eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 46/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
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2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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2017
461 Gnutzmann Küster Schramm

Claudia SCHLAAK: Fremdsprachendidaktik und Inklusionspädagogik. Herausforderungen im Kontext von Migration und Mehrsprachigkeit. Stuttgart: Ibidem 2015 (Reihe: Romanische Sprachen und ihre Didaktik, Band 55), 154 Seiten [€ 24,90]

2017
Andreas Rohde
Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 139 46 (2017) • Heft 1 plement, and provide a framework for future research in interaction studies. In the final paper of the volume (“Epilogue: Impoliteness in learning and teaching”), H OUSE turns specifically to issues in interlanguage pragmatics and pragmatics in language learning and teaching; her focus in this paper is on her integrated multilevel model of (im)politeness, claiming that impoliteness in particular is an important form of social practice that deserves proper treatment in foreign language classrooms. Working at the intersection of theoretical, experimental and data-based and data-driven approaches, the research presented in this volume inspires the reader to look beyond disciplinary boundaries and to observe language-in-use from angles well-established in pragmatics, sociology, foreign language teaching and learning, interlanguage pragmatics, etc., simultaneously marking the maturity of the research field. The synthesis of different viewpoints is one of the strengths of the volume, leading to processes of cross-fertilisation on the part of the reader and the scholar. The volume isolates several helpful insights from different disciplines and suggests areas for future research, either implicitly or explicitly. On the whole, well-readable papers predominate in the volume; but this is also to say that not all contributions are appealing to the novice or the expert to the very same degree. Everybody who has edited a collection of papers knows how difficult it is to bring different viewpoints and methodologies into a reasonable structure; the editors of this volume have succeeded well in this respect. Given that so many papers share the ‘politeness’ modifier in their titles, one might fall under the impression that there is a consistent model of politeness that unites all the contributions in the volume. Unfortunately, a couple of ‘polite’ approaches to interaction often draw inconsistently and ambiguously from a range of first and second-generation ‘politeness’ models and weld them together, thereby retaining such ill-conceived distinctions as between ‘linguistic politeness’ and ‘non-linguistic politeness’, or should it rather be ‘face work’, ‘face management’ or ‘rapport management’? The inconsistent employment of different ‘politeness’ terms and frameworks, however, does not brush aside the important and laudable advances made in the fields covered in the volume. Hannover R AINER S CHULZE Claudia S CHLAAK : Fremdsprachendidaktik und Inklusionspädagogik. Herausforderungen im Kontext von Migration und Mehrsprachigkeit. Stuttgart: Ibidem 2015 (Reihe: Romanische Sprachen und ihre Didaktik, Band 55), 154 Seiten [€ 24,90] Claudia Schlaak appelliert in der vorliegenden Arbeit dafür, Inklusion nicht nur auf Lernende mit Behinderung jeglicher Art zu beziehen, wie es ihrer Aussage nach aufgrund der Verbindung zur UN-Behindertenrechtskonvention noch oft geschehe, sondern auch auf mehrsprachige Lernende mit Migrationshintergrund. Hintergrund dieses Appells ist die Überzeugung, dass Inklusion in der Schule die Toleranz und Anerkennung von Verschiedenartigkeit innerhalb der Gesamtgesellschaft fördert. Dies sei derzeit besonders bedeutsam, da vor dem Hintergrund kriegerischer Handlungen z.B. in Syrien, im Irak und Afghanistan die nach Deutschland geflüchteten Kinder und Jugendliche beschult werden müssen. Eine gemeinsame Beschulung dieser Kinder stellt eine erhebliche Herausforderung für das deutsche Bildungs- und Schulsystem dar (S. 10). Die Studie ist in drei Teile gegliedert: In Teil I beschäftigt sich Schlaak zunächst mit theoretischen Grundlagen von Inklusion sowie Mehrsprachigkeit und Migration. In Teil II werden Umsetzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten einer inklusiven Mehrsprachigkeits- und Fremd- Lizenziert für Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG am 27.01.2022 um 08: 06 Uhr Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG 140 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 46 (2017) • Heft 1 sprachendidaktik diskutiert. Teil III schließlich enthält die Auswertung einer Befragung zweier involvierter Personengruppen: a) Lehrkräfte von Deutschlernklassen für Kinder mit Migrationshintergrund sowie b) zukünftige Fremdsprachenlehrkräfte. Positiv ist hervorzuheben, dass sich die Autorin eines Themas annimmt, das in der inklusiven Didaktik bisher wenig gewürdigt worden ist. Es erscheint gerade im Anbetracht hoher Zuwanderungszahlen bedeutsam, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Migration und Mehrsprachigkeit, so wie es die Autorin betont, als Chance und Potenzial zu sehen sind. Ebenso ist die Auswertung der oben erwähnten Befragung von Akteuren im Rahmen einer Fragebogenstudie aufschlussreich (S. 75-121), da hier die verschiedenen Bedarfe der Lehrpersonen - seien es nun bereits tätige Lehrkräfte für die so genannten „Willkommensklassen“ oder zukünftige Lehrkräfte, die zurzeit noch ein Lehramtsstudium absolvieren - zu Wort kommen und sehr disparate Vorstellungen von und unterschiedliche Erfahrungen mit Inklusion und ihrer Umsetzung zum Ausdruck bringen. Die ersten beiden Teile der vorliegenden Studie sind jedoch aus verschiedenen Gründen problematisch. Der Autorin gelingt es nicht, das Prinzip der Inklusion differenziert darzustellen. Sie zitiert zwar H INZ (2014) 1 mit dem Hinweis, dass es unterschiedliche Positionen zur Frage gebe, „wie eng bzw. wie weit der inklusive Blick“ zu fassen sei (S. 31), konkretisiert diese Positionen jedoch an keiner Stelle. Stattdessen versteigt sie sich zu Beginn der Studie zu vagen Äußerungen wie der folgenden „Dass Inklusion ein Idealzustand ähnlich einer Utopie ist, der kaum erreicht werden kann, ist nicht schlimm, denn ‚ideal‘ ist in der Realität tatsächlich kaum erreichbar“ (S. 9, vgl. auch S. 34). Weiterhin heißt es auf S. 61: „Der eine lernt die Vokabel ein wenig später als der andere - das heißt nicht, dass er dümmer ist“ (sic! ). Zum anderen wird nirgendwo auf die Qualität der Förderschulen eingegangen (der Autorin ist dieser Terminus offenbar nicht geläufig, verwendet sie doch wiederholt den veralteten Begriff „Sonderschule“ (z.B. S. 29, 64). Nicht nur in der Praxis ist man nach wie vor der Ansicht, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Förderschule erfolgreicher beschult werden können als in Inklusionsklassen. 2 Die Gründe dafür hätten in der vorliegenden Studie erörtert werden müssen. Ebenso problematisch ist, dass überhaupt nicht deutlich wird, was die Ziele einer modernen Fremdsprachendidaktik bzw. eines modernen Fremdsprachenunterrichts sind. Es lässt sich an keiner Stelle ein konsistenter Didaktikbegriff erkennen. Die Autorin führt Techniken/ Methoden des Fremdsprachenunterrichts an, die oberflächlich gesehen zwar den individuellen Lerner in den Mittelpunkt stellen. Es wird jedoch nicht thematisiert, mit welchem Lernziel diese Techniken eingesetzt werden sollen (S. 68ff.). Die Forderung, die Erstsprachen der Lernenden in den Unterricht einzubeziehen, wird geäußert, allerdings nur in Bezug auf einen Vergleich von Strukturen und möglichen „Parallelen“ zwischen Sprachen, der den Lernerfolg aller Schülerinnen und Schüler steigern solle (S. 44). Bedauerlicherweise wird nicht ausgeführt, wie und warum sich dieser Lernerfolg einstellen sollte; es werden darüber hinaus auch keinerlei Studien dazu genannt. Eine Möglichkeit, verschiedene Sprachen in den Unterricht einzubeziehen, so wie die Autorin es fordert, um möglicherweise die Akzeptanz 1 Andrea H INZ : „Einführung: Was ist Inklusion? “ In: Michael K LEIN -L ANDECK (Hrsg.): Inklusions- Material. Englisch. Klasse 5-10. Berlin: Cornelsen 2014, 6-21. 2 Bettina A MRHEIN , Christiane M. B ONGARTZ : „,Diversity and inclusion in second and foreign language learning‘ - Chancen für die LehrerInnenbildung“. In: Roman B ARTOSCH , Andreas R OHDE (Hrsg.): Im Dialog der Disziplinen. Englischdidaktik - Förderpädagogik - Inklusion. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014, 25-43. Lizenziert für Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG am 27.01.2022 um 08: 06 Uhr Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 141 46 (2017) • Heft 1 für verschiedene Erstsprachen zu stärken, ist die Software, die im MuVIT-Projekt (Fostering multiliteracy through multilingual talking books) entwickelt worden ist. 3 Geradezu ärgerlich ist es, Lehrkräften pauschal zu unterstellen, sie hielten Lerngruppen für homogen: „Wenn Lehrkräfte bereits heute ein Verständnis entwickeln würden, dass Heterogenität Realität ist, würde die Diskussion um die Umsetzung von Inklusion wahrscheinlich nicht so schleppend vorangehen. Im Grunde muss nur akzeptiert werden, dass jede Klasse heterogen [ist]“ (S. 25). Auf S. 60 folgt die Erkenntnis: „So homogen, wie meist vermutet, sind die Klassen heute schon nicht“. Hier entsteht der Verdacht bzw. der Eindruck, dass die Autorin bisher nur wenig Kontakt zu Lehrkräften hatte bzw. wenig konkrete Unterrichtserfahrung vorweisen kann. Schließlich ist verwunderlich, dass die Autorin in ihren Bemühungen, einen inklusiven Fremdsprachenunterricht zu skizzieren, nicht auf bilingualen Sachfachunterricht zu sprechen kommt. Dieser Unterricht eignet sich deshalb für inklusives Lernen, weil das Sprachenlernen implizit abläuft und kein bewusstes Formen- und Strukturlernen involviert ist, sondern der Sachfachinhalt im Vordergrund steht. Es gibt Hinweise darauf, dass sich bilingualer Sachfachunterricht gerade auch für Lerner mit Migrationshintergrund eignet. 4 Fazit: Ich stimme der Autorin zu, wenn sie (zugegebenermaßen etwas simplistisch) feststellt, Inklusion müsse im Kopf beginnen (S. 37). Ebenso ist zu begrüßen, dass Mehrsprachigkeit und Migrationshintergrund in dieser Studie im Rahmen eines inklusiven Fremdsprachenunterrichts thematisiert werden. Es lohnt sich auch, die Auswertung einer Befragung von Lehrkräften und Lehramtsstudierenden zum Thema Inklusion und Mehrsprachigkeit anzuschauen, um einen Eindruck davon zu gewinnen, was involvierte Lehrkräfte bzw. Lehramtsstudierende über Inklusion denken und wie weit sie mit dem Prinzip vertraut sind. An zu vielen Stellen dieser Studie bleibt die Autorin jedoch deutlich hinter ihren Ansprüchen zurück, und der Argumentation fehlen entweder der Verweis auf entsprechende Studien oder eindeutige Begriffsbestimmungen. Einige Passagen, die ohne Bezüge zur Forschung auskommen, wirken geradezu wie ein plakatives bildungspolitisches Pamphlet (z.B. S. 33, 65) und nicht wie die Argumentation einer wissenschaftlichen Studie. Köln A NDREAS R OHDE Manuela W IPPERFÜRTH : Professional vision in Lehrernetzwerken. Berufssprache als ein Weg und ein Ziel von Lehrerprofessionalisierung. Münster: Waxmann 2015 (Münchener Arbeiten zur Fremdsprachen-Forschung, Band 32), 360 Seiten [€ 39,90] Es mag kaum jemand widersprechen, wenn behauptet wird, dass ein Austausch über das eigene Handeln mit anderen professionell agierenden Kolleginnen und Kollegen - in welchem Arbeitsfeld auch immer - bereichernd sein kann. Im Kontext von Schule und Unterricht verliert sich dieser Austausch leider häufig nach anfänglich intensiver Kooperation in ersten Ausbildungsphasen hin zum Lehrerberuf aufgrund einer Mehrfachbelastung durch unter- 3 Daniela E LSNER , Anja W ILDEMANN : „MuVit - Multiliteracy Virtual Talkingbooks: Why, What, How? “ In: Wladimir M. K URITSYN (Hrsg.): Language Competencies and their Development. Staatliche Universität Schuja: FGBOU VPO „SGPU“ 2012, 5-17. 4 Anja S TEINLEN , Thorsten P ISKE : „Zur Entwicklung der Schulleistungen von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund in einer bilingualen Grundschule: Eine Pilotstudie“. In: Markus K O ̈ TTER , Jutta R YMARCZYK (Hrsg.): Englisch auf der Primarstufe: Neue Forschungen - Weitere Entwicklungen. Frankfurt/ M.: Lang 2015, 123-149. Lizenziert für Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG am 27.01.2022 um 08: 06 Uhr Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG