eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 48/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2019-0009
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2019
481 Gnutzmann Küster Schramm

Agustín CORTI, Johanna WOLF (Hrsg.): Romanistische Fachdidaktik. Grundlagen – Theorien – Methoden. Münster: Waxmann 2017, 232 Seiten [27,90 €]

2019
Corinna Koch
48 (2019) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0009 B u c h b e s p r e c h u n g e n • R e z e n s i o n s a rti k e l Agustín C ORTI , Johanna W OLF (Hrsg.): Romanistische Fachdidaktik. Grundlagen - Theorien - Methoden. Münster: Waxmann 2017, 232 Seiten [27,90 €] Das vorliegende Werk ist der erste Band der Reihe „Salzburger Beiträge zur Lehrer/ innen/ bildung: Der Dialog der Fachdidaktiken mit Fach- und Bildungswissenschaften“, die „ein Forum für den Diskurs an einer doppelten Schnittstelle: zwischen Wissenschaft und Profession sowie zwischen empirischer Schulpädagogik, Unterrichts- und Lehrerbildungsforschung“ schaffen soll (S. 7). In einem „Geleitwort“ hebt Christiane F ÄCKE als Stärken des Bandes die Fokussierung der gegenseitigen Bereicherung von Fremdsprachendidaktik und Fachwissenschaft sowie seinen Beitrag zur Aufwertung der österreichischen Fachdidaktik hervor (S. 9). In der Tat bemängeln die Herausgeber, Agustín C ORTI und Johanna W OLF , zu Recht die „Kluft zwischen fremdsprachendidaktischer und fachwissenschaftlicher Diskurswelt“ (S. 11) und plädieren für „theoretische Modellierungen und methodische Standards“, um eine systematische Kooperation und „ein gemeinsames wissenschaftliches Profil“ anzubahnen (S. 12 [Hervorh. im Original]). Zu diesem Zweck gliedern sie den Sammelband in drei Teile. Den ersten Teil, „Grundlagen“, beginnt Wolfgang H ALLET , der in seinem Beitrag mit dem Titel „Innovative Konzept- und Theoriebildung: Interdisziplinäre Pfade zwischen Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik“ u.a. betont, dass die Fachdidaktik immer weniger als „Abbild- und Transferwissenschaft“ (S. 24) verstanden wird. Er erläutert zudem, warum sich die Literaturwissenschaft(en) für fachdidaktische Erkenntnis- und Theorieleistungen interessieren sollte(n). Unter dem Titel „Universitäre Lehrerbildung zwischen Tradition und Innovation“ zeichnet Roland I ßLER die Geschichte der Romanistik nach, bezeichnet sie nach Fritz Nies als „unmögliches Fach“ aufgrund ihrer „historisch-geographischen Disparatheit“ (S. 41) und diskutiert im Rahmen einer kritischen Reflexion „Missverständnisse“ (S. 43) bezüglich des Selbstverständnisses der Fachdidaktik. Nach einem Definitionsvorschlag beleuchtet er die Einbindung der Fachdidaktik in die Lehrerbildung und deklariert kulturelle Bildung als „Querschnittsaufgabe“ (S. 49). Barbara H INGER liefert einen Beitrag „Zum Verhältnis von Sprachwissenschaft und Fremdsprachendidaktik“, in dem sie aufzeigt, inwiefern die Linguistik zunehmend Anregungen der Fachdidaktik aufgreift und dennoch häufig eine Hierarchie bestehen bleibt. Sie zeichnet ausgehend von Nebrijas Gramática Castellana para Extranjeros „Kristallisationspunkte“ (S. 56) der Kooperation nach und schließt mit einer Fallstudie, die die Diskrepanz zwischen der Grammatikdominanz im Anfangsunterricht und ihrer Verwendung durch die Lernenden verdeutlicht. Die Ergebnisse der Studie diskutiert sie vor dem Hintergrund linguistischer Erkenntnisse zur spanischen Grammatik. Benjamin M EISNITZER und Claudia S CHLAAK widmen sich in ihrem Beitrag „Probleme und Herausforderungen für die Lehrerausbildung der romanischen Sprachen“ der Frage, ob eher von „Linguistischer Fachdidaktik“, „Fachdidaktischer Linguistik“ oder „Fachdidaktik und Linguistik“ die Rede sein sollte. Die Autoren skizzieren Möglichkeiten der Zusammenarbeit bezüglich Inhalten, Verfahren und Methoden, die für Fremdsprachenlehrkräfte von Bedeutung sind und laut den Ergebnissen einer Fragebogenstudie von Studierenden gewünscht werden. Der Grundlagenteil liefert, wie angekündigt, wertvolle und grundlegende theoretische Überlegungen zum Verhältnis der Fachdidaktik zu den Fachwissenschaften und zum Selbstverständnis der Fachdidaktik als Wissenschaft. Im zweiten Teil, „Theorien“, merkt Malin Å GREN in ihrem Beitrag „Second Language 134 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel DOI 10.2357/ FLuL-2019-0009 48 (2019) • Heft 1 Teaching from the perspective of Second Language Acquistion Research. Opportunities and challenges for Romance Languages“ an, dass SLT nur wenige Ergebnisse von SLA einbezieht. Die Autorin verweist auf konkrete SLA-Erkenntnisse, die SLT berücksichtigen sollte, damit Lernende tatsächlich das lernen (können), was unterrichtet wird. Carmen K ONZETT - F IRTH präsentiert das Forschungsprojekt „FRAISE“ („FRAnzösich in Interaktion in der SchulE“), das exemplarisch „Gesprächsforschung als Schnittstelle zwischen romanistischer Fachwissenschaft und Fachdidaktik“ ausweist. Es handelt sich um eine linguistisch-fachdidaktische Konversationsanalyse anhand eines Longitudinalkorpus’ von videographiertem Französischunterricht. Sie erläutert theoretische und methodologische Grundlagen sowie bisher erforschte Themen. Regina S CHLEICHER stellt in ihrem Beitrag „Profession in inter- und transkultureller Perspektive“ ein Projekt vor, in dem aus Ergebnissen pädagogisch reflexiver Interviews mit Fremdsprachenlehrkräften ein Fortbildungsprogramm für letztere zur Reflexion des Schlüsselbegriffs „Kultur“ entwickelt werden soll. Den theoretischen Orientierungsrahmen bildet hierbei Claire K RAMSCHS Konzept des Dritten Raums. Den Mehrwert eines literaturgeschichtlichen Hintergrundes für Französischlehrkräfte und -lernende hebt Christoph Oliver M AYER in seinem Beitrag „Literatur im immersiven Französischunterricht“ anhand der Stadt Lyon hervor, die „eine äußerst reiche Bühne für die Präsenz von Literaturgeschichte im Stadtbild“ (S. 133) bietet. Er schlägt reale und virtuelle Exkursionen vor. In den letzten beiden Beiträgen liegen zwar ohne Zweifel kulturbzw. literaturwissenschaftliche Bezugnahmen vor, es bleibt jedoch bei einer einseitigen Beeinflussung in die klassische Richtung, bei der die Fachdidaktik von fachwissenschaftlichen Erkenntnissen profitiert. Daher und aufgrund ihrer Spezifik wird nicht ganz ersichtlich, was vor allem den letzten Beitrag des zweiten Teils von den nachfolgenden unterscheidet. Den dritten Teil, „Methoden“, eröffnet Elke H ÖFLER s Beitrag „Mit YouTube-Stars Fremdsprachen lernen. Eine interdisziplinäre Annäherung“, der YouTube und dessen rezeptiven wie produktiven Unterrichtseinsatz zur Förderung überfachlicher Kompetenzen beleuchtet. Ähnliche Kapitel, „2. YouTube als Teil der jugendlichen Lebenswelt“ (S. 148) und „4. Bezug zur Alltagswelt: das Phänomen YouTube-Stars“ (S. 151), zeigen bereits, dass sich der Beitrag eher dem - ohne Zweifel faszinierenden - Phänomen YouTube als der Interdisziplinarität widmet. Julia M ONTEMAYOR G RACIA und Vera N EUSIUS leiten in ihrem Beitrag „Attitude Awareness: Ein Ansatz zur zielgerichteten Integration sprachlich-kultureller Stereotype im Bereich interkultureller Kompetenzen“ die Notwendigkeit „eines Bewusstseins für das Vorhandensein und den Umgang mit sprachlich-kulturellen Stereotypen und Attitüden“ (S. 167) her und schlagen eine Unterrichtsequenz mit Karikaturen und einem Video zur Sprachsituation in Québec vor. María M ARTÍNEZ C ASAS präsentiert die Ergebnisse einer qualitativ-quantitativen korpuslinguistischen Diskursanalyse von spanischsprachigen Pop-Rock-Songtexten. Merkmale dieser Texte wie Wortwiederholungen sprechen dabei für ihren Einsatz im (Anfänger-)Unterricht, z.B. zur Identifikation von Aktionsmustern. Karoline Henriette H EYDER beleuchtet „Varietale Mehrsprachigkeit in der Suisse romande“ als Fallbeispiel für einen Forschungsgegenstand an der Schnittstelle von Linguistik und Fachdidaktik. Sie arbeitet dabei Potenziale und Herausforderungen für beide Disziplinen heraus, referiert Ergebnisse ihrer Methodenmix-Studie und leitet daraus einen Förderansatz varietaler Mehrsprachigkeit im Französischunterricht der Suisse romande ab. Lukas E IBENSTEINER beschäftigt sich mit der „Didaktisierung der spanischen Vergangenheitstempora“ und bewegt sich damit an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis. Nach einer Einführung in die Bereiche Tempus und Aspekt des Spanischen referiert er relevante Spracherwerbstheorien und vergleicht diese mit Ergebnissen einer Lehrwerkanalyse und Interviews mit Lehrkräften. Er moniert z.B. die „simplifizierten und teilweise unpräzise formulierten Regeln“ (S. 212) einiger Lehrwerke Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 135 48 (2019) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0010 und lobt die Methodenvielfalt der Lehrkräfte. Birgit F ÜREDER dokumentiert die heterogenen Ergebnisse ihrer Untersuchung hinsichtlich des theoretisch-methodischen Zugangs und des Umgangs mit Verbalperiphrasen in didaktischen Grammatiken und legt damit „eine vergleichende Analyse von ausgewählten Grammatiken für Französisch, Italienisch und Spanisch“ vor. Sie gibt zudem Empfehlungen für die unterrichtliche Behandlung. Im dritten Teil finden sich exemplarische Studien an der Schnittstelle von Fachdidaktik und einer fachwissenschaftlichen Disziplin, jedoch weniger zur Schnittstelle, als im Vorwort angekündigt (S. 14). Das bedeutet, dass sich mit wenigen Ausnahmen, z.B. H EYDER , eher fachdidaktische Herangehensweisen finden, die aufgrund thematischer Ähnlichkeit auf fachwissenschaftliche Erkenntnisse rekurrieren. Dies soll nicht kritisiert werden, spiegelt jedoch die klassische einseitige Beziehung zwischen Fachdidaktik und Fachwissenschaften wider und setzt nur bedingt „den in Teil I und II postulierten Dialog in die Forschungsrealität“ (S. 16) um. Teilweise irritiert zudem das abweichende Layout bezüglich Absätzen und Abständen (z.B. S. 224). Systematische Kooperationen zwischen Fachdidaktik und Fachwissenschaft sind zweifelsohne sinnvoll und wünschenswert, auch „im Hinblick auf eine Verbesserung der Lehrer/ innenbildung“ (Klappentext). Die ersten Beiträge des Bandes und einzelne im weiteren Verlauf tragen auch dazu bei, die geforderte „Grundsatzdebatte“ (S. 12) zu führen, um einen echten Dialog herbeizuführen. In einigen Beiträgen tritt jedoch die im Vorwort monierte „pragmatische Form der Zusammenarbeit wegen der Ähnlichkeit der Inhalte“ (ebd.) zu Tage und es werden eben doch „exemplarisch einzelne Felder“ (ebd.) benannt. Der Qualität der Einzelbeiträge tut dies keinen Abbruch, wenn sie nicht mit dem Anspruch eines solchen tatsächlichen Dialoges zwischen den Disziplinen gelesen werden. Somit sei der ganze Band hier zur Lektüre empfohlen. Es bleibt jedoch das Desiderat bestehen, eine systematische, beidseitig ausgerichtete Zusammenarbeit weiterhin anzustoßen. Paderborn C ORINNA K OCH Götz S CHWAB , Sabine H OFFMAN , Almut S CHÖN (Hrsg.): Interaktion im Fremdsprachenunterricht. Beiträge aus der empirischen Forschung. Münster: LIT 2017, 196 Seiten [29,90 €] Ausgehend von der Grundannahme, dass jeder Unterricht, besonders aber der Fremdsprachenunterricht, durch und in der Interaktion hervorgebracht wird und daher die Erkenntnisse der Unterrichtsinteraktionsforschung zentral für das Verständnis der dort stattfindenden Lehr- Lernprozesse sind, widmet sich der vorliegende Sammelband dem Gegenstand des classroom discourse aus einer interaktionalen Perspektive. In ihrer Einleitung umreißen die Herausgeber die Ansätze zur Erforschung des Unterrichtsdiskurses mit einem besonderen Augenmerk auf die (multimodale) Konversationsanalyse. Der Überblick dient als Einführung in die theoretischen und methodologischen Hintergründe der neun Beiträge, die folglich kurz kommentiert werden sollen. Der Aufsatz von Betül Ç IMENLI und Olcay S ERT beschäftigt sich mit dem Unterricht von Türkisch als Fremdsprache in einer universitären Einrichtung der Türkei. Mit konversationsanalytischen Werkzeugen und vor dem konzeptuellen Hintergrund des Unterschieds zwischen sog. formfokussierten und bedeutungsfokussierten „Unterrichtskontexten“ (vgl. S EEDHOUSE 2004) 1 wird eine zur Förderung freien Sprechens konzipierte Sequenz analysiert, in der mini- 1 Paul S EEDHOUSE : The interactional architecture of the language classroom. A conversation analysis perspective. Malden, Mass.: Blackwell 2004.