eJournals Colloquia Germanica 49/2-3

Colloquia Germanica
0010-1338
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2016
492-3

Die Produktion von Karikatur in der Karikatur: Zeichnungs-, Schreib- und Druckszenen in französischen und deutschen illustrierten Satire-Journalen (1830—1848)

2016
Angela Borchert
cg492-30201
Die Produktion von Karikatur in der Karikatur: Zeichnungs-, Schreib- und Druckszenen in französischen und deutschen illustrierten Satire- Journalen (1830—1848) Angela Borchert Western University Abstract: When caricatures reflect the process of drawing, writing and printing, the viewer not only participates in the production of caricatures, but is confronted with the precarious conditions in which the lithographies and woodcuts are created. While the French early realist context highlights the materiality of the production process in the collaborative studio and in the battle for the printing press with the state, the late-romantic German context foregrounds the brutal competition of critics in the journalistic market and the precarious process of production and distribution of the medium in arabesque manner. Both French and German caricatures employ an intermedial dialogue between corporality, typography, and text to seismographically metareflect on the boundaries for the production of caricature. Keywords: caricature production, censorship, materiality, intermediality, reflexivity Die Forschung zur Publizistik neigt dazu, bestimmte Großereignisse des 19. Jahrhunderts unter dem Titel Europa der Bilder zu subsumieren (Le Men, “Allgegenwart” 19-42). Zutreffender wäre es im Kontext der Buch- und Zeitschriftenkultur von einem Jahrhundert der Intermedialität zu sprechen, denn die Bilder stehen im 19. Jahrhundert nie solitär, sondern sind durchweg von Textpointen gerahmt (Podewski 61-80; Ette und Müller 7-9). Von dieser Konjunktur der Intermedialität profitiert die Karikatur. Ihr Siegeszug in der Öffentlichkeit des 19. Jahrhunderts beruht auf fünf aufmerksamkeitserregenden Charakteristika. Da ist zum einen die karikaturistische 202 Angela Borchert Technik des markanten, pointiert-sparsamen und schnellen Strichs, der den Punkt, auf den es ankommt, auf originelle Weise zu treffen weiß (Unverfehrt, “Karikatur” 348). Da ist zum zweiten die Übertreibung, die mit ihren vielfältigen Ausführungsprofilen der Verzerrung eines oder mehrerer Elemente satirische oder karnevalesk-witzige Effekte erzielen kann (Simmel 244-51). Da ist drittens das reflexive Potential der Karikatur, das durch den vergleichenden Blick von Ideal und Gegenbild oder von Vorbild und Parodie immer wieder entfacht wird (Oesterle, “Gegenfüßler” 96-106). Viertens ist das meist raffiniert witzige Widerspiel von Bild- und Textpointe anzuführen (Colajanni 386-98). Fünftens schließlich entsteht eine performative Dynamik als sich die Karikatur von der szenischen Darstellung in Permanenz zum “comic painting”, zur “série de croquis” öffnet (Lindner 78-118; Heid, Ritter und Strobl 101-321). Diese fünf Eigenschaften der Karikatur haben es möglich gemacht, dass Mitte des 19. Jahrhunderts, europaweit und begleitet von medien-technologischen Innovationen, öffentlichkeitsprägende Karikaturzeitschriften entstanden: La Caricature (1830-35), Le Charivari (1832-1926), Punch (1841-1992), die Fliegenden Blätter (1844-1944) und Kladderadatsch (1848-1944). Zwar unterscheiden sich die illustrierten Satirezeitschriften in Erscheinungsdauer, Vertrieb, Auflage, Seitenumfang, Format, Text-Bild-Anteil und -Integration, doch nutzen sie alle verbesserte Verfahren des Bilddrucks: Die von Aloys Senefelder erfundene Lithographie, wie La Caricature und Le Charivari, oder den von Thomas Bewick und Friedrich Wilhelm Gubitz technisch verbesserten Holzschnitt, wie Punch und die Fliegenden Blätter oder Kladderadatsch . Hervorragende Zeichner und Autoren arbeiten für die französischen, englischen und deutschen Zeitschriften in den politischen und publizistischen Metropolen Paris, London und Berlin, aber auch in der Künstlerstadt München. Während Punch im Land der Pressefreiheit die politische und gesellschaftliche Satire ausschöpfen kann, praktizieren die französischen und deutschen Periodika angesichts dauerhafter Vor- und Nachzensur der Texte und Bilder eine “Opposition mit Feder und Zeichenstift” (Koch, “Ereigniskarikatur” 443). Diese Opposition formiert sich nicht nur durch inhaltlich kritische Botschaften, sondern dazu korrespondierend durch mediale und artistische Innovationen. Zu nennen sind insbesondere die Vorbildfunktion der Zeitschriftentypen (Koch, “Satire-Journale” 19-48), die wiederkehrenden Genres wie kritische Reportagen, fiktive Dialoge, politische Fabeln und Erzählungen, sowie die wiederkehrenden Bildformen wie Porträtkarikaturen, Genre, Sittenbilder oder Typenkarikaturen in Serie (Koch, “Ereigniskarikatur” 446-49; Le Men, “Bildtransfer” 65-74). Honoré Daumiers und Charles Philipons betrügerischer “Robert Macaire” ist ein Repräsentant der Julimonarchie in Le Charivari , während “Baron Beisele und Dr. Eisele” von Kaspar Braun und Friedrich Schneider die deutschen Biedermänner in den Fliegenden Blättern Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 203 vertreten. Dabei entwickelt jede Zeitschrift ihre eigene Form der humoristischsatirischen Zeitkritik. Bis heute gelten sie als Seismographen kulturgeschichtlicher Veränderungen (Fuchs 12-15). Entsprechend oft wurden in der Forschung die Karikaturen der illustrierten humoristisch-satirischen Zeitschriften deshalb auch auf ihre politischen Botschaften bzw. sittengeschichtlichen Aussagen hin befragt. Dieses Forschungsspektrum, auf Motivforschung und Kulturdiagnostik spezialisiert, hat der Romanist Fritz Nies in mehreren Studien erweitert, in dem er die Zeitungslektüredarstellungen in Karikaturen des 19. Jahrhunderts auf ihre rezeptionspsychologischen Leser- und Lektüremodalitäten hin interpretiert (Nies, “Lektüre” 48-54; Wahrheit 151-55; “Phantombild” 13-20). Allein an Daumiers zahlreichen Leserkarikaturen kann Nies einen Kosmos auflisten, wer, wann, wo, was in Frankreich gelesen hat: Also etwa welche Zeitung, sei es die regimetreuen Le Constitutionelle oder Le Moniteur, sei es ein Bourgeois oder ein Blaustrumpf, sei es früh morgens oder abends beim Schein der Stehlampe, und sei es in den Tuileries, im Café oder am häuslichen Kamin (Göbel 70-71, 46-47, 54-55, 52-53, 104-05, 68-69, 66-67, 71-72, 114-15). Derartige Analysen von Rezeptionsszenen in der Karikatur provozieren die Frage, ob sich vergleichbare Darstellungen von Produktionsszenen in der Karikatur finden lassen. Mit dieser hier beabsichtigten Verschiebung von der Rezeptionszur Produktionsseite sind zugleich methodische Vorzüge verbunden. Die jüngst in Gang gekommene Schreibszenenforschung hat nämlich mit gutem Grund die Aufmerksamkeit auf das Material und die Materialien, das Papier, die Feder, die Tinte, die Farbe, die Technik und sodann die Schreibsituation gerichtet (Campe 759-72; Zanetti 7-34). Parallel dazu hat sich in jüngster Zeit eine Forschung zur Materialität der bildtechnischen Mittel entwickelt (Großkopf 11-22). Eine solche Blickveränderung erlaubt, die bislang auf Motive und Themen ausgerichtete Forschung stärker auf die bei der Karikatur politisch motivierten, störanfälligen Produktionsbedingungen zu lenken (Multigraph 97-113). Der Vorzug der qualitätsvollsten Karikaturen besteht darin, auf zwei Ebenen eine Botschaft zu senden: eine inhaltliche und eine formal zugespitzte. Die Karikatur sendet also nicht nur eine provozierende politische Botschaft, sondern reflektiert gleichsam metamedial die Art des Sendens, d.h. sie gibt den Blick frei in die Karikaturwerkstatt. Die Pointe dabei ist: Indem der Karikaturenrezipient den Entstehungsprozess der jeweiligen Karikatur mitverfolgen kann, entgehen ihm auch nicht die Gefährdungen, die Eingriffsversuche durch staatliche Stellen, unter denen die Karikaturproduzenten leiden. Die Aufmerksamkeit auf dieses selbstreflexive Potential der Karikatur erlaubt zugleich, die bisher auf die Schreibtischtätigkeit des Schriftstellers eingegrenzte Schreibszenenforschung 204 Angela Borchert auf die technischen Bedingungen der Herstellung von Karikaturen, also auf die Druckszene, auszuweiten. Das auf diese Weise entfachte Interesse an der Darstellung der Zeichnungs-, Schreib- und Druckszene in den Karikaturen des 19. Jahrhunderts birgt die Chance einer Entdeckung des ästhetischen, selbstreflexiven und seismographischen Potentials der Karikatur. In dieser erstmaligen Zusammenstellung und vergleichenden Analyse sollen in drei Abschnitten die unter Zensurbedingungen schwierigen Schreib-, Druck- und Zeichnungsszenen in den Blick kommen. Der erste Abschnitt stellt in vier Karikaturen die deutsche Situation unter den Bedingungen der Zensur dar: auf der einen Seite den prekären Herstellungs- und Vertriebsprozess der Zeitschriften im deutschen Sprachbereich und auf der anderen Seite den brutalen Konkurrenzkampf der Kritiker auf dem Zeitschriftenmarkt. Der zweite Abschnitt wendet den Blick nach Frankreich, um dort die in den Karikaturen ausgetragenen Auseinandersetzungen der Publizistik mit den Ein- und Übergriffen der staatlichen Stellen am Beispiel des Kampfes um die Druckerpresse vorzustellen. Der dritte Abschnitt fokussiert die Aufmerksamkeit auf die Arbeitsstätte der Zeichner selbst in den Ateliers, um ihre karikierende Gegenwehr direkt nachvollziehbar zu machen. Zum Abschluss soll eine Zusammenfassung die innovative Programmatik der Zeitschriften umreißen. Die komparatistische Dimension von Frankreich und Deutschland ist wichtig, um sich die Unterschiede zwischen der eher aggressiven frührealistischen Karikaturform in La Caricature und Le Charivari und den diffizilen spätromantisch arabesken oder auf Umrisse sich beschränkenden Anspielungen in den Fliegenden Blättern bewusst machen zu können. Eine zentrale Problematik der Karikaturproduktion im deutschen Sprachraum ist die regierungsamtliche Einflussnahme auf den Herstellungsprozess. Seit den Karlsbader Beschlüssen 1819, verschärft insbesondere nach dem Hambacher Fest 1832, wurden alle Druckschriften und Karikaturen im Deutschen Bund der Vorzensur unterworfen. Außerdem benötigen neue Zeitschriften und Zeitungen eine Lizenz (Siemann 71-106). Diese Situation der Zeitschriften und der Karikaturproduktion unter den Bedingungen der Zensur ist Thema einer Karikatur vom Jahre 1846 mit dem Titel “Congreß deutscher Zeitschriften”, publiziert in den Münchner Fliegenden Blättern (Koch, “Blätter” 214-15; Zahn 48). Auf der Schlussseite des wöchentlich erscheinenden illustrierten Journals ist eine vierteilige, von Hermann Dyck, dem späteren Direktor der Kunstgewerbeschule München, gestaltete Szenenfolge zu entdecken. Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 205 Abb. 1. Hermann Dyck, “Congreß deutscher Zeitschriften”, Fliegende Blätter 2.35 (1846): 88 (Holzstich, Universitätsbibliothek Heidelberg, G54442-2 Folio RES) In der ersten Szene erkennt der aufmerksame Betrachter zum Teil genau porträtierte verantwortliche Journalisten und Herausgeber, die in ihre teils namentlich entzifferbaren Zeitschriften gehüllt, im Begriffe sind, mal widerwillig, mal in unterwürfiger Haltung, sich der Vorzensur zu unterwerfen. Sie möchten 206 Angela Borchert in der Prüfungsprozedur durch selbst mit Perücken und überdimensionierten Scherenschnäbeln versehene Zensoren eine sogenannte “Reisebewilligung”, sprich Auslieferungserlaubnis, erhalten (Dyck, “Congress” 88). Der Leser kann die Titel der Kulturzeitschrift Europa (1835-44), der kritischen literarischen Tübinger Jahrbücher der Gegenwart (1843-48), sowie die radikal demokratische Mannheimer Abendzeitung (1838-49) entziffern (vgl. Obenaus). Deutlicher kann man die Aufschriften der Accessoires der Zensoren lesen, die Etiketten auf verschiedenen Töpfen, etwa “Ächte Russische Censur Schwärze” oder “Rothe Tinte” (Dyck, “Congress” 88). Entsprechend leidend sehen die von den Zensoren abgefertigten Journalisten und Herausgeber aus: Sie stehen an, um ganz rechts in der Szene unter die schmerzhafte, an eine Steuerschraube erinnernde Schraubpresse zu gelangen (vgl. Bosch-Abele, La Caricature II 705). Der Zeitungsstempel, der beweist, dass die Zeitungssteuer entrichtet wurde, steht unter dem Anschlag “Taxe” bereit. Der zweite, mittig angebrachte Bildstreifen demonstriert die ganze Malaise, die die Zensoren angerichtet hatten: Die Zeitschriften und Zeitungen der Journalisten und Herausgeber sind ‘gerupft’ worden. Dazu gehören die liberale Deutsche Allgemeine Zeitung (1837-79) und der oppositionelle Grenzbote (1841- 1922), doch am schlimmsten betroffen sind die seit 1843 nicht mehr publizierten Hallischen Jahrbücher (1838-43). Ihrem Repräsentanten steckt die Zensurschere im Hals. In allen Zeitungsgewändern klaffen riesige Lücken und Löcher, sodass die rechts aus ihrem Gasthaus heraustretenden Wirtsleute ganz erschrocken auf das zensierte Desaster blicken. Im Gegensatz zu den entsetzten Wirtsleuten bekommt der mit auf die Straße getretene biedermeierliche Leser von der Situation nichts mit und bleibt vertieft in seine Lektüre. Ein solches unpolitisches Lese- und Wahrnehmungsverhalten scheint das regierungsamtliche Ziel zu sein: “Die Zeitschriften dürfen reisen; - müssen jedoch ihre entstandenen Blößen vorschriftsmäßig bedecken” (Dyck, “Congress” 88). Ganz offensichtlich verweist der Karikaturist mit dieser Vorschrift, die Zensurspuren zu tilgen, auf eine Notwehrmaßnahme der Betroffenen hin: Nämlich durch Sichtbarmachen der gestrichenen Stellen, sei es durch Sternchen oder Gedankenstriche (vgl. Heine, “Ideen” 201), die Phantasie des Lesers zu stimulieren (Plachta 45-80). Das Ergebnis präsentiert sich im unteren dritten Bildstreifen. Die Zensurschere wurde zu einem Triumphpfortenformat aufgestellt: Unter Kanonendonner und Trompetenklang kriechen fröhlich und zufrieden die erzkonservativen und regierungsfreundlichen Zeitschriftenhäupter, u.a. der Evangelischen Kirchen-Zeitung (1827-49), auf das sie staunend erwartende Publikum zu. Um ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, hat einer der Journalisten oder Herausgeber auf seiner mitgeführten Tasche eigens vermerkt: “Nicht politisc [sic]” (Dyck, “Congress” 88). Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 207 Die Pointe des Ganzen findet sich eher randständig und im Hintergrund: Mitten unter den Posaunentönen erscheint ein lustiger Gesell in Eulenspiegelmontur, eingehüllt in ein Spruchband mit der Aufschrift “Fliegende Bl[…]”. Damit wird auf die Eulenspiegelfigur angespielt, die auch in der Titelvignette der Fliegenden Blätter prangt (1.1 [1845]: 1). Dort sitzt der Narr mit der Schellenkappe auf einem Spruchband und lässt Seifenblasen steigen. Diese ironische Selbstcharakteristik verweist auf die Metareflexion der Karikaturzeitschrift; sie ist der kritische und gelassene Beobachter dieser ganzen Presselandschaftsmisere. Die Eulenspiegelfigur hat aber zudem die Funktion eines Staffelläufers. Es stellt sich nämlich heraus, dass die auf dem Quartblatt versammelte Szenenfolge einer vier Blätter umfassenden Serie zugehört - und prompt taucht eben die Gestalt des Eulenspiegels erneut mit der Aufschrift “Fliegend […]” an entscheidender Stelle wieder auf. Abb. 2. Hermann Dyck, “Congreß deutscher Zeitschriften”, Ausschnitt Fliegende Blätter 2.37 (1846): 104 (Holzstich, Universitätsbibliothek Heidelberg, G54442-2 Folio RES) Mit dem Stift in der Hand und einem Zeichenblock versucht er, ein zentrales Turnier der Zeitschriften zwischen einem christlichen Ritter und den “3 struppigen Riesen Communismus, St. Simonismus und Fourierismus” zu protokollieren. Die über seinem Kopf schwebende Zensurschere bedroht allerdings die Eulenspiegelfigur der Fliegenden Blätter , das Wagnis einzugehen, die Auseinandersetzung der drei konkurrierenden sozialistischen Gesellschaftsutopien zu beschreiben und aufzuzeichnen. Im Text unter der Bildszene wird extra darauf aufmerksam gemacht: “Links ein Reporter unter dem Schwerte des Damokles” (Dyck, “Congress” 104). Spätestens hier erkennt der Karikaturleser das spielerische Prinzip: Die Zensurschere ist das Leitmotiv der gesamten Serie. Sie taucht in immer neuer sprechender Gestalt auf, einmal als Damoklesschwert, das andere Mal als monu- 208 Angela Borchert mentaler Triumphbogen, dann als Gesichts- und Nasenersatz der Zensoren oder als dekoratives Ornament auf ihren bequemen Sesseln. Der Kenner bemerkt die Metamorphose der Zensurschere als Ornament oder Architektur, als Physiognomieersatz oder als drohende Gefahr. Alle ruinösen Verwüstungen folgen einem arabesken Vexierspiel von Fläche und plastischer Gestalt, von Wiederholung und Variation, von Andeutung und Ausformulierung, von Verhüllen und Enthüllen, von Sichtbar und Unsichtbar (Busch 56-114; Oesterle, “Arabeske” 272-86). Es stellt sich heraus: Unter den Bedingungen der Zensur bedarf die Karikatur mit ihrer auf eindeutige Botschaft ausgerichteten Form ein eben diese Botschaft verdeckendes, verspieltes, vexierhaftes arabeskes Prinzip. So lässt sich das in deutschen Karikaturblättern starke Bündnis von Karikatur und Arabeske erklären. Diese hochkomplexe, panoramaartig angelegte, mit Schein und Sein spielende Karikatur des deutschen Zeitschriftenwesens des Vormärz erschien in einem Journal, das im Folgenden kurz charakterisiert sei. Von den verschiedenen, durch eine virtuose Text-Bild-Relation geprägten illustrierten Zeitschriften sind die Fliegenden Blätter an herausragender Stelle zu nennen. Die Fliegenden Blätter mit dem Publikationsort München besaßen ein geniales Leitungsteam bestehend aus dem Zeichner, Karikaturisten und Holzschneider Kaspar Braun und dem Texter und kaufmännischen Organisator Friedrich Schneider. Sie verfügten in der damals berühmten Kunststadt München über ein umfangreiches Arsenal meist in spätromantischer Manier geschulter Talente (Pecht 183-86), und zwar sowohl auf Seiten der schreibenden Autoren wie auf der der zeichnenden Karikaturisten. Als damals bekannte Textbeiträger können die Autoren Emanuel Geibel, Friedrich Gerstäcker, Victor von Scheffel, Levin Schücking oder Ludwig Pfau genannt werden; bei den Karikaturisten ragen Moritz von Schwind, Carl Spitzweg, Wilhelm Busch, Franz Graf von Pocci und Hermann Dyck hervor. Das 1844 gegründete “Familienwitzblatt” etabliert sich langsam (Zahn 11), bringt in den ersten fünf Jahren auch politische und sozialkritische Meinungen (Boetticher 343-52; Koch, “Blätter” 210-55), spezialisiert sich aber zumeist auf sitten- und kulturgeschichtliche Phänomene (Oßwald 14-16, 34-36). Neben der dominanten Intermedialität sind die Fliegenden Blätter durch vier Besonderheiten gekennzeichnet: Erstens wurden ihre Illustrationen nicht in dem in anderen Organen beliebten Steindruck beziehungsweise der Lithographie angefertigt, sondern durch eine moderne Holzschneidekunst (Koch, “Blätter” 206). Diese Technik befördert die punktgenaue Integration von Text und Bild, benötigt allerdings zum Drucken Zeit (Oßwald 25-26); dadurch sind die Texte oft aktueller als das Bild. Zweitens sind die Fliegenden Blätter eine der ersten Zeitschriften, die systematisch das Lesepublikum zur Mitarbeit aufgefordert haben (Doepler 157). Drittens nutzen sie verschiedene Kleingattungen: Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 209 Die acht Seiten umfassende Zeitschriftennummer beginnt mit einer illustrierten Erzählung oder Novelle, die zumeist als Fortsetzungsgeschichte firmiert; ihr folgt ein kleinteilig gestalteter mittlerer Abschnitt oft aus in verschiedenen Dialekten verfassten Humoresken, bebilderten Sprichwörtern, Romanzen, Anekdoten und Moritaten. Zum Abschluss des Heftes wird viertens eine themenorientierte Karikatur, bzw. ein Karikaturenensemble, bevorzugt, das fast durchweg Teil einer sich über mehrere Hefte verteilenden Serie darstellt. Serienthemen im ersten Jahrgang sind etwa: die “Weltgeschichte”, oder “Monumente” vergessener Erfinder, oder “Träume”, oder sogenannte “Steckenreiter” (“Hobbyhorses”), oder eine “Naturgeschichte” in Gestalt einer Menagerie höchst seltener “Prachtexemplare” ( Fliegende Blätter 1.1-1.23 [1845]). Das Grundmuster dieser Serien ist die Typenkarikatur in Figuren, wie “Baron Eisele und sein Hofmeister Dr. Beisele”, der “Staatshämorrhoidarius” und der “Herr Biedermaier” (Walz 18). In der Forschung hat man den Einwand vorgetragen, in einer sich dynamisch entwickelnden, sich ausdifferenzierenden modernen Gesellschaft, wie sie im Europa des 19. Jahrhunderts sich entfaltet habe, seien Typen als Orientierungsmatrix unterkomplex (Benjamin 50). Die Pointe ist jedoch, dass die Karikatur im 19. Jahrhundert die Typisierungssucht aufgreift und ironisiert, um die Ohnmacht, sie als Orientierungshilfe zu gebrauchen, ad absurdum zu führen. Die Monumentenserie der angeblich übersehenen “großen Erfinder”, zum Beispiel “Erfinder des Fracks”, des “Stiefelknechts”, des “Rebus”, demonstriert diese Typen derart übertrieben, dass ihre Orientierungskraft selbst ironisch in Frage gestellt wird (Spitzweg, “Monumente”). Das selbstreflexive Potential der Karikatur zeigt auf besondere Weise die Serie “Naturgeschichte”, deren exotische Exemplare von Carl Spitzweg virtuos in Szene gesetzt werden (Spitzweg, “Naturgeschichte”). Ein hervorragendes Beispiel ist der “Kunsttyrann” (Spitzweg, “Naturgeschichte” 136). An ihm lässt sich verdeutlichen, wie der so oft als harmlos biedermeierlich charakterisierte Spitzweg ( Jensen 17-18; Hofmann 14-41) durchaus in der Lage ist, die Produktion und den Konsum von Kritik durch ein ausgeklügeltes Text-Bild-Arrangement scharf und sarkastisch zu karikieren� Im oberen Bildteil erscheint als wiederkehrendes Rahmenbild ein Menagerieinhaber, der dem neugierigen Publikum “Pracht=Exemplare[…]” von seltenen Tiersorten zu zeigen verspricht (Spitzweg, “Naturgeschichte” 168). Er weckt durch lautstarke Beredsamkeit die Neugier des interessiert zuhörenden Publikums und verweist auf die Umrisse von Frauen und Männern, die in Einzelkäfigen gehalten werden. Eine Dame zieht den Vorhang zu den Käfigen gerade beiseite. Sie sitzt am Zahltisch, um Eintritt zu sammeln. Rücken an Rücken mit dem Menageriebetreiber lädt ein anderer Schausteller mit einer Trompete zur Ansicht von exotischen Tieren. 210 Angela Borchert Abb. 3. Carl Spitzweg, “Naturgeschichte: Kunstyrann”, Fliegende Blätter 1.17 (1845): 136 (Holzstich, Universitätsbibliothek Heidelberg G54442-2 Folio RES) Die Inszenierung der Wandermenagerie spielt mit bekannten naturwissenschaftlichen Darstellungsweisen. Sie nimmt im Bild Bezug auf die oft verwen- Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 211 dete illustrierte Naturgeschichte von Georges Louis Leclerc Comte de Buffon (Riecke-Müller und Dittrich 88-89) und wendet im Text das Ordnungssystem von Carl von Linné an (Schuster 158). Obwohl die Objekte eher einem Kuriositätenkabinett entstammen könnten, sollen sie, wie bei den entstehenden Zoos, als eine nach wissenschaftlichen Prinzipien organisierte Sammlung mit Beschriftungen gezeigt werden (Stafford 254-64). Dabei spielt der erklärende Kommentar dieser Wandermenagerie zugleich mit den damals in der deutschen Schriftkultur bekannten Drucktypen von Antiqua und Fraktur. Die Drucktype Antiqua verwendet Spitzweg, wie in der Tradition üblich, um lateinische Ausdrücke zu markieren. Fraktur setzt er ein, um die deutsche Übersetzung folgen zu lassen. So tritt der “Criticus questuarius” im lateinischen Drucktypus neben die Gothisierung der Übersetzung “zu Deutsch: Der Kunsttyrann” (fett gedruckt) (Spitzweg, “Naturgeschichte” 136). Mit dem Wechselspiel zwischen wellig fließendem Antiquaschriftbild und spitzen, gothisierenden Frakturbuchstaben gelingt es ihm, auch ein Text bild neben das visuelle Porträt zu stellen. Im Falle des Kunsttyrannen handelt es sich offensichtlich um eine besonders gefährliche Spezies, die seismographisch genau die Produktionsbedingungen von Kunstkritik in den Zeitschriften umreißt. In einem Käfig befindlich vorgestellt, warnt der Kommentar zugleich, “diesem Käfig zu nahe zu treten”. Dieses, wie fachkundig angegeben wird, gefährliche Exemplar aus der “Familie der Parasiten” mit dem “Kennzeichen” “trägt statt des Dolches eine sehr spitzige Feder” ist ganz nach biologischer Matrix und “Fundort” aufgelistet. Er zeigt sich unter einer Arbeiterschiebermütze versteckt in gekrümmter Haltung gleichsam auf dem Sprung, das vor ihm liegende Buchexemplar mit spitzer Feder zu zerreißen. Die freie Hand steckt er aus dem Käfig und sagt mit dieser Geste aus: Ich bin unschuldig; so eine schlechte Vorlage kann nicht geduldet werden. Diese Geste wird unterstrichen durch einen scharfen Blick, den der “Criticus quaestuarius. Ahomo recensens”, mit einem Auge unter der Brille durch, bohrend auf den Betrachter wirft. Der sieht seinerseits im unteren Teil die Preisliste von Kritiken, die am Schreibpult verfertigt worden sind, und nimmt mit Genugtuung den gesperrt gedruckten abschließenden Satz, auf den ein ikonischer Zeigefinger verweist, wahr: “Dieser wahre Schatz unserer Sammlung ist nur noch wenige Tage zu sehen. Er wird dann umgebracht, da der Unterhalt zu viel kostet; er nährt sich nämlich nur von Künstlerblut! ” (Spitzweg, “Naturgeschichte” 136). Spitzweg nutzt die Folie der Wandermenagerie zur Metareflexion auf den Kunstbetrieb und zur Selbstreflexion auf die Produktionsbedingungen von Kritik in Deutschland. Mit der zuletzt ausgesprochenen Ankündigung der Tötung der Spezies Kritiker greift Spitzweg einerseits dessen abhängige Stellung vom Kunstmarkt sowie von den zeitgenössischen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen auf. Anderseits spielt er auf die tatsächliche Praxis der Wander- 212 Angela Borchert menagerie an, die Tiere sterben zu lassen, um Kosten zu sparen und neue Ausstellungsobjekte zu kaufen (Riecke-Müller und Dittrich 55). Der vom Publikum gewünschte Konsum von immer neuen Waren und das Profitbedürfnis, oder zumindest Überlebensbedürfnis der Zeitschriften, nährt einen vielfältigen Konkurrenzkampf. Die Aggression des Kritikers entsteht aus Marktkonkurrenz, denn er verreißt die Texte seiner Konkurrenten. Der in den Wandermenagerien übliche Diskurs der Wildheit, Grausamkeit und Kampfeslust der wilden Tiere (Riecke-Müller und Dittrich 100) wird auf den Kritiker übertragen. Die Gefahr, die von ihm ausgeht, versinnbildlicht der Käfig, in dem Spitzweg ihn im Gegensatz zu den anderen elf Ausstellungsobjekten der Serie zur Naturgeschichte darstellt. Doch die Erläuterungen verweisen auf bestimmte Gefahren, die auch den lockeren Umgang mit der Wahrheit in den Wandermenagerien, deren Ziel es ist, durch Unterhaltung Geld zu verdienen, betonen (Riecke- Müller und Dittrich 125). Erstens, Mund und Nase verhüllt, “scheut” der Kritiker “das Licht”. Zweitens versteckt er sich hinter einem “Wir” und gibt nie “seinen wahren Namen” als “Tyrannus artistico-encyclopaedicus anonymous” an. Drittens liefert er “in der …… Zeitung eine Recension über ein Concert, was gar nicht stattfand, und über ein Bild, was nie gemalt worden war” (Spitzweg, “Naturgeschichte” 136). Dieses raffinierte Text-Bild-Arrangement Spitzwegs demonstriert die variantenreiche und ingeniöse Um- und Neugestaltung vorgegebener Muster, indem es eine Wandermenagerie mit wissenschaftlicher Taxonomie verknüpft. Zugleich gelingt es ihm, den Konflikt zwischen Unterhaltungs- und Informationsdiskurs und zwischen dem Genuss und der Kritik des Waren- und Konsumkreislaufs performativ herauszustellen. Mit dieser Karikatur entsteht eine erstaunlich detaillierte Bühne des Wissens im Blick auf die Produktion von Kritik. 1 Eine andere Form der Kritikersatire präsentiert Ludwig Richter 1841 mit einer Holzschnittarbeit zu Oliver Goldsmiths Vicar of Wakefield. Er verwendet die Form der Arabeske, um eine in Goldsmiths Roman geschilderte Schreibszene ins Bild zu setzen. Die thematische Vorgabe bezieht sich auf eine Szene, die die polemisch-kritische Schnellschreiberei karikiert. Goldsmith hatte selbst als Journalist in der “Grubstreet”, dem Zeitschriftenviertel in London, gearbeitet (Golden 535). Daher waren ihm auch die Bedingungen des Zeitschriftenmarktes geläufig - zum Beispiel unter welchem Zeitdruck schon damals Kritiken geschrieben wurden. Der satirische Einschub in die Erzählung des Vikars von Wakefield bezieht sich auf die Abenteuer seines Sohnes, der als philosophischer Vagabund sein Glück in London machen will. Der arbeitslose und daher frustrierte George denkt sich etwas besonders Skandalträchtiges aus: Nämlich ein Buch zu schreiben bestehend aus drei paradoxen Sätzen, die zwar falsch sind, aber “neu”. Ziel war, mit dieser Provokation die gesamte “gelehrte Welt” zum Widerspruch herauszu- Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 213 fordern, um dann angesichts dieser kritischen Übermacht seine Wehr-haftigkeit unter Beweis zu stellen: “Gleich dem Stachelschwein saß ich in mich selbst zusammengezogen da, eine Federspitze auf jeden Gegner gerichtet.” Sein Kalkül ging allerdings nicht auf: “die grausamste Demüthigung” wird ihm “zu Theil”. Niemand interessierte sich für seine “Paradoxen” (Goldsmith 150). Ludwig Richter wählt genau den Moment zwischen der Inspiration beim Schreiben und der imaginierten Gewalt der Kritik für seine bildliche Darstellung. Da er eine im Roman eher periphere Textstelle auswählt, kann er eine über den Inhalt des Textes hinausgehende bildliche Aussage lancieren. Abb. 4. Ludwig Richter, “Der Polemiker als Stachelschwein unter seinen Gegnern” (Holzstich. Oliver Goldsmith. Der Landprediger von Wakefield . Übersetzt von Ernst Susemihl. Leipzig: Georg Wiegands Verlag, 1841. 149) Die aus dem 18. Jahrhundert stammende Textvorgabe wird in der von Richter gezeichneten miniaturartig gestalteten Karikatur in die arbeitsteilig organisierte Schreibszenenwelt des 19. Jahrhunderts transformiert. Zugleich treten die gefahrbringenden Folgen dieser Schreibprozedur ins Bild. Im Mittelpunkt des Holzschnitts sieht man ein emsig schreibendes Stachelschwein. Seine zahlreichen aggressiv-spitzen Stacheln werden auf der einen Seite von zwei Agenten gefüttert, der eine liefert die Ideen, der andere die Tinte, also das Schreibmaterial; auf der anderen Seite sieht man die Opfer, die von den tintenklecksenden Stacheln bedrohten Schriftsteller. Im Sinne Roland Barthes’ wird hier der Prozess des Schreibens “mit seinen körperlich-gestischen und instrumentell-materiellen Implikationen” gezeichnet (Lubkoll und Öhlschlager 12). 214 Angela Borchert Die Richtersche Karikatur bedient sich des formalen Potentials der Arabeske (vgl. Busch und Maisak). Sie hat daher ihren Quellpunkt und ihren dynamischen und zugleich tänzerischen Schwung. Eine pflanzlich geformte Kartusche trägt gleichsam die verschiedenen Kontrahenten und demonstriert zugleich ihren je eigenen charakteristischen beschwingten Habitus: der jupitergleich posierende Ideengeber mit den Blitzen in der Hand und dem linken Fuß auf einem Buch, der gebückt schuftende Tintenlieferant, das grimmig schnellschreibende Stachelschwein und die von dessen spitzen Stacheln bombardierten angstzuckenden Schriftsteller. Richter setzt den satirischen Text über das Schriftsteller- und Kritikerverhältnis in eine arabeske Reflexionsfigur um, die eine Konstellation materiell und arbeitsteilig in Bewegung setzt. Während Goldsmiths Text die “Federspitze” als skandalisierendes Mittel auf dem Buchmarkt einsetzt, nimmt Richter die “Federspitze” zur materiellen Grundlage der Schreibszene. Die Arabeske zeigt, weniger wie bei Spitzweg eine Bühne des Wissens um die Produktion von Kritik, sondern eher eine Handlungsszene auf der Bühne des Schreibens. Ein interessantes, für eine Zwischenbilanz der prekären Hersteller- und Marktbedingungen in Deutschland besonders geeignetes Beispiel ist die von Hermann Dyck in der Revolution von 1848 in den Fliegenden Blättern publizierte “Literarische Todenklage”. Dyck feiert die zur Freude der Oppositionsblätter des Vormärz endlich 1848 eintretende Zensurfreiheit (Koch, “Blätter” 133-57) als Zeremonie einer Verabschiedung von der Zensurleiche literarisch und bildnerisch. Mit großer Reformulierungslust greift er auf vorgängige komisch-karnevaleske Literatur und auf seine Serie “Congress deutscher Zeitschriften” von 1844-45 zurück. Als literarische Vorlage dieser Totenfeier bot sich Friedrich Schillers ungewöhnlicher und seltener Versuch im Bereich lyrischer Komik an: das kuriose, 1795 geschriebene Klagelied auf einen Siouxindianer, das nun als Parodie herhalten muss. Schiller hatte einen möglichst bizarren und fremden Stoff für die Ballade in seiner Zeitschrift Thalia gewählt und innovativ umgesetzt (Oesterle, “Schiller” 291-93). Dyck, der an den Leser in einer Fußnote appelliert, seinen Text mit der Vorlage zu vergleichen, folgt der Versstruktur und dem Rhythmus, aktualisiert aber das Thema höchst freizügig. Er beschreibt, wie der tote Zensor nun “auf dem Sopha, / [w]agrecht liegt” und ihm nun “des Griffels Blitz” sowie “die Brillen maulwurfshelle” fehlen. Stattdessen soll “den Leichnahm […] jene Unzahl von Artikeln, / die der Edle strich” “umwickeln”, und seinem Grab sollen “die Scheere scharf geschliffen” und das Farbmaterial, den “Röthel auch, sich selbst zu streichen”, beigegeben werden (Dyck, “Todenklage” 61). Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 215 Abb. 5. Hermann Dyck, “Literarische Todenklage”, Ausschnitt Fliegende Blätter 6.128 (1847): 61 (Holzstich, Universitätsbibliothek Heidelberg, G54442-2 Folio RES) Das Bild über dem Text karikiert die Grablege des Zensors. Dyck rekonfiguriert das vorgegebene ikonographische Arsenal aus dem “Congress deutscher Zeitschriften” von 1845. Der aufgebahrte Leichnam des Zensors trägt Perücke, und eine geschlossene Schere tritt aus seinem Gesicht hervor. Die stehenden und heraneilenden Figuren der Journalisten und Herausgeber sind in ihre unversehrten Zeitschriften eingehüllt, sie strahlen und freuen sich. Auch die eine Narrenkappe mit Merkurs Flügeln tragende Figur der Fliegenden Blätter gehört dazu. Zentral für die Neukonfigurierung ist jedoch, dass Dyck eine Schreibszene durch die Grablege eines Zensors darstellt, denn der Zensor ist hier mit allem bewaffnet, was ein Schriftsteller braucht: Tinte, spitze Schreibfeder, Papier. Über all das verfügt auch der Zensor, nur dass er diese Schreibutensilien in der von ihm inszenierten Schreibszene nicht produktiv, sondern destruktiv und negierend einsetzt. Auch hier nutzt Dyck die Arabeske, nicht nur für das mit Zensurscheren dekorierte Leichentuch, sondern vor allem für die Spannungen 216 Angela Borchert zwischen der Bildmitte des aufgebahrten Zensors und den Rahmen, bestehend aus Schreibutensilien, Journalisten und Herausgeber, einem Epitaph und einem Titel. Diese die Produktionsbedingungen ihrer Zeit verarbeitenden Karikaturen sind wie Seismographen. Sie verzeichnen mimikriartig die Marktbedingungen, die politischen Störungen, die Verhinderungsversuche freier Rede und kritischer Darstellung in Deutschland. Beispielhaft für die Geschichte der Karikatur in Deutschland wurden hier gezeigt: Der Konkurrenzkampf der Kritiker, Momente des Verbots, Aspekte der Schlupflöcher und Nischen, Perspektiven des Ausweichens in weniger politisch brisante Bereiche, schließlich eine Momentaufnahme kurz gewährter Freiheitszonen. Formal überrascht die Kombination von feiner Strichtechnik und verspielter Detailfreude, von der Nutzung vexierhafter Wahrnehmungsweisen des Enthüllens und Verhüllens mit dem dominanten Bündnis von Arabeske und Karikatur. In Frankreich werden die Botschaften zwar keineswegs ohne Doppeldeutigkeit vermittelt, aber doch mit sehr viel stärkerer skandalöser und provozierender Kraft vorgetragen. Ein vergleichender Blick auf die von Philipon erfundene und von Auguste Desperret gezeichnete, am 24. November 1831 in Paris erschienene Karikatur auf die Presseunterdrückungsversuche des Juste-Milieus in Frankreich (Bosch-Abele, La Caricature I 184-85) macht den Unterschied zur Darstellungsweise der Fliegenden Blätter von München deutlich. Die Repräsentationen von Pressen in den Fliegenden Blättern sind dort partialer, beziehungsweise peripherer Teil eines umfangreichen, teils arabesken Narratifs (Dyck, “Citronenpresse” 71). Philipon hingegen macht die Druckerpresse allein zum Hauptthema: Solitär und detailgenau ist sie ohne menschliche Begleitung in die Mitte eines Blattes gesetzt (Bosch-Abele, La Caricature I 184-85; Unverfehrt, Caricature 100-01). Die hier dargestellte, ab 1820 in Frankreich durch Ambroise Firmin Didot verbreitete und verbesserte Stanhope Druckerpresse besteht aus einem gusseisernen Gestell, an der der Tiegel mit einem Gegengewicht hängt (Moran 48- 57). Der aus Gegengewichten aufgehäufte Turm verunmöglicht die Benutzung des darunter befindlichen Karrens mit geschlossenem Pressdeckel. Was innovativ an dieser Tiegeldruckpresse ist, wird so ins Gegenteil verkehrt. Konnte der Drucker durch eine verbesserte Hebelwirkung weniger Körperkraft benutzen, um eine große Fläche mit sehr genauem Druckergebnis ganz zu bedrucken (Wilkes 76-87), so stoppen in Desperrets Lithographie die Gegengewichte zum Tiegel die zum Drucken notwendige Beweglichkeit des auf Schienen und Federn gelagerten gusseisernen Karrens. Auch der zum Betrachter gedrehte Pressbengel ist eingeklemmt. Ein Zug des Pressbengels ist zum Abdruck eines großen Blattes notwendig. Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 217 Abb. 6. Charles Philipon und Auguste Desperret, “La Charte est une vérité …. donc la presse est parfaitement libre! ”, La Caricature 2.56 (1831): Planche 112 (Lithographie, Universitätsbibliothek Heidelberg) In diese aus mindestens sechzig Gegengewichten bestehende Pyramide sind Zettelchen mit Aufschriften geklemmt. Sie benennen beispielhaft, was die Presse behindert: Die Stempelsteuer ( timbre ), die Beschlagnahmung vor der Veröffentlichung oder auf der Post, polizeiliche Vorladungen, Kautionszahlungen sowie die verschiedenen Prozesse, die die oppositionelle republikanische Presse zu bestehen hatte. Betroffen war beispielsweise La Tribune mit 22 Prozessen und La Caricature mit 12 Prozessen (Bosch-Abele, La Caricature I 184)� 2 Noch vor der Unverletzlichkeitserklärung von König und Parlament (29. November 1830) und der Erneuerung der Stempelsteuer und der Kautionszahlung (14. Dezember 1830) hatte Philipon bei der ersten Ankündigung des Blattes La Caricature bereits an das Verfassungsversprechen Louis-Philipps der Charte constitutionnelle vom 14. August 1830, “La charte sera désormais une vérité”, erinnert. Indem er “charte” mit “caricature” im Wortlaut des Versprechens ersetzt, hebt er die Rolle der Karikatur zur Darstellung der Wahrheit hervor: “La caricature sera désormais une vérité” (Sello 55). Die Legende des Porträts der Druckerpresse, “La Charte est une vérité …. donc la presse est parfaitement 218 Angela Borchert libre! ”, greift nun den exakten Wortlaut des Versprechens wieder auf und weist auf die logische, aktuell nicht zutreffende Konsequenz der Pressefreiheit hin. Das Zitat in der Legende und das fast dokumentarische Bild der Druckerpresse karikieren den Umgang der Regierung mit dem Begriff “Wahrheit” und heben den Kontrast zwischen dem Versprechen des Königs und der Realität der Zensur in der Julimonarchie hervor. Den aktuellen Anlass für die genaue Darstellung der durch Gewichte unbrauchbar gemachten, aber doch monumentalisierten Druckerpresse nennt Philipon im Herausgeberkommentar auf der Titelseite von La Caricature � Nach verlorenem Prozess zahle er mit sechs Monaten Gefängnis für seine Anstrengungen, ein Presserecht zu etablieren. Er besteht darauf, dass er das Recht habe, die regierende Macht personifizierend darstellen zu können (Philipon 444; Rütten 83-90). Im Prozesssaal hatte Philipon eine Karikaturenreihe auf den König Louis-Philippe gezeichnet, die in vier Schritten das Porträt seines Gesichtes in eine Birne verwandelt. La Caricature publizierte die “quatre dessins figurant la ressemblance progressive du roi” ( La Caricature 2.56 [1831]: 448) als Supplement zum gleichen Heft wie die Karikatur der mit Gewichten beschwerten Stanhope Druckerpresse. Während die Karikatur der Druckerpresse das reflexive Potential von Karikatur durch den vergleichenden Blick von Ideal und detailgenauem realistischen Gegenbild hervorhebt, spielt Philipons Birnenmetamorphose mit der performativen Übertreibung eines Elements. Die Pressefreiheit ist die Voraussetzung für die Entstehung der für fast alle europäischen Karikaturzeitschriften vorbildlichen La Caricature . Die Zeitschrift mit ihrem sechsseitigen Umfang mit Parodien, fiktiven Gesprächen, “Croquis”, “Charges” und “Fantaisies” inklusive zwei ganzseitigen Bildsatiren ist schon zu ihrer Entstehungszeit ein Sammelobjekt, weil die Lithographien meistens handkoloriert auf hochwertigem Papier nur in dieser Publikationsart auf dem Markt erhältlich waren (Bosch-Abele, La Caricature I 7). Doch gleichzeitig sind die karikaturesken Chiffren der Zeitschrift so treffsicher, dass sie sogar an den Häuserwänden von Paris auftauchen (Heine, “Maler” 57-58; Mainardi 44-46). La Caricature behält den politischen Impetus bis zu ihrem Ende kurz vor der Einführung der Septembergesetze 1835 bei. Sie spezialisiert sich auf die Verfremdung der aktuellen Situation durch die “politische Individual-, Typen-, Tier- oder Sachkarikatur” (Koch, “Satire-Journale” 22). Gleichzeitig entwickelt Philipon die ab Dezember 1832 täglich erscheinende Karikaturzeitung Le Charivari mit dem Untertitel “journal publiant chaque jour un nouveau dessin”. Die Zeitung ist ein kleinformatigeres, kostengünstigeres Journal, mit nur einer ganzseitigen Schwarz-Weiß-Lithographie. Es finanzierte sich unter anderem durch Werbung. Es konzentrierte sich auf unpolitischere Themen wie Mode, Theater, Musik, Ausstellungen, Sitten und Satiren des täglichen Lebens (Koch Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 219 und Sagave 13-42). Um die Geldstrafen und Prozesse für La Caricature bezahlen zu können, gründet Philipon außerdem im Juli 1832 eine Association pour la liberté de la presse , später Association mensuelle lithographique , die einmal monatlich für Abonnenten eine exklusive doppelseitige Bildsatire publiziert (Schrenk, “L‘Association” 61). In dieser Reihe der Association mensuelle lithographique erscheint im November 1833 eine von Jean Ignaze Grandville und Auguste Desperret gezeichnete Karikatur (Schrenk, Grandville 194-95; Schrenk, “L‘Association” 66). In dem szenenreichen Blatt wird der Einbruch des Bürgerkönigs und seiner Regierungsmannschaft in die Druckwerkstatt der republikanischen Presse gezeigt. Die Legende lautet “Descente dans les Ateliers de la Liberté de la Presse”. Die Einbrecher, die “Travaillons / Dépêchons Gagnons bien notre argent! ” singen, sehen sich als legitime Instrumente des Staates, die hier ihre Arbeit in der Zerstörung von zwei Druckerpressen leisten. Abb. 7. Jean Ignaz de Grandville und Auguste Desperret, “Descente dans les Ateliers de la Liberté de la Presse”, Association mensuelle lithographique , November 1833, Planche 16 (Lithographie, Bibliothèque Nationale de France, Paris, Estampes et Photographies ) Im Vordergrund der Druckwerkstatt steht die Albion Presse mit der Aufschrift “Presse Patriote”, erkenntlich an ihren charakteristischen Löwenfüßen. Der Tiegel der Presse ist nicht ganz heruntergelassen. Diese Position der Presse hebt 220 Angela Borchert einerseits den innovativen Mechanismus zum Senken des Tiegels hervor (Moran 90-99; Wilkes 150-54), symbolisiert aber andererseits mit dieser Einstellung auch das ungleiche Kräftemessen der Gegner. Obwohl sie sechs Angreifern ausgesetzt ist, bleibt die Albion Presse im Kampf unversehrt; ihre Löwenfüße stehen fest auf dem Boden. Die Figur der “Liberté”, die typischerweise ein antikisches Gewand und eine phrygische oder Jakobinermütze trägt (Bosch-Abele, La Caricature II 615-24), stützt sich standhaft auf die Druckerpresse. König Louis-Philippe versucht sie an ihrem Arm von der Druckerpresse wegzuzerren. Gleichzeitig hält er ihr mit der anderen Hand den Mund brutal zu: “sa main étouffe les cris de la liberté” (“Descente”). Beide stehen mit je einem Fuß auf der oppositionellen Zeitung Le bon sens. Wie der Kommentar in La Caricature erläutert, ist der König als zentraler Angreifer “la personification matérielle” unter welcher die Opposition gezwungen ist, “de représenter le Systeme du 9 août pour le rendre visible” (“Descente”). Der König verkörpert das sogenannte Juste Milieu. Am 9. August 1830 hatte Louis-Philippe nach der Julirevolution die vom Bürgertum angebotene Krone angenommen, dann aber dieses Vertrauen mit der Unterdrückung der Pressefreiheit untergraben. Zu diesem Unterdrückungssystem, das den König unterstützt und die Druckerpresse direkt angreift, gehören auf der einen Seite die Staatsanwälte Silvestre de Chanteloup und Jean-Charles Persil mit ihren Schergen und auf der anderen die Minister François Guizot und Félix Barthe. Dahinter will Richter Simon Paul Jacquinot-Godard mit der Waage der Justitia auf die Presse einschlagen. Jeweils einen Schritt von der Presse entfernt stehen der Chefzensor d’Argout mit seiner Schere und der zeitungszerreißende Ministerpräsident Nicolas Soult. Eine zweite Druckerpresse nach dem Stanhopemodell, wie sie Desperret bereits mit Gewichten beschwert dargestellt hatte, steht im Hintergrund. Der Polizeipräfekt Henri Joseph Gisquet versucht mit drei Helfern, die die Presse schützenden Arbeiter gefangen zu nehmen. Doch sie bleiben mit vor der Brust gekreuzten Armen und einem angedeuteten Lächeln stolz und standfest stehen. Die Vergeblichkeit dieses Kräftemessens betont der der Werbung dienende Kommentar auf der Titelseite von La Caricature “enfin la police incarnée commandant à ses gisquetaires de renverser la presse, pendant que les ouvriers, les hommes du peuple, regardent en souriant et les bras croisés ces impuissans efforts” (“Descente”). Der detaillierte Kommentar entschlüsselt zum einen die namentliche Identität der Regierungsmitglieder. Er hebt zugleich die Gewalttätigkeit dieser Maschinenstürmer durch Handlungsanweisungen wie “renverser la presse” oder “déracine[r] la presse” und “la démantèle[r]” hervor. Genauso detailgenau ist die Darstellung des Interieurs. Das Blatt zeigt neben der realistischen Präsentation der Druckerpressen auch Druckplatten, Walzen und aufgehängte frische Zeitschriftendrucke von “ le Nationale […], le Chari- Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 221 vari , la Caricature, la Tribune, le Corsaire, le Courrier Francais, […] les imprimés de l’association de propagande républicaine” (“Descente”). Zu Recht kann der Kommentar behaupten: “Ce beau dessin de M.M. Grandville et Desperret peut à bon droit passer pour un tableau d’histoire renfermant la matérialisation ingénieuse et complète de cette implacable guerre du neuf août contre la liberté de la presse” (“Descente”). Der Kampf um die Presse in einer Druckwerkstatt unterscheidet sich mit ihrer frührealistischen Perspektive deutlich von Dycks spätromantisch inspirierter Präsentationen der zensierten Zeitschriften. Grandvilles und Desperrets großangelegtes Dokument des “Krieges” der Regierung gegen die Presse zitiert nicht nur die zuvor publizierte Karikatur der von Gewichten beschwerten, untüchtig gemachten Stanhopepresse von Desperret, sondern auch die großformatig dargestellte Stanhope Druckerpresse in einer Karikatur von Daumier, die dieser am 3. Oktober 1833 in La Caricature publiziert (Le Men, Daumier 52-53; Döring 16-17; Göbel 22-23; Bosch-Abele, La Caricature I 436-37; Unverfehrt, Caricature 183-85). Daumiers Blatt ist eine Aktualisierung des Bibelwortes “Alle die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen” (Matthäus 26,52), oder wie die Erläuterungen der Rubrik “Planches” ausführen: “Quiconque touchera à la presse périra par la presse” (“No. 317”). Anlass sind extrem harte Strafen gegen republikanische Zeitschriften, die auf den Druck der Regierung mit gemeinsamen Gegendruck, vor allem gegen den König, drohen (Bosch-Abele, La Caricature I 436). Bild und Text heben parallelisierend die Macht der Druckerpresse und der Zeitschriften hervor. Im Bild nimmt ein Arbeiter mit der routinierten Körperhaltung eines Druckers den Bürgerkönig Louis-Philippe, der durch seinen zerquetschten Zylinder, die Trikolorkokarde und den Regenschirm leicht zu identifizieren ist, in die Mangel der Druckerpresse. Die Gewalt geht von der Synergie von Mensch und Maschine aus. Der gebeugte Rücken des Druckers der republikanischen Zeitung Le National folgt der Bogenform der Druckerpresse. Der Arm des Druckers, der den Presshebel der Maschine horizontal hält, drückt die Platte, den Tiegel, noch einmal horizontal herunter. Insbesondere da das gusseiserne Gestell bei dieser Presse “Körper” genannt wird (Wolf 466), überträgt sich die komisch-satirische Ausrichtung auf das Körperliche, das Materielle, das Maschinelle und das Technische. Die Beschriftung der Maschine bezeugt die Fähigkeit dieser Presse einen perfekten Druck auszuüben, denn dort ist zu lesen “Brevet de perfectionnement presse périodique”. 222 Angela Borchert Abb. 8. Honoré Daumier, “Ah! Tu veux te frotter à la presse!!”, La Caricature 3�152 (1833): Planche 319 (sic.) (Bibliothèque Nationale de France, Paris, Estampes et Photographies) Diese Machtgeste der Zeitschriften und der Druckerpresse unterstreicht der Text nachdrücklich. In der Legende werden Louis-Philippe und seine Regierung geduzt, mit dem höhnischen Ausruf, wie der König sich vorstellen könne, sich mit der Presse anzulegen: “Ah! Tu veux te frotter à la presse!!” Die Legende kommentiert so ironisch die dargestellte Hilflosigkeit des Königs. Der ausführlichere Kommentar in La Caricature führt die Drohung genauer aus: Wenn das System von König und Regierung die Presse schleifen wolle, so werde es Opfer seiner eigenen Unklugheit. Es sei nicht die erste Regierung, die die Presse ausgelöscht Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 223 habe, “[c]ar la presse est de fer” (“No. 317”). Wieder werden die Drucker, die Presse und die Maschine synergetisch vereint. Die Drucker waren auf der Seite der Revolutionäre in der Julirevolution, die wegen der Unterdrückung der Presse durch Charles X ausbrach (Bosch-Abele, La Caricature I 436). Doch König Louis-Philippe erfüllte ihre Hoffnung nicht, mechanische Druckerpressen, die ihren Arbeitsplatz gefährdeten, zu verbieten (Moss 52-59). Nun drohen sie dem König, ihn in einer Handpresse zu zermalmen. Das Blatt von Daumier ist ein gutes Beispiel für den ikonographischen Anspielungsreichtum, der zwischen den verschiedenen politisch unterschiedlich ausgerichteten Karikaturzeitschriften stattfand. Angesichts der gleichen Unterdrückungsmaßnahmen spielen sie allesamt mit Motiven wie Druckerpresse, Überfälle durch Polizei und Regierung sowie sakralen Assoziationen. “Les démons de la Presse” erschien ein Jahr zuvor am 7. Oktober 1832 im regierungstreuen Journal La Charge (Unverfehrt, Caricature 185; Bosch-Abele, La Caricature I 437). Wie in Grandvilles und Desperrets Blatt leisten hier der Drucker und die Druckerpresse selbst Wiederstand gegen die Übernahme der Presse, und wie in Daumiers Blatt wird mit christlichen Motiven gearbeitet. Die Szene zeigt eine Druckwerkstatt, wo die Teufel der republikanischen Presse sich bemühen, eine auch damals schon veraltete Stangenpresse aus Holz zu übernehmen (Wolf 462) und symbolische Objekte der Regierung unter dem Tiegel zu zerdrücken. Wie in Grandville und Desperrets Blatt fehlt es nicht an Details zu den behaarten, gehörnten Teufeln und zur Druckwerkstatt mit Besen und zum Trocknen hängenden Zeitungen. Der regierungstreue Drucker mit überkreuzten Armen steht unbeteiligt dabei und sorgt sich laut Kommentar, dass “die übermäßige Pressefreiheit nur zu Zuständen wie 1793 führen werde” (Bosch-Abele, La Caricature I 437). Er nennt damit das bei Daumier ausgearbeitete Motiv der drohenden Vernichtung der Regierung durch die Presse. Daumier reduziert allerdings sein detailliertes Porträt der Druckerpresse und des Druckers auf das Essentielle, die Gegenwehr gegen den König, wie auch schon das Blatt von Philipon und Desperret die vom Staat genutzte Macht und Gewalt im Kampf um die Druckerpresse zurückhaltend mit realistischen Details darstellt. 3 Der Blick in die Druckwerkstatt oder ins Atelier der Karikaturisten bietet Zeichnern und Kommentatoren die seltene Möglichkeit, das selbstreflexive Potential der Karikatur zu mobilisieren. Die Geschichte der Atelierdarstellungen lässt im 19. Jahrhundert zwei Tendenzen erkennen (Fleckner 33-59): eine karge, gänzlich ausgeräumte Arbeitsmöglichkeit, wie bei Caspar David Friedrich, der “der Meinung [war], daß alle äußeren Gegenstände die Bilderwelt im Inneren stören” (Kügelgen 139), oder ein eher an ein Kuriositätenkabinett erinnerndes Chaos wie das Arbeitszimmer von Wilhelm von Kügelgens Vater, dessen Wände 224 Angela Borchert “hageldicht bedeckt mit Gypsen, mit Studien und allerlei künstlerischen Curiositäten” waren (Kügelgen 138). Dennoch gilt auch dieses Atelier, wie in Balzacs La Vendetta (1830) (302-04), als ein Arbeitsraum, der trotz des Wirrwarrs nichts Überflüssiges enthält, als was den Zielen des Malens und des Verkaufs dient. Das Atelier der Karikaturisten von Le Charivari und La Caricature , so wenigstens wie es Charles Joseph Traviès de Villers 1834 darstellt, ähnelt eher einem chaotischen (Reichardt 68; Bosch-Abele, La Caricature I 538-39; Unverfehrt, Caricature 241-43). Abb. 9. Charles Joseph Traviès de Villers, “Atelier de la Caricature et du Charivari. / / L’on garantit la parfait ressemblance.”, La Caricature 4.210 (1834): Planche 438 (Lithographie, Universitätsbibliothek Heidelberg, G54442-2 Folio RES) Es zeigt die Fülle eines scheinbar chaotischen Objektkosmos in der Werkstatt, konzentriert sich aber neben Malutensilien wie Staffelei, Papier und Leinwand auf künstlerische Anschauungsmittel wie die Gliederpuppe als Skelett, die Gliederhand als Handschuh und Gipsbüsten als groteske Masken auf einem hoch im Hintergrund angebrachten Regal. Diese arbeitsrelevanten Objekte werden zum Programmbild, denn die durch Ständer in Pose gehaltenen Gliederpuppen Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 225 porträtieren Regierungsmitglieder und die dargestellten Requisiten charakterisieren die Julimonarchie: Die unvermeidliche Birne, darüber der Verfassungseidhandschuh und daneben der für ein satirisches Kabinett notwendige Köcher bestückt mit scharfen Pfeilen. Der erklärende Text versichert dem Leser, dass er die verschiedenen Figuren entschlüsseln kann, entweder explizit dem Namen nach, durch die Pose, “attitude favorite”, oder durch ein Attribut, und dass ihm die Form des Ateliers bekannt ist: “Sur le rayon, des boîtes de caricatures types, ainsi qu’au bas un Monsieur que vous connaissez bien, gras, gros, etc., et qui est un des ornemens obligés de tout atelier de ce genre” (“No. 438”). Die Pointe dieser Karikatur von Traviès mit der Legende “Atelier de la Caricature et du Charivari” besteht weniger darin, dass “sämtliche das System bildende Persönlichkeiten unter der Hand des Narren zu Statuen” werden (Unverfehrt, Caricature 243), sondern eher darin, dass sich die porträtierten Regierungsmitglieder, vorneweg König Louis-Philippe, der mit dem Rücken zum Publikum erkennbar ist, derart entblößt darstellen. Der Chef-Zensor d’Argout ist gänzlich nackt. Der Innenminister, der kleine Adolphe Thiers, befindet sich im Reagenzglas. Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord nimmt die lächerliche Pose eines antiken Redners ein, und der abgedankte Kriegsminister Nicolas Soult hat die Form eines Totengerippes. Jede Art von karikaturistischer Übertreibung oder Enthüllung, wie beispielsweise in Daumiers Porträtskulpturen (Foulon 90-91), wird überflüssig: Die Realität ist Satire genug und braucht nur noch protokolliert zu werden. Daher betont die Legende ironisch, “L’on garantit la parfait ressemblance”. Allerdings beginnt die Verkörperung des Narren aus der Titelvignette von La Caricature in der Mitte des Blattes damit, als Porträt des Königs einen Birnenkopf auf ein Blatt zu zeichnen. Die Birne ist das gelungenste und verbreiteste “Aggressionssymbol” (Koch, “Satire-Journale” 23), das Philipons Journal La Caricature hervorgebracht hat. Seit 1831 steht sie für den Bürgerkönig Louis-Philippe (Kerr 80-94). Die karikatureske Hausaufgabe der Mitarbeiter der Caricature war es nun, diese Chiffre immer wieder mit großem Lacherfolg in neuen Varianten vorzustellen (Bosch- Abele, Opposition 47-54). Der Karikaturist Auguste Bouquet hatte den Einfall, das gemeinsame Atelier als Küche zu inszenieren, in der die Kochspezialität dieser Restauration, die Birne, in vielfaltiger Weise zubereitet werden konnte (Bosch-Abele, La Caricature I 454-55; Bosch-Abele, Opposition 29)� 226 Angela Borchert Abb. 10. Auguste Bouquet, “A quelle sauce la voulez-vous? ”, La Caricature 3.162 (1833): Planche 339 (Lithographie, Universitätsbibliothek Heidelberg, G54442-2 Folio RES) Entsprechend viele Birnen und ihr zeichnerisches Konterfei sind im Raum zu finden; eine verschrumpelte Birne rollt sogar auf dem Fußboden. Der Chefkoch Philipon steht breitbeinig “in der Kleidung der Caricature -Narren” (Bosch-Abele, La Caricature I 454) und fragt, eine riesige, griesgrämig dreinblickende Birne auf einer langstieligen Pfanne darbietend: “A quelle sauce la voulez-vous? ” Um den Meisterkoch herum gruppieren sich auf der rechten Seite und im Hintergrund Kochgehilfen. Die Karikaturisten Grandville und Forest, beide mit der phrygischen Mütze, lassen die Birnen in der Pfanne tanzen. Auf der linken Seite sieht man hingegen verschiedene Ausführungen von Zeichnen, Kopieren, Gravieren, Lithographieren, d.h. “crayonnant, dessinant, estempant”, der Birne, aber auch vom Rühren, Waschen und Schneiden der Birne. Das Blatt hebt die von Philipon geleitete Arbeit als Team in einer Kampagne hervor (Kerr 48-49). Der einstimmige Antwortruf von “Grandville, Forest, Traviès, Daumier, Benjamin, l’enfant Jean-Paul, et Bouquet” auf die Frage des Chefkochs erklingt: “A toutes sauces, Pon-pon! ” ( La Caricature 162 [13. Dezember 1833]: 1291). Dieser Ruf angesichts des Symbols des regierenden Bürgerkönigs erinnert an die ety- Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 227 mologische Bedeutung von “Satura”: viele unterschiedliche Schüsseln (Zymner 23). Zweifelsfrei wird von den Virtuosen der Karikatur die Vielfalt ihrer Zeichnungs-, Schreib- und Druckarten gepriesen. Die Kunst der Karikatur besteht darin, dass sie keine Kunstfertigkeit ungenützt vorbeigehen lässt. Das kann sie nur leisten, weil sie ständig ihr Potential und dessen Bedingungen mitreflektiert und mitdarstellt� Zusammenfassend lässt sich sagen, dass vieles dagegenspricht, die in München ab 1844 erscheinenden Fliegenden Blätter mit dem in Paris ab 1830 publizierten Journal La Caricature und ihrem Nachfolger Le Charivari zu vergleichen. Die Fliegenden Blätter sind in jeder Hinsicht bescheidener. Sie meiden die politische Brisanz. Sie beschränken ihre Satire auf gesellschaftliche, gesellige Schwächen und regionale Besonderheiten. Sie vermeiden insbesondere die im Journal La Caricature geübte Personalsatire auch von Politikern und beschränken diese auf berühmte Stars wie etwa die Tänzerin Fanny Elssler und die Sängerin Jenny Lind� Und doch bringt der Blick auf deren Werkstatt gewisse charakteristische Züge des damalig avanciertesten Journalismus zu Tage. Beide Karikaturenzeitschriften werden geleitet von virtuosen, auch medientechnisch innovativen Personen, die ganz unterschiedliche Künstler, Literaten und Stecher zu einem Team zusammenführen. Mehr als andere Zeitschriften müssen Karikaturjournale Stimmungen und Trends ausfindig machen und in neuartigen Text-Bild-Konfigurationen bzw. Text-Bild-Sequenzen einfangen. Die auf Witz und satirische Aktualität abonnierten Zeitschriften sind mehr als andere gezwungen, eine kollektive Kooperation zu betreiben, die Zeitarbeit an gemeinsamen Themen zur Profilierung der jeweiligen Eigentümlichkeiten nutzt. Das Wechselspiel von Wiedererkennung und Innovation wird auf diese Weise zum Markenzeichen der Karikaturzeitschriften. Genau in dem Moment in dem die Typensortierung einer Gesellschaft nach Berufen und Schichten als Orientierung nicht mehr problemlos funktioniert, wird die Karikierung und Exotisierung oder Hybridisierung von Typen interessant, weil sie zur Metareflexion anregt. Diese reflexive Grundeinstellung erlaubt den Karikaturzeitschriften auf der einen Seite, Zeittrends und Moden wie das Interesse an Wandermenagerien direkt satirisch aufzugreifen und auf der anderen Seite, deren journalistische Verarbeitung karikaturistisch auszuschlachten. Die Karikaturzeitschriften bieten im 19. Jahrhundert einen Katalog an komisch-witzigen Kulturmustern, die in immer wieder neuen Varianten durchgeprobt und aktualisiert werden. Bei dieser Arbeit im komisch-satirischen Feld heben sie die sonst übliche Trennung von Hoch- und Trivialkultur, zwischen Artistik und Dilettantismus auf. Kein Wunder, dass diese Organe Zeichner, Literaten und Stecher anziehen, die häu- 228 Angela Borchert fig nicht akademisch gebildet, sondern eher höchst eigenständig, originell und innovativ sind. Das gilt für die Schriftsteller Honoré de Balzac, Ludwig Pfau und Levin Schücking genauso wie für die Zeichner Carl Spitzweg, Honoré Daumier, J.J. Grandville oder Hermann Dyck. Vor diesem Hintergrund der deutschen und französischen illustrierten Satire-Journale kommen die hier vorgestellten Schreib-, Zeichnungs- und Druckszenen in den Blick. Dyck setzt in seiner in den Fliegenden Blättern publizierten Karikatursequenz mit dem Titel “Congress deutscher Zeitschriften” eine arabeske Ikonographie der Zensur ins Bild. Er konkretisiert auf diese Weise die materiellen Konsequenzen des Zensurprozesses für die Zeitschriftenlandschaft und hebt die besondere Rolle der Zeitschrift hervor. Er rekurriert, als die Produktionsbedingungen sich 1847 kurzfristig entspannen, auf dieses ikonograpische Arsenal, um eine “Literarische Totenklage” karikierend zu inszenieren. Der “Kunsttyrann” in Spitzwegs “Naturgeschichte” arbeitet dagegen mit der Verknüpfung der Diskurse zur Wandermenagerie und wissenschaftlicher Taxonomie, um den Markt des Feuilletons und den Konsum der Zeitschriften zu kritisieren. Richters Holzschnitt zeigt das formale Potential der Arabeske als Verfahren, die arbeitsteilige Schreibwelt des Kritikers und ihre Materialien in Frage zu stellen. Gegenüber diesen eher arabesken, auch narrativ gestalteten Szenen zeigen die französischen Beispiele aus La Caricature , L’Association mensuelle lithographique und Le Charivari fast daguerrotypische, detailgenaue Porträts von Druckerpressen und machen damit auf die Behinderung der Presse durch die Julimonarchie aufmerksam. Während die großformatige alleinige Inszenierung der Druckerpresse und der sie behindernden Gewichte in Philipons und Desperrets Blatt zur Monumentalisierung der Druckerpresse beiträgt, zeigen in Grandvilles und Desperrets “Descente dans les Ateliers de la Presse” die Details der Druckerpressen und der Werkstätten, wie standhaft die Gegenwehr der Allegorie der Freiheit und der Drucker auf den Angriff der Regierung war. Auch Daumiers auf die Körperlichkeit der Druckerpresse, des Druckers und des zerquetschten Königs sich konzentrierendes Blatt “Ah! Tu veux frotter à la presse!!” betont im Text die Widerstandsfähigkeit der eisernen Druckerpresse und der revolutionstragenden Drucker. Dagegen arbeiten die Atelierdarstellungen mit dem selbstreflexiven Potential der Karikatur. Traviès’ “Atelier de la Caricature und du Charivari” nutzt die Satire der perfekten Ähnlichkeit, um die typischen Elemente einer Atelierdarstellung zu protokollieren. Bouquets “A quelle sauce voulez-vous? ” inszeniert ein von Karikaturisten gemeinsam betriebenes Atelier als Küche, um den Prozess des Zeichnens, Kopierens und Lithographierens der charakteristischen Ikonographie des Birnenkönigs Louis-Philippe darzustellen. Diese Blätter zum Thema Schreib-, Zeichnungs- und Druckszenen in der Karikatur verdeutlichen die ästhetischen Unterschiede eines Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 229 frührealistischen Ansatzes in Frankreich gegenüber einem spätromantischen in Deutschland. Zugleich zeigen sie aber auch ihre Gemeinsamkeiten: das Motiv der Reflexion auf die materiellen Produktionsbedingungen, sowie die seismographische Arbeit und die selbstreflexive provokative Auslotung der Grenzen der Produktion von Karikatur zwischen 1830 und 1848. Notes 1 Veronika Schuster meint, es sei nicht nachvollziehbar, wer die Texte verfasst habe (158), doch ein unveröffentlichtes Blatt mit der Überschrift “PMAL- ER” und aufgebaut nach dem Muster der Serie “Naturgeschichte” zeigt, es könnte wahrscheinlich Spitzweg sein, da er Zeichnung und Text signiert (Hofmann, Abbildung 168, 121). 2 Susanne Bosch-Abele betont, dass die Karikatur zwar nach der Verurteilung von Philipon erschien, doch die Situation der linken und rechten Opposition darstellen soll (Bosch-Abele, Opposition 40). Von dieser übergreifenden Situation ausgehend wundert es nicht, dass eine anonyme, dem deutschen Kontext angepasste Kopie 1832/ 34 erschien. Die mit Gewichten beschwerte Druckerpresse nennt in den eingelegten Zettelchen beispielsweise “Censur”, “Caution”, aber auch dem deutschen Kontext entsprechende Themenbeschränkungen, wie “Nichts gegen den König” und “Nichts gegen die Religion” (Brückmann 17). Die “kreativen Aneignungen und Übertragungen” geben vor allem “Aufschluß über Vermittlungsprozesse und Einstellungen der kulturellen Mittler und Rezipienten” (Lüsebrink und Reichardt 33). 3 Besonders interessant ist, dass die abgebildeten Pressen Buchdruckpressen und nicht Lithographiepressen sind. Nur eine Werbung für ein Büro mit einer von Amateuren zu verwendenden Lithographiepresse bildet eine solche ab ( La Caricature 3.157 [1833]: 1256). Works Cited “Descente dans les Ateliers de la Liberté de la Presse.” La Caricature 3.161 (1833): 1281. “No. 317.” La Caricature 3�152 (1833): 1211� “No. 438.” La Caricature 5.210 (1834): 1673. Balzac, Honoré de. “La Vendetta.” Oeuvres Complètes � Vol� 2� Paris: Guy le Prat, 1958� 293-362. Benjamin, Walter. “Das Paris des Second Empire bei Baudelaire. Der Flaneur.” Charles Baudelaire. Ein Lyriker im Zeitalter des Hochkapitalismus. Zwei Fragmente � Ed� Rolf Tiedemann Frankfurt/ M. Suhrkamp, 1969. Bibel, Die . Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1982. 230 Angela Borchert Boetticher, Georg. “Die Münchener Fliegenden Blätter und ihre Geschichte.” Zeitschrift für Bücherfreunde 2.2 (1898): 343-62. Bosch-Abele, Susanne. La caricature (1830-1835): Katalog und Kommentar. 2 vols. Weimar: VDG Verl. und Datenbank für Geisteswissenschaften, 1997. —� Opposition mit dem Zeichenstift 1830-1835: La Caricature. Gelsenkirchen: Arachne Verlag, 2000. Brückmann, Remigius. Politische Karikaturen des Vormärz (1815-1848). Karlsruhe: Badischer Kunstverein, 1984. Busch, Werner� Die notwendige Arabeske: Wirklichkeitsaneignung und Stilisierung in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts. Berlin: Mann, 1995. Busch, Werner, and Petra Maisak, eds. Verwandlung der Welt: Die romantische Arabeske � Petersberg: Imhof, 2013. Campe, Rüdiger. “Die Schreibszene. Schreiben.” Paradoxien, Dissonanzen, Zusammenbrüche. Situationen offener Epistemologie. Ed. Hans Ulrich Gumbrecht and K. Ludwig Pfeiffer. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1991. 759-72. Colajanni, Guiliana Costa. “Bildsatire und Legende im Charivari von 1867.” Die Karikatur zwischen Republik und Zensur: Bildsatire in Frankreich 1830 - 1880 - eine Sprache des Widerstands ? Ed. Raimund Rütten, Ruth Jung, and Gerhard Schneider. Marburg: Jonas Verlag, 1991. 386-98. Doepler, Carl Emil. 75 Jahre Leben, Schaffen, Streben: Eines Malermannes letzte Skizze. Berlin: Schuster und Loeffler, 1900. Döring, Jürgen. “Zum Katalog.” Bild als Waffe: Mittel und Motive der Karikatur in fünf Jahrhunderte. Ed. Gerhard Langemeyer, Monika Arndt, and Jürgen Döring. München: Prestel-Verlag, 1984. 13-17. Dyck, Hermann. “Congreß deutscher Zeitschriften.” Fliegende Blätter 2.35 (1846): 88; 2.36 (1846): 93; 2.37 (1846): 104; 2.38 (1846): 112. —. “Neueste Citronenpresse.” Fliegende Blätter 5�105 (1847): 71� —. “Literarische Todenklage.” Fliegende Blätter 6.128 (1847): 61. Ette, Ottmar, and Gesine Müller, eds. Visualisierung, Visibilisierung und Verschriftlichung: Schrift-Bilder und Bild-Schriften im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Berlin: Frey, 2015� Fleckner, Uwe. “Die Werkstatt als Manifest. Typologische Skizzen zum Atelierbild im 19. Jahrhundert.” Mythos Atelier. Von Spitzweg bis Picasso, von Giacometti bis Nauman. Ed� Nina Cozen. München: Hirmer, 2012. 32-59. Foulon, Béatrice, ed. Daumier: 1808-1879. Paris: Réunion des Musées Nationaux, 1999. Fuchs, Eduard� Die Karikatur der europäischen Völker vom Altertum bis zur Neuzeit � Berlin: Hofmann, 1901. Göbel, Christian. Die Zeitung in der Künstlerkarikatur von Honoré Daumier. Saarland: Stiftung Saarländischer Kulturbesitz/ Dt. Zeitungsmuseum, 2008. Golden, Moris. “Goldsmith, ‘The Vicar of Wakefield,’ and the Periodicals.” The Journal of English and Germanic Philology 76. 4 (1977): 525-36. Goldstein, Robert Justin. Censorship of Political Caricature in Nineteenth-century France. Kent, OH: Kent State UP, 1989. Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 231 Goldsmith, Oliver. Der Landprediger von Wakefield. Eine Erzählung . Trans. Ernst Susemihl. Illus. Ludwig Richter. Leipzig: Georg Wigands Verlag, 1841. Großkopf, Anna. Die Arbeit des Künstlers in der Karikatur: Eine Diskursgeschichte künstlerischer Techniken in der Moderne. Bielefeld: Transcript, 2015. Heid, Brigitta, Silke Reiter, and Andreas Strobl, eds. Monsieur Daumier, Ihre Serie ist reizvoll! Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2012. Heine, Heinrich. “Zweyter Theil. Ideen. Das Buch Le Grand.” Heinrich Heine: Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke . Vol. 6. Ed. Manfred Windfuhr. Hamburg: Hofmann und Campe, 1973-1997. 169-222. —.“Französische Maler. Gemäldeausstellung in Paris 1831.” Heinrich Heine: Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke . Vol. 12/ 1. Ed. Manfred Windfuhr. Hamburg: Hofmann und Campe, 1973-1997. 9-62. Hofmann, Karl-Ludwig. Carl Spitzweg - “Das ist deine Welt”: Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen. Stuttgart: Belser, 2003. Jensen, Jens Christian. “Carl Spitzweg: Person - Werk - Wirkung.” Carl Spitzweg und Wilhelm Busch. Zwei Künstlerjubiläen. Ed. Jens Christian Jensen. Leipzig: Seemann Verlag, 2008. 16-20. Kerr, David. Caricature and French Political Culture 1830-1848: Charles Philipon and the Illustrated Press. Oxford: Clarendon Press, 2000. Koch, Ursula E., and Pierre Paul Sagave. Le Charivari: Die Geschichte einer Pariser Tageszeitung im Kampf um die Republik (1832-1882). Köln: Leske, 1984. Koch, Ursula E. “ Le Charivari (Paris), Punch (London) und Kladderadatsch (Berlin). Drei Satire-Journale zwischen Kunst und Journalismus.” Europäische Karikaturen im Vor- und Nachmärz . Ed. Hubertus Fischer and Florian Vaßen. Bielefeld: Aisthesis-Verlag, 2005. 17-62. —. “Von der ‘März-Revolution’ zur russischen Revolution: Ereigniskarikatur und französisches Bildzitat in Münchner und Berliner Satire-Journalen.” Revolution und Gegenrevolution in der europäischen Bildpublizistik 1789-1889. Ed. Wolfgang Cilleßen and Rolf Reichardt. Hildesheim: Georg Olms Verlag, 2010. 442-71. —. “Die Münchner Fliegenden Blätter vor, während und nach der Märzrevolution 1848: ‘Ein deutscher Charivari oder Punch’? ” Politik, Porträt, Physiologie: Facetten der europäischen Karikatur im Vor- und Nachmärz. Ed. Hubertus Fischer and Florian Vaßen. Bielefeld: Aisthesis-Verlag, 2010. 99-156. Kügelgen, Wilhelm von. Jugenderinnerungen eines alten Mannes . Berlin: Hertz, 1870. Le Men, Ségolène. “Europa 1848: Die Allgegenwart des Bildes.” 1848: Europa der Bilder. Trans. Octavia Christ. Ed. Philippe Kaenel. Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum, 1998. 19-42. —. “Europäischer Bildtransfer im Jahr 1848. Paris - London.” 1848: Europa der Bilder. Trans. Octavia Christ. Ed. Philippe Kaenel. Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum, 1998. 65-74. —� Daumier et la caricature. Paris: Citadelles & Mazenod, 2008. 232 Angela Borchert Lindner, Walter. “Die Bilderalben des Genfer Rodolphe Töpffer. Die Entstehung eines neuen Mediums.” Bilder mit Geschichten - Geschichten mit Bildern. Ed� Walter Lindner� Oldenburg: Isensee, 1999. 78-118. Lubkoll, Christine, and Claudia Öhlschlager, eds. Schreibszenen: Kulturpraxis - Poetologie - Theatralität. Freiburg: Rombach Verlag, 2015. Lüsebrink, Hans-Jürgen, and Rolf Reichardt. “Kauft schöne Bilder, Kupferstiche...”: Illustrierte Flugblätter und französisch-deutscher Kulturtransfer 1600-1830. Mainz: Schmidt, 1996. Mainardi, Patricia. Another World. Nineteenth Century Illustrated Print Culture � New Haven, CT: Yale UP, 2017. Moran, James. Printing Presses: History and Development from the Fifteenth Century to Modern Times. London: Faber and Faber, 1973. Moss, Bernhard H. Aux origines du mouvement ouvrier français: le socialisme des ouvriers de métier 1830-1914. Trans. Michel Cordillot. Paris: Les Belles Lettres, 1985. Multigraph Collective, The [book of essays in which each essay was collaboratively co-written by 22 authors including Borchert, Angela]. “Disruptions.” Interacting with Print: Elements of Reading in the Era of Print Saturation. Chicago: University of Chicago Press, 2017. 97-113. Nies, Fritz. “‘Wo die Lektüre des Constitutionnel hinführt’: Leser der französischen Massenpresse des 19. Jahrhunderts als Thema der bildenden Kunst.” Französische Presse und Pressekarikaturen 1789-1992 . Ed. Rolf Reichardt. Mainz: Schmidt, 1992. 48-54. —� Jedem seine Wahrheit: Karikatur und Zeitunglesen . München: Fink, 2001. —. “Phantombild der Zeitungslektüre.” Die Zeitung in der Künstlerkarikatur von Honoré Daumier . Ed. Christian Göbel. Saarland: Stiftung Saarländischer Kulturbesitz/ Dt. Zeitungsmuseum, 2008. 13-20. Nies, Fritz, and Mona Wodsak. Ikonographisches Repertorium zur Europäischen Lesegeschichte. München: Saur, 2000. Obenaus, Sibylle. Literarische und politische Zeitschriften. 1830-1848. Stuttgart: Metzler, 1986. Oesterle, Günter and Ingrid. “‘Gegenfüßler des Ideals’ - Prozessgestalt der Kunst - Mémoire processive der Geschichte.” “Nervöse Auffangsorgane des inneren und äußeren Lebens”: Karikaturen. Ed. Klaus Herding and Günter Otto. Giessen: Anabas Verlag, 1980. 87-130. Oesterle, Günter. “Arabeske.” Ästhetische Grundbegriffe: Historisches Wörterbuch � Vol� 1� Ed. Karlheinz Bark and Martin Fontius. Stuttgart: Metzler, 2000. 272-86. —. “Friedrich Schillers ethnologischer Ausflug ins Komische: ‘Nadowessische Totenklage.’” Literatur und Geschichte . Ed. Sascha Feuchert, Johanna Jablkowska, and Jörg Riecke. Frankfurt a.M.: Peter Lang, 2007. 291-98. Oßwald, Elsa. “Die Karikatur des Künstlers. Ein kulturwissenschaftlicher Beitrag zur Künstlerdarstellung in der Satirezeitschrift Fliegende Blätter bis zur Reichsgründung.” MA thesis U of Trier, 2012. Pecht, Friedrich� Geschichte der Münchener Kunst im neunzehnten Jahrhundert. München: Verlags-Anstalt für Kunst und Wissenschaft, 1888. Die Produktion von Karikatur in der Karikatur 233 Philipon, Charles. “Deux Mots sur ma Condamnation.” La Caricature 2.56 (1831): 444. Plachta, Bodo. “Zahnlücken der Zeit. Zur Sichtbarkeit von Zensur.” Zensur im 19. Jahrhundert: Das literarische Leben aus Sicht seiner Überwacher. Ed. Bernd Kortländer and Enno Stahl. Bielefeld: Aisthesis-Verlag, 2012. 45-80. Podewski, Madleen. “Mediengesteuerte Wandlungsprozesse: Zum Verhältnis zwischen Text und Bild in illustrierten Zeitschriften der Jahrhundertmitte.” Vergessene Konstellationen literarischer Öffentlichkeit zwischen 1840 und 1885 . Ed. Katja Mellmann. Berlin: De Gruyter, 2016. 61-80. Reichardt, Rolf, ed� Französische Presse und Pressekarikaturen 1789-1992. Mainz: Schmidt, 1992� Richter, Ludwig. “Der Polemiker als Stachelschwein unter seinen Gegnern.” Oliver Goldsmith� Der Landprediger von Wakefield. Eine Erzählung . Trans. Ernst Susemihl. Leipzig: Georg Wigand Verlag, 1841. 149. Rieke-Müller, Annelore, and Lothar Dittrich. Unterwegs mit wilden Tieren: Wandermenagerien zwischen Belehrung und Kommerz, 1750-1850. Marburg: Basilisken-Presse, 1999. Rümann, Arthur. Das Illustrierte Buch des XIX. Jahrhunderts in England, Frankreich und Deutschland 1790-1860. Leipzig: Insel Verlag, 1930. Rütten, Raimund. “Die Republikanische Opposition und die Zensur.” Die Karikatur zwischen Republik und Zensur: Bildsatire in Frankreich 1830 - 1880 - eine Sprache des Widerstands? Ed. Raimund Rütten. Marburg: Jonas-Verlag, 1991. 83-90. Schrenk, Klaus. “‘L’Association Mensuelle Lithographique’ und der Kampf um die Pressefreiheit zum Beginn der Julimonarchie in Frankreich.” Kunst und Architektur in Karlsruhe . Karlsruhe: Universitätsverlag Karlsruhe, 2006. 59-70. —� J. J. Grandville: Karikatur und Zeichnung. Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz, 2000. Schuster, Veronika. “Carl Spitzweg für die Fliegenden Blätter.” Carl Spitzweg und Wilhelm Busch. Ed. Jens Christian Jensen. Leipzig: Seemann Verlag, 2008. 158-71. Sello, Gottfried. “La Caricature.” Grandville. Gesamtwerk . Vol. 1. Ed. Gottfried Sello. München: Rogner & Bernhard, 1969. 55-57. Siemann, Wolfram. “Ideenschmuggel: Probleme der Meinungskontrolle und das Los deutscher Zensoren im 19. Jahrhundert.” Historische Zeitschrift 245 (1987): 71-106. Simmel, Georg. “Über die Karikatur.” Aufsätze und Abhandlungen 1909 - 18. Vol� 2� Ed� Otthein Rammstedt and Rüdiger Kramme. Frankfurt a.M: Suhrkamp, 2000. 244-51. Spitzweg, Carl. “Monumente.” Fliegende Blätter 1.11 (1845): 88; 1.12 (1845): 96; 1.13 (1845): 104; 1.14 (1845): 112. —. “Naturgeschichte.” Fliegende Blätter 1.8 (1845): 64; 1.9 (1845): 72; 1.10 (1845): 80; 1.16 (1845): 128; 1.17 (1845): 136; 1.18 (1845): 144; 1.20 (1845): 160; 1.21 (1845): 168. Stafford, Barbara. Artful Science: Enlightenment Entertainment and the Eclipse of Visual Education. Cambridge, MA: The MIT Press, 1994. Unverfehrt, Gerd. “Karikatur - Zur Geschichte eines Begriffs.” Bild als Waffe: Mittel und Motive der Karikatur in fünf Jahrhunderten. Ed. Gerhard Langemeyer, Monika Arndt, and Jürgen Döring. München: Prestel-Verlag, 1984. 345-54. —� La Caricature: Bildsatire in Frankreich 1830 - 1835 aus der Sammlung von Kritter . Göttingen: Erich Goltze, 1980. 234 Angela Borchert Walz, John. A. “The Literary Contributions of the ‘Fliegende Blätter.’” Germanic Museum Bulletin 1.3 (1936): 16-20. Wilkes, Walter� Die Entwicklung der eisernen Buchdruckerpresse: Eine Dokumentation. Darmstadt: Lehrdruckerei der Technischen Hochschule Darmstadt, 1983. Wolf, Hans-Jürgen. Geschichte der graphischen Verfahren: Papier, Satz, Druck, Farbe, Photographie, Soziales. Dornstadt: Historia Verlag, 1990. Zahn, Eva. “Die Geschichte der Fliegenden Blätter.” Facsimile Querschnitt durch die Fliegenden Blätter. Ed. Eva Zahn. München: Scherz Verlag, 1966. 8-18. Zanetti, Sandro, ed. Schreiben als Kulturtechnik . Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2012. Zymner, Rüdiger. “Satire.” Komik: Ein interdisziplinäres Handbuch . Ed. Uwe Wirth. Stuttgart: Metzler, 2017. 21-25.