eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 48/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2019-0008
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2019
481 Gnutzmann Küster Schramm

Forschungsentwicklungen im Bereich der Spanischdidaktik

2019
Marcus Bär
48 (2019) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0008 M ARCUS B ÄR * Forschungsentwicklungen im Bereich der Spanischdidaktik - Ein subjektiver Blick zum state of the art für die Zeit von 2008 bis 2018 Abstract. The article provides an overview of the research activities carried out in the field of German-speaking Spanish didactics over the past ten years. It becomes clear that the Spanish didactics, as a still young research discipline, is currently undergoing a process of development and expansion, frequently referring to the findings of other foreign language didactics as well as language teaching research. The majority of the empirical studies related to Spanish didactics is rooted in the research area of multilingual didactics, although an increasing number of research projects, most of which are in the process of being developed, address further questions within the framework of task-based language teaching or language mediation. 1. Ausgangssituation Ziel dieses Beitrages ist die Darstellung von Entwicklungen im Bereich der spanischdidaktischen Forschung innerhalb der letzten zehn Jahre. Die zeitliche Eingrenzung ist einer Umorientierung innerhalb der Bildungspolitik um die Jahrtausendwende von einer inputgesteuerten Inhaltsorientierung zu einer outputgesteuerten Kompetenzorientierung geschuldet, die vor allem durch die Veröffentlichungen des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (E UROPARAT 2001) und den hieraus erwachsenen Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (KMK 2003, 2012) sichtbar wurden und die sowohl die Themen als auch die Rahmenbedingungen für fremdsprachendidaktische Forschung im Allgemeinen massiv beeinflusst haben. Betrachtet werden im Folgenden Forschungen zur Spanischdidaktik im deutschsprachigen Raum. Wie im weiteren Verlauf dieses Beitrags noch deutlich * Korrespondenzdressen: Prof. Dr. Marcus B ÄR , Bergische Universität Wuppertal, Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften - Romanistik, Gaußstr. 20, 42219 Wuppertal. E-Mail: mbaer@uni-wuppertal.de Arbeitsbereiche: Mehrsprachigkeitsdidaktik und Interkomprehensionsforschung, Aufgabenorientierung und Konstruktion komplexer Lernaufgaben für den Spanischunterricht, Inklusion im Tertiärsprachenunterricht, europäische Sprachen- und Bildungspolitik. N i c h t t h e m a t i s c h e r T e i l 124 Marcus Bär DOI 10.2357/ FLuL-2019-0008 48 (2019) • Heft 1 wird, werden hierbei auch Arbeiten berücksichtigt, die grundsätzlich fremdsprachendidaktische Fragen betreffen, sofern sie auch auf das Spanische eingehen, zumal fremdsprachendidaktische Forschung im Bereich der romanischen Sprachen häufig zwei oder auch mehrere Sprachen (Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch) umfasst. Auch wenn die letztendliche Auswahl der nachfolgend genannten Forschungsthemen/ -arbeiten unvermeidlich subjektiv gefärbt ist, so wurden für einen möglichst objektiven Blick auf die letztjährigen Forschungsentwicklungen u.a. folgende Quellen gesichtet: • das Forschungsregister des IFS der Universität Marburg inkl. einer Stichwortabfrage, • die sog. Sauer-Klippel-Liste, die sämtliche Dissertations- und Habilitationsschriften fremdsprachendidaktischer Disziplinen chronologisch auflistet, • die Forschungsrückblicke zur Französisch- und Englischdidaktik (S CHMELTER 2016; T HALER 2017), • ausgewählte Beiträge zur ‚Forschungslandschaft Fremdsprachendidaktik‘ (z.B. D OFF 2015; S EGERMANN 2017), • Themenhefte einzelner wissenschaftlicher Fachzeitschriften • sowie die Internetauftritte von Professuren der Didaktik der romanischen Sprachen. 2. Spanisch als Schulfach und als Forschungsdisziplin Wie ich bereits an anderer Stelle ausgeführt habe, handelt es sich beim Fach Spanisch um ein kleines, aber seit Jahren zahlenmäßig wachsendes Fach (vgl. bspw. B ÄR 2012, 2017). Analog zu den steigenden Schülerzahlen hat sich in den letzten Jahren auch die Zahl der Professuren für die Didaktik der romanischen Sprachen mit dem Schwerpunkt Spanisch weiter erhöht. Existierte zur Jahrtausendwende für die Spanischdidaktik noch keine einzige Professur (an fünf Standorten wurde das Spanische von den Französischkolleg(inn)en mit vertreten), sind es ca. 15 Jahre später laut G RÜNEWALD / V ERRIERE (2015: 22) immerhin etwa 20 Professuren, die das Französische und Spanische (gleichberechtigt? ) vertreten. Nach eigener Internetrecherche existieren zurzeit vier Professuren, die ausschließlich dem Spanischen gewidmet sind (Göttingen, Hannover, Münster, Wuppertal), die allesamt nach 2010 neu eingerichtet und besetzt worden sind. Hierneben wurden in der Hispanistik zuletzt weitere Professuren eingerichtet, die vom Profil her einen fachwissenschaftlichen Schwerpunkt aufweisen und deren Stelleninhaber nur in Teilen bzw. bedingt die Didaktik des Spanischen vertreten. Diese Situation führt letzten Endes dazu, dass sich Nachwuchswissenschaftler(innen) auch aus pragmatischen Gründen möglichst breit aufstellen und somit Themen bearbeiten, die an mehrere Sprachen (und somit Fächer) anschlussfähig sind, um die Anforderungen potenzieller Stellenausschreibungen Forschungsentwicklungen im Bereich der Spanischdidaktik 125 48 (2019) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0008 (besser) zu erfüllen. 1 Die bisherigen Erläuterungen machen deutlich, dass es sich bei der Didaktik des Spanischen um eine zwar wachsende und aufstrebende, aber immer noch junge und weiterhin (sehr) kleine Forschungsdisziplin handelt. Es verwundert daher nicht, dass die Spanischdidaktik in den letzten Jahren nur bedingt ‚eigene‘ Forschungsbereiche für sich reklamieren kann. Stattdessen werden oftmals Studien rezipiert und die Ergebnisse auf das Lehren und Lernen des Spanischen transferiert, die der Fremdsprachendidaktik allgemein oder die primär der Didaktik des Englischen, des Französischen oder des Deutschen als Fremdsprache zuzuschreiben sind. Ungeachtet dessen sollen im folgenden Abschnitt die Forschungsbereiche genannt und erläutert werden, denen sich Vertreter(innen) der Spanischdidaktik in den letzten zehn Jahren verstärkt gewidmet haben. 3. Forschungsbereiche der Spanischdidaktik Im Rahmen der forschungsorientierten Publikationsorgane zur Fremdsprachendidaktik sind im speziellen Bezug auf die romanischen Sprachen die Reihen „Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung“ (Narr) sowie „Romanische Sprachen und ihre Didaktik“ (ibidem) zu nennen. Ein Bindeglied zwischen forschungsorientierten und unterrichtspraktischen Veröffentlichungen stellen u.a. die Publikationen der Sektion Spanisch der sog. Klett-Akademie dar (vgl. z.B. M EIßNER / K RÄMER 2011 und G RÜNEWALD / K RÄMER 2014). Beiträge zur Unterrichtspraxis Spanisch, die keine gesonderte Erwähnung im weiteren Verlauf dieses Beitrags finden werden, lassen sich vorrangig der Zeitschrift „Hispanorama“ und „Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch“ entnehmen, in Teilen auch der „Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik“ sowie „Praxis Fremdsprachenunterricht - Basisheft“. Den genannten Buchreihen und Zeitschriften sowie einer Umfrage in G RÜNE - WALD / V ERRIERE (2015) lassen sich die Themenbzw. Forschungsbereiche entnehmen, die vorrangig von Vertreter(inne)n der Fremdsprachendidaktik und Sprachlehrforschung im Allgemeinen und der Didaktik der romanischen Sprachen im Besonderen bearbeitet werden. Unter Rückgriff auf diese Daten sowie einem (subjektiven) Blick auf diejenigen Studien folgend, die zwar nicht ausschließlich, aber doch fokussiert Spanisch lernende Probanden einbeziehen oder die hispanofone Literaturen und Kulturen thematisieren, konnten - quantitativ absteigend - die folgenden Themenbzw. Forschungsbereiche identifiziert werden: Mehrsprachigkeitsdidaktik, inter- und transkulturelles Lernen, Literaturdidaktik, Mediendidaktik und Aufgabenorientierung. Darüber hinaus finden sich weitere Studien (teilweise im Entstehen), die andere Aspekte des Lehrens und Lernens des Spanischen untersuchen, so 1 Vgl. hierzu die Vielzahl an Arbeiten, die im Titel den Begriff „Fremdsprachenunterricht“ tragen, wenngleich die durchgeführten Studien sich bspw. nur auf den Englisch-, Französisch- oder Spanischunterricht beziehen. 126 Marcus Bär DOI 10.2357/ FLuL-2019-0008 48 (2019) • Heft 1 z.B. zum Globalen Lernen, zum Evaluieren und Testen oder zu einzelnen Teilkompetenzen wie z.B. der Sprachmittlung. Im Folgenden sollen nun die zuvor genannten Forschungsbereiche kurz erläutert und in diesem Zusammenhang auf bereits veröffentlichte Studien verwiesen werden. 2 3.1 Mehrsprachigkeitsdidaktik Die Mehrheit spanischdidaktischer Arbeiten ist im Bereich der Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik angesiedelt. Sie stellt einen ,klassischen‘ Forschungsbereich nachgelernter Fremdsprachen dar und beleuchtet insbesondere die Vernetzungsmöglichkeiten zwischen den einzelnen fremdsprachlichen Fächern und hierbei insbesondere das Potenzial fremdsprachlicher Vorkenntnisse für das Erlernen einer zweiten, dritten oder vierten Fremdsprache (vor allem aus dem Englischen als erster Fremdsprache und dem Französischen als weiterhin meist gewählter zweiter Fremdsprache für das Spanische, in Teilen auch für das Italienische oder Russische). Die existierenden Studien fokussieren hierbei zum einen die Schülersicht bzw. untersuchen die bei den Lernenden ablaufenden Erschließungs- und Transferprozesse und zum anderen die Lehrersicht bzw. die Einstellungen der Lehrkräfte in Bezug auf Mehrsprachigkeit und den Einsatz mehrsprachiger Elemente und Aufgabenformate. Darüber hinaus stehen auch die Untersuchung sowie die Entwicklung von (mehrsprachigen) Lehrwerken im Fokus einzelner Forscher(innen). Während zunächst vorrangig Projekte durchgeführt wurden, die sich auf die Lernprozesse innerhalb einer Sprachenfamilie (hier der romanischen) bezogen, werden in neuerer Zeit - auch im Lichte europäischer Bestrebungen - verstärkt Parallelen zum Englischen bzw. über Sprachfamiliengrenzen hinweg thematisiert. Bereits Mitte der 1990er Jahre wurden die ersten Umrisse einer Mehrsprachigkeitsdidaktik (M EIßNER 1995) dargelegt. Zusammen mit dem von K LEIN / S TEGMANN (2000) erarbeiteten linguistischen Transferinventar (EuroCom) bilden sie bis heute die Grundlage für eine Vielzahl von Publikationen mit didaktisch-methodischen Hinweisen sowie empirischen Studien, die in den Folgejahren im Rahmen der sog. Interkomprehensionsforschung durchgeführt wurden. So fokussieren die Studien von B ÄR (2009) und S TRATHMANN (2010) die Perspektive der Lernenden und zeichnen u.a. mithilfe von Videografie, Laut-Denk-Protokollen und Lerntagebüchern die Lernprozesse nach, die Schüler(innen) beim Erschließen von Texten in der ihnen unbekannten Zielsprache Spanisch vollziehen. M ORDELLET -R OGGEN - BRUCK (2011) zeigt in ihrer Studie, wie erwachsene Lernende mit guten Französischkenntnissen authentische Texte im Spanischen interkomprehensiv erschließen. Die von P ROKOPOWICZ (2017) durchgeführte Studie beleuchtet interkomprehensive Interaktionen deutschsprachiger Studierender mit romanofonen L1-Sprecher(inne)n 2 Auf diverse Forschungsarbeiten, die laut Forschungsregister des IFS und/ oder persönlicher Informationen derzeit bearbeitet werden, aber noch nicht abgeschlossen und veröffentlicht sind, kann im weiteren Verlauf aus Platzgründen leider nicht eingegangen werden. Forschungsentwicklungen im Bereich der Spanischdidaktik 127 48 (2019) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0008 (u.a. auch Spanisch) im Rahmen eines Forschungsprojektes auf der webbasierten Plattform galanet.eu. Für die Umsetzung eines auf mehrsprachigkeitsdidaktischen Prinzipien beruhenden Fremdsprachenbzw. Spanischunterrichts bedarf es neben Erkenntnissen zu lernerseitigen Erschließungsprozessen auch einer Fokussierung der Lehrenden, die im Rahmen eines institutionalisierten Schulunterrichts die entsprechenden didaktisch-methodischen Konsequenzen in der Praxis verwirklichen müssen. Erkenntnisse zu den Einstellungen der Lehrkräfte liefern u.a. die Fragebogenstudien von N EVELING (2012) sowie die von H EYDER / S CHÄDLICH (2014). Auch die Studie von M ÉRON -M INUTH (2018) führt u.a. aus, welche Kenntnisse, Gefühle und Erfahrungen einzelne (Spanisch-)Lehrkräfte mit mehrsprachigem Unterricht verbinden. Eine von praktizierenden Lehrkräften immer wieder geäußerte Kritik in Bezug auf die Möglichkeiten der Umsetzung mehrsprachigkeitsdidaktischer Erkenntnisse betrifft das Fehlen geeigneter Materialien. Während die führenden Schulbuchverlage hierzulande nur zögerlich entsprechende Aufgabenformate in ihre Lehrwerke einbinden, wird die von R ÜCKL initiierte Lehrwerkreihe „Romanische Sprachen interlingual lernen“ in Österreich bereits genutzt und der Einsatz im Rahmen einzelner Studien evaluiert (vgl. R ÜCKL 2018). Insgesamt kann festgehalten werden, dass die genannten Studien wichtige Erkenntnisse liefern für die Umsetzung des bildungspolitisch formulierten Ziels der Förderung einer individuellen Mehrsprachigkeit, allerdings sind insbesondere Erkenntnisse zum Einbezug sog. Herkunftssprachen bzw. zum Umgang mit lebensweltlicher Mehrsprachigkeit noch sehr rar und bedürfen weiterer Forschungen. Weitergehende Ausführungen zu den Aufgaben, Potenzialen und Herausforderungen mehrsprachigkeitsdidaktischer Forschung finden sich u.a. in dem Überblicksartikel von M ARTINEZ (2015). 3.2 Inter-/ transkulturelles Lernen sowie Literaturdidaktik Durch die Vielfalt an spanischsprachigen Varietäten sowie hispanofonen Kulturen erscheinen Studien zur Förderung interkultureller sowie literar-ästhetischer Kompetenzen als Forschungsobjekte prädestiniert für die Spanischdidaktik. Allerdings stellen Forschungsarbeiten, die explizit spanischsprachige Kulturen und Literaturen berücksichtigen, eher eine Ausnahme dar. Eine besondere Schwierigkeit stellt in diesem Forschungsbereich die Tatsache dar, dass eine abschließende Modellierung entsprechender (Teil-)Kompetenzen im Sinne der seit der Veröffentlichung der Bildungsstandards vorherrschenden Kompetenzorientierung bislang nicht erfolgt ist (siehe u.a. E BERHARDT 2013; R EIMANN 2014) bzw. von diversen Vertreter(inne)n der Fremdsprachendidaktik aufgrund der Unmessbarkeit derselben von Grund auf abgelehnt wird. Im Vorfeld entsprechender empirischer Feldstudien sind somit stärker theoretisch-konzeptuelle Arbeiten vonnöten, wie sie etwa von P LIKAT (2017) vorgelegt worden sind, der dafür plädiert, den Fremdsprachenunterricht auf das neue Zielkonstrukt ‚fremdsprachliche Diskursbewusstheit‘ auszurichten. 128 Marcus Bär DOI 10.2357/ FLuL-2019-0008 48 (2019) • Heft 1 Einen expliziten Bezug zum Spanischen weisen in diesem Zusammenhang die Arbeiten von U SENER (2016), die das Potenzial von Spanischlehrwerken für die Förderung interkultureller Kompetenzen untersucht, sowie von D EL V ALLE L UQUE (2018), die das didaktische Potenzial der poesía visual für den Spanischunterricht auslotet, auf. Hierbei werden die inhaltliche und formale Beschaffenheit ausgewählter poemas visuales zunächst aus einer literaturwissenschaftlichen Sicht analysiert, um sodann Kompetenzen aus fremdsprachendidaktischer Perspektive zu beschreiben, die mithilfe dieser Textsorte im Spanischunterricht ausgebildet bzw. gefördert werden können. Ähnliches leistet die Dissertationsschrift von K OCH (2012), die die Förderung einer sog. Metaphernkompetenz als wesentlichen Bestandteil einer interkulturellen und fremdsprachlichen Kompetenz in den Fokus stellt und in diesem Rahmen das didaktische Potenzial herausarbeitet sowie auf der Grundlage einer Lehrwerksanalyse Materialien für den Englisch-, Französisch- und Spanischunterricht vorstellt. Grundsätzlich erscheinen weitere Erkenntnisse erforderlich, die einerseits auf empirischer Grundlage Aussagen zur Modellierung interkultureller Kompetenzen zulassen und andererseits den Reichtum hispanofoner Kulturen und Literaturen aufgreifen, um das Potenzial der nicht oder schwer messbaren Kompetenzbereiche für die Entwicklung von Spanischlernenden zu beschreiben. 3.3 Mediendidaktik Einen weiteren Schwerpunkt spanischdidaktischer Forschung stellen Arbeiten zum Einsatz neuer Medien und ihres Mehrwerts für das Erlernen des Spanischen dar. Insbesondere im Zuge der neu aufgekommenen Digitalisierungsdebatte sind qualitative Studien von Interesse, die den (gesonderten) Einfluss des Medieneinsatzes auf das Fremdsprachenlernen thematisieren. Neben der bereits 2006 publizierten Studie von G RÜNEWALD , bei der die subjektiven Einschätzungen von Spanischschüler(inne)n der Sekundarstufe II untersucht wurden, um u.a. Lernprozesse sowie individuelle Motivationsverläufe zu rekonstruieren, ist aus spanischdidaktischer Perspektive die Arbeit von B ELLINGRODT (2011) zu nennen, die in erster Linie den Einfluss von Portfolioarbeit auf die Förderung autonomen Lernens analysiert, hierbei aber einen Fokus auf den Mehrwert des von ihr eingesetzten ePortfolios setzt und insbesondere den Einfluss dieses Mediums auf Spanischschüler(innen) der Sekundarstufe I untersucht. Darüber hinaus veröffentlicht S CHÄFER (2017) eine Evaluationsstudie zum Einsatz audiovisueller Medien in Form von Lernvideos, die von ausgewählten Schulbuchverlagen angeboten werden, und diskutiert das Potenzial derselben im Rahmen des Anfangsunterrichts Französisch und Spanisch für die Förderung der Hör-Seh- Verstehenskompetenz. Insgesamt erscheint es vor dem Hintergrund des aktuellen digitalen Wandels erforderlich, dass die Spanischdidaktik Studien begleitet, die Aussagen zum Mehrwert digitaler Medien treffen, die insbesondere das Erlernen einer zweiten oder Forschungsentwicklungen im Bereich der Spanischdidaktik 129 48 (2019) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0008 dritten Fremdsprache, für die im schulischen Kontext weniger Zeit zur Verfügung steht, unterstützen können. Auch im Bereich der Filmdidaktik mangelt es an empirischen Studien, die über die Erläuterung des didaktischen Potenzials hinausgehen und bspw. die Entwicklung von Filmkompetenz bzw. film literacy bei Spanischschüler(inne)n nachzeichnen. 3.4 Aufgabenorientierung/ Lernaufgaben Ein weiteres Forschungsfeld der Spanischdidaktik stellt das aufgabenorientierte Lehren und Lernen dar. Während didaktisch-methodische Aussagen für den Spanischunterricht i.d.R. auf die Erkenntnisse aus der Englischdidaktik bzw. der anglofonen Forschung zum task-based language learning and teaching rekurrieren, so lassen sich in der Forschungslandschaft einzelne Studien ausmachen, die einen expliziten Bezug zum Spanischen aufweisen: Zum einen ist das Schulbegleitprojekt von B ECHTEL (2015) zu nennen, der verschiedene Aktionsforschungsprojekte zusammenfasst, bei denen Lehrkräfte komplexe Lernaufgaben für den Französisch- und Spanischunterricht entwickeln, erproben und empirisch analysieren. In diesem Rahmen ist auch die Dissertationsschrift von P ESCE (2010) zu erwähnen, die die Lernprozesse von Spanischstudierenden bei der Lösung von grammatisch-kommunikativen Lernaufgaben untersucht. 3.5 Weitere Forschungsgebiete Abschließend soll noch eine weitere empirische Studie erwähnt werden, die nicht den bisher genannten Forschungsbereichen zuzuordnen ist, die aber aus dem Bereich der Spanischdidaktik hervorgegangen und somit für die Fortentwicklung des schulischen Spanischunterrichts von Bedeutung ist. Im Rahmen der 2011 an der Universität Salzburg eingereichten und 2016 publizierten Habilitationsschrift von H INGER wird die Frage untersucht, ob bzw. inwieweit sich die im schulischen Spanischunterricht an einer österreichischen Sekundarstufe II vermittelten morphosyntaktischen Sprachstrukturen in schriftlichen Überprüfungen wiederfinden und ob diese hiernach auch in mündlichen, spontansprachlichen Äußerungen von den Spanischlernenden verwendet werden. 4. Fazit und Ausblick Aus dem kurzen Überblick zu den Forschungstätigkeiten der Spanischdidaktik innerhalb der letzten zehn Jahre folgt, dass es sich um eine junge Forschungsdisziplin handelt, die im Wesentlichen (noch) auf die Erkenntnisse anderer Fremdsprachendidaktiken sowie der einzelsprachenübergreifenden Sprachlehrforschung rekurriert, um hieraus didaktisch-methodische Implikationen für den Spanischunterricht abzuleiten. Erst durch die Einrichtung und weiter voranschreitende Etablierung ent- 130 Marcus Bär DOI 10.2357/ FLuL-2019-0008 48 (2019) • Heft 1 sprechender Stellen mit spanischdidaktischem Profil bzw. Schwerpunkt können zum einen die Forschungstätigkeiten (z.B. im Rahmen von Verbundprojekten) weiter ausgebaut werden und zum anderen in Zukunft mehrere Einzelforschungen in Rahmen von Qualifikationsarbeiten entstehen, die Aussagen zur Spezifik des Spanischen als Fremdsprache im deutschen Schulkontext zulassen. Es besteht hier in Teilen ein hoher Nachholbedarf, der u.a. das bilinguale Lehren und Lernen, den Lernort Berufliche Schulen, wo sich das Spanische bereits als typische zweite Fremdsprache etabliert hat, und die Besonderheiten eines inklusiven Tertiärsprachenunterrichts betrifft. Literatur B ÄR , Marcus (2009): Förderung von Mehrsprachigkeit und Lernkompetenz. Fallstudien zu Interkomprehensionsunterricht mit Schülern der Klassen 8 bis 10. Tübingen: Narr. B ÄR , Marcus (2012): „Der ‚Virus der Hispanophilie‘ an Schulen in Deutschland: Traum oder Wirklichkeit? “ In: A LTMANN , Werner / P ARDELLAS V ELAY , Rosamna / V ENCES , Ursula (Hrsg.): Historia hispánica. Su presencia y (re)presentación en Alemania. Festschrift für Walther L. Bernecker. Berlin: edition tranvía, 241-252. B ÄR , Marcus (2017): „Französisch, Spanisch, Italienisch - Zur Stellung der romanischen Schulsprachen im deutschen Bildungssystem“. In: Fremdsprachen Lehren und Lernen 46.1, 86-99. B ECHTEL , Mark (Hrsg.) 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