eJournals Italienisch 40/80

Italienisch
0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
È importante che Fabrizio Corbera, Principe di Salina, sia un astronomo amatoriale e non un matematico o un fisico? Mentre gran parte delle ricerche su Il Gattopardo di Giuseppe Tomasi di Lampedusa considera l'astronomia del Principe solo un elemento di un romanzo storico ritardato o una metonimia dell'intellettualismo e del desiderio di morte del Principe, questo contributo va in una direzione diversa: l'evocazione dell'astronomia come hobby di Don Fabrizio non si riferisce solo al suo stato storico intorno al 1860, ma anche al piano di discorso astronomico più antico, come il collegamento tra astronomia e malinconia, legittimità aristocratica e mitologia e infine tra astronomia, eros e morte, che raggruppano e allo stesso tempo rimpolpano le contraddizioni e le aspirazioni del protagonista. Così come Tomasi di Lampedusa lega ripetutamente la vita del Principe alla propria presenza alla fine degli anni '50, così l'interesse di Don Fabrizio per le stele e i pianeti, in particolare Venere, si riferisce in modo criptico e scettico anche alla corsa per la conquista dello spazio, che raggiunse il suo primo culmine con la riuscita missione del satellite russo Sputnik nel 1957 – anno della morte di Tomasi di Lampedusa.
2018
4080 Fesenmeier Föcking Krefeld Ott

Il principe e le stelle

2018
Marc Föcking
37 M A R C F Ö C K I N G Il principe e le stelle Tomasi di Lampedusas Il Gattopardo und die Astronomie Astronoetik I Vielleicht ist das Jahr 2018 nicht die günstigste Zeit, an die Wissenschaft der Astronoetik zu erinnern. Mit dem 6. Juni 2018, als der deutsche Astronaut Alexander Gerst zur Internationalen Raumstation ISS geschossen worden ist, um in der Mission «Horizons» ein halbes Jahr lang mit einer internationalen Mannschaft in 400 Kilometern Höhe um die Erde zu kreisen und das Kommando der ISS zu übernehmen, ist die Raumfahrt, die ‘Astronautik’ wieder in das Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt. Als ‘Astronoetik’ hingegen profilierte Hans Blumenberg in seinem letzten, posthum 1997 veröffentlichten Buch Die Vollzähligkeit der Sterne halb scherzhaft jene Wissenschaft, die sich den Gestirnen rein gedanklich, von der Erde aus nähert. Weniger systematisch als vielmehr in 145 Essays, Glossen, Gedankensplittern umkreist Blumenberg die Frage, die seinerzeit - wie der Essay «Was ist Astronoetik? » skizziert - der Hirnanatom Wolfgang Bargmann an der «damals so kleinen […] Universität […] Christiana Albertina in Kiel», 1 spielerisch aufgeworfen hatte. ‘Seinerzeit’ - das war im Oktober des Jahres 1957, als die Sowjetunion den Satelliten Sputnik in die Erdumlaufbahn geschossen hatte und erstmals ein künstlicher Kleinstmond die Erde umkreiste. Das löste im Westen den ‘Sputnik-Schock’ aus, die Bestürzung über die Zurückgebliebenheit des Westens angesichts der ganz neuen sowjetischen Hoheit über das All. Und im kleinen Kiel die ironische Frage: «Und was haben wir Vergleichbares? » Unser Denken, mit dem man nicht nur versuchen könne, die dunkle Seite des Mondes rational und in Gedankenexperimenten zu erhellen, erlaube es auch, die Frage zu stellen, ob sich das Hinfliegen überhaupt lohne. Diese ‘Astronoetik’ konfrontiert die Astronautik mit der Anfrage, ob sich diese nicht vielmehr dem menschlichen Stolz auf das technisch Machbare verdanke und ob das technisch Mögliche allein und unhinterfragt schon als hinreichende Begründung für derartige Missionen akzeptabel sei. 2 Dieses astronoetische 1 Hans Blumenberg, «Was ist Astronoetik? », in: ders., Die Vollzähligkeit der Sterne, Frankfurt/ M. 2000, S. 547-549, hier S. 547. 2 Ebenda, S. 548. Italienisch_80.indb 37 01.03.19 12: 09 3 8 Il principe e le stelle Marc Föcking Bedenken, «ob und gegebenenfalls welchen Sinn es hätte hinzufahren», 3 hat übrigens auch Patrick Illinger in der Süddeutschen Zeitung an die Horizon- Mission Alexander Gersts gerichtet. 4 Die Blumenberg’sche Astronoetik betrachtet Gestirne, Planeten, Monde von der Erde aus, bewertet skeptischheiter die Euphorie des technisch Machbaren und selbstironisch-antianthropozentrisch die Grenzen des menschlichen Wissens und Könnens, deren «Zuwachs […] unser Denken nur unverhältnismäßig wenig beeinflußt hat». 5 Die Astronoetik betrachtet die Astronomie seit ihren Anfängen als von ihren kulturellen Bedingungen nicht abstrahierbare, also stets durch menschliche Geschichte, Erfahrung, durch Kunst und Literatur imprägnierte und bedingte Praxis. Auch wenn «Astronoetik», wie Blumenberg schreibt, niemals ein «Lehrbuch oder einen Hörsaal» 6 füllen wird, könnte sich ihre im historischen Umfeld des Sputnik-Schocks beginnende Spur auch dort finden, wo ihr Name und Begriff noch fehlte: Im einzigen Roman des sizilianischen Adligen Giuseppe Tomasi di Lampedusa, über dessen frischem Grab der sowjetische Sputnik am 4.10.1957 piepend seine Kreise zu ziehen begann. Die Astronomie des Principe zwischen Wissenschaftsgeschichte und Mythos Fabrizio Corbera, Principe di Salina gehört zu den wenigen Protagonisten der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts mit starken astronomischen Interessen. Vielleicht ist er sogar der einzige neben Antoine de Saint-Exupérys Petit Prince (1943). Dennoch ist die Astronomie Don Fabrizios kaum auf das Interesse professioneller Gattopardo-Leser gestoßen und wird, wenn überhaupt, eher en passant als Beleg für den Intellektualismus des Fürsten von Salina - so von Macchia oder Orlando 7 - oder als Ausweis seiner Suche nach einem Leben in maximaler Distanz zum schäbigen Gewimmel der 3 Hans Blumenberg, «Nachdenklichkeit als Bedenklichkeit», in: ders., Die Vollzähligkeit der Sterne, S. 320-324, hier S. 320. 4 «Die Kosten für bemannte Missionen sind irrwitzig. Astronauten fliegen ins All, weil es begeistert, weil es stolz macht. Das Geld wäre besser anzulegen», SZ Online 6.6.2018, http: / / www.sueddeutsche.de/ wissen/ raumfahrt-ueberirdisches-unterfangen-1.4002699 (9.6.2018) 5 Blumenberg, «Was ist Astronoetik? », in: ders., Die Vollzähligkeit der Sterne, S. 548, vgl. auch ders., «Astronoetische Glosse», in: ebenda, S. 498-500. 6 Blumenberg, «Was ist Astronoetik? », in: ders., Die Vollzähligkeit der Sterne, S. 548. 7 Siehe Giovanni Macchia, «Le stelle fredde del ‘Gattopardo’», in: ders., Saggi Italiani, Milano 1983, S. 351-353; Francesco Orlando, L’intimità e la storia. Lettura del Gattopardo, Torino 1998, S. 28, und Anm. 2. Italienisch_80.indb 38 01.03.19 12: 09 39 Marc Föcking Il principe e le stelle materiellen Gegenwart und folglich in großer Nähe zum Tod gelesen. 8 Der Principe di Salina scheint das selbst zu bestätigen: «All’altezza di quest’osservatorio le fanfaronate di uno, la sanguinarietà dell’altro si fondono in una tranquilla armonia. Il problema vero, l’unico, è di poter continuare a vivere questa vita dello spirito nei suoi momenti più astratti, più simili alla morte.» (51) 9 Letztlich steht die Astronomie des Principe so in der Gefahr, zu einer bloßen Metapher für die erdenferne Todessehnsucht des Intellektuellen 10 oder zum realistischen Ingrediens eines Romans über den sizilianischen Adel des Ottocento und präziser über den Urgroßvater Giuseppe Tomasi di Lampedusas, den Hobby-Astronomen Giulio Fabrizio Tomasi di Lampedusa, zu werden. Dessen in den Gattopardo integrierte astronomische Leidenschaften gehörten folglich zum Gepäck eines 1957, in der Spätphase des Neorealismus, nicht eben zeitgemäß erscheinenden historischen Romans, desavouiert zusätzlich durch einen verdächtig familien-autobiographischen und wenig in die politische Landschaft Nachkriegsitaliens passenden Subtext scheinbaren, den nationalen Mythos der Unità Italiens 1860/ 61 kritisch durchkreuzenden Bedauerns über den Untergang des alten Adels. Elio Vittorini, der die Publikation des Romans für die Reihe «Gettoni» bei Einaudi abgelehnt hat, oder Leonardo Sciascia haben den Roman in eben diesem Sinne (miss-)verstanden. 11 Das sind zwei, wenn auch ungleiche, Gründe, die konkrete Ausgestaltung der Astronomie-Thematik im Gattopardo nicht für ein sonderlich wichtiges Element dieses epochalen Romans zu halten - Gründe, die die folgenden Ausführungen nicht teilen werden. Die Astronomie-Thematik in Il 8 So etwa Giuseppe Paolo Samonà, Il Gattopardo. I racconti, Firenze 1974, S. 66, 69, oder Pietro Boitani, Il grande racconto delle stelle, Milano 2012, S. 424 f. 9 Il Gattopardo wird zitiert nach Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Il Gattopardo. Edizione conforme al manoscritto del 1957, Milano 62 1998. Seitenzahlen im Fließtext beziehen sich auf diese Ausgabe. 10 Siehe etwa Arnaldo Di Benedetto, «Betrachtungen über den ersten Teil des Gattopardo», in: Birgit Tappert (Hrsg.), Vom Bestseller zum Klassiker der Moderne. Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman Il Gattopardo, Tübingen 2001, S. 65-75, hier S. 72 f.; Rosalba Galvagno, «Il desiderio stellare del Principe di Salina», in: Between III/ 5 (2013), http: / / ojs.unica.it/ index.php/ between/ article/ viewFile/ 932/ 656 (11.6.2018). 11 Siehe Leonardo Sciascia, «Il Gattopardo», in: ders., Pirandello e la Sicilia. Opere 1984-1984, a cura di Claude Ambroise, Milano 2004, S. 1161-1169. Dazu siehe Fabien Kunz-Vitali, «Lampedusa, la Sicilia e il (melo-)dramma del Risorgimento», in: Una gente di lingua, di memorie e di cor. Italienische Literatur und schwierige nationale Einheit von Machiavelli bis Wu Ming, hrsg. von Marc Föcking und Michael Schwarze, Heidelberg 2015, S. 139-158, hier bes. S. 143 f. Italienisch_80.indb 39 01.03.19 12: 09 4 0 Il principe e le stelle Marc Föcking Gattopardo zielt weder auf eine historisch-antiquarische Rekonstruktion eines sizilianischen Hobby-Astronomen des Ottocento noch auf deren unidirektionale mortalistische Metaphorisierung, die die intellektualistische Weltflucht des Principe dupliziert. In die Astronomie des Principe hat Tomasi di Lampedusa vielmehr eine Vielzahl von historischen und nicht unbedingt kompatiblen Diskursen eingespeist, und dieses vielgesichtige Konglomerat konstituiert die ebenso widersprüchliche Persönlichkeit des Principe di Salina wie die untergründige Verbindung des Romans zur Astronoetik. Die erste Schicht, die der Wissenschaftsgeschichte der Astronomie in Sizilien Mitte des 19. Jahrhunderts, liefert - wie Tomasi di Lampedusa selbst schreibt 12 - die Biographie des Urgroßvaters Giulio Fabrizio Tomasi di Lampedusa (1813-1885). 13 Dieser hatte nicht nur - wie der Romanprotagonist - eine deutsche Mutter, er war auch begeisterter und in Italien geschätzter Hobby-Astronom mit einer wohlausgerüsteten, als «Osservatorio ai Colli del Principe di Lampedusa» bekannten Privat-Sternwarte in seiner Villa nördlich von Palermo, in der er sich an der Mitte des 19. Jahrhunderts ausgebrochenen Jagd nach Asteroiden beteiligte. Pietro Tacchini, der Direktor des «Osservatorio del Collegio Romano», beschrieb es 1883 als «solo osservatorio privato degno di essere menzionato». 14 Bestückt unter anderem mit einem Refraktor-Teleskop von Georg Merz (1793-1867), war sein Observatorium besser ausgerüstet als die Sternwarte von Palermo und konnte ab 1853 substantielle Beiträge zur Kometen- und Planetenbeobachtung auf Sizilien leisten. Die erste war die des Kometen 1853III, dessen Positions- und Umlaufberechnung Giulio Fabrizio dem Giornale Officiale di Sicilia mitteilte. 1857 erregte seine vermeintliche Entdeckung des dritten Kometen des Jahres (nach dem ersten durch D’Arrest und dem zweiten durch Bruhns) große Aufmerksamkeit, denn diese Entdeckung hätte den Namen Tomasi und Siziliens in die Annalen der Astronomie und an den Sternenhimmel geschrieben: «E questa terza cometa telescopica del 1857 aggiunge una novella scoverta a quelle, con cui la sicula astronomia ha contributo a arrichire di nuovi corpi il sistema planetario, ed il nome di Giulio Tomasi, Principe di Lampedusa, sarà 12 So im Brief an Enrico Merlo di Tagliavia vom 30. Mai 1957, zitiert nach Gioacchino Lanza Tomasi, I luoghi del Gattopardo, Palermo 2007, S. 62-64, hier S. 63. 13 Zu Biographie und astronomischen Interessen Giulio Fabrizios siehe Andrea Vitello, Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Palermo 2008, S. 374-378. 14 Zitiert nach Illeana Chinnici, «Nineteenth-Century Comets: Studies and Observations in Sicily», in: Journal for the History of Astronomy 46/ 2 (2015), S. 130-158, hier S. 138. Italienisch_80.indb 40 01.03.19 12: 09 41 Marc Föcking Il principe e le stelle ricordato nella storia della scienza. […] La quale scoverta […] rivela ai dotti astronomi di oltremonte la esistenza di un privato osservatorio, dal quale un uomo, rispettabile per sociali virtù, benefico, modesto ha consociato il suo nome alla vita di un astro.» 15 Da sich herausstellte, das Tomasi lediglich den Kometen D’Arrest, der am selben Tag wie der Planet Bruhns sichtbar war, beobachtet hatte, konnte zur Enttäuschung der sizilianischen Astronomen von einem ‘cometa Tomasi’ nicht die Rede sein. 16 Dennoch folgten viele weitere Berechnungen und Beobachtungen Tomasis von Kometen, Planetenkonjunktionen und der Sonnenfinsternis am 22.12.1870. Im Bericht von Gaetano Cacciatore, Direktor des Osservatorio di Palermo, ist zu lesen, dass Giulio Fabrizios Mitarbeiter, der «sacerdote Pirrone», nicht weniger begeisterter Astronom war als Tomasi selbst: «Il Principe di Lampedusa, distinto patrizio siciliano, delle cose astronomiche illuminato cultore, e che a sollievo del suo spirito in amena villa nei dintorni di Palermo, ha eretto un piccolo osservatorio fornito di non ispregevoli istromenti, per vaghezza di osservare l’Eclissi recavasi in Girgenti insieme al sacerdote Pirrone suo assiduo compagno negli studi del Cielo. In elevato terrazzo entro la città essi collocarono un cannocchiale di 11 centimetri di apertura.» 17 Giuseppe Tomasi di Lampedusa hat sich in der Ausstattung des Principe offensichtlich deutlich an die astronomische Vita seines Urgroßvaters angelehnt: Von der Namensidentität des Vornamens Fabrizio und den groben Lebensdaten 18 abgesehen teilen sie die «inclinazione alla matematica» und 15 Giornale Officiale di Sicilia, 24.4.1857, zit. nach Chinnici, «Nineteenth-Century Comets», S. 154. 16 Chinnici, «Nineteenth-Century Comets», S. 139. 17 Zitiert nach «Strumenti del Principe di Lampedusa nella collezione storica dell’Osservatorio Astronomico di Palermo G. S. Vaiana», http: / / cerere.astropa.unipa.it/ fotografie/ immagini%20eventi/ strumenti.html (3.12.2018). Zu Padre Pirrone, «anche lui autentico anche nel nome», siehe Giuseppe Tomasi di Lampedusa im Brief an Enrico Merlo vom 30.5.1957, zit. nach. Lanza Tomasi, Il luoghi del Gattopardo, S. 63. Zu Padre Pirrone als Hauslehrer bei den Tomasis siehe auch Vitello, Giuseppe Tomasi di Lampedusa, S. 42. 18 Im Roman lesen wir widersprüchliche Angaben: In der Stunde seines Todes im Juli 1883 gibt sich der Principe «settantatre anni» (224), wäre also 1810 geboren; zu Beginn der parte seconda mit Datum Agosto 1860 heißt es über ihn: «un uomo di quarantacinque anni può credersi ancora giovane fino al momento in cui si accorge di avere dei figli in età di amare» (73), er wäre also 1815 geboren. Das ist möglicherweise Italienisch_80.indb 41 01.03.19 12: 09 42 Il principe e le stelle Marc Föcking «astronomia» (25), das Observatorium in der Villa bei Palermo und dessen Ausstattung mit «due telescopi e tre cannocchiali» (48) und die Suche nach «comete» und «pianetini» (25), also ‘Kleinplaneten’ - übrigens ein von Alexander von Humboldt 1851 eingeführter Begriff zur Unterscheidung der ab Mitte des Jahrhunderts massenhaft entdeckten Asteroiden von den acht großen Planeten. Sie teilen den Ehrgeiz der Erstentdeckung und Erstbenennung, die dem Principe im Gattopardo allerdings mit «Svelto» und «Salina» (25) gelingt, und die öffentliche Anerkennung der astronomischen Entdeckungen («sufficienti riconoscimenti pubblici», 25). Und beide umgeben sich mit dem «sacerdote Pirrone» als Mitarbeiter ihrer astronomischen Leidenschaft. Im direkten Vergleich aber wird die Überhöhung des fiktiven Principe di Salina deutlich, denn dieser ist erfolgreicher als sein reales historisches Pendant, dessen ‘Cometa Tomasi’ sich ja in Luft auflöst, während der Principe di Salina seine erstentdeckten «pianetini» mit dem Namen seines Adelsgeschlechts und seines Lieblingshundes benennt. Der Ruhm des Principe ist folglich weit über Sizilien hinausgedrungen, nicht nur zollt ihm der sizilianische König Ferdinand Anerkennung, man verleiht ihm sogar eine Silbermedaille auf einem Astronomenkongress an der Sorbonne (38) und bietet ihm wegen seiner wissenschaftlichen Leistungen die Senatorenwürde des neuen Regno d’Italia an. Noch in der Stunde des Todes erinnert sich der Principe, dass ihn der berühmte (reale) Physiker und Direktor der Pariser Sternwarte François Arago (1786-1853) «per l’esattezza dei difficili calcoli relativi al cometa di Huxley» (224) beglückwünscht habe. Anscheinend ist dem Autor daran gelegen, Giulio Fabrizio in die historische wissenschaftsgeschichtliche Diskursumwelt der Astronomie und ihrer Goldgräberzeit Mitte des 19. Jahrhunderts einzupassen und dank der Lizenzen des historischen Romans den sizilianischen Lokal-Astronomen zu einer italienischen, fast schon europäischen Berühmtheit auszubauen. Doch beginnt man die aufgebotenen Realien nachzuprüfen, bekommt das fiktive Bild des doch so deutlich an den historischen Urgroßvater angelehnten und auf den ersten Blick historisch wahrscheinlichen Principe di Salina Risse: Bereits die Benennung der entdeckten Asteroiden mit dem Namen des eigenen Adelssitzes und besonders mit dem des eigenen Hundes wirken vor dem Hintergrund der Benennungsusancen von Asteroiden Mitte des 19. Jahrhunderts geradezu präpotent und frivol, tragen die Asteroiden etwa des Jahres 1857 doch ausschließlich Namen aus der Mythologie wie Hestia, Aglae, Melete oder Doris, allenfalls Eugénie nach der Gattin aus der leicht selbstbetrügerischen Schönfärberei der Innenperspektive Don Fabrizios gesehen, der den schweren Schlag der eigenen Alterung angesichts des Erwachsenwerdens seiner Tochter einzustecken hat. Italienisch_80.indb 42 01.03.19 12: 09 4 3 Marc Föcking Il principe e le stelle Napoléons III. 19 Einen Huxley’schen Planeten, zu dessen Berechnung der reale Arago gratuliert haben könnte, gibt es nicht, wohl aber den bekannten Halley’schen Kometen. Dass der sterbende Principe diesen wegen beginnender Umnachtung fälschlich als «Huxley’scher» Komet benennt, ist unwahrscheinlich, denn der Principe hat den nur alle 75 bis 79 Jahre von der Erde aus zu sehenden Kometen nie zu Gesicht bekommen können, im 19. Jahrhundert war er nur am 16.11.1835 beobachtbar, und dann erst wieder 1910. Seine Bahn war schon im 18. Jahrhundert präzise berechnet worden. 20 Einen Astronomie-Kongress an der Sorbonne gegen Mitte des 19. Jahrhunderts habe ich nicht ermitteln können, denn tatsächlich begannen internationale astronomische Fachkongresse erst in den späten 1880er Jahren. Schließlich sind die von Don Fabrizio gelesenen wissenschaftlichen Zeitschriften entweder keine mit astronomischen Artikeln oder schlicht inexistent: Im «più recente numero del Journal des savants», den der Principe im Mai 1860 liest, findet sich nicht nur nicht das Zitat «Les derniers observations de l’observatoire de Greenwich présentent un intérêt tout particulier» (43), sondern überhaupt keine astronomischen Auslassungen. Das Journal des Savants bietet vor allem philologische oder archäologische Artikel und Rezensionen mit einigen wenigen Ausflügen in die Biologie oder Medizin. Im Mai 1860 hätte Don Fabrizio lesen können «De quelques fragments inédits de l’histoire des insects de Réaumur» von Marie-Jean-Pierre Flourens, die Rezension eines Buches zum Roman en vers de très-excellent, puissant et noble homme Girart de Roussillon von Émile Littré oder einen ersten Artikel über «Les ports de Cartage». Nicht einmal die Sektion «Nouvelles Littéraires» mit Berichten aus den einzelnen Akademien ist ergiebig, denn aus der für den Principe relevanten Académie des sciences findet sich nur ein einziger Satz: «Dans sa séance du 23 avril, l’Académie des sciences a élu M. Ehrenberg à la place d’associé étranger, vacante par le décès de M. le baron A. de Humboldt.» 21 Bis auf den Tod Alexander von Humboldts hätte ihn das wohl alles kaum interessiert. Gänzlich inexistent ist hingegen die deutschsprachige Zeitschrift Blätter der Himmelsforschung, zu deren Leser der des Deutschen mächtige Principe zählt, die sich aber in keinem Katalog der großen deutschen Bibliotheken nachweisen lässt. Der Titel dieser fiktiven astronomi- 19 Siehe zu den ersten Entdeckungen von ‘Kleinplaneten’ - der erste war der von G. Piazzi in der Neujahrsnacht 1800/ 1801 in der Sternwarte von Palermo entdeckte Asteroid «Ceres» - Joachim Herrmann, DTV-Atlas zur Astronomie, München 1977, S. 95 f. Cfr. die Liste der ersten 500 im 19. Jahrhundert entdeckten und benannten Asteroiden auf https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Liste_der_Asteroiden,_Nummer_1_bis_500 (11.6.2018). 20 Siehe Herrmann, DTV-Atlas zur Astronomie, S. 119. 21 Journal des Savants, Mai 1860, S. 320. Italienisch_80.indb 43 01.03.19 12: 09 4 4 Il principe e le stelle Marc Föcking schen Zeitschrift fügt sich jedoch gut dem ironischen Spiel, das Tomasi di Lampedusa hier mit dem Himmel treibt, schlägt doch der Principe mit einem zusammengerollten estratto dieser Zeitschrift ein - gewohnheitsmäßiges - Kreuz, bevor er sich zur Unterredung mit Don Calogero, dem Vater der zukünftigen Braut Tancredis, begibt. Und wie er sich aus dem Reich der Sterne und der wissenschaftlichen «astrazione», repräsentiert durch die Blätter der Himmelskunde, gewohnheitsmäßig zurückfindet in die unreflektierte sizilianische «devozione […] non religios[a]» des christlichen Himmels (118), fällt wenig später auch das illudierte Selbstbild des «Gattopardo imponente dal pelo liscio» angesichts der sizilianischen Schläue des «sciacaletto» (118) Calogero Sedara in sich zusammen. Offensichtlich sollen diese eklatanten, aber intentionalen ‘Fehler’ signalisieren, dass es im Gattopardo nicht um die Rekonstruktion eines zeitadäquaten astronomischen Diskurses im Modus des historischen Romans geht, vielmehr unterwirft Tomasi di Lampedusa die Ausstattung der Astronomie des Romans der Modellierung der komplexen Persönlichkeit des Principe und zieht dementsprechend unter und neben den pseudo-historischen Astronomie-Diskurs um 1860 andere historische Zustände, Ausprägungen und sozialen Habitus von Astronomie zusammen: Den des Zusammenhangs zwischen Astronomie und Melancholie, zwischen Astronomie und Herrschaft, zwischen Astronomie und Mythologie und zwischen Astronomie, Eros und Tod. Am offensichtlichsten ist, dass die Haltung des Principe zu den Sternen sich nicht auf ihre mathematisch-astronomische Beobachtung und Berechnung, also die wissenschaftliche Seite beschränkt. Zwar rückt der Erzähler die exakte und an eine der wichtigsten Sternwarten Italiens, die von Arcetri bei Florenz, übermittelte Berechnung der Umlaufbahn des Kometen in strikte Opposition zum katastrophischen Aberglauben seiner Ehefrau Maria Stella (50), dennoch ist die Sternenbetrachtung des Principe alles andere als allein kühler «trionfo della ragione umana che si proiettava e prendeva parte alla sublime normalità dei cieli» (50). Das Stichwort «sublime» lenkt nämlich begriffsgeschichtlich unweigerlich auf die menschliche Begrenztheit angesichts der unendlichen Weiten des Himmels, wie sie Mitte des 18. Jahrhunderts etwa Edmund Burke in A Philosophical Enquiry into the Origin of Our Ideas of the Sublime and Beautiful (1757) entworfen hat. 22 Für den Principe aber spendet dieses «sublime» nicht den ästhetischen 22 Siehe Edmund Burke, A Philosophical Enquiry into the Origin of Our Ideas of the Sublime and Beautiful, J.T. Boulton (ed.), Notre Dame/ Indiana 1968, S. 78: «A starry heaven, though it occurs so frequently to our view, never fails to excite an idea of grandeur. […] Besides, the stars lye in such apparent confusion, as makes it impossible on ordinary occasions to reckon them. This gives them the advantage of a sort of infinity.» Italienisch_80.indb 44 01.03.19 12: 09 4 5 Marc Föcking Il principe e le stelle Reiz eines settecentesken ‘angenehmen Horrors’ ,23 sondern die Fokussierung auf das Ungenügen des Irdischen, das schmerzliche Bewusstsein irdischer «impurità» und ameisenhafter Bedeutungslosigkeit und Selbstüberschätzung menschlichen Mühens (cfr. 102 f., 103), hervorgetrieben durch die Gestirne als «le sole pure» (85). Diese Nachtgedanken, die den Principe vielfach, besonders explizit etwa angesichts der Betrachtung des Sternenhimmels Donnafugatas im Abschnitt «Don Fabrizio e le stelle» erfassen, sind die eines Melancholikers, die sich bis zur Ballszene in die Wörtlichkeit der «malinconia» und des «umor nero autentico» (199) steigern. Mit der Melancholie kommt hier neben der ‘wissenschaftlichen’ Astronomie Mitte des 19. Jahrhunderts eine zweite, historisch sehr viel frühere Ausprägung der Betrachtung der Gestirne ins Spiel. Schon in der Antike galt die Astronomie (wie auch die Geometrie) als unter dem Einfluss Saturns stehende Ars liberalis, wie umgekehrt Saturn zum «theoreticon», zu Betrachtung der höchsten Naturdinge - der Sterne - und der Abstraktion - der Mathematik - konditionierte. 24 In Weiterentwicklung der pseudo-aristotelischen Problemata (XXX, 1) schreibt etwa Ficino zur «bile nera»: «Parimente essa solleva il pensiero alla comprensione delle cose più elevate, poiché corrisponde al più alto dei pianeti.» 25 Entsprechend stattet die europäische Kunst die Melancholiker wie die allegorische Darstellungen der Melancholie mit astronomischen Instrumenten aus, so etwa Marten van Heemskerk auf einer Temperamenten-Blattfolge 26 oder Albrecht Dürer, dessen erzbekannte Melancholia I nicht nur den Zirkel als zentrales Emblem der Astronomie in Händen hält, sondern auch vor einer Kometenerscheinung im Hintergrund platziert ist. 27 Diese Bindung von Sternenbetrachtung und Melancholie zieht sich als historisches Kontinuum bis in die Literatur des 20. Jahrhunderts, etwa Montagu Slaters Libretto zu Benjamin Brittens Oper Peter Grimes (1945), in dem der eigenbrötlerische Fischer Peter Grimes die Sterne nicht als nautische Fixpunkte betrachtet, sondern «the great Bear and Pleiades» mit der Undurchschaubarkeit menschlicher Existenz und mit «human grief» zusammendenkt. 28 23 Zur Begriffsgeschichte von «sublime» im italienischen 18. Jahrhundert siehe Marc Föcking, «Sublime. Funktionen des Erhabenen im Diskurssystem des italienischen Settecento», in: Helmut C. Jacobs/ Gisela Schlüter (Hrsg.), Beiträge zur Begriffsgeschichte der italienischen Aufklärung im europäischen Kontext, Frankfurt/ M. 2000, S. 167-185. 24 Siehe Raymond Klibansky/ Erwin Panofsky/ Fritz Saxl, Saturno e melancolia, Torino 1983, etwa S. 316-318. 25 Marsilio Ficino, De vita triplica, I, 5, zitiert nach Klibansky/ Panofsky/ Saxl, Saturno e melancolia, S. 244. 26 Abbildung in ebenda, Nr. 149. 27 Cfr. Hartmut Böhme, Albrecht Dürer. Melancholia I, Frankfurt/ M. 1989, S. 36-42. 28 Benjamin Britten, Peter Grimes. Bernhard Haitink, Royal Opera House Covent Gar- Italienisch_80.indb 45 01.03.19 12: 09 4 6 Il principe e le stelle Marc Föcking Von dort ist es ein kurzer Schritt zur astronomischen Melancholie des Principe di Salina. Als Astronom und Melancholiker ist Don Fabrizio per se eine elitäre Figur, denn Melancholiker sind in der Problemata-Tradition der «generosa melancholia» ausschließlich Menschen, «che hanno raggiunto l’ecellenza nella filosofia e nella politica o nella poesia o nelle arti» (Problemata XXX, 1). 29 Aber auch ohne diesen Rekurs auf die «ecellenza […] nella politica» des Melancholikers liegt für den Principe als Angehöriger des Hochadels die Pflege der Astronomie nahe, bilden doch Astronomie und Herrschaftslegitimation in der historischen Ikonographie adeliger Repräsentation seit der frühen Neuzeit ein enges Bündnis. Die Kenntnis des Himmelsgeschehens obliegt frühneuzeitlichen Fürsten nicht nur, weil die Korrespondenz himmlischer und weltlicher Ordnung die eigene Herrschaft legitimiert, was sich in den vielen astronomischen Deckengemälden frühneuzeitlicher Herrscherpaläste widerspiegelt: Das Deckengemälde im römischen Farnesina-Palast von Baldassarre Peruzzi etwa versetzt Perseus und Medusa, Venus und Leda in einen bestirnten Himmel - in einer Konstellation, in der die Forschung die Himmels- und Aspektenkarte Roms am 1. Dezember 1466 erkannt hat. Das ist der Tag der Geburt Agostino Chigis, des Erbauers des Palastes, der so den Machtanspruch seines Geschlechts in den Himmel einschreiben ließ. 30 Eben weil so eine besondere Korrespondenz von Herrschaft mit dem ewigen Lauf der Planeten inszeniert wird, kann auch von den Fürsten eine besondere Nähe zu Wissenschaft von den Gestirnen und zur Prevision des Zukünftigen für die richtige Lenkung des Staatsgeschehens erwartet werden, und damit die Pflege der sich erst langsam von der Astrologie trennenden Astronomie: Das 18. Jahrhundert kennt bedeutende fürstliche Repräsentationsbauten, in die astronomische Observatorien integriert sind, etwa das Museum Fridericianum in Kassel oder die kaiserliche Kunstkammer Peters des Großen. 31 Das Observatorium des Principe ist ein fiktiver Reflex dieser astronomischen Herrschaftsarchitektur en miniature, und ebenso ist in Fabrizios astronomischer Tätigkeit selbst der aristokratische Herrschaftsanspruch enthalten, ironisch kommentiert vom Erzähler des Gattopardo: den, EMI (1993), Booklet, S. 52. 29 Zit nach Klibansky/ Panofsky/ Saxl, Saturno e melancolia, S. 22. 30 Siehe Jean Seznec, The Survival of the Pagan Gods. The Mythological Tradition and its Place in Renaissance Humanism and Art, New York 1961, S. 79-83. 31 Siehe Johann-Christian Klant, «Kunstkamera: Museum und Sternwarte», in: Palast des Wissens. Die Kunst und Wunderkammer Zar Peters des Großen, München 2003, Bd. 2, S. 139-153. Italienisch_80.indb 46 01.03.19 12: 09 47 Marc Föcking Il principe e le stelle «Basti dire che in lui orgoglio e analisi matematica si erano a tal punto associati da dargli l’illusione che gli astri obbedissero ai suoi calcoli (come di fatto sembravano fare) e che i due pianetini che aveva scoperto (Salina e Svelto) li aveva chiamati, come il suo feudo e un suo bracco indimenticato) propagassero la fama della sua casa nelle sterili plaghe fra Marte e Giove.» (25 f.) Da das Zitat mit dem Halbsatz «e che quindi gli affreschi della villa fossero stati più una profezia che un’adulazione» (26) endet, schließt Tomasi di Lampedusa den Kreis von Astronomie und Herrschaft zur Mythologie und schlägt einen weiteren historischen Diskursbereich von Astronomie und einen den ganzen Roman durchziehenden Themen- und Metaphernbereich an. Seit der Antike, ihrer Benennung der Planeten mit den Namen der antiken Götter und ihren ätiologischen Mythen des Katasterismos (‘Verstirnung’) Sterblicher als göttlicher Liebesbeweis etwa Dionysos’ zu Ariadne oder als Vergöttlichung von Herrschern 32 muss nach einer Versöhnung von Astronomie und Mythologie 33 nicht lange gesucht werden: Nicht in der europäischen Kunst und Literatur seit der Frühen Neuzeit, 34 nicht einmal in der astronomischen Forschung des 19. Jahrhunderts, die neuentdeckte Asteroiden konsequent nach mythologischen Figuren benannte, und auch nicht im Gattopardo. 35 Bereits der «olimpo palermitano» des Deckengemäldes der ersten Seiten fügt sich sowohl der traditionellen Herrschaftsarchitektur wie der Indienstnahme des mythologisierten Sternenhimmels für die Perpetuierung eines Familienruhms, dessen Krise der Roman ausbuchstabiert. Aber auch jenseits astronomischer Herrscherenkomiastik löst die Nennung mythologischer Figuren im Denken des Principe sogleich die Gedankenverbindung zur Astronomie aus: Sein im Selbstgespräch mit Bendicò entwickelter Vergleich Napoleons III. mit Jupiter als Thronräuber Saturns «dovesse richiamare le stelle alla sua memoria» (47), was reflexartig den Gang ins eigene Observatorium nach sich zieht (47). Wie weit lassen sich die Verbindungen von Mythologie und Astronomie in der Vorstellungswelt des Principe nach diesem Erzählerkommentar treiben? Vielleicht weiter, als erwartet: Der Brunnen im Park von Donnafugata 32 Siehe etwa Christian Bechtold, Gott und Gestirn als Präsenzformen des toten Kaisers - Apotheose und Katasterismos in der politischen Kommunikation der römischen Kaiserzeit und ihre Anknüpfungspunkte im Hellenismus, Trier 2011. 33 Siehe dazu etwas Seznec, The Survival of the Pagan Gods, S. 37-83. 34 Siehe dazu einen Überblick in Boitani, Il grande racconto delle stelle, S. 283-346. 35 Und keinesfalls erst beim Auftritt der Venus in der Todesstunde des Principe, wie Salvatore Silvano Nigro, Il principe fulvo, Palermo 2012, S. 78, schreibt. Italienisch_80.indb 47 01.03.19 12: 09 4 8 Il principe e le stelle Marc Föcking etwa, mit der von Neptun umklammerten Nymphe Amphitrite inmitten von Tritonen und Najaden, könnte sich für ihn ebenso astronomisch aufladen wie das mythologische Deckengemälde seiner Villa in Palermo: «si udiva la dolce pioggia degli zampilli che ricadeva nella fontana di Anfitrite […]. Nettuno abbrancava un’Anfitrite vogliosa: l’ombelico di lei inumidito dagli spruzzi, brillava al sole, nido, fra poco, di baci nascosti nell’ombra subacquea. Don Fabrizio si fermò, guardò, ricordò, rimpianse. Rimase a lungo.» (76) «Amphitrite» hat der deutsche Astronom Albert Marth einen am 1.3.1854 an der Sternwarte von Greenwich London entdeckten Asteroiden genannt. 36 Erinnert sei daran, dass Tomasi di Lampedusa den Principe im Journal de Savants einen Artikel über die «dernières observations de l’Observatoire de Greenwich» lesen lässt (43). In der Vorstellungswelt des Principe könnten sich so das mythologische Brunnenpaar mit dem von Asteroid «Anfitrite» und Planet «Neptun» überblenden. Wenn das auf den ersten Blick auch weit hergeholt scheint, legt der Roman doch die Verbindung von Brunnen und Astronomie auf zweifache Weise nahe: Als sich der Principe während der späteren Ballszene in sein Studierzimmer wünscht, verbindet sich dieser Wunsch «ad ascoltare il chioccolío della fontana» (wenn auch nicht die des Amphitrite-Brunnens, sondern der des Stadtpalasts) mit dem nach «cercar di acchiappare le comete per la coda» (199). Die eigenartig physische Formulierung «acchiappare le comete per coda» erinnert in der Semantik des gewaltsamen Ergreifens stark an die des «abbrancava un’Anfitrite vogliosa», wodurch die Parallele von Nymphe und Komet textintern evident wird. Aber auch die Nähe des Brunnengotts Neptun zum Principe wird im Roman herausgearbeitet, wenn auch über einen Umweg. Wenige Seiten, wenige Stunden vor der Begegnung des Principe mit Tancredi am Amphitrite-Brunnen steigt Don Fabrizio «interamente nudo, come l’Ercole Farnese» aus der Badewanne, «mentre giù dal collo, dalle braccia, dallo stomaco, dalle coscie l’acqua gli scorreva a rivoli, come il Rodano, il Reno e il Danubio traversano e bagnano i gioghi alpini.» (72) Hier gestaltet Tomasi di Lampedusa in unmittelbarer Nähe zur Szene am Amphitrite-Brunnen den Principe als metaphorischen Brunnengott in Parallele zum «Nettuno spiccio» (76). Wenn Don Fabrizio wehmütig den 36 Zu Marth siehe Wolfgang Steinicke, Observing and Cataloguing Nebulae and Star Clusters: From Herschel to Dreyer›s New General Catalogue, Cambridge 2008, S. 137. Italienisch_80.indb 48 01.03.19 12: 09 4 9 Marc Föcking Il principe e le stelle glänzenden Bauchnabel der Nymphe und ihr Liebesspiel mit Neptun kontempliert, wird das von Tancredi und Teilen der Forschung als unausgesprochene erotische, nicht auf seine Frau Maria Stella - deren Nabel er trotz sieben gemeinsamer Kinder nie gesehen hat (39) - bezogene Phantasie des Principe gelesen (76). 37 Nimmt man den astronomischen Subtext der Brunnenepisode ernst, lässt sich Fabrizios erotisches Begehren auf seine Jagd nach den Sternen ausweiten und abschließend nach dem Zusammenhang von Astronomie und Eros im Roman fragen. Auf einer syntagmatischen Ebene der Histoire-Gestaltung scheint hier im ersten Teil zunächst nicht mehr als ein Kontiguitäts-Verhältnis vorzuliegen. Die Gedanken an den Besuch bei der Prostituierten Marianna, die ihn lustvoll «Principone» nennt und die ihn «umile e servizievole» bedient, wecken im Principe die Erinnerungen an eine andere Prostituierte, Sarah, «la sgualdrinella parigina che aveva frequentato tre anni fa quando per il Congresso d’Astronomia gli avevano consegnato in Sorbona una medaglia d’argento» (38). Sex und Astronomie stehen hier immerhin in einem Verhältnis inhaltlicher Nähe, das allerdings auf lexikalische Weise unterstrichen wird: Mariannas Liebe ist ebenso «umile e servizievole» (38), wie die sich seinen Berechnungen unterwerfenden Sterne «docili» (210) sind. Dass Don Fabrizios sich ihm gleichfalls unterwerfende Ehefrau «Stella» heißt, bestätigt auf witzige Weise das Bild der Frauen wie Sternen gegenüber zupackenden («acchiappare le comete», 199) Haltung des Principe. Doch ist mit dieser Haltung der Dominanz nicht alles gesagt, ja die körperliche Liebe zu Maria Stella (auch der Sex mit Marianna oder Sarah, cfr. 39) ist ebenso wenig wie die mathematische Dominanz über die «stelle» angetan, die Sehnsucht des Principe nach der Vereinigung mit den Sternen zu stillen. Vielleicht gilt die Trauer Don Fabrizios vor dem Amphitrite-Brunnen nicht so sehr der Tatsache, nicht Neptun, sondern nicht Amphitrite sein zu können. Mit anderen Worten: Nicht von einem Gott oder Göttin geliebt und in den Himmel versetzt werden zu können. Metaphorisch betreibt Tomasi di Lampedusa die Vergöttlichung des Principe ja schon seit der Erwähnung seines «cipiglio zeusiano» (26) oder des Vergleichs mit dem Ercole Farnese. Auch der Katasterismos des Hauses Salina ist mehrfach in ironischer Brechung im ersten Teil präsent, im in den mythologischen Himmel des Deckengemäldes der Palermitaner Villa erhobenen Stemma der Salina (24) oder - implizit komisiert - im «pianetino Salina» (25). Metaphorisch setzt sie sich in der einer «costellazione» angenäherten Hängung der Miniaturen Don 37 Zum politischen und erotischen Subtext des Amphitrite-Brunnens siehe Birgit Tappert, «Die Kunstwerke im Gattopardo», in: dies. (Hrsg.), Vom Bestseller zum Klassiker der Moderne, S. 153-170, hier 165-166. Italienisch_80.indb 49 01.03.19 12: 09 50 Il principe e le stelle Marc Föcking Fabrizios und seiner Familie in Donnafugata fort. Wenn Fabrizios Bildnis dort als «stella polare» (158) fungiert, hat Tomasi di Lampedusa hier den hellsten Stern im Sternbild des Kleinen Bären (oder des Kleinen Wagen) im Blick gehabt. Und weil dieser in der Nähe des Nordpols stehende Stern einer der wichtigsten Orientierungspunkte am nördlichen Himmel ist, gewinnt Don Fabrizio durch Bilderhängung wie astronomischen Vergleich die Position des unwidersprochenen Familien-Fixpunktes. Was sich hier andeutet und was der Roman aber besonders im sechsten und siebten Teil betreibt, rekurriert auf eine letzte historische Variante von Astronomie, nämlich die Aktualisierung der mythologischen Aitiologie: der Versetzung von Götterlieblingen in den Sternenhimmel. Der von der Antike ererbte Sternenhimmel wimmelt von Sternbildern, die die Namen Sterblicher tragen, von den Göttern zum Dank für ihre Taten oder aus Liebe als Sternbilder an den Himmel versetzt: Cassiopeia, Andromeda, Castor, Ariadne (in der Corona Borealis), Orion, Berenike (Coma Berenices), Arcas, Perseus. Figuren wie diese bevölkern die Gemälde der Frühen Neuzeit, bisweilen sogar mit deutlichen Verknüpfungen von Mythologie und zeitgenössischer Astrologie wie in Guercinos Bildnis des Endymion. 38 Aber auch auf den fiktiven Fresken im Palazzo Salina (Andromeda, Perseus 39 ) ebenso wie auf den realen mythologisch-astronomischen Decken- und Wandgemälde barocker und klassizistischer Villen und Adelspaläste, so etwa im Herkules-Zyklus Giuseppe Valescos mit der «Apoteosi di Ercole» im Sala d’Ercole des Palazzo dei Normanni in Palermo. 40 In den ersten Teilen des Romans nimmt der Principe diese astronomische Auto-Enkomiastik dankbar und als Kompensation für den tatsächlichen Macht- und Bedeutungsverlust in den Dienst des eigenen Hauses, ohne diesen aristokratischen Zugriff im Widerspruch zur eigenen wissenschaftlich-mathematischen Astronomie zu sehen. In den letzten Teilen jedoch treten sowohl dynastische als auch die wissenschaftlichen Aspekte der Astronomie deutlich zurück hinter das quasi platonische Modell der mythologisierten Gestirne als zwischen Sterblichen und Göttern vermittelnder Eros. 41 Dieser neo-pagane Eros deklassiert die christlichen Jenseitsvorstellungen in der Sterbeszene des Principe zum nur 38 Zum Konnex von Endymion und astronomischer Forschung siehe Marc Föcking, «Endymion», in: Der Neue Pauly Supplemente Bd. 5. Mythenrezeption, Maria Moog- Grünewald (Hrsg.), Stuttgart/ Weimar 2008, S. 253-257. 39 Zur politischen Deutung des Perseus-Mythos im fiktiven Fresko siehe Birgit Tappert, «Die Kunstwerke im Gattopardo», in: dies. (Hrsg.), Vom Bestseller zum Klassiker der Moderne, S. 153-171, hier S. 162 f. 40 Zur historischen Rolle der bourbonischen Ikonographie des Herkules in Valescos Fresko siehe Nigro, Il principe fulvo, S. 81-95, hier S. 90 f. 41 Zu denken wäre hier an die Funktion des Eros in der Rede der Diotima in Platons Symposion, aber auch an ähnliche Vorstellungen im Phaidros. Italienisch_80.indb 50 01.03.19 12: 09 51 Marc Föcking Il principe e le stelle noch formalhaft und eher sozial denn religiös verstandenen Ritus (222). Im sechsten Teil des Romans nimmt der Tod einen immer größeren Raum ein, besonders die Ballszene wird durch die Präsenz des Todes gerahmt und unterbrochen: Auf dem Weg zum Ball trifft der Principe auf einen Priester mit dem Viaticum (193), auf dem Rückweg auf eine Karre mit Schlachttieren (211), und inmitten des Balls lässt Tomasi seinen Protagonisten sich zur Meditatio mortis angesichts von Greuzes La Morte del Giusto (202) zurückziehen. Je stärker diese Anwesenheit des Todes wird, desto drängender und sehnsuchtsvoller wird Don Fabrizios Wunsch: «voleva attingere un po’ di conforto guardando le stelle» (210) und vor allem «Venere […] avvolto nel suo turbante di vapori autunnali […] al disopra del mare» (211). Die Sehnsucht nach diesem hier ganz mit den Formulierungen eines Liebesverhältnisses zu einer spröden, sich entziehenden Geliebten apostrophierten Planeten («quando si sarebbe decisa a dargli un appuntamento», 211) zielt bereits auf den Tod des Fürsten im siebten Teil und 21 unerzählte - und folglich ereignislose - Jahre später. Das Ende des sechsten Teils ist sehr eng mit dem des siebten Teils abgestimmt: Wie Don Fabrizio am Ende des sechsten Teils sehnsuchtsvoll den Planeten Venus über dem Meer erblickt, sieht er im Moment seines Todes eine «creatura bramata da sempre […] più bella di come mai l’avesse intravista negli spazi stellari» (225) und in Reisekleidung. Alles spricht dafür, dass der Principe in dieser «creatura bramata da sempre» die Planetengöttin Venus sieht. Sie ist «pronta ad essere posseduta» (225) und folglich ebenso erotisch verfügbar, wie die Sterne seiner früheren Beobachtungen «docili» (210) waren. Doch gleichzeitig wird sie im Gegensatz zur Passivität seiner früheren Forschungsobjekte aktiv im «prenderlo» (225), im Einlösen des seit Jahrzehnten aufgeschobenen «appuntamento meno effimero» (211). Das alles zielt auf die Verschiebung der Rolle des Principe vom im Selbstbetrug der eigenen vermeintlichen Macht agierenden 'Herrscher' über die Gestirne (dynastisch wie wissenschaftlich) zum dem Göttlichen unterlegenen, aber zum Göttlichen im Moment des Todes erhobenen Sterblichen - ganz wie in den Mythenerzählungen von Ariadne und Dionysos, Adonis und Venus, Endymion und Diana. Der Principe-astronomo wird in seiner Todesphantasie zwar nicht - wie Ovid in den Metamorphosen (XV 779-851) erzählt 42 - wie Caesar durch Venus zum Kometen erhoben, aber doch wie dieser durch die Planetengöttin auf die große Reise in die als 42 Ovid, Metamorphosen, hrsg. und übers. von Niklas Holzberg, München 12 1990, S. 594-596. Zur (Herrscher-) Verstirnung in der Antike siehe siehe F. Graf, «Kaiserkult», in: Der Neue Pauly, Stuttgart/ Weimar 1996 ff., Bd. VI, Sp. 143-145; J. Loehr, «Verstirnungssage», in: ebenda, Bd. XII, 2, Sp. 95. Italienisch_80.indb 51 01.03.19 12: 09 52 Il principe e le stelle Marc Föcking Astronom ersehnte «regione di perenne certezza» (211) geleitet: Wie Ovids Venus im Moment des Todes Caesars im Senatssaal für jeden unsichtbar («alma Venus nulli cernendi», XV, 844) erscheint, um die Seele ihres Lieblings vom Körper zu trennen und zu den Sternen zu bringen («passa recentem animam caelestibus intulit astris», XV, 846), so erscheint auch im Sterbemoment die nur dem Fürsten sichtbare «creatura bramata da sempre che veniva a prenderlo» (225), in Reisekleidung und einem «cappellino di paglia ornato da un velo», bereit für die letzte Fahrt ihres Geliebten. Auch die Parallele zu Ovids Katasterismos Caesars durch Venus deutet hier auf Venus, die der Principe nach der Ballnacht ebenfalls, wenn auch metaphorisch, in menschlicher Kopfbedeckung eines «turbante di vapori autunnali» (211) sehnsuchtsvoll «al disopra del mare» erblickt hatte und die in der Todesstunde nun den «fragore del mare» (225) zum Schweigen bringt und die astronomisch-erotisch-metaphysische Sehnsucht des Principe stillt. Die astronomische Aktualität eines astronomisch inaktuellen Romans - Astronoetik II Zu der Zeit, als Giuseppe Tomasi di Lampedusa Ende 1954 begann, seinen einzigen Roman abzufassen, bereitete sich die Welt auf das für die Jahre 1957-58 ausgerufene International Geophysical Year vor. Dieses Internationale Geophysikalische Jahr sollte die Erforschung der Erde und vor allem ihrer Umgebung vorantreiben, was der bis dato nur utopisch gedachten Astronautik einen ganz neuen Schwung vermittelte. Seit 1950 fanden jährlich Kongresse der International Astronautical Society statt, Paris machte den Anfang. US-Präsident Dwight D. Eisenhower ließ am 29. Juli 1955 verkünden, dass er als nationalen Beitrag der USA die Entwicklung eines Erdsatelliten in Auftrag geben werde. Trotz des zivilen Charakters der Weltraumforschung bedeutete das in Zeiten des Kalten Krieges eine Herausforderung an die Sowjetunion, die vier Tage später ein ähnliches Projekt bekannt gab. Beide Ankündigungen wurden auf dem sechsten International Astronautical Congress in Kopenhagen Anfang August 1955 diskutiert, ein Kongress, der es mit einem ausführlichen Bericht der ersten Vorträge auf die Titelseite der palermitanischen Tageszeitung La Sicilia schaffte. Am 4.8.1955 konnte Giuseppe Tomasi di Lampedusa unter der Überschrift «Il congresso astronautico di Copenhagen» lesen: «Uomini sulla luna prima della fine del secolo - Si pensa già al volo interplanetario, Venere e Marte dovrebbero rappresentare le prime tappe nella conquista dello spazio celeste». 43 Vor diesem Hintergrund technisch machbarer Zukunftsphantasien der Reisen zum Mond, zur 43 La Sicilia, 4.8.1955, S. 1. Italienisch_80.indb 52 01.03.19 12: 09 53 Marc Föcking Il principe e le stelle Venus und zum Mars Mitte der 1950er Jahre wirken die astronomischen Beschäftigungen Don Fabrizios wie ein negativ mit ihnen korrespondierendes, hoffnungslos zurückgebliebenes Gegenbild und sein finaler Katasterismus als antiquierte Version einer bald möglichen Reise zur Venus. Tomasi di Lampedusas eben zu dieser Zeit entstandener Roman lässt sich so als astronoetisches Gegenbild zu den Gegenwarts- und Zukunftsoptimismen bemannter Raumfahrt, technischer Machbarkeit und moderner astronomischer Forschung lesen. Denn er behauptet ganz ähnlich wie die Blumenberg'sche Astronoetik den Platz des Menschen, der Geschichte und epistemologischen Bedingtheit seines Denkens und seiner Sehnsucht nach Metaphysik in der Wissenschaft von den Sternen gegen die «blanke Zurüstung des präzisen Wissens» der astronomischen und astronautischen Moderne. 44 Abstract. È importante che Fabrizio Corbera, Principe di Salina, sia un astronomo amatoriale e non un matematico o un fisico? Mentre gran parte delle ricerche su Il Gattopardo di Giuseppe Tomasi di Lampedusa considera l'astronomia del Principe solo un elemento di un romanzo storico ritardato o una metonimia dell'intellettualismo e del desiderio di morte del Principe, questo contributo va in una direzione diversa: l'evocazione dell'astronomia come hobby di Don Fabrizio non si riferisce solo al suo stato storico intorno al 1860, ma anche al piano di discorso astronomico più antico, come il collegamento tra astronomia e malinconia, legittimità aristocratica e mitologia e infine tra astronomia, eros e morte, che raggruppano e allo stesso tempo rimpolpano le contraddizioni e le aspirazioni del protagonista. Così come Tomasi di Lampedusa lega ripetutamente la vita del Principe alla propria presenza alla fine degli anni '50, così l'interesse di Don Fabrizio per le stelle e i pianeti, in particolare Venere, si riferisce in modo criptico e scettico anche alla corsa per la conquista dello spazio, che raggiunse il suo primo culmine con la riuscita missione del satellite russo Sputnik nel 1957 - anno della morte di Tomasi di Lampedusa. Summary. This article departs from the curious question whether it is important that Fabrizio Corbera, Prince of Salina, was an amateur astronomer, and not a mathematician or a physicist. While most analyses of the Gattopardo by Giuseppe Tomasi di Lampedusa have interpreted the Prince’s interest in astronomy simply as an element of a belated historical novel or a simile of his intellectualism and his desire for death, the present analysis tries to build the case for a different view: Don Fabrizio’s passion for astronomy does not only refer to its historical status around 1860, but also to 44 Blumenberg, «Was ist Astronoetik? », in: ders., Die Vollständigkeit der Sterne, S. 548. Italienisch_80.indb 53 01.03.19 12: 09 5 4 Il principe e le stelle Marc Föcking the classical discourse of astronomy, as for example the relation between astronomy and melancholy, the aristocratic legitimation, mythology, and, finally, between astronomy and eros and death, enhancing the contradictions and the aspirations of the protagonist’s character. Just as Tomasi di Lampedusa often connects the life of the Prince to his own time of the late 1950s, the interest of Don Fabrizio in the stars and the planets, particularly in Venus, quotes the mid-twentieth century struggle to conquer space, which reached a first climax with the successful mission of the satellite Sputnik in 1957 - the year in which Tomasi di Lampedusa died. Bibliographie Bechtold, Christian: Gott und Gestirn als Präsenzformen des toten Kaisers - Apotheose und Katasterismos in der politischen Kommunikation der römischen Kaiserzeit und ihre Anknüpfungspunkte im Hellenismus, Trier 2011. Britten, Benjamin: Peter Grimes. Bernhard Haitink, Royal Opera House Covent Garden, EMI (1993), Booklet. Blumenberg, Hans: «Was ist Astronoetik? », in: ders., Die Vollzähligkeit der Sterne, Frankfurt/ M. 2000, S. 547-549. Ders., «Nachdenklichkeit als Bedenklichkeit», in: ders., Die Vollzähligkeit der Sterne, Frankfurt/ M. 2000, S. 320-324. 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