oben bereits gesagt wurde, ist die Rückführung der Sprachfähigkeit auf das menschliche Genom hoch problematisch, da Kommunikative Anforderungen an ein Mittel menschlicher Interaktion sich mit sozialen und kulturellen Strukturen wandeln, unvorhersehbar und in relativ hoher Geschwindigkeit: Wäre die Menge möglicher Grammatiken genetisch verankert, wäre die Anpassung eines sprachlichen Systems an eine neue gesellschaftliche Form nur mit großer Verzögerung - Veränderungen des Genoms verlaufen träge - möglich. Hier setzt auch die berechtigte Kritik Haspelmaths (2006) an, mit der er die Vorgehensweise der generativistischen Universalienforschung rügt: Werden der Fundus speziell syntaktischer Constraints empirisch gewonnen und nicht auffindbare Hierarchien als nichtmögliche Sprachen disqualifiziert, versperrt sich das Modell möglicherweise dem Sprachwandel oder setzt ihm zumindest zu enge Grenzen. Auch dieser Vorwurf ist häufig - gewinnt aber die formalistische Grammatiktheorie ihre Theorien letztlich anhand des Sprechens und nur adäquat dafür, betreibt sie in gewissem Sinne, wie Jäger (1994: 296) schreibt, “spekulativen Mentalismus”. Im Gegensatz dazu, “For functionalists, unattested languages may simply be improbable, but not impossible” (Haspelmath 2006: 15). In gewissem Sinne ermöglicht die funktionalistische Methodik hier größere Offenheit. Wollte die Optimalitätstheorie diese ebenfalls einarbeiten, müsste das Postulat der endlichen Menge möglicher Grammatiken aufgegeben werden, die Menge der Constraint als variabel gedacht oder zumindest die Möglichkeit der Variabilität einzelner Constraints über längere Zeitraum anerkannt werden: Auch die äußere Form Humboldts muss als variabel gedacht werden. Die Syntax, wird in den verschiedenen Stufen formaler und speziell generativer Theorie als ein psychisches Modul begriffen, letzten Endes als eine im menschlichen Genom verankerte Universalgrammatik. In dieser universalen Grammatik ‘gedachte Äußerungen’, deren “Extension […] neuronale Tatbestände” (Stetter 2005: 195) wären, sind damit in den Gehirnen aller Mitglieder der Gattung Mensch ermöglicht, d.h. die Sprache hinter den Sprachen wäre letztlich zerebrale Biochemie, die in eine formale Syntax übersetzbar sein müsste. Letztere aber bleiben die Fürsprecher formaler Sprachtheorie bis heute schuldig, womit der syntaktischen Modellierung auch hier eine untere Ebene der Repräsentation fehlt. Wird diese formuliert, geschieht dies stets, etwa in einem Ansatz wie dem Wierzbiczkas (z.B. 2002: 41ff) 70 , in einer Einzelsprache, hier dem Englischen 71 ; dies sind aber lediglich “empirische Universalien” im Sinne Coserius (1975: 234ff). Das Fehlen einer “nicht ambiguen theoretischen Sprache” (Stetter 2005: 197) bleibt stets eine Schwachstelle formaler und speziell der generativen Grammatik: Das Problem der Repräsentation bleibt damit der missing link. In diesem Zusammenhang sei auf die in der formalistischen Diskussion nach Bloomfield (1933) stets gegenwärtige Hypothese von einer Autonomie der Syntax eingegangen: Diese wird als von ihrer Semantik und besonders der Pragmatik getrenntes, autonomes Modul 72 verstanden, was eine modulare Sicht der Kognition impliziert. In der Entwicklung des Generativismus jedoch wurde die in ihrer starken Version heute als strukturalistisches Relikt zu bezeichnende These immer weiter geöffnet. Eine heute adäquate Sicht verwendet die konstruierte Autonomie der Syntax lediglich, um die Möglichkeit der Betrachtung eines abstrakten, hypothetischen Systems, das der Introspektion mit genuin linguistischen Methoden verschlossen bleibt, zu wahren. Sie akzeptiert aber den resultativen Charakter der Syntax Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 49 als in Wechselwirkung mit der konzeptuellen Ebene stehend: “the idea that syntax has been shaped in part by conceptual constraints is fully compatible” (Newmeyer 1998: 36) mit der Autonomiehypothese (vgl. Kuno 1993) 73 . Generative Ansätze unterscheiden sich demnach eher nach dem Grad der angenommenen Wechselwirkungen von Syntax, Semantik und Pragmatik, was tatsächlich, wie Newmeyer (1998: 33) exemplarisch aufführt, so weit geht, dass bestimmte constraints auf diskursbasierte Faktoren zurückgeführt werden - spezifische Transformationen können bei Vorliegen bestimmter Diskurskonstellationen zulässig sein, bei ihrer Abwesenheit jedoch nicht 74 : “More importantly, the second way in which some OT authors have moved towards functionalists is that they have allowed functional considerations to play a role in their theorizing.” (Haspelmath 2006: 13). Dieses Potential der Optimalitätstheorie, umfassend die Repräsentation syntaktischer Strukturen in Abhängigkeit auch von der Pragmatik zu leisten, widerlegt etwa die Kritik Jägers (1994: 292ff) am Generativismus 75 : Kann eine Transformationsbeschränkung Ausdruck einer sprachfunktionalen Gegebenheit sein, und werden spezifische Constraints erst bei Vorhandensein bestimmter, pragmatische Effekte auslösender sprachlicher Mittel aktiv, ist der Weg zu einer Erklärung formalsyntaktischer Mittel durch funktionale Faktoren gangbar. Die Syntax wäre zwar ein - autonomes - Regelwerk, dabei aber offen für Veränderungen in Folge von Anforderungen an seinen Gebrauch. Auch legen Ergebnisse der Kognitionswissenschaften (vgl. Rumelhart et al. 1986) nahe, dass für die kognitive Linguistik Netzwerkmodelle modularen Ansätzen wie der autonomen Syntax des Generativismus gegenüber Vorteile aufweisen und adäquater erscheinen (vgl. Ford-Meyer 2000: 256ff). Der Konnektionismus hat jedoch bislang kein umfassendes grammatisches Modell vorgelegt. Wollte man die Repräsentationen der Optimalitätstheorie entsprechend Netzwerkmodellen gestalten, wäre die Ebene der syntaktischen Repräsentation soweit zu öffnen, dass nicht mehr nur syntaktische Einheiten Positionen einnehmen können. Das Inventar sprachlicher Mittel (vgl. Dürscheid 2004: 122f) umfasst intonatorische oder auch gestische, das Inventar der Kognition eine Vielzahl. Wollte man ein netzwerkartigen Strukturen nahe kommendes Grammatikmodell entwerfen, wären die Repräsentationsebenen der hier beschriebenen Modelle stark zu öffnen, die der funktionalistischen wiederum weitaus stärker als die der formalistischen. 5 Abschlussplädoyer Ich möchte zunächst einen Bogen zum Anfang der Arbeit spannen; hierzu stelle ich als Quintessenz der Sprachkonzeption Humboldts ein dreistufiges Modell von Akt, Organismus und äußerer Form heraus. Auch Saussures Konzeption ist mehrstufig, Sprechen und Sprache sind dominant, weniger menschliche Rede. Beiden Autoren ist gemein, dass Organismus bzw. Sprache nicht als manifester, sondern aus Abstraktion gewonnener Gegenstand gedacht wwerden: Die Sprache ist kein psychisches System, sonder virtuelle Repräsentation einer biologischen Anlage und kreativer Veränderungen. Die Medaillenseiten, denen sich Formalismus auf der einen und Funktionalismus auf der anderen Seite verschrieben haben, sind manifeste Sprachfähigkeit und manifester Sprechakt als materielle Gegenstände. Dem Funktionalismus fehlt die Berücksichtigung der äußeren Form, ohne die der Spracherwerb unerklärbar ist; auch verfällt er einem Paradox, wenn er kontingent Situation, Funktion und Intention beschreibt; verarbeitet und kommuniziert der Mensch Welt, sind diese Vorgänge innerlich, ergo repräsentiert. Auch ist Sprachgebrauch Lars Meyer 50 kontextgebunden, fließt die Perzeption der Sprechsituation mit in die Bildung sprachlicher Ausdrücke ein (vgl. Ford-Meyer 2000, Obermeier 2007, McKoon et al. 2007). Dies berührt die problematische Beziehung von Welt, Kognition und Zeichensystem (Deacon 1998), die in Teilen der funktionalistischen Forschung nur dogmatisch beschrieben wird. Der Formalismus zeigt Nachbesserungsbedarf in Bezug auf das Sprechen: Würden token gesprochener Syntax als optimale Vertreter eines bestimmten Kandidatensets erklärt, wären umfangreichere und komplexere Hierarchien anzunehmen - die, wird der Anspruch kognitiver Adäquatheit erhoben, Verarbeitungsfaktoren sowie Äußerungskontext und Perzeption gleichermaßen enthalten müssten. Auch ist das Rückwirken des Sprechens auf die äußere Form i.S. der Modifikation einer Constrainthierarchie zu erklären: Wie passt sich die Sprachfähigkeit an neue Aspekte von Welt an? Die Antwort, dass Kommunikation nur soweit möglich ist, wie vorgefundene Constraints es erlauben, ist unbefriedigend: Es ist davon auszugehen, dass die menschliche Sprachfähigkeit dem Wandel unterworfen ist. Ein weiteres Problem für beide Theorien ist das Fehlen einer Algebra der Kognition, die etwa Sprache und Wahrnehmung verrechnen könnte und Netzwerkmodellen der Kognition adäquater wäre 76 . Die hier beschriebenen Modelle wären hierzu stark zu öffnen, funktionalistisches weit stärker als formalistisches. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, welche Aspekte und Probleme der Sprachphilosophien Humboldts und Saussures sich verschiedene Versuche der Modellierung sprachlicher Kommunikation bis heute bewahrt haben. Ersichtlich ist dabei, dass keines der Modelle isoliert dem schon philosophisch nur im Ansatz umgrenzten Gegenstand gerecht werden kann. Ein integriertes Modell ist notwendig, das sowohl die Sprachverwendung durch die menschliche Sprachfähigkeit im Rahmen der Kognition erklärt, als auch die Rückwirkungen der reaktiven und kreativen Aspekte von Perzeption und zeichenhafter Bestimmung von Welt auf die Gestalt der sprachlichen Potentialität. Dass aber, um mit einer Wertung zu enden, die vermehrten Anstrengungen der Forschung im Rahmen der Optimalitätstheorie diesem Ideal näher kommen als ihr Widerpart, kann nicht geleugnet werden. Dank Für Anregungen und Kritik vielen herzlichen Dank an Prof. Dr. Chris Bezzel und Dr. Gisella Ferraresi sowie die Teilnehmer der StuTS-AG auf der 29. Jahrestagung der DGfS. Anmerkungen 1 Hierzu und zur Abgrenzung von parallel verwendeten Begriffen siehe Ehlich (1995: 953ff); Coseriu (1988: 3) führt dazu aus, dass der Systembegriff Humboldts den - dynamisierten - modernen Strukturbegriff meint. 2 Eine kurze Einleitung zur sprachphilosophischen Vorgeschichte des Begriffs gibt Borsche (1989: 47ff). 3 Die Funktion der Sprache als “Form der Gedanken” (Humboldt 1820: 22) findet bereits früh Erwähnung, dort jedoch ohne so weit reichende Pointe. 4 Nicht nur die Verwendungsweise der Form in Kombination mit dem Begriff des Organs lässt Reflexe Kants erkennen, sondern auch Stellen wie diese; zum Einfluss des Deutschen Idealismus auf Humboldt s. Stetter (1971: 25ff) Simon (1971: 108ff) und Borsche (1989: 52ff). 5 Zur Konstitution desselben vgl. “[…] so konnte die Erfindung nur mit einem Schlage geschehen […]. So wie man wähnt, dass dies […] stufenweise […] geschehen […] könne, verkennt man die Untrennbarkeit des menschlichen Bewusstseyns, und der menschlichen Sprache […].” (Humboldt 1820: 20). Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 51 6 Vgl. “Der innere Sprachsinn ist das die Sprache von innen heraus beherrschende, überall den leitenden Impuls gebende Prinzip.” (Humboldt 1836a: 199) oder die “Einerleiheit des Sprachvermögens” (Humboldt 1820: 26); empirische Anwendung findet der Gedanke in Humboldt (1827: 143ff); vgl. Borsche (1981: 80f). 7 Wie viele der Gedanken Humboldts wird auch dieser im Vorfeld von Herder (1772: 20ff) weit ausgeführt, zum Einfluss dieses auf jenen siehe Aarsleff (1983: 338ff), Gaier (1996: 215ff) sowie Stetter (1989: 25ff). 8 Vgl. “Es ergibt sich […], daß unter Form der Sprache hier durchaus nicht bloß die sogenannte grammatische Form verstanden wird.” (Humboldt 1836a: 40). 9 Dass Humboldt mit diesem Einbezug der Sprache in die sinnlich-geistige Synthese über Kant hinaus geht, nach dem sich der Erkenntnisprozess im Zusammenwirken der sinnlichen Empfindung mit den Formen des Verstandes erschöpft, thematisiert Di Cesare (1988: 29ff und 38f sowie 1996: 278ff). 10 Der Begriff der Analogie besitzt bei Humboldt zwei Lesarten; zum einen diese, zum anderen als grundlegendes Prinzip der Bildung sprachlicher Neuerungen; vgl. Humboldt (1836a: 171f und 73f). 11 In der gemeinten Verwendung ist der Begriff tatsächlich äußerst selten, z.B. ohne weitere Erläuterung in Humboldt (1820: 26); dem Gedanken nach identisch ist “Die ursprüngliche Uebereinstimmung zwischen der Welt und dem Menschen, auf welcher die Möglichkeit aller Erkenntnis der Wahrheit beruht, wird also auch auf dem Weg der Erscheinung stückweise und fortschreitend wiedergewonnen.” (Humboldt 1820: 28). Zur Problematik der Möglichkeit der Transzendenz einer solchen sprachlichen Analogie s. Simon (1971: 10ff). 12 Problematisch schon in diesem Satz, so könnte man anmerken, dass er wieder ein zu Grunde liegendes sprachliches System impliziert. Ein streng polares Denken macht die korrekte Interpretation aber unmöglich. 13 Das schöpferische Moment wird von Humboldt - als Kind des Deutschen Idealismus - dabei stets betont, vgl. auch Textstelle 4 im Zusammenhang mit “Der Instinct des Menschen aber ist minder gebunden, und lässt dem Einflusse der Individualität Raum […].” (Humboldt 1820: 20). 14 Vgl. zu diesem Gedanken die Betonung des Diskursiven bei Saussure (1891-1911: 374ff sowie 1916: 13ff) sowie Roggenbuck (1998: 138ff). 15 Auf die Schilderung der in Hinblick auf Authentizität freilich nicht ganz unproblematische Geschichte der letzteren wird hier nicht eingegangen, vgl. dazu Hiersche (1972: 6f) und Stetter (1995: 35f). 16 Die beiden Begriffe, und das ist hier wichtig, werden immer in Bezug auf spezifische Einzelsprachen verwendet. Andere Interpretationen sind, wenn man Saussure als Quelle verwendet, bloße Projektion (vgl. Stetter 2005: 188ff). 17 Die terminologischen Übersetzungsprobleme speziell der beiden zentralen Begriffe greift der Autor im Cours selbst auf - sie könnten sogar als Argumente für die Arbitraritätsthese her halten - hier sollen der Verweis auf Saussure (1916: 17) selbst sowie derjenige auf die Diskussion bei Albrecht (2000: 30f) genügen. 18 In den frühen Schriften Saussures (z.B. 1891-1911: 284) scheint die Trennschärfe der Begriffe geringer, speziell menschliche Rede steht teilweise parallel zu discours bzw. Rede und beide wiederum zu Sprache, die wiederum von langues, Sprachen, getrennt wird. Die menschliche Rede gewinnt im späten Denken wohl an Gewicht; dazu der Verweis auf die Einleitung des Herausgebers in Saussure (1891-1911: 17ff) sowie Stetter (2005: 190). 19 Stellenweise (z.B. Saussure 1916: 27) wird die Betrachtung der Sprache als innere Sprachwissenschaft, die der übrigen Gebiete der menschlichen Rede als äußere Sprachwissenschaft bezeichnet. 20 Auffällig auch ist an dieser Stelle, dass der Terminus des Werkzeugs Verwendung findet; auf denjenigen der menschlichen Rede wendet Saussure (z.B. 1891-1911: 284) denjenigen des Organs an, auf jenen der Sprache denjenigen des Instruments. Humboldt (z.B. 1836b: 191) würde zwar Platons (z.B. Platon 2004: 549) Begriff des Organon nicht verwenden, aber jenen des Organs in einer ähnlichen, sich auch auf den Laut beziehenden Weise. 21 Und das Medium, also das Blatt Papier selbst, ist analog der Sprache. 22 Hier wird erneut die Schwierigkeit der Trennung der Form von der menschlichen Rede deutlich, die nach der gängigen Interpretation (vgl. z.B. Coseriu 1975: 234f) das ist, was bei Saussure parallel zum Begriff der Form bei Humboldt steht. 23 Zur Problematik der Gleichsetzung dieser Begriffe - der letztere ist für das Denken Saussures adäquater, erscheint dabei aber “ganz humboldtisch” (Trabant 2003: 273). Ob dieser Aspekt es dann auch war, der den Strukturalismus und seine Nachfolger alleinig begründete, wird bei Albrecht (2000: 17ff) ausführlich diskutiert. 24 Für Stetter (1995: 522) ist dies eine deutliche Anspielung auf Humboldt, auch wenn Saussure den Implikationen des Begriffs wohl eher gespalten gegenüber steht. Humboldts (z.B. 1820: 17) Terminus findet eine ausführlichere Verwendung in Bezug auf die Sprache bei Schleicher (z.B. 1850: 2), der ihn aber stark biologistisch verwendet (vgl. Dresselhaus 1979: 28ff und 52). Lars Meyer 52 25 Vgl. “Je mehr man die Sprache […] studiert, um so mehr kommt man dazu, sich von der Tatsache zu überzeugen […], daß sie aus Tatsachen und nicht aus Gesetzen besteht, daß alles, was in der Sprache […] organisch erscheint, in Wirklichkeit kontingent und völlig zufällig ist.” (Saussure 1891-1911: 248). 26 Obwohl es an mancher Stelle im Cours scheint, als hielte Saussure zumindest eine geringe Anzahl positiver, also motivierter Teile des Systems bzw. Zeichen für notwendig, um einen festen Kern für die Herausbildung von Oppositionen zu haben - z.B. “In der Tat beruht das ganze System der Sprache auf dem irrationalen Prinzip der Beliebigkeit des Zeichens, das ohne Einschränkung angewendet, zur äußersten Kompliziertheit führen würde; aber der Geist bringt ein Prinzip der Ordnung und Regelmäßigkeit in einen Teil der Zeichen, und das ist die Rolle des relativ Motivierten […]. Es gibt keine Sprache, in der nichts motiviert ist.” (Saussure 1916: 158). 27 Am häufigsten und treffendsten die des Schachspiels, vgl. “Der Wert der einzelnen Figuren hängt von ihrer jeweiligen Stellung auf dem Schachbrett ab, ebenso wie in der Sprache jedes Glied seinen Wert durch das Stellungsverhältnis zu den anderen Gliedern hat […].” (Saussure 1916: 105ff). 28 Was sich für das genetische Verständnis erst mit der Parametertheorie denken und linguistisch erfassen lässt; dass Saussure bereits so weit denkt, kann nicht belegt werden. 29 Unter diesen Vorzeichen geht der Cours an mancher Stelle so weit, die Sprachwissenschaft als eine sozialwissenschaftliche Disziplin begreifen. 30 Wie Hiersche (1972: 10ff) schreibt, ist der private, individuellere Teil der Konzeption Saussures die menschliche Rede. 31 Sehr selten (z.B. Saussure 1891-1911: 272) findet sich als ein mit Sprechen übersetzbarer auch der Begriff des parler, der dann aber eher wieder parallel zu dem der Sprache verwendet wird. 32 Auch wenn Saussure auch dies einschränkt, wohl auf Grund der sozialen Konstitutionsweise der Sprache und der damit verbundenen sozialen Abhängigkeit auch des Sprechens und des einzelnen Sprechaktes, hier l’acte linguistique; vgl. “[…] von allen Akten, die man aber vergleichen kann, hat der sprachliche Akt […] die Eigenschaft, am wenigsten reflektiert, am wenigsten überlegt zu sein, ebenso wie er der unpersönlichste aller Akte ist.” (Saussure 1891-1911: 250). 33 “Denn der Satz existiert nur in der Rede [hier unverständlicherweise statt Sprechen als Übersetzung für parole gewählt, L.M.], in der diskursiven Sprache […]” (Saussure 1891-1911: 374); auch wenn Albrecht darauf hinweist, dass dies nur auf den konkret geäußerten Satz und nicht auf das “Muster, nach dem er gebildet wurde” (Albrecht 2000: 32), zutrifft. 34 An gleicher Stelle vertritt Dresselhaus die Position, dass das Sprechen der eigentlich dominantere Teil in der Konzeption Saussures ist, da es die Sprache eben konstituiert. 35 Vgl. Stetter (1996: 427). 36 Hierzu ist, wie schon bei Humboldt, der Dialog, unabdingbar: Wie Roggenbuck (1998: 139f) jedoch schreibt, wird bei Saussure nicht weiter auf die möglichen Probleme der Übertragung Bezug genommen und damit implizit der intentionale Aspekt des Sprechens stillschweigend überbetont und “die Seite der Rezeption weitreichend durch Passivität charakterisiert” (ebd. 141). Hieraus wird dort eine Dominanz der Sprache abgeleitet. 37 Vgl. hierzu das Diagramm in Dirven et al. (1987: xi), welches eine Rückführung vollzieht. 38 Vgl. Coseriu (1988: 3) “Wir sind nun der Meinung, daß keine der beiden Richtungen der humboldtianischen Linguistik entspricht.” 39 Zur Begriffsklärung vgl. Newmeyer (1998: 7ff). 40 Vgl. auch Newmeyer (1998: 10). 41 Objekt der funktionalistischen Sprachbetrachtung ist m.E. gerade nicht, entgegen den Ausführungen Bolkesteins (1993: 340), “the language system”, sondern eben das Sprechen im Sinne Saussures. 42 Einen hinreichenden Abriss der Tradition geben - kürzer - Daneš (1987) und - ausführlicher - Givón (1995: 1ff). 43 Für die Genese der menschlichen Sprachfähigkeit ist diese größten Teils unstrittig, vgl. “the evolution of language must have been an interactive […] process […] the interaction between random mutation, adaptive behaviour and natural selection has been accepted even by main-stream neo-Darwinians.” (Givón 1995: 394). 44 Die Ansichten darüber, welche Faktoren, ob nun dem Subjekt primär äußerliche, soziale oder möglicherweise auch innerliche, dann wieder formale Faktoren bei der Beschreibung in Betracht gezogen werden sollten, divergieren erheblich, vgl. dazu die treffende Analogie bei Newmeyer (1995: 13).. 45 So auch Halliday (2005: 168ff) mit der Gestaltung des Repräsentationscharakters seines Satzbegriffs. 46 Es ihnen m.E. mit seiner verbalzentrierten Perspektive aber wiederum unterordnet; vgl. Textstelle 9. 47 Vgl. Textstellen 8 und 9. Funktionalismus und Formalismus im Rekurs auf Humboldt und Saussure 53 48 Die phänomenologische Dimension dieses Gedankens wird erkannt, und Reflexion auf Grammatik nicht mit Reflexion auf Realität gleichgesetzt - zumindest nicht explizit; es bleibt dies aber eine Abkehr vom semiotischen Dogma der Arbitrarität. 49 Grob gesagt könnte der Anknüpfungspunkt zur kognitiven Linguistik hier darin liegen, dass Kognition selbst als Reaktion, im Denken Hallidays - m.E. durchaus i.S. Humboldts - als reaktive Analogiebildung begreifbar wäre. 50 Welches “a virtual thing” ist, wie Halliday (2004: 27) richtig erkennt. 51 Die instantiation (ebd. 21). 52 Nebenbei noch als “acting out our social relationships.” (Halliday 2004: 29). 53 Nach Levelt (1998: 177) besitzen z.B. Schimpansen reiche Konzeptschätze. 54 Der dem Vorwurf des einseitigen Formalismus wohl am ehesten Angriffsfläche bietet.. 55 Wie Newmeyer (1998: 11ff) schreibt, sind in der Folge wiederum zwei Gruppen von Ansätzen entstanden, hier wird diejenige der Generativen Grammatik Chomskys (z.B. 1993 und 1995a) als exemplarisch betrachtet. 56 Für die Unzulänglichkeit solcher Erklärungsansätze vgl. Grewendorf (1995: 114). 57 Ich verwende diese Begriffe an Stelle von Competence und Performance, da die Rückführung dieser auf die oben gesetzten sprachphilosophischen Dualismen, speziell bei Saussure, eine nicht-exakte darstellt. 58 Für traditionelle Kritiker wie Jäger (1994: 292) bedeutet die Entstehung der formalistischen bzw. kognitivistischen Sprachwissenschaft eine “‘Entsubstanzialisierung’ des Erkenntnisobjektes Sprache” - was nach den Ergebnissen des ersten Teils schon begrifflich nicht richtig ist, da Sprache ein virtueller und damit im Gegensatz zum Sprechen nie substantieller Gegenstand sein kann; eine Nicht-Substanz kann nicht entsubstantialisiert werden. 59 Das im Ursprung für phonologische Zwecke gedachte Modell findet in unterschiedlichen Syntaxmodellen Anwendung, vgl. Legendre (2001: 3). 60 Die Anzahl der postulierten Parameter schwankt in der Literatur zwischen ca. 20 und der Menge der Elemente im chemischen Periodensystem, vgl. Haspelmath (2006: 5). 61 Die nach manchen Autoren nicht zwangsweise binär sein müssen, vgl. Prince et al. (1993: 75f). 62 S. Samek-Lodovici (2001: 326), wo das Prinzip des “harmonic bounding” auf die Typologie übertragen wird “Harmonic bounding can reduce an infinite number of candidates to a finite number of potential winners, providing an effective tool to exploit the crosslinguistic predictive power of OT.” (Samek-Lodovici 2001: 341). 63 Das Set der Kandidaten ist prinzipiell unbegrenzt, wird aber durch Mechanismen wie das Prinzip des “harmonic bounding” (Samek-Lodovici 2001: 320) ab einem gewissen Punkt - grob gesagt durch sich wiederholende Muster der Constraintverletzung durch Kandidaten - begrenzt. 64 Nach Einschätzung Jägers (2000: 42) ist dies eine Frage der Ökonomie: “On a somewhat more abstract level, the OT philosophy can be described by the idea that only the most economical candidates of a given candidate set are legitimate linguistic objects; less economical competitors are blocked.” 65 Wenn der Sprecher nicht ursprünglich wüsste, was er eigentlich sagen möchte, wären einem Determinismus Tür und Tür geöffnet. 66 Vgl. zur Gegenposition in Bezug auf die Informationsstruktur die Kritik Bolkesteins (1993: 344). 67 Hier wörtlich zu nehmen. 68 Andere Formen - wie die phatische Kommunikation - sind für meinen Zweck irrelevant. 69 Halliday (2004: 3) setzt diese dann auch bereits in seiner Einleitung gleich. 70 Einen historischen Abriss der wichtigsten Versuche zur Entwicklung einer Universalsprache gibt Salmon (1995: 916ff); vgl. dazu auch Tovar (1988: 25ff): Zur Kritik von Theorie und Methodik der Universalienforschung s. Coseriu (1972: 186ff, 1975: 233ff und 1988: 227f). 71 Dass elementare Bausteine, hier der Natural Semantic Metalanguage, bereits in vielen Sprachen nachgewiesen wurden, beweist hier nichts: Die Arbitraritätsthese Saussures konsequent zu denken bedeutet doch anzuerkennen, dass z.B. das mit sein bezeichnete Konzept des Deutschen - dem Paradigma der strukturalen Semantik nach - nicht mit dem des englischen (to) be identifizierbar - da der Organismus der beiden Sprachen nicht identisch ist. 72 Zur Differenzierung der These vgl. Newmeyer (1998: 26f). 73 Wollte man die Autonomiehypothese heute in ihrer ursprünglichen, starken Bedeutung ob nun für die Syntax oder das gesamte grammatische System weiterhin verteidigen, wäre dies nur möglich, wenn man die Sprachfähigkeit mit der Kognition gleichsetzte, vgl. Newmeyer (1998: 78). 74 Ein positives Grammatikalitätsurteil für einen englischen Satz wie “John said that liver he would never eat.” könne durch “[…] so-called ‘root-transformations’ [that, L.M.] can apply only in clauses that make assertions.” Lars Meyer 54 (Newmeyer 1998: 33f) erklärt werden. Eine Vielzahl weiterer Beispiele finden sich in Jäger (2000), Legendre (2001), Blutner (2004), Benz (2005) und Haspelmath (2006). 75 Oder, wie Jäger (1994: 299) es nennt, “kognitivistischen Mentalismus”. 76 Obwohl speziell in der Computerlinguistik in engem Einklang mit experimentellen Arbeiten auf diesen Feldern erhebliche Fortschritte gemacht werden, vgl. Anderson (1993), auch wenn sich auch die hierfür notwendigen Faktoren stetig vermehren, vgl. Vasishth et al. (2006). Eine auf genuin sprachlichen Faktoren fokussierende Grammatik wird und muss früher oder später an ihre Grenzen stoßen, ansonsten wäre sie ein Modell der menschlichen symbolischen Kommunikation selbst. 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