eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 47/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2018
471 Gnutzmann Küster Schramm

Elizabeth ELLIS: The Plurilingual TESOL Teacher. The Hidden Languaged Lives of TESOL Teachers and why they Matter. Boston/Berlin: de Gruyter Mouton 2016 (Trends in Applied Linguistics; 25), 313 Seiten [99,95 €]

2018
Claus Gnutzmann
Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 133 47 (2018) • Heft 1 Lehrer/ -innen von ihr als nicht sonderlich relevant angesehen wird, sondern dass für den Lehr- und Lernerfolg die wichtigere Unterscheidung die zwischen mehr- und einsprachigen Lehrpersonen sei. Die Überprüfung dieser Annahme gründet sie auf drei Untersuchungen zu ein- und mehrsprachigen Lehrer/ -innen sowie der Analyse der einschlägigen angewandt-linguistischen Literatur zu diesem Thema. Sie kommt zu folgendem Ergebnis: „[T]eachers who are active learners and users of second languages have greater metalinguistic knowledge, greater awareness of language and a deeper understanding of what learning a second language means, at linguistic, sociolinguistic and emotional levels“ (S. 3). Das Buch wendet sich an in der TESOL-Ausbildung tätige Dozent(inn)en und Studierende wie auch an TESOL-Unterrichtende in der Absicht, dass sie alle die Vorteile mehrsprachiger Lehrer/ -innen erkennen mögen. Kap. 2 („The TESOL profession as a monolingual monolith“) zeigt auf, wie die Einsprachigkeit der TESOL-Lehrenden als ein durchgehendes Prinzip die Ausbildung und Unterrichtspraxis dieser Englischlehrer in allen Ländern mit Englisch als Erstsprache dominiert, mit Ausnahme Neuseelands, wo Fremdsprachenkenntnisse als „wertvoll“ angesehen werden. Im Zentrum des dritten Kapitels („Three studies of TESOL teachers’ linguistic identities“) steht die Vorstellung der drei erwähnten Untersuchungen, die an unterschiedlichen Orten in Australien (vier Großstädte), in sieben über den Globus verteilten Ländern (Japan, Indonesien, Kanada, Südkorea, Schottland, Ecuador, Vereinigte Arabische Emirate) und dem australischen Bundesstaat New South Wales wie auch mit unterschiedlichen Methoden (Unterrichtsbeobachtung, Interview, Online-Befragung) durchgeführt wurden. Insgesamt waren an der über 15 Jahre andauernden Studie 115 Lehrpersonen beteiligt. Die Auswertung der Befragten zu deren sprachlicher Identität ergibt, dass sich die Fremdsprachlernerfahrungen von einsprachig bis in hohem Maße mehrsprachig erstrecken. Allerdings heißt es auch, dass alle Befragten Erfahrungen, wenn auch teilweise sehr geringe, mit Zweitsprachenlernen gemacht hätten und dass es im Kontext der Arbeit angemessener sei, von verschiedenen Arten der Zweitsprachenerfahrung auszugehen, statt eine strikte Kategorisierung in mono- und plurilingual vorzunehmen. Kap. 4 („Bilingualism, plurilingualism and TESOL teachers“) befasst sich mit verschiedenen Definitionen von Bilingualismus, worunter man zunächst vor allem Sprecher verstand, die in gleicher Weise ‚perfekt‘ kompetent in zwei Sprachen waren, z.B. durch zweisprachige Sozialisation im Elternhaus. Da diese Definition aber nur auf eine ganz kleine Minderheit zutrifft, ersetzt E LLIS den Begriff bilingual durch plurilingual und trifft hier eine Unterscheidung zwischen „circumstantial“ und „elective plurilinguals“, wobei erstere ihre Mehrsprachigkeit z.B. durch zweisprachige Sozialisation im Elternhaus und letztere z.B. durch Fremdsprachenunterricht erworben haben. Als „monolinguals“ werden Personen bezeichnet, die entweder gar keine oder eine Fremdsprache zu lernen versucht haben, aber nicht in der Lage sind, in dieser zu kommunizieren. Die Ausführungen von Kap. 5 („Teachers’ identities as learners“) basieren auf den durch Lehrerinterviews und Klassengesprächen gewonnenen Daten. Während einsprachige Lehrer aufgrund ihrer - soweit vorhandenen - Lernerfahrungen das Erlernen einer Fremdsprache als (fast) unüberwindbare Aufgaben ansahen, vertraten mehrsprachige Lehrer eine entspanntere Auffassung und fokussierten auf Fremdsprachenlernen als ein machbares und prinzipiell erfolgreiches Unterfangen, ohne die damit verbundenen Schwierigkeiten zu ignorieren. Dieser Befund wird in Kap. 8 („Teacher cognititon: understandiing how knowledge and beliefs underpin professional practice“) insoweit wieder aufgegriffen, dass Lehrer/ -innen, die erfolgreich eine oder mehrere Fremdsprachen gelernt haben, das Lernen von Fremdsprachen als „normal and achievable“ betrachten, wohingegen einsprachige Lehrer/ -innen, ohne entspre- 134 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 47 (2018) • Heft 1 chende Erfolgserlebnisse, ein Scheitern ihrer Schüler gleichsam in den Unterricht projizieren. Im 6. Kapitel („The value of language learning“) diskutiert die Autorin die Vorteile des Sprachenlernens auf der individuellen, der intrasozialen und intersozialen Ebene und wendet diese auf die Anforderungen an Lehrer/ -innen des Englischen als Fremdsprache an. Da es deren Aufgabe sei, Lernende zu interkulturell kompetenten Sprechern des Englischen heranzubilden, sei eine solche Zielsetzung nur von mehrsprachigen Lehrern zu leisten, aber nicht von einsprachigen. Im Zentrum von Kap. 7 („Teachers’ knowledge and insights about language and language use“) steht die interviewbasierte Auswertung (von Antworten auf die Frage nach den „main formative influences on their work“, p. 188) des durch Fremdsprachenlernen gewonnenen sprachlichen Lehrerwissens und -handelns. Es stellte sich dabei heraus, dass die Lehrpersonen das eigene Sprachenlernen und den Kontakt mit anderen Kulturen wie auch die eigenen Sprachlernerfahrungen als besonders einflussreich für ihr professionelles Handeln einschätzten. Interessant ist (auch) hier, dass fachwissenschaftliche und -didaktische Lehrveranstaltungen scheinbar keine prägende Wirkung auf die Fremdsprachenlehrer hatten. Während in Kap. 7 die sprachlichen Kenntnisse von Lehrer/ -innen auf deren Professionswissen fokussiert werden, konzentriert sich Kap. 9 („Applying insights about language learning and language teaching from teachers’ own learning experience“) auf die durch das eigene Sprachenlernen und -lehren gewonnenen Einsichten auf diese Dimension des Professionswissens. Auch hier werden, wie dargelegt wird, grundlegende Unterschiede zwischen mehrsprachigen und einsprachigen Lehrer/ -innen deutlich, z.B. sei nur mehrsprachigen Lehrern ein „teaching in different language contexts and plurilingual language use“ möglich. Die in Kap. 10 („A survey of the NSW TESOL profession“) auf einer Online-Befragung von 55 Lehrerinnen in New South Wales, davon 39 mehrsprachig, basierende Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie die anderen, vorher erwähnten: Mehrsprachige Lehrerinnen sehen in ihrer Mehrsprachigkeit eine Bereicherung für ihren Englischunterricht; sie schreiben sich eine besondere Empathiefähigkeit für die Lernprobleme der Lernenden zu; ihre ausgeprägte language learning awareness ermöglicht es ihnen, die Lernprozesse der Lernenden besser nachzuvollziehen. Kap. 11 („Rejecting the monolingual monolith - the way forward“) liefert eine Zusammenfassung der Ergebnisse der vorangehenden zehn Kapitel: die eindeutige Ablehnung der Einsprachigkeit und ein Plädoyer für Mehrsprachigkeit von Englischlehrern mit einem Szenario, wie diese möglicherweise in der Lehreraus-, -fort und -weiterbildung, durch Förderung von lehrerseitiger Mehrsprachigkeit und in der Unterrichtspraxis erreicht werden kann. Während im sprachenpolitischen Kontext Europas das Thema Mehrsprachigkeit in erster Linie als höchst erstrebenswerte Kompetenz von Lernenden betrachtet wird, behandelt Elizabeth E LLIS in ihrer hervorragend recherchierten, sachlogisch aufgebauten und theoretisch wie auch empirisch äußerst fundierten Monographie dieses Thema vor allem aus der Perspektive der lehrerseitigen Voraussetzungen und Implikationen für den Unterricht in Englisch als Zweitsprache in Australien. Auch wenn es sich also um unterschiedliche Lehr- und Lernkontexte handelt, können die Überlegungen und Schlussfolgerungen dennoch wertvolle Anregungen für die europäische Diskussion liefern, z.B. im Hinblick auf die fremdsprachlichen Voraussetzungen von zukünftigen Lehrern und die Überlegung, dass Studierende einer Fremdsprache möglicherweise eine ihnen bis zu Beginn ihres Studiums unbekannte Sprache erlernen. Allerdings sollte man bei möglichen Innovationen nicht außer acht lassen, dass diese zusätzliche Lernzeit erfordern, die letztlich anderswo eingespart werden müsste. Wenn dies auf Kosten der fachdidaktischen und sprachlichen Kompetenzen in der zu unterrichtenden Zielsprache ginge, könnte sich eine solche Erneuerung allerdings schnell als Rückschritt her- Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 135 47 (2018) • Heft 1 ausstellen, etwa dann, wenn Schüler/ -innen, z.B. durch ein Auslandsjahr an einer englischsprachigen Schule, über eine höhere Kompetenz in der Fremdsprache verfügen als ihre Lehrer/ -innen. Braunschweig C LAUS G NUTZMANN Bettina A KUKWE , Rüdiger G ROTJAHN , Stefan S CHIPOLOWSKI (Hrsg.): Schreibkompetenzen in der Fremdsprache. Aufgabengestaltung, kriterienorientierte Bewertung und Feedback. Tübingen: Narr 2017 (Studienbücher), 304 Seiten [28,99 €] Die Kompetenz, sich in einer Fremdsprache schriftlich auszudrücken, ist zentral sowohl für die Möglichkeiten eines Menschen, in dieser Sprache kommunikativ erfolgreich zu handeln, wie auch für die Evaluation dieser Kompetenz. Auf der Sekundarstufe wird Schreiben zunehmend zum zentralen und Bildungsziel des Fremdsprachenunterrichts, besonders auch mit Bezug auf Studierfähigkeit und employability im Kontext der Globalisierung. Angesichts dieser thematischen Bedeutung kommt der vorliegende Band wie gerufen. Er ist „das Produkt eines längeren Dialogs“ (S. 12) zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Sprachlehrforschung (primär Rüdiger Grotjahn und Karin Kleppin) und Lehrkräften bzw. Personen aus der Lehrerfortbildung (primär Elke Philipp und Günther Sommerschuh) unter der Moderation von Psychometrikerinnen und Psychometrikern des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB; primär Bettina Akukwe und Stefan Schiplowski). Durch diesen inter-disziplinären und inter-institutionellen Zugang vereint der Band sowohl theoretische als auch praktische Hinweise zu Rahmenbedingungen der Evaluation von Schreibkompetenz in der Fremdsprache. In Kapitel 1 wird eine allgemeine Einführung in das fremdsprachliche Schreiben im Kontext eines kompetenzorientieren Unterrichts geliefert. Kapitel 2 erläutert die Rahmenbedingungen der Evaluation von Schreibkompetenz im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER), der nationalen Bildungsstandards und IQB-Tests. Kapitel 3 fasst verschiedene Typen und Funktionen von Evaluation zusammen (z.B. summativ vs. formativ, kriterienvs. bezugsgruppenorientiert). Die ersten drei Kapitel haben einführenden Charakter, danach steigen Detaillierungsgrad und Anspruchsniveau der geschilderten Inhalte deutlich an. Kapitel 4 hat Gütekriterien bei der Evaluation von Schreibkompetenzen (Objektivität, Reliabilität, Validität, Rückwirkung der Evaluation auf den Unterricht, usw.) zum Thema. Kapitel 5 ist Testkonstrukt und Testspezifikationen gewidmet (z.B. Modelle kommunikativer Kompetenz, psycholinguistische und sozio-kognitive Modelle fremdsprachlichen Schreibens). Kapitel 6 stellt die kriterienorientierte Evaluation von Schreibkompetenzen in den Fokus und in Kapitel 7 wird eine fundierte Einführung in die Erarbeitung von Testaufgaben beim Schreiben vorgelegt. Ab Kapitel 8 ändert sich der Fokus des Bandes: Er geht weg von der Konzeption von Tests und Aufgaben hin zum Umgang mit Schülerleistungen. Kapitel 8 hat die Evaluation von Schreibkompetenzen mithilfe von Beurteilungsrastern zum Thema. Kapitel 9 befasst sich mit Feedback zu schriftlichen Lernerproduktionen, wobei sowohl formative wie summative Aspekte erklärt werden. In Kapitel 10 schließlich wird von aktuellen Trends bei der Leistungsbewertung berichtet, etwa computerbasiertes Testen oder Beurteilung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Wie diese Aufzählung zeigt, legen die Herausgebenden den Fokus ganz klar auf die Evaluation von Schreibkompetenzen sowie das Formulieren von Testaufgaben. Dies ist die größte