eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 45/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2016
451 Gnutzmann Küster Schramm

Elisabeth KOLB: Kultur im Englischunterricht. Deutschland, Frankreich und Schweden im Vergleich (1975–2011). Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2013 (Anglistische Forschungen, Band 434), 437 Seiten [52,00 €]

2016
Laurenz Volkmann
132 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 45 (2016) • Heft 1 Der Sammelband illustriert ausgesprochen unterschiedliche Facetten der Mehrsprachigkeit und multiliteraler Kompetenzen sowie deren Förderung. Die Beiträge ermöglichen einen differenzierten Einblick in internationale bzw. binationale Projekte und deren Erforschung und zeigen, wie fruchtbar der Blick über den eigenen Zaun und eine Zusammenarbeit zwischen internationalen Forschern sein kann. Die Erkundung multilingualer Lehr- und Lernkontexte (Bsp. Luxemburg) dient der Generierung von Konzepten für die Lehrerausbildung und von didaktischen und sprachenpolitischen Maßnahmen zur Förderung von Mehrsprachigkeit, Multiliteralität und Mehrkulturalität. Darüber hinaus werden Einblicke in wissenschaftlich begleitete Konzepte und Projekte mit zukunftsweisendem Charakter gewährt. Der Sammelband verlangt eine aufmerksame Lesehaltung, bietet aber dafür interessante und hochwertige Erkenntnisse und Schlussfolgerungen sowie sinnvolle Empfehlungen. Gießen H ÉLÈNE M ARTINEZ Elisabeth K OLB : Kultur im Englischunterricht. Deutschland, Frankreich und Schweden im Vergleich (1975-2011). Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2013 (Anglistische Forschungen, Band 434), 437 Seiten [52,00 €] Die vorliegende Untersuchung versteht sich als komparatistische, hermeneutisch ausgerichtete Analyse und Interpretation der kulturbezogenen Inhalte des Englischunterrichts in drei fokussierten Ländern: Deutschland, Frankreich und Schweden. Als leicht modifizierte Dissertationsschrift, welche am Lehrstuhl für Didaktik der englischen Sprache und Literatur an der Ludwig- Maximilians-Universität München verfasst wurde, weist sie dabei die gattungskonforme Fülle an grundlegenden Überlegungen zum Ansatz, zum Umfang wie zur Eingrenzung des Forschungsfeldes und -designs vor. Darüber hinaus ist sie reich gesättigt an illustrativen wie argumentativ stützenden Zitaten, Verweisen sowie Belegen (inklusive Appendix zu den untersuchten Lehrplänen). Die sehr ausführliche Bibliographie ist in diesem Fall nicht akademisches Blendwerk, sondern effektiv und in stupender Kleinarbeit eingearbeitet worden. Leserinnen und Leser, die sich einen schnellen Überblick über Methode, Untersuchungsgegenstände und Ergebnisse verschaffen möchten, seien vor allem auf die letzten circa dreißig Seiten verwiesen. Hier werden die unterschiedlichen Perspektiven der untersuchten nationalen Bildungssysteme, welche zuvor in den Hauptkapiteln in der Reihenfolge Deutschland, Frankreich und Schweden nacheinander vorgestellt wurden, noch einmal in einem recht prägnant formulierten Überblick präsentiert. Die Verfasserin geht im Rahmen ihrer Studie von einer zentralen Fragestellung aus: „Welche (kulturellen) Sachinhalte soll der Englischunterricht in den Sekundarstufen der allgemeinbildenden Schulen laut des programmatischen und englischdidaktischen Diskurses haben? “ (S. 14). Die Fokussierung auf diesen Teilaspekt des Englischunterrichts - zumal in Form des hier vollzogenen kontrastiven und koordinierenden Perspektivenvergleichs - erscheint angesichts gegenwärtiger eher pragmatisch-utilitaristisch ausgerichteter Tendenzen des auf Sprach- und Kommunikationskompetenzen ausgerichteten Fremdsprachenunterrichts - einhergehend mit einer Vernachlässigung (ziel-)kultureller Elemente - ein wichtiges und nötiges wissenschaftliches Signal. So kann auch diese Studie deutlich bestätigen, wie essenziell ein holistisches Verständnis des tiefen Zusammenhangs von Sprache und Kultur, aber auch von Sprach- und Kulturunterricht ist. Interessant ist dabei vor allem der Einbezug Schwedens in die Untersuchung, erlangten die skandinavischen Länder doch spätestens seit dem „Pisa-Schock“ bildungspolitisches Renommee. Die europäische Perspektive wird damit durch die Inkludierung eines Landes ergänzt und erweitert, Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 133 45 (2016) • Heft 1 in welchem, wie die Verfasserin aufzeigt, deutsche Bildungs- und Didaktikdiskurse rezipiert werden. Methodisch lässt sich die Arbeit zunächst eher allgemein in die Tradition länderübergreifender Vergleichsstudien einordnen, um dann konkreter eine theoretische Grundlegung in der kritischen Diskurstheorie (dies eher ansatzweise) und vor allem im ideengeschichtlichen Ansatz der Cambridge School zu finden. Es werden die entsprechenden Konzepte des linguistic turn betont, die Schaffung von mentalen Bildern und Realitätsvorstellungen durch sprachliche Akte, vor allem in Form illokutionärer (also sprachlich angedeuteter) Sprechakte. Zugleich verweist die Verfasserin darauf hin, dass neben sprachlichen Gestaltungen von Quellen auch deren „außertextliche“ (d.h. gesellschaftliche, wirtschaftliche, sozioökonomische und bildungspolitische) Kontexte zu beachten sind. Im Folgenden werden die Akteure, Themen und Schritte der Diskursanalyse mit Bezug auf die selektierten Quellen des zu untersuchenden Diskursfeldes klug und präzise umrissen. Es ergibt sich ein durchaus auf ähnliche Forschungsprojekte übertragbares Fragenraster, nach dem Makro- und Mikrostruktur der Texte in drei Schritten vorwiegend quantifizierend und inhaltswie formorientiert analysiert und interpretiert werden (vgl. S. 48f.): (1) Fragen nach Aufbau, Auswahl und Anordnung der Themenfelder in den untersuchten Dokumenten, (2) Fragen nach Bedeutung, Begründung und Zielkomplexen von kulturellen Inhalten in den Dokumenten, (3) Zusammenführung der Diskursebenen mit Bezug auf kontrastive und gemeinsame Diskursmuster im Bereich von Englischunterricht und Sprachenpolitik. Nach einem sich anschließenden Kapitel zu den curricularen Kontexten in Europa insgesamt (vom Threshold Level 1975 bis zum Common European Framework 2001) sowie zur Lehrplanentwicklung speziell in den ausgewählten Ländern folgt in den Hauptkapiteln der Studie eine länderfokussierte Darstellung der Untersuchung (S. 85-334, also jeweils auf ca. 100 Seiten, mit etwas kürzeren Ausführungen zu Schweden). Es werden jeweils zunächst zentrale Begriffe diskursiv umkreist (Landeskunde, interkulturelles Lernen; civilisation und culture; realia und kultur). In einem zweiten Schritt sichtet und deutet die Verfasserin entlang des festgelegten Fragerasters ausgesuchte Englischlehrpläne und curriculare Dokumente sowie weitere Referenzdokumente. Es schließt sich eine Auseinandersetzung mit wichtigen fremdsprachendidaktischen Publikationen zum Thema „kulturelle Inhalte“ an, wobei ein überaus facettenreiches Bild der jeweiligen nationalen fremdsprachendidaktischen Diskurse entworfen wird - ohne dass dabei Merkmale von „nationenspezifischen“ Diskursmustern stereotyp überbetont würden. Interessant ist diese Studie vor allem auch im Hinblick auf Detailaspekte: etwa in ihren Ausführungen zu den Unterschieden zwischen bayerischen und nordrhein-westfälischen Lehrplänen, zu französischen Vorstellungen der Bildung der Lernenden als citoyens oder zum frühen Verständnis des Englischen als lingua franca in Schweden. Aufschlussreiche Einsichten in die Entwicklung der Diskussion zur Bedeutung und Integration kultureller Inhalte in fachdidaktischen Kreisen Deutschlands finden sich im entsprechenden Kapitel, in dem teilweise eine Vernachlässigung kultureller Inhalte, eine zu starke landeskundliche Ausrichtung („Basiswissen“) oder andere Formen der Nutzbarmachung kultureller Wissensbestände kritisch kommentiert wird. Es sei allerdings konstatiert, dass ein Missverständnis bezüglich einer Publikation des Rezensenten entstanden ist, welcher u.a. als Vertreter des Ansatzes der „kulturellen Schlüsselkonzept(e)“ (S. 167) diskutiert wird (dieses Konzept beruht eher auf Publikationen u.a. von Peter Freese, etwa zum „American Dream“, und erweist sich als lediglich einer von vielen hermeneutischen Ansätzen der Fremdsprachendidaktik). Auch die Position von Wolfgang Welsch zur Transkulturalität wird etwas verknappt eingeordnet (S. 182), erhebt die Verfasserin für sich doch implizit den Anspruch, den Fremdsprachendiskurs der letzten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, im Überblick einordnen zu können. Dabei bleibt selbstverständlich fraglich, ob diese „Titanenaufgabe“ in einer wissenschaftlichen Qualifikationsschrift angegangen werden kann und sollte. In der Tendenz 134 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 45 (2016) • Heft 1 unterstützend geht die Verfasserin auf das Argumentationsmuster ein, dem gemäß der gegenwärtige Englischunterricht aus Sicht seiner Kritiker in Gefahr gerate, inhaltslos, belanglos und trivial zu werden bzw. Inhalte lediglich als bedeutungslose Impulse für kommunikative Kompetenzorientierung zu modellieren. Die starke Neigung zur Funktionalisierung kultureller Inhalte als „motivierendes Trampolin für Sprachrezeption und -produktion“ (S. 230) wird auch für den Englischunterricht in Frankreich erkannt, zumal lange Jahre kulturelle Inhalte in einschlägigen Didaktikpublikationen kaum Beachtung fanden und eher methodische und lernpsychologische Fragestellungen diskutiert wurden. Interessanterweise setzte auch durch die Rezeption von Bourdieus Habitus- und capital culturel-Theorien seit den 1990er Jahren eine teilweise Neubewertung kultureller Elemente des Fremdsprachenunterrichts ein. Die Priorisierung des handlungsorientierten Ansatzes sowie die eher affirmative Rezeption des CEF in Frankreich hat jedoch eine stärkere Berücksichtigung kultureller Element verhindert, auch wenn es durchaus Überlegungen zu konkreten, auf Großbritannien und die USA fokussierten Inhaltslisten gibt und der kulturelle Lernbereich in den letzten Lehrplangenerationen gestiegenen Anteil verzeichnet (vor allem unter Berücksichtigung historischer Bedingtheiten gegenwärtiger kultureller Erscheinungen). In Schweden erweist sich die fachliche Diskussion zu Inhalten des Englischunterrichts als deutlich weniger umfangreich, zumal es nur sehr wenige Lehrpläne gibt. Es haben sich, so die Verfasserin, erst gegen Ende des untersuchten Zeitraums „interessante Diskursmuster“ (S. 287) herausgebildet. Insgesamt ist der schwedische Fremdsprachendiskurs von der Forderung nach praktischer Anwendbarkeit in internationalen Kontexten und weniger von einer Zielkulturvorstellung geprägt. Da Schweden sich spätestens seit den 1970er Jahren selbst als Einwanderungsland versteht, konnten wiederum früh interkulturelle Lernkonzepte initiiert werden, jedoch ohne dass sich spezifische kulturelle Inhalte etabliert hätten. „Die Lehrpläne sind im kulturellen Lernbereich weiterhin durch eine Vernachlässigung und sehr allgemeine Aussagen gekennzeichnet. Englisch wird vorwiegend als Fach gesehen, in dem funktionale Sprachenkenntnisse erworben werden.“ (S. 333). Inhaltsbezogene Diskussionen finden somit weitgehend ausschließlich in wenigen fachdidaktischen Publikationen statt, in welchen vor allem als „transkulturell“ zu bezeichnende Ansätze zu erkennen sind, wie in Vorstellungen vom active global citizenship evident wird (vgl. S. 351). Insgesamt können so wichtige länderspezifische Eigenheiten herauspräpariert werden, ohne Diskurse zu stark zu vereinfachen oder stereotyp darzustellen. Festzuhalten wäre hier die eingehend dokumentierte Einsicht der Autorin, dass die relativ große Bedeutung der Konzepte zur Landeskunde und Kulturkunde in Deutschland mit der besonderen Situation der Fremdsprachendidaktik nach dem Zweiten Weltkrieg und darüber hinaus zu begründen und dass in Frankreich und Schweden ein zeitlich verzögertes Einsetzen der Debatte um kulturelle Inhalte zu vermerken ist. Ein aufschlussreiches Ergebnis der Studie ist dabei das folgende: „Mit der konstanten Präsenz der kulturellen Inhalte ist ein markantes Denk- und Argumentationsmuster in Deutschland identifiziert“ (S. 339), welches teilweise mit der stärker institutionalisierten und umfangreichen Diskussion der Fremdsprachendidaktik in Deutschland begründbar ist. Interessant ist zugleich, dass bestimmte, oben angeschnittene Diskursmuster in unterschiedlicher Terminologie und Akzentsetzung länderübergreifend kursieren. Wichtige Impulse für die deutsche Fremdsprachendidaktik lägen, so die Verfasserin, vor allem in den eher global, transkulturell ausgerichteten Aspekten der schwedischen sowie in der deutlicheren Berücksichtigung der historischen Bedingtheit gegenwärtiger Erscheinungen der französischen Fremdsprachendiskurse. Elisabeth Kolb eröffnet mit ihrer sehr umfangreichen, klug aufgebauten und intelligent argumentierenden komparatistische Studie die Möglichkeit, diese Impulse aus Frankreich und Schweden hierzulande aufzunehmen. Zugleich können diese hier erörterten „nichtdeutschen“ Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 135 45 (2016) • Heft 1 Auseinandersetzungen mit inhaltlichen Aspekten des Fremdsprachenunterrichts verdeutlichen, dass und wie die Tradition der Beachtung kultureller Inhalte ein Spezifikum des Fremdsprachendiskurses in Deutschland ist - rather for better than for worse, wie der Rezensent den Subtext dieser Arbeit deuten möchte, die im Grund ein sehr geschickt verdecktes Plädoyer für die Beachtung kultureller Inhalte liefert. Jena L AURENZ V OLKMANN Nancy G RIMM , Michael M EYER , Laurenz V OLKMANN (2015): Teaching English. Tübingen: Narr, 341 Seiten [24,99 €] Einführungen in das Studium der Fremdsprachendidaktik erfreuen sich großer Beliebtheit, ist es doch ihre Zielsetzung, einen zugänglichen, verständlichen und zusammenfassenden Überblick über wesentliche Inhalte und Themen zu bieten. Vor allem in Hinblick auf neue Erkenntnisse zu Sprachkompetenzentwicklung, gespeist durch empirische Forschung und die Weiterentwicklung zentraler Prinzipien vor dem Hintergrund neuer Tendenzen in den Bezugswissenschaften, wie z.B. den Cultural Studies, kann es lohnenswert sein, in regelmäßigen Abständen bestehende Studien- und Handbücher zu überarbeiten oder neue zu entwickeln. Mit Teaching English ist im Narr-Verlag nun eine neue Einführung in das Englisch-Lehramtsstudium erschienen. Sie richtet sich sowohl an Studierende als auch an Referendare und praktizierende Lehrkräfte, die die neuesten Entwicklungen innerhalb der unterschiedlichen Themenschwerpunkte nachvollziehen möchten. Zusätzlich gilt es auch als Ressource für Dozenten, die an Universitäten in der Ausbildung zukünftiger Englischlehrerinnen und Englischlehrer wirken. Speziell für diesen Zweck werden durch einen Online-Link Power-Point-Präsentationen zu den einzelnen Kapiteln kostenlos bereitgestellt. Da diese veränderbar sind, sind sie ein willkommener Service, der die Arbeit mit dem Buch innerhalb von Vorlesungen und Seminaren erleichtert. Studierende können die entsprechenden Präsentationen als pdf-Datei herunterladen und als Grundlage für weitere Mitschriften während der Lehrveranstaltungen nutzen. Überarbeitungen werden jeweils durch ein aktuelleres Datum markiert. Von Seiten des Verlages wäre eine Verlinkung der Zusatzmaterialien direkt aus dem Narr-Shop wünschenswert, da so der Umweg über www.bachelor-wissen.de erspart bliebe. Wie in der eher knapp gehaltenen Einleitung 1 angekündigt, beinhalten die Kapitel nicht nur den theoretischen Hintergrund des jeweiligen Themas, sondern auch Beispiele für die praktische Umsetzung sowie Aufgaben für den Leser und weiterführende Literatur. Diese vier Aspekte sind in modernen Einführungen jedoch üblich. Ähnlich üblich, wenn auch für einige Leser gewöhnungsbedürftig, ist, dass die eigentliche Bibliographie für jedes Kapitel am Ende des Buches zu finden ist. Inhaltlich teilt sich Teaching English in zwölf Hauptkapitel ein, die sinnvoll und übersichtlich untergliedert sind. Berücksichtigte Themen sind: 1. Historischer und politischer Rahmen des Englischunterrichts, 2. Herausforderungen des Lehrerberufs, 3. Englischdidaktik als transdisziplinäres Projekt, 4. Von Methoden zu Prinzipien, 5. Grammatik und Vokabular, 6. Sprachkompetenzen, Lernstrategien und individuelle Lerner, 7. Inter- und transkulturelles Lernen, 8. Literatur, 9. Medien, 10. Unterrichtsplanung und Unterrichts-Management, 11. Material-Design und 12. Bewerten und Einschätzen. Diese Bereiche ähneln denen bisheriger Einführungen, Studien- 1 Zugang, Aufbau, Design werden mit wenigen Sätzen abgehandelt, zwei Paragraphen sind Danksagungen gewidmet.