eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 45/2

Fremdsprachen Lehren und Lernen
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2016
452 Gnutzmann Küster Schramm

Französisch-/spanischdidaktische Seminare in der Zielsprache

2016
Jochen Plikat
Lutz Küster
Pro und Contra (Französisch, Spanisch) 127 45 (2016) • Heft 2 Die im Titel genannte Forderung erscheint auf den ersten Blick einleuchtend. Was läge angesichts der oft noch unbefriedigenden zielsprachlichen Kompetenzen der Lehramtsstudierenden schließlich näher, als den Raum sprachpraktischer Betätigung im Studium so weit wie möglich auszudehnen? Gleichwohl gibt es auch eine Reihe gewichtiger Gegenargumente, die zumindest eine differenzierte Betrachtung nahelegen. Vorrangiges Ziel fachdidaktischer Hochschulseminare muss es m.E. sein, Studierenden zu einer Reflexionsfähigkeit zu verhelfen, die sie befähigt, ihre Vorannahmen über den Fremdsprachenunterricht kritisch zu hinterfragen und auf einer wissenschaftlichen Basis didaktisch-methodische Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Das Medium solcher Reflexions- und Lernprozesse ist Sprache, genauer gesagt: eine an wissenschaftlicher Systematik und Abstraktion geschulte Sprache, was die Verfügbarkeit eines reichen Repertoires differenzierter Begrifflichkeit voraussetzt. Darüber hinaus sind mit der Vorbereitung auf die Lehrerrolle Prozesse identitärer Selbstverortung verbunden, die an tiefere Schichten der Persönlichkeit reichen und die Ebene der Gefühle einschließen. Beides, die kognitive Durchdringung komplexer Sachverhalte und die Transformation professionsbezogener Einstellungen, gelingt am besten in jener Sprache, die dem Einzelnen am vertrautesten ist. Dies ist in den meisten Fällen nicht die Zielsprache. Ferner ist Deutsch nach wie vor eine bedeutende Wissenschaftssprache, die es im Interesse der Wahrung sprachlicher Vielfalt lebendig zu halten gilt. Dies ist gerade in der Fremdsprachendidaktik besonders lohnend, da hier die deutschsprachigen Forschungen der vergangenen Jahrzehnte Wichtiges geleistet haben. Sie jedoch in einer Fremdsprache zu besprechen, stünde einer vertieften Verarbeitung im Wege. Letztlich erfordert der Berufsalltag schulischer Lehrkräfte hierzulande die sichere Beherrschung einer akademisch geschulten mündlichen und schriftlichen Ausdrucksfähigkeit im Deutschen. Diese ist oft bereits bei jenen, die erstsprachig deutsch aufgewachsen sind, noch wenig ausgeprägt. Besonders prekär jedoch ist die Lage bei vielen, die ihre Erstsprache als Fremdsprache studieren. Mir selbst sind aus meiner Lehr- und Prüfungstätigkeit manche Fälle bekannt, die Anlass zu größter Sorgen geben. Allein aus diesem Grund sollten universitäre Seminare incl. ihrer schriftlichen Arbeitsnachweise nicht auf eine Praxis des Deutschen verzichten. Ich persönlich führe daher meine Seminare in ihren theoretisch ausgerichteten Teilen in deutscher, in ihren - weniger zahlreichen - unmittelbar unterrichtspraktisch orientierten Teilen in der jeweiligen Zielsprache durch und hoffe, damit der Unterschiedlichkeit der Ausbildungserfordernisse in sprachlicher Hinsicht Rechnung zu tragen. Berlin L UTZ K ÜSTER © 2016 Narr Francke Attempto Verlag 45 (2016) • Heft 2 B u c h b e s p r e c h u n g e n • R e z e n s i o n s a rti k e l Wolfgang H ALLET , Carola S URKAMP (Hrsg.): Handbuch Dramendidaktik und Dramapädagogik im Fremdsprachenunterricht. Trier: WVT 2015 (Handbücher zur Literatur- und Kulturdidaktik), 345 Seiten [35,00 €] Das vorliegende Handbuch Dramendidaktik möchte einen Überblick über verschiedenste dramapädagogische und dramendidaktische Herangehensweisen im Fremdsprachenunterricht geben. Vor dem Hintergrund einer klaren Unterscheidung zwischen Dramapädagogik und Dramendidaktik versuchen die Beiträge des Bandes im Sinne eines performativen Lernens beide Ansätze zu verbinden. Dies wird in den einzelnen Teilkapiteln zu sprachlich-kommunikativen Kompetenzen, interkultureller Kompetenz, Literaturunterricht, Medien und auch Lehrerbildung deutlich. Die Einleitung präsentiert zunächst die Tradition und das Potenzial von Dramendidaktik im fremdsprachlichen Unterricht, ganz im Sinne der Partiturthese, in der Dramen als Stücke gelten, die auf mehreren Ebenen ineinandergreifen und entsprechend erschlossen werden können. H ALLET und S URKAMP weisen jedoch zugleich auf das zentrale Problem hin, dass man ohne interpretative und kontextualisierende Vorbereitung einem literarischen Produkt nicht gerecht werden könne. Der Dramendidaktik stellen sie die Dramapädagogik als Arbeit mit aus der Theaterarbeit entlehnten Methoden gegenüber. In ihr werde Sprache als Ereignis und performativer Akt verstanden, seien Körperlichkeit und Ganzheitlichkeit wichtige Bestandteile - auch für die fremdsprachliche Kommunikation. Der Fremdsprachenunterricht wird „damit zu einer Inszenierung, in der Darstellungs- und Aufführungsformen eine besondere Lernform sind und zugleich die personalen, kommunikativen und sozialen Kompetenzen der Lernenden fördern“ (S.7). Die Autoren heben dabei u.a. die Überwindung der Kluft zwischen Regelwissen und Sprachkönnen, den Umgang mit „Sprachnotsituationen“ oder die Fähigkeit zum Perspektivwechsel als angestrebte positive Lerneffekte hervor. Mit Fokus auf die Fachgeschichte stellt zunächst Manfred S CHEWE dramapädagogische Bemühungen vergangener Jahrhunderte vor, die erst in den 1970er Jahren zum Einsatz von Dramapädagogik im Fremdsprachenunterricht führten. Der Beitrag liefert einen sehr guten Überblick über die Forschungsliteratur und bietet mit seiner Unterscheidung zwischen performativen Klein- und Großformen (vgl. S. 27f.) eine schöne Möglichkeit zur Kategorisierung des weiten Praxisfeldes. Mit Blick auf bildungspolitische Rahmensetzungen setzt sich Barbara S CHMENK in ihrem Beitrag mit der Gefahr der Instrumentalisierung von Dramapädagogik im Standardisierungsdiskurs auseinander. Die Autorin plädiert überzeugend für einen Dialog zwischen beiden Bereichen, um die Dimension des ästhetisch-performativen Lernprozesses und dessen Bildungszielen im Standardisierungsdiskurs begreifbar zu machen. Auch bei Wolfgang H ALLET geht es im nachfolgenden Beitrag um die performative Kompetenz der Lernenden, die über Schulunterricht und Bildungsstandards hinaus als kulturelle Akteure handlungsfähig sein sollen. Er erachtet daher die Einübung szenisch-dramatischer Formen der Interaktion und deren kognitive Modellierung als wesentlichen Beitrag der Dramapädagogik zum Bildungsprozess. Der Beitrag von Jenny P ASSON schließt das Grundlagenkapitel ab. Die Autorin kontrastiert hier Dramapädagogik und Theaterpädagogik und legt Verbindungen sowie Unterschiede der beiden Ansätze anhand von S HAKESPEARE s Dramen gelungen dar. Sie entwickelt dann einen Vorschlag für ein performatives Kompetenzmodell, das leider durch die Kürze des Beitrags stark reduziert und dadurch sehr komplex wird. Auch wäre zu diskutieren, ob eine eigene sprachlich-