eJournals Forum Modernes Theater 28/1

Forum Modernes Theater
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2196-3517
Narr Verlag Tübingen
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Die sozialen Bewegungen, die seit dem Jahr 2011 aus Platzbesetzungen entstanden sind, lehnen Repräsentation ab und beziehen sich positiv auf Demokratie. Sie versammeln sich und tauschen sich aus. Sie stellen keine Forderungen an politische Repräsentant_innen, sondern wollen miteinanderWege finden, wie gemeinsam ein anderes, besseres Leben möglich ist. Vor diesem Hintergrund lassen sich Überlegungen aus der ästhetischen Theorie mit politischer Philosophie verknüpfen, um zu verstehen, in welcherWeise die performativen Praxen dieser neuen Bewegungen die bestehenden demokratischen Formen überschreiten.Umsie nicht als apolitisch und ineffektiv abzutun, braucht es den Bruch mit der ästhetischen und politischen Dichotomie von Präsenz und Repräsentation und die Erfindung des Präsentisch-Performativen.
2013
281 Balme

Die Macht des Präsentisch-Performativen

2013
Isabell Lorey
Die Macht des Präsentisch-Performativen. Zu aktuellen Demokratiebewegungen Isabell Lorey (Kassel/ Berlin) Die sozialen Bewegungen, die seit dem Jahr 2011 aus Platzbesetzungen entstanden sind, lehnen Repräsentation ab und beziehen sich positiv auf Demokratie. Sie versammeln sich und tauschen sich aus. Sie stellen keine Forderungen an politische Repräsentant_innen, sondern wollen miteinander Wege finden, wie gemeinsam ein anderes, besseres Leben möglich ist. Vor diesem Hintergrund lassen sich Überlegungen aus der ästhetischen Theorie mit politischer Philosophie verknüpfen, um zu verstehen, in welcher Weise die performativen Praxen dieser neuen Bewegungen die bestehenden demokratischen Formen überschreiten. Um sie nicht als apolitisch und ineffektiv abzutun, braucht es den Bruch mit der ästhetischen und politischen Dichotomie von Präsenz und Repräsentation und die Erfindung des Präsentisch-Performativen. Die Bühne aussetzen Die Zurückweisung von Repräsentation aktualisiert Praxen unterschiedlicher sozialer und politischer Bewegungen der vergangenen Dekaden, aber auch klassische Interventionen in die ästhetische Praxis. Paradigmatische Orte für kollektive Zusammenkünfte sind nicht nur die Straße oder die zentralen Plätze einer Stadt, sondern auch das Theater, das für eine bestimmte Form von „ Gemeinschaft “ steht. Das Theater des „ emanzipierten Zuschauers “ , schreibt Jacques Rancière, „ erscheint als eine Form der ästhetischen Verfassung - der sinnlichen Verfassung - der Gemeinschaft “ . 1 Diese gemeinsame Verfassung ist keine, die alle Beteiligten vereinigt und vereinheitlicht. Sie lässt sich eher, so möchte ich Rancière verstehen, als ein Zusammensetzen begreifen, ganz im Sinne des lateinischen Wortes constituo. Dieses Zusammensetzen ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Das Gemeinsame, das dadurch entsteht, bedeutet, „ einen Ort und eine Zeit zu besetzen, als Körper in Aktion und nicht als einfacher Gesetzesapparat, eine Gesamtheit von Wahrnehmungen, Gesten und Haltungen, die den Gesetzen und den politischen Institutionen vorausgeht und sie vorformt “ . 2 Es sind die handelnden Körper, durch die das Gemeinsame entsteht. Die Vielen besetzen Ort und Zeit, und setzen sie im Zusammensetzen aus; ihre Körperpraxen sind nicht individuell, sondern singulär, in ihrer Verschiedenheit immer schon verbunden mit und affiziert von Anderen. Sie sind in Bewegung, ohne identitäre Verfassung, nicht unmittelbar, weil nie ungeteilt, aber ‚ vor dem Gesetz ‘ und damit vor der Repräsentation. In der Rancièreschen Vorstellung einer ästhetischen Revolution durchbricht das Theater die Dynamiken des Staates und des Gesetzes. Eine solche Kraft zu erlangen, bedeutet jedoch aus meiner Perspektive, mit der Logik der Repräsentation zu brechen, die Zuschauer_innen sich versammeln zu lassen. Ein solcher wechselseitiger Austausch entsteht nicht durch distanzierende Repräsentation, sondern durch die Präsenz der Anderen, durch Versammlung und Rede. Das aktive Zusammensetzen der Beliebigen kann destituierende und zugleich instituierende Aktionen entfalten, die nicht nur Forum Modernes Theater, 28 (2013 [2017]), 80 - 90. Gunter Narr Verlag Tübingen klassische Muster ästhetischer, sondern auch politischer Repräsentation aussetzen und ihr zugleich ‚ vorangehen ‘ . Ohne lehrende Expert_innen auf der Bühne, ohne Fürsprechende und Vermittelnde, ohne Repräsentant_innen, tauschen sich die versammelten bewegten Singularitäten 3 aus und stellen in Rancières Worten eine „ Gleichheit der Intelligenzen “ 4 her. Diese Ermächtigung entfaltet sich weniger, indem sie sich aufführen und erneut eine Bühne schaffen, indem sie theatral oder für die Inszenierung funktional partizipieren, sondern indem sie am wechselseitigen Austausch mit anderen Beliebigen teilnehmen und davon affiziert werden. 5 Wenn das Publikum in dieser Weise die Bühne besetzt, setzt es sie aus, es bricht mit der theatralen Inszenierung. So entstehen potenziell neue Räume des Gemeinsamen, in denen ein anderes Zusammenleben nicht nur verhandelt und erfunden, sondern an Ort und Stelle bereits praktiziert werden kann. Dieses Praktizieren verstehe ich als eine präsentisch-performative Macht. Hier die Logik einer „ Metaphysik der Präsenz “ am Werk zu sehen, wäre ein Missverständnis. Es war Jacques Derrida, der in seiner Schrift Grammatologie Jean-Jacques Rousseau für seine Sehnsucht nach der metaphysischen Präsenz kritisiert hat. Rousseau bevorzuge - vor allem in politischer Hinsicht - die Präsenz von Versammlung und Rede: kleine Gemeinschaften, in denen das unmittelbare Zusammenleben der Bürger_innen und die „ Einmütigkeit des ‚ versammelten Volkes ‘“ 6 möglich seien. Präsenz bedeute hier ein „ vollkommen sich selbst gegenwärtig “ 7 -Sein, die vollendete Selbstidentität, Selbstheit und Empfindung. Derrida kappt in seiner Dekonstruktion nicht nur repräsentationskritische, gar anarchistische Bezüge auf Rousseau; er wiederholt gewissermaßen Hegels Geringschätzung der Gegenwart. 8 Und gerade wenn er Rousseau und dessen vergeschlechtlichte Überlegungen vorführen will, reproduziert er zugleich geschlechtsspezifisch-dichotome Zuschreibungen, die Empfindung, Gefühl, Unmittelbarkeit und Präsenz als weiblich und Ratio, Reflexion, Aufschub und Repräsentation als männlich begreifen. Doch wenn das Publikum nicht mehr zuschaut, sondern gemeinsam wird, als gemeinsames erscheint und passiv / aktiv das Geschehen bestimmt, dann geht es weniger darum, „ die Differenz zwischen dem Schaupieler und dem Zuschauer, dem Dargestellten und dem Darsteller, dem betrachteten Objekt und dem betrachtenden Subjekt “ 9 auszulöschen. Das wäre nichts als Authentizität oder - wie Derrida formuliert - „ Selbst-Affizierung “ , „ Intimität einer Selbstpräsenz “ , „ Empfindung des Bei-sich-seins, der Eigentlichkeit “ . 10 Die klassischen Formen des Theaters wären aufgelöst, das öffentliche Fest würde stattfinden, imaginiert als Präsenz des Identischen. Und dieses Fest wäre nichts als die Gemeinschaft der Eigenen, entspräche jenen politischen Formen ohne „ repräsentative Differenz “ , 11 die Rousseau im Gesellschaftsvertrag präferiert: den politischen Kommittees sowie dem versammelten, freien, gesetzgebenden ‚ Volk ‘ . 12 Was aber, wenn Rousseau das Fest als Versammlung des ‚ Volkes ‘ anführt, um das Publikum die Bühne aussetzen zu lassen, indem es seine Rolle im Szenario der Repräsentation verlässt, indem es Viele wird, die sich bewegen, tanzen, sich wechselseitig affizieren? In seinem Brief an d ’ Alembert schreibt Rousseau: „ [. . .] versammelt darum das Volk, und ihr werdet Zeugen eines Festes werden; besser noch: bringt die Zuschauer mit ins Spiel, lasst sie selbst zu Schauspielern werden; macht, dass jeder sich in den Anderen erkennt und liebt, damit alle besser miteinander vereint werden. “ 13 Freilich, Rousseau will das vereinte Volk, das nur als versammeltes Souverän ist. Seine Überlegungen sind nicht einfach differenzlos zu übernehmen, aber sie überschreiten, 81 Die Macht des Präsentisch-Performativen. was sich einfach als Metaphysik der Präsenz dekonstruieren ließe. Wenn das Publikum gemeinsam wird, wenn die beliebigen Vielen sich zusammensetzen, dann verlassen sie nicht einfach das Private, den dunklen Raum des Zuschauens, und kommen ans Licht der Öffentlichkeit. Sie setzen sich jenseits von subjektivistischer Selbst-Affizierung und authentizistischer Körperlichkeit zusammen - und vielleicht feiern sie ein Fest. Um die Entgegensetzung von unmittelbarer Präsenz und vermittelnder Repräsentation zu durchbrechen, muss politisches Handeln mit Bezug auf Praxen neu bestimmt werden, die auf der Grundlage wechselseitiger Affizierung und Verbundenheit mit anderen neue Formen von Demokratie entstehen lassen - eine präsentische Demokratie, die mehr ist als anwesende, sichtbare, körperliche Präsenz. Das ‚ Volk ‘ der juridischen Demokratie und die beliebigen Vielen Auf der institutionalisierten Ebene sind wir es im ‚ westlichen ‘ Kontext gewohnt, zwischen zwei komplementären Formen von ‚ Volksherrschaft ‘ zu unterscheiden: zwischen der repräsentativen und der direkten Demokratie. Sie gelten als die beiden Formen zur Realisierung der so genannten Volkssouveränität. Politische Repräsentation allein erscheint als nicht ausreichend, die Bürger_innen müssen auch direkt an Gesetzesentscheidungen beteiligt sein. Über das Ausmaß wird gestritten, die direkte Demokratie ist im ‚ Westen ‘ sicherlich die weniger verbreitete Form politischer Entscheidungsfindung, aber sie ergänzt in einer ‚ guten Verfassung ‘ das repräsentative Modell in komplementärer Weise. Im Fall der Repräsentation braucht es freie Wahlen, im Fall der direkten Demokratie freie Abstimmungen. Entsprechend der Logik der Souveränität spielt die freie Entscheidung im Moment der Stimmabgabe eine wesentliche Rolle: im einen Fall für eine Partei oder eine politische Stellvertretung, im anderen mit Bezug auf eine Sachfrage, in der in der Regel zwischen zwei Alternativen, meistens mit Ja oder Nein, abgestimmt werden kann. Es geht hier also nicht um Versammlung und Rede der beliebigen Gleichen, sondern um die souveräne Entscheidung durch die Stimmabgabe der rechtlich Gleichen. Souveränität ist die Entscheidungsgewalt, sich selbst Gesetze zu geben. Sie ist als Volkssouveränität die Entscheidung derjenigen, die Bürger_innen eines Staates sind, in dessen Rahmen die selbst gesetzten Gesetze gelten sollen. Dieses Verständnis von Demokratie ist auf der politischen Ebene immer ein juridisches. Das ‚ Volk ‘ versammelt sich und redet auf der politischen Bühne dauerhaft nur durch seine Stellvertreter_innen im Parlament - die Vorstellungen Rousseaus sind bekanntlich nicht hegemonial geworden. Zur politischen Repräsentation und direkten Abstimmung kommt eine dritte politische Praxis hinzu: jene des Protests, der Demonstration auf der Straße. Solche kollektiven Erscheinungsformen, in denen die Einzelnen ihre Stimmen erheben, gelten in der Regel dann als politischer Akt, wenn sie sich auf die beiden ersten Formen von Demokratie beziehen und in diesem Sinn ein Ziel formulieren: wenn konkrete Forderungen an die politischen Repräsentant_innen gerichtet werden oder wenn eingefordert wird, mehr an deren Entscheidungen beteiligt zu sein, angehört zu werden und mitzubestimmen. Zudem sollen sich diesem Verständnis gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse gemäß Bewegungen so organisieren, dass sie selbst Repräsentant_innen bestimmen, die als Ansprechpartner_innen für Politik und Medien fungieren und mit denen in diesem Sinn ein Aushandlungsprozess stattfinden kann. 82 Isabell Lorey In einer Demokratie muss das ‚ Volk ‘ nicht unbedingt an einem bestimmten Ort oder auf eine bestimmte Weise verkörpert, das heißt vereint werden. Weder die Verfassung oder das einzelne Gesetz noch die Repräsentation oder ein institutioneller Ort sind in der Lage, den demokratischen Prozess zu erfassen. All diese Formen der Verkörperung des ‚ Volkes ‘ reduzieren und rastern das Praktizieren von Demokratie. Das ‚ Volk ‘ ist aus dieser Perspektive nichts als ein Effekt von Repräsentation; repräsentative Demokratie ist nicht möglich ohne die Konstruktion eines ‚ Volkes ‘ . 14 Eine performative Macht aber kann nicht durch ein einheitliches Volk entstehen, sondern nur durch die beliebigen Vielen, die affizierten Singularitäten. Der demokratische Wille der Vielen ist nicht repräsentierbar, er ist in einer juridisch institutionalisierten Macht nicht zu verkörpern - weder als gesetzgebende konstituierende Gewalt noch als konstituierte Gewalt des Gesetzes oder der Repräsentation. Das Praktizieren der Demokratie schießt stets über die juridische Logik von Gesetz und Staat hinaus und entgeht ihr. Die beliebigen Vielen sind von einem repräsentierten demos unterschieden; wenn sie sich versammeln und sich austauschen, führen sie eine Aussetzung, eine Sezession ein, die die Demokratie aus ihrer juridischen Umklammerung löst und von der Idee der Souveränität des demos trennt. 15 Vom Zwischenraum zum _Mit_ Hannah Arendt ist jene politische Theoretikerin, die das Politische und das Performative auf das Engste verknüpft hat. Sie spricht von dem öffentlichen Raum als einem Erscheinungsraum und von politischem Handeln als „ Sich den Augen der Anderen aussetzen “ . Arendt bestimmt das Politische im Rekurs auf das Theater: Genau so, wie das Musizieren oder das Tanzen oder das Theaterspielen für die Entfaltung ihrer Virtuosität auf ein Publikum angewiesen sind, das dem Vollzug beiwohnt, bedarf auch das [politische] Handeln der Präsenz anderer in einem [. . .] politisch organisierten Raum. 16 Das Theaterpublikum entspricht bei Arendt der Zusammensetzung eines Raums, der aus der Präsenz der / mit Anderen entsteht: Die politische Bühne ist hier in eine performative Praxis transformiert. Der „ Erscheinungsraum “ ist charakterisiert durch die wechselseitige Auseinandersetzung. Erst wenn die Versammelten miteinander reden, ihre unterschiedlichen Perspektiven austauschen, entsteht das, „ was Vielen gemeinsam ist, zwischen ihnen liegt, sie trennt und verbindet “ . 17 Dieses Zwischen verknüpft für Arendt das Performative mit dem Politischen; es basiert auf der Präsenz der Anderen, die nicht bloß als passive Beobachter_innen gedacht werden; vielmehr entsteht Arendt zufolge ein Raum zwischen denjenigen, die aktiv handeln - ein Raum, der Sozialität und das Politische erscheinen lässt. Es ist nicht möglich, den Erscheinungsraum des Politischen zu betreten, als ob er bereits gegeben wäre. Er konstituiert sich vielmehr erst durch das Handeln zwischen jenen, die partizipieren, und ist nicht an einen festen Ort gebunden. Das Interagieren lässt den politischen Ort zuallererst entstehen. Handeln und Sprechen etablieren „ ein räumliches Zwischen “ , 18 das seinen richtigen Ort überall und jederzeit finden kann. Dieser Ort ist dort, wo Menschen voreinander in Erscheinung treten. 19 Arendt hat in erster Linie die freien Männer der griechischen Polis vor Augen, die aus ihrem alltäglichen Leben, vor allem aus dem privaten Haushalt heraustreten, und erst im Bereich des Öffentlichen ihr Erscheinen explizit machen. Es agieren ein- 83 Die Macht des Präsentisch-Performativen. zelne Individuen miteinander, was die Voraussetzung dafür ist, überhaupt von einem Raum ‚ zwischen ‘ ihnen zu sprechen. Der entstehende Zwischenraum verbindet und trennt sie, schreibt Arendt. Diese Bürger handeln interessanterweise entgegen der bürgerlichen Konzeption der Aufklärung nicht als souveräne. Arendt betont, dass ihre Konzeptionen von politischem Handeln und politischer Freiheit nichts mit Souveränität zu tun haben. Mit Anderen zusammen zu handeln, könne nur „ unter der Bedingung der Nicht-Souveränität “ 20 stattfinden. Die Grenzen von Arendts Überlegungen zum Politisch-Performativen liegen in doppeltem Sinne in der Konzeption jener, die politisch handeln. Es sind einzelne Individuen, und es ist ein bürgerlich und männlich bestimmtes politisches Handeln. Arendt trennt den politisch-performativen Erscheinungsraum von einem nicht-politischen privaten und weiblich konnotierten Bereich. Sie reproduziert die antike Trennung zwischen dem Haushalt, in dem sich freie Frauen, Kinder und Sklav_innen betätigen konnten, dem Ort der Reproduktion, von dem öffentlichen Bereich, in dem allein freie Männer in politischem Sinne erscheinen konnten. Durch diese Unterscheidung teilt Arendt Körper und Handeln auf die beiden Bereiche auf. Und mehr noch: Sie teilt den Körper selbst in einen, um dessen Leben man sich im privaten Bereich sorgt, und in einen anderen, der sich in der Öffentlichkeit präsent zeigt und sich dort mit Anderen versammelt und austauscht. 21 Wer kann aber unter welchen Bedingungen erscheinen, wessen Stimme wird vernommen und wer kann eine Rede halten? Die Möglichkeiten, sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen und einen politischen Raum zu kreieren, in dem mit Anderen für bestimmte Anliegen gekämpft werden kann, sind nicht für alle gleich. Die Möglichkeiten der performativen Macht basieren auf gesellschaftlichen Hierarchisierungen, Diskriminierungen und Ungleichheitsverhältnissen. Nicht jeder Austausch mit Anderen, der einen politischen Raum entstehen lässt, lässt daraus mehr und Nachhaltigeres werden. Und immer wieder ist das Zusammenkommen mit Anderen, das Reden und Versammeln auf der Straße durch polizeiliche Repression bedroht. Das allerdings deutet Arendt an, wenn sie schreibt, dass das politische Handeln in der Öffentlichkeit immer mit einem Risiko verbunden sei. Wenn der Hausherr die Schwelle seines Hauses überschreitet, verlässt er nicht nur den privaten „ Ort, an dem Menschen von Notwendigkeit und Zwang beherrscht wurden “ , schreibt sie, sondern zugleich jenen Ort, „ wo das Leben eines jeden gesichert war [. . .]. Frei also konnte nur sein, wer bereit war, das Leben gerade zu riskieren. “ 22 In diesem Verständnis ist politische Freiheit nicht zu trennen von Unsicherheit und Risiko des Lebens. „ [D]as gleiche gilt für die Verbindung des Politischen mit Gefahr und Wagnis überhaupt. “ 23 Aus der Perspektive verschiedener Dimensionen des Prekären entsteht soziale Unsicherheit und Prekarisierung nicht durch das Handeln von Individuen in der Öffentlichkeit, nachdem sie den Bereich der Reproduktion hinter sich gelassen haben. 24 Vielmehr handelt es sich um historisch spezifische, politisch, ökonomisch, rechtlich und sozial induzierte Verunsicherungen (Prekarität), die durch Regierungsweisen, Selbstverhältnisse und gesellschaftliche Positionierungen aufrechterhalten werden (gouvernementale Prekarisierung). Eine weitere Dimension des Prekären ist das sozio-ontologische Prekärsein, das auf die Abhängigkeit jeden Lebewesens von Fürsorge und Reproduktion durch Andere verweist, auf eine Verbundenheit mit Anderen, die nicht abzuschütteln ist. Doch im Rahmen geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung wird Sorge und Reproduktion strukturell im 84 Isabell Lorey Bereich des Privaten eingehegt, abgewertet und als weiblich konnotiert. Diese Abwertung prägt nicht nur das abendländischmoderne Verständnis von einem autonomen, von Anderen unabhängigen Individuum, das in der Lage ist, eigenmächtig zu handeln. Die Abwertung des Prekärseins und damit von Sorge und Reproduktion strukturiert selbst eine Konzeption von gemeinsamem politischen Handeln, wie Arendt sie vorschlägt. Es braucht also noch mehr als ein performatives Zwischen als Erscheinungsraum, um gemeinsames Agieren in einer Weise neu zu konziperen, in der die grundlegende Abhängigkeit von Anderen, die wechselseitige Verbundenheit mit Anderen nicht zuallererst im Privaten hinter sich gelassen werden muss, damit dann eine Begegnung zwischen autonomen Individuuen in der Öffentlichkeit denkbar wird. Das bedeutet, sich von der Idee eines abgeschlossenen, von Anderen getrennten Individuums zu lösen und sich auf die Verbundenheit und die Relationalität mit Anderen zu beziehen. Wenn Arendt davon spricht, dass es im Theater wie in der Öffentlichkeit darum ginge, sich den Augen der Anderen auszusetzen, dass politisches Handeln in der Präsenz Anderer stattfinden muss, dann stellt sie politisches Handeln unter das Paradigma der Sichtbarkeit und der physischen Präsenz der Agierenden. Ihr ist zwar nicht im klassischen Sinne eine Metaphysik der Präsenz vorzuwerfen, weil der öffentlich-politische Raum Effekt des performativen Interagierens von Vielen ist; sie beschränkt aber Präsenz und Gegenwart auf Anwesenheit und Sichtbarkeit, auf das körperliche Erscheinen. Wenn wir jedoch statt des Zwischen das _Mit_ betonen, das eine immerfort im Werden begriffene Existenzweise bedeutet, dann geht dieses _Mit_ von den Verbindungen und nicht von Trennungen aus. 25 Das _Mit_ unterstreicht die wechselseitige Affizierung sowohl von Lebewesen als auch von und mit Umwelten und Dingen. Wenn das _Mit_ als Existenzbedingung verstanden wird, dann entsteht es nicht aus der öffentlichen Anwesenheit der Anderen. Diese treten also nicht erst in der Öffentlichkeit mit einem sonst von ihnen getrennten Individuum in Verbindung. Jede Singularität ist vielmehr immer schon mannigfaltig. Der Begriff der Präsenz hat auch nicht mehr unbedingt etwas mit Anwesenheit oder Sichtbarkeit zu tun. Die Gegenwart ist vielmehr im Benjaminschen Sinn als unzeitgemäße Jetztzeit begreifbar. 26 Sie ist in diesem Sinn gerade keine Zeitlichkeit, die selbstidentisch bei sich bleibt, als unmittelbare Präsenz, als Authentizität von Körper und Affekt. Stattdessen durchbricht sie jede Konnotation einer metaphysischen Beschränkung von Präsenz und überschreitet jede Reduzierung auf Anwesenheit. Jetztzeit ist konstellative, konstruktive, performative Zeitlichkeit, in der die Splitter der Geschichte neu zusammengesetzt werden, in der Geschichte unentwegt entsteht. Jetztzeit ist schöpferischer Mittelpunkt, kein Übergang des Vergangenen in die Zukunft. 27 Unterstütztes Handeln Judith Butler hat in ihren aktuellen Überlegungen zu den Demokratiebewegungen, die seit 2011 vor allem durch Platzbesetzungen entstanden sind, betont, dass auf dem Tahrir-Platz in Kairo, im Zucchotti- Park von Occupy Wall Street oder im Gezi- Park in Istanbul die Materialität des öffentlichen Raums konfiguriert wurde. 28 Die Plätze bieten zwar bereits materielle Bedingungen, unter denen es in unterschiedlichen Weisen möglich ist, dass sich Viele versammeln; die Architektur selbst reguliert in hohem Maße die Bedingungen des Zusammenkommens und hat selbst eine politische Dimension. Und dennoch refigurierten die 85 Die Macht des Präsentisch-Performativen. vielen Versammelten, beispielsweise in den wochenlangen Camps, die materielle Umgebung dieser Plätze in neuer Weise. In der Organisierung der Camps wurde bereits praktiziert, welche soziale Reproduktion demonstrierende Körper benötigen, und welche Formen von Gemeinsamkeit entstehen, wenn nicht einfach mehr Demokratie gefordert wird, sondern Aspekte einer anderen Demokratie in der Jetztzeit erprobt werden. 29 Diese Praxen machen deutlich, dass politisches Handeln kein autonomes Handeln ist, sondern immer „ unterstütztes Handeln “ , wie Judith Butler zu recht betont. Unterstützung kommt aber nicht als Achtsamkeit und Sorge allein aus den Verbindungen mit anderen Menschen, sondern auch von bzw. mit Dingen und Umwelten. Diese agieren, auch passiv, wenn sie politische Handlungen unterstützen, wie etwa die Panzer, auf die Demonstrant_innen klettern, um zur Menge zu sprechen. 30 Wenn sich die Platzbesetzungen auflösen und die beliebigen Vielen in die Stadtviertel und Häuser verstreuen, dann bedeutet das nicht das Ende der Bewegung. In Spanien wurde deutlich, dass ein gemeinsamer Raum mannigfaltiger Singularitäten nach der sichtbaren Okkupation des öffentlichen Raums nicht einfach in der Zerstreuung verschwindet, als ob das vermeintliche Wiederherstellen der Architektur des leeren oder nicht aufständisch genutzten Platzes zeigen würde, dass die Bewegung nicht mehr existiert. Diese Logik entspräche der Metaphysik der Präsenz. Wenn die Präsenz der Vielen nicht mehr unmittelbar sichtbar ist, sind präsentische demokratische Praxen jedoch keineswegs verschwunden. Verstreut fortlebend in den Stadtvierteln und Häusern machen sie vielmehr deutlich, dass politisch affizierte Subjektivierungen, verkörperte Politiken, auch das so genannte Private bestimmen. Eine Trennung zwischen öffentlichem und privatem Bereich, wie sie nicht nur Arendt ihren Überlegungen zugrunde legt, ist daher unzulänglich. Die Politisierung jenseits traditioneller Organisationsformen auszublenden, lässt gerade solche revolutionären Ereignisse wie die Besetzungen des Tahrir-Platzes unverstanden und aus dem Nichts kommen, denn das ‚ Private ‘ gilt aus dieser Perspektive im besten Falle nur als vorpolitisch. 31 Nicht nur politisches Handeln ist stets unterstütztes Handeln, sondern die aktuellen Kämpfe für eine andere Form von Demokratie und Ökonomie sind Kämpfe der heterogenen Prekären für neue Weisen sozialer Reproduktion. Es sind Proteste jener, die zunehmend sozialer Unsicherheit in Bezug auf Wohnen, Gesundheit, Bildung und Ernährung ausgesetzt sind; es sind Kämpfe gegen ein Regieren durch Prekarisierung, die auch die Mittelschichten erfassen. Scharfe Kritiken an neoliberalen politischen wie ökonomischen Entwicklungen durchziehen diese Kämpfe. In den Forderungen um eine andere Demokratie geht es weder einfach um die Rückkehr zu den fordistischen Sozialstaaten, noch um mehr (innenpolitische) Sicherheit, sondern um Neuorganisierungen sozialer Reproduktion. 32 Die Erprobungen dessen hören mit den Platzbesetzungen nicht auf, sondern werden mit der repräsentationskritischen Eroberung des politischen Systems, wie in vielen spanischen Städten, auf kommunaler Ebene weiterpraktiziert. 33 Aber auch jene Teile der Bewegung, die sich gegen den Gang durch die bestehenden politischen Institutionen entschieden haben, sind Beispiele für präsentisch-performative Praxen. Die spanische Plattform für jene, die von Hypothekenschulden Betroffene (PAH). 34 sind, kämpft sehr erfolgreich gegen gouvernementale Prekarisierung. Leute, die wegen Arbeitslosigkeit ihre Hypotheken nicht mehr zurückzahlen können und oft mit mehreren Hunderttausend Euro Schulden belastet sind, organisieren sich in der PAH selbst. In Versammlungen 86 Isabell Lorey und lokalen Basisgruppen finden die Betroffenen nicht nur Unterstützer_innen, um für den Verbleib in ihren Wohnungen zu kämpfen oder leerstehende Gebäude, die den Banken gehören, zu besetzen. Eines der zentralen Interessen der PAH ist es, dass Betroffene durch das unterstützende Handeln und die Möglichkeiten des Austauschs selbstermächtigt werden und so die hegemoniale gouvernementale Prekarisierung durchbrechen können, in der die Einzelnen als Individuen für ihre soziale Unsicherheit selbst verantwortlich gemacht werden. Im gemeinsamen Agieren mit Anderen wird stattdessen Singularität erfahrbar und ermöglicht, dass neue soziale Räume und andere Weisen des Zusammenlebens entstehen. Aus der Allianz mit Anderen entsteht, wie Butler schreibt, „ performative power to lay claim to the public in a way that is not yet codified into law, and that can never be fully codified into law “ 35 . Diese performative Macht ‚ vor dem Gesetz ‘ überschreitet das Juridische. Präsentische Praxen sind, weil sie performativ und prozesshaft sind, weder im traditionellen Sinne repräsentierbar, noch auf eine Metaphysik der Präsenz reduzierbar. Präsentische Demokratie Die Aktivist_innen der unterschiedlichen Demokratiebewegungen formulieren keine konkreten Forderungskataloge an die Regierenden, organisieren sich nicht in traditioneller Weise und lehnen es immer wieder ab, mit staatlichen Institutionen zusammen zu arbeiten oder transformieren diese mit Hilfe repräsentationskritischer Entscheidungsstrukturen. Die spanische 15M-Bewegung, die sich am 15. Mai 2011 auf der Puerta del Sol in Madrid bildete, hat von Beginn an den Begriff der „ realen Demokratie “ benutzt, einen Begriff, der in dem Slogan ¡Democracia real ya! am prominentesten zum Ausdruck kommt. Die Demokratie ist real weniger im Sinne der einzig wahren, der richtigen Demokratie; in Verbindung mit dem spanischen Wort ya findet sie tatsächlich und materiell bereits in diesem Moment statt, vor allem in der Praxis der Versammlungen und den politischen Praxen, die von wechselseitiger Verbundenheit ausgehen. Es handelt sich hier nicht um eine Direktdemokratie, in der die Bürger_innen an politischen Entscheidungen durch Ja / Nein-Fragen beteiligt werden, sondern um die performative Praxis des _Mit_, wie sie in Barcelona erfolgreich erprobt wird. Die Bürger_innenplattform Barcelona en comú, die seit den Kommunalwahlen im Mai 2015 mit Ada Colau die Bürgermeisterin stellt, ist aus der 15M-Bewegung entstanden und entfaltet die „ Wiederaneignung der Demokratie von unten “ 36 im municipalismo, in einer neuen Kommunalpolitik. Das Programm von Barcelona en Comú wurde über den Sommer 2014 in rege besuchten öffentlichen Versammlungen zu einer anderen Stadtpolitik zusammengestellt. Zudem wurden die Bediensteten der städtischen Verwaltung vor der Wahl in einer Art militanter Untersuchung befragt, was sie ändern und was sie beibehalten würden. 37 Ihr Wissen und ihre Erfahrung gingen in den Prozess eines municipalismo ein, der mit denjenigen entsteht, die in der Stadt gemeinsam besser leben wollen, und nicht über sie hinweg. Diese Praxen, Initiativen und Zusammenschlüsse sind Elemente einer präsentischen Demokratie. Dieses Verständnis des Präsentischen durchbricht die Linearität von Zeit und bricht sie auf, es wird in der Gegenwart praktiziert und nicht in einem erst umzusetzenden Programm auf die Zukunft verschoben. Präsentisch bedeutet die Gleichzeitigkeit von Bruch, als Unterbrechung des Bisherigen, und Bresche, als Eröffnung eines Möglichkeitsraums. Präsentisch verweist auf ein gegenwärtiges Werden, 87 Die Macht des Präsentisch-Performativen. auf eine ausgedehnte und intensive Gegenwart. Sie ist nicht das Ergebnis eines einmaligen großen Bruches, sondern eine andauernde Entfaltung affektiver Verbindungen, ein “ Affektvirus ” 38 , durch den neue Sozialitäten entstehen. Wenn in der Regierung durch Prekarisierung die Zukunft unplanbar wird, kann Demokratisierung kein Zukunftsversprechen bleiben. Andere demokratische Praxen, andere Formen von Schutz und wechselseitiger Unterstützung, andere Ökonomien, die vorherrschende Machtverhältnisse durchbrechen, werden in der präsentischen Demokratie nicht in die Zukunft verschoben, sondern sofort praktiziert und ausgeweitet. Dieses gegenwärtige Werden präsentischer Demokratie erfordert, dass die Einzelnen in der Erfahrung von Singularität in den Prozess des Werdens eintreten, in die aktuelle Konstituerung, und damit aus ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft heraustreten. Das Gemeinsam-Werden entsteht aus aktuellen Zusammensetzungen, die Ort und Zeit aussetzen und in einer unzeitgemäßen Jetztzeit neue Sozialitäten und Ökonomien produzieren. Es sind Versammlungen auf der Grundlage des _Mit_, im Prozess der Konstituierung, der immer beides ist: ein Destituieren und Instituieren, ‚ vor dem Gesetz ‘ , vor der Repräsentation und vor der Institution, nicht aber unabhängig davon. Im Austausch der Singularitäten wird keine neue Bühne des politischen Handelns aufgebaut, sondern ein Immanenzfeld sich verändernder sozialer Räume des _Mit_ dynamisiert. Es ist nicht durch dialektische Trennungen von öffentlich und privat oder durch Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit strukturiert. Das Immanenzfeld des Präsentisch-Performativen überschreitet die körperliche Präsenz, die Identität und die Filiation, denn es entfaltet sich aus dem _Mit_ als ausgedehnte Gegenwart. Anmerkungen 1 Jacques Rancière, Der emanzipierte Zuschauer, übers. von Richard Steurer, Wien 2008, S. 11 - 34, hier S. 16, Herv. IL. Ich selbst würde nicht mit dem Begriff der Gemeinschaft argumentieren, siehe hierzu Isabell Lorey, Figuren des Immunen. Elemente einer politischen Theorie, Zürich 2011, S. 199 - 228. 2 Ebd. 3 Eine Singularität kann nie alleine und unabhängig bestehen, sie verweist stets auf eine Mannigfaltigkeit aufeinander bezogener Singularitäten und ist in diesem Sinn eine soziale, eine relationale Kategorie. Singularität ist aber nicht nur mit anderen Singularitäten verbunden, sondern ist selbst durch Mannigfaltigkeit konstituiert. Keine Identität charaktierisiert eine Singularität, sondern die Dynamiken einer einzigartigen Mannigfaltigkeit. In den vielfältigen Vielheiten befindet sich die Singularität unentwegt in einem Prozess der Veränderung, in einem Prozess des Werdens, in einem Prozess der Konstituierung. 4 Rancière, Der emanzipierte Zuschauer, S. 20. 5 Für eine Kritik am Fetisch der Partizipation und der aktivierten Zuschauer_innen im kulturellen Feld siehe Bojana Kunst, Artist at Work. Proximity of Art and Capitalism, Winchester and Washington Books 2015. 6 Jacques Derrida, Grammatologie, übers. von Hans-Jörg Rheinberger und Hanns Zischler, Frankfurt a. M. 1983, S. 239. 7 Ebd. 8 Vgl. u. a. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes, Werke in zwanzig Bänden, Bd. 3, Frankfurt a. M. 1970. Negative Assoziationen zu Begriffen wie ‚ Präsenz ‘ oder ‚ präsentisch ‘ als ‚ unmittelbar ‘ , ‚ authentisch ‘ und ‚ leiblich ‘ offenbaren heute noch Spuren in die Hegelsche Geschichtsphilosophie. Siehe zur Problematisierung dieses Gegenwartsbegriffs meinen Text „ Die Gegenwart verteidigen und ihr widerstehen “ , in: Dirk Martin, Susanne Martin, Jens Wissel (Hg.): Perspektiven und Konstellationen kritischer Theorie, Münster 2015, S. 116 - 133. 88 Isabell Lorey 9 Derrida, Grammatologie, S. 525. 10 Ebd. 11 Ebd. 12 Vgl. Jean-Jacques Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts [1762], neu übers. und hrsg. von Hans Brockard und Eva Pietzcker, Stuttgart 2003, III 12 und 15 sowie IV 4. 13 Jean-Jacques Rousseau, „ Brief an d ’ Alembert über das Schauspiel “ [1758], zitiert nach Derrida, Grammatologie, S. 526. Das Rousseauzitat findet sich in den Schriften in leicht veränderter Übersetzung (Vgl. Jean- Jacques Rousseau: Schriften, hg. von Henning Ritter, Bd. 1, Frankfurt a. M. et al. 1981, S. 333 - 474, S. 462 f. 14 Vgl. Isabell Lorey, „ Demokratie statt Repräsentation. Zur konstituierenden Macht der Besetzungsbewegungen, ” in: Jens Kastner et al (Hg.): Occupy! Die aktuellen Kämpfe um die Besetzung des Politischen, Wien, Berlin 2012, S. 7 - 49. 15 Siehe auch Jacques Rancière, „ Die politische Unreinheit “ , übers. von Ellen Antheil und Richard Steurer, in: Jacques Rancière: Moments politiques. Interventionen 1977 - 2009, Zürich 2011, S. 151 - 161. „ The 2011 Occupy Movements: Rancière and the Crisis of Democracy ” , übers. von Aileen Derieg, in: Theory, Culture & Society, Special Issue on Jacques Rancière, 31: 7 - 8 (2014), 43 - 65. 16 Hannah Arendt, „ Freiheit und Politik “ , in: Hannah Arendt: Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen im politischen Denken 1, hrsg. von Ursula Ludz, München, Zürich 1994, S. 201 - 226, hier S. 206. Siehe auch „ . . . ihr [der Polis] wirklicher Raum liegt zwischen denen, die um dieses Miteinander willen zusammenleben, unabhängig davon, wo sie gerade sind. “ (Vgl. Hannah Arendt: Vita activa oder Vom tätigen Leben, 14. Aufl., München / Zürich 2014, S. 250). 17 Arendt, Was ist Politik? Fragmente aus dem Nachlass, hg. von Ursula Ludz, Vorwort von Kurt Sontheimer, München / Zürich 2003, S. 52 (Herv. IL). 18 Arendt, Vita Activa, S. 250. 19 Vgl. Ebd. 20 Ebd., S. 214. 21 Arendt, „ Freiheit und Politik ” , S. 208. Vgl. hierzu auch Linda Zerilli: „ The Arendtian Body “ , in: Bonnie Honig (Hg.), Feminist Perspectives on Hannah Arendt, University Park 1995, S. 167 - 194. 22 Arendt, „ Was ist Politik? “ , S. 44. 23 Ebd., S. 45. 24 Zu meiner Unterscheidung in drei Dimensionen des Prekären (Prekärsein, Prekarität, gouvernementale Prekarisierung) siehe Die Regierung der Prekären, Wien 2012. Siehe auch meinen Text „ Freiheit und Sorge. Das Recht auf Sorge im Regime der Prekarisierung “ , in: Michèle Amacker, Susanne Völker (Hg.), Prekarisierungen. Arbeit, Sorge, Politik, Reihe „ Arbeitsgesellschaft im Wandel “ , Weinheim / Basel 2015, S. 26 - 41. 25 Vgl. hierzu auch Gerald Raunig, DIVIDU- UM. Maschinischer Kapitalismus und molekulare Revolution, Bd. 1, Wien et al. 2015. 26 Vgl. Walter Benjamin, „ Über den Begriff der Geschichte “ , in: Rolf Tiedemann, Hermann Schweppenhäuser (Hg.), Walter Benjamin. Gesammelte Schriften, Bd. 1 (Teil 2), Frankfurt a. M.1974, S. 691 - 704. 27 Vgl. Lorey, „ Die Gegenwart verteidigen und ihr widerstehen “ . 28 Judith Butler, Notes Toward a Performative Theory of Assembly, Cambridge, Mass 2015, S. 71; (Judith Butler: Anmerkungen zu einer performativen Theorie der Versammlung, Berlin 2016). 29 Vgl. Lorey, „ Demokratie statt Repräsentation ” . 30 Vgl. Butler, Notes Toward a Performative Theory of Assembly, S. 71 f. Siehe auch Henri Lefebvre, The Production of Space [1974], übers. von Donald Nicholson-Smith, Oxford 1991. 31 Vgl. Asef Bayat: „ Revolution in Bad Times “ , in: New Left Review 80: 3 - 4 (2013), S. 47 - 60. 32 Vgl. Isabell Lorey, „ Partizipation und Demokratie. Von liberaler Herrschaft zur präsentischen Demokratie ” , in: LuXemburg 3 (2014), S. 146 - 151. 33 Zu Spanien siehe Raul Zelik: Mit PODEMOS zur demokratischen Revolution? Krise und Aufstand in Spanien, Berlin 2015. 89 Die Macht des Präsentisch-Performativen. 34 PAH ist die Abkürzung von Plataforma de Afectatos por la Hipoteca. Siehe dazu den Film Sieben Tage bei der PAH, http: / / www. youtube.com/ watch? v=erTvQ1KSYis [15. 6. 2017]. 35 Judith Butler, „ Bodies in Alliance and the Politics of the Street “ , in: transversal »#Occupy and Assemble ∞ «, October 2011, http: / / transversal.at/ transversal/ 1011/ butler/ en [15. 6. 2017]. 36 Zelik, Mit PODEMOS zur demokratischen Revolution? , S. 111. 37 Zur Geschichte militanter Untersuchungen siehe Käthe Knittler, „ Wissensarbeit und militante Untersuchung: Zwischen Produktion und Rebellion. Über Möglichkeiten widerständiger Wissensproduktion “ , in: Kurswechsel. Zeitschrift für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen 1 (2014), S. 74 - 83. 38 Raúl Sánchez Cedillo, „ 15M: Something Constituent This Way Comes “ , in: South Atlantic Quarterly 111: 3 (2012), S. 573 - 584. Siehe auch Raúl Sánchez Cedillo, „ 15M als Aufstand der Körper-Maschine “ , übers. v. Dominic Widmer, in: Isabell Lorey, Roberto Nigro, Gerald Raunig (Hg.), Inventionen 2: Exodus. Reale Demokratie. Territorium. Immanenz. Maßlose Differenz. Biopolitik, Zürich 2012, S. 48 - 61. 90 Isabell Lorey