eJournals Colloquia Germanica 47/4

Colloquia Germanica
0010-1338
Francke Verlag Tübingen
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Der Beitrag analysiert den Roman von Gerhard Fritsch Fasching im Kontext österreichischer Identitätsdiskurse, die sich in der Nachkriegszeit aufgrund der sogenannten Opferthese entwickelt haben. Diese Diskurse beziehen sich auf die Rolle Österreichs während der NS-Zeit und im zweiten Weltkrieg. Die narrative Konstruktion des Textes, in der drei wichtigste Aspekte dieser Diskurse zusammengeführt werden – Diffamierung der Deserteure aus dem deutschen Militär, der Mythos der ‚sauberen Wehrmacht‘ und die Frage des österreichischen Widerstandes – zeugt davon, dass der Roman programmatisch eine Demontage österreichischer Gründungs- und Identitätsmythen ansteuerte.
2014
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„Für Franz Joseph Karl Hitler“. Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg in Gerhard Fritschs Fasching

2014
Sławomir Piontek
Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg in Gerhard Fritschs Fasching3 9 5 „Für Franz Joseph Karl Hitler“. Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg in Gerhard Fritschs Fasching Sławomir Piontek Adam Mickiewicz Universität Abstract: Der Beitrag analysiert den Roman von Gerhard Fritsch Fasching im Kontext österreichischer Identitätsdiskurse, die sich in der Nachkriegszeit aufgrund der sogenannten Opferthese entwickelt haben. Diese Diskurse beziehen sich auf die Rolle Österreichs während der NS -Zeit und im zweiten Weltkrieg. Die narrative Konstruktion des Textes, in der drei wichtigste Aspekte dieser Diskurse zusammengeführt werden - Diffamierung der Deserteure aus dem deutschen Militär, der Mythos der ‚sauberen Wehrmacht‘ und die Frage des österreichischen Widerstandes - zeugt davon, dass der Roman programmatisch eine Demontage österreichischer Gründungs- und Identitätsmythen ansteuerte. Keywords: Opferthese, österreichischer Widerstand, Desertion, NS -Mentalität, Literatur der Nachkriegszeit Die thematische Konfiguration des Romans Fasching legt die Vermutung nahe, dass Fritsch mit seinem Roman bewusst einen Kollisionskurs auf gesellschaftliche und politische Mythen des Nachkriegsösterreich nahm. In mehreren Anläufen und Textentwürfen, in denen recht unterschiedliche Handlungskonstellationen konzipiert wurden und die doch um das zentrale Anliegen des Autors kreisten, „die Seifenblase der österreichischen Nachkriegsgesellschaft anzustechen“, wie Fritsch 23. 04. 1962 in einem Brief an Otto F. Best schrieb (Alker 101), arbeitete sich Fritsch an das Themen- und Motivgeflecht heran, das auch Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung des Textes an Reiz- und Konfliktpotential wenig eingebüßt hat. Wie wichtig für Gerhard Fritsch auch in persönli- 396 Sławomir Piontek cher Hinsicht die Auseinandersetzung mit den Folgen des Nationalsozialismus war, geht unter anderem aus den Erinnerungen Wieland Schmids hervor: Man sagt von Menschen, sie lebten von Erinnerungen. Bei Gerhard Fritsch war es anders. Er lebte aus der Abwehr von Erinnerungen, und er lebte für die Abwehr von Erinnerungen. Diese Erinnerungen lassen sich in wenigen Stichworten zusammenfassen: Faschismus - Krieg - Soldatsein - Fronterfahrung - Gefangenschaft. Diese Erinnerungen kamen immer wieder, bedrängten ihn, bedrohten ihn. Manchmal glaubte ich, er sei aus dem Krieg nicht ganz heimgekehrt, so mächtig standen die Erinnerungen um ihn. In seinen Gedichten und in seiner Prosa hat er sie beschworen, um sie zu bannen, sie zu überwinden, für sich und für andere. Mochten ihm zweifellos einige ‚gültige Gedichte‘, wie man sagt, gelungen sein - die Erinnerungen zu bannen, wollte ihm nie ganz gelingen. Vor allem die Zeit des Nationalsozialismus (und des vorangegangenen sogenannten Austrofaschismus) bedrückte ihn, und zuweilen wähnte er, sie sei gar nicht wirklich vergangen. (Schmid 20) Ein 17-jähriger Volkssturmist Felix Golub desertiert in der Silvesternacht 1944 aus der Kaserne in eine nahegelegene steirische Kleinstadt. Er findet Unterschlupf bei der Baronin und Miederfabrikantin Vittoria Pisani, die ihn als Frau verkleidet und den Stadteinwohnern als ihre Verwandte Charlotte Weber vorstellt. Als Dienstmädchen (und zugleich geheimer Liebhaber Vittorias) verlebt Felix in der Stadt die letzten vier Kriegsmonate und hat dabei die Möglichkeit, die soziale Struktur der Stadt ungestört zu beobachten und die Gesinnung der Einwohner kennen zu lernen. Als russische Truppen im Anmarsch sind, gelingt es ihm durch Zufall, die zur Hauptkampflinie erklärte Stadt vor Zerstörung zu retten: Um bei Liebesavancen des Ortskommandanten, der die Verteidigung organisiert, nicht als Deserteur demaskiert zu werden, nimmt Felix den Kommandanten gefangen und zwingt ihn zur Kapitulation vor der Roten Armee. In der Schuld eines ‚Feiglings‘ zu stehen, ist aber für die Stadteinwohner unerträglich, sie schwärzen Felix bei den Russen an und er wird in ein Lager in Sibirien verschleppt. Als er nach zwölf Jahren in die Stadt zurückkommt, muss er registrieren, dass sich weder die soziale Struktur noch die Gesinnung verändert hat. Seine Anwesenheit erinnert die Einwohner an ihren einstigen Opportunismus, weckt Aggressionen und wird als Provokation empfunden. Als bei dem Faschingball, bei dem Felix zur Faschingprinzessin gewählt und als Charlotte verkleidet wird, die Stimmung kippt, muss er fliehen und sich vor der Lynchjustiz retten. Vittoria Pisani hilft ihm dabei und versteckt ihn in die gleiche Grube, eine Kammer unter dem Fußboden in einer Wohnung, die ihm nach seiner Desertion als Versteck diente und aus der sie ihn gerettet hatte. Ob Felix eine zweite Rettung gelingt, bleibt ungewiss. Die Romanhandlung entfaltet sich als eine Retrospektive während er in der Grube seiner Befreiung harrt. Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg 397 Zum einen ist also der Protagonist in Fasching ein Deserteur, dessen Desertion als selbstverständliche Entscheidung geschildert und gebilligt wird. Dies führt den Roman in einen Themenbereich, der in Österreich lange sowohl politisch als auch gesellschaftlich für einen tief greifenden Dissens sorgte. Ein Denkmal für einen Deserteur, wie der Titel der Vorform von Fasching hieß, war in Österreich bis zum 24. 10. 2014 eine nicht erreichte Entität, noch 2006 urteilte der Historiker Hannes Metzler, dass es auch heute ein „klares Bekenntnis dazu [fehlt], dass die Tat, die Desertion aus der Wehrmacht, eine richtige war“ (Metzler, „Gedeckelte Auseinandersetzung“). Gleich nach der Errichtung des Denkmals waren Diskussionen auf den Internetforen nicht mehr sehr hitzig, es fehlte aber weiterhin nicht an kritischen und enttäuschten Stimmen (Mayr; [ AG ]). Die Desertion des Protagonisten hat dabei im Roman einen konkreten Grund, den Befehl, als Soldat unbewaffnete Zivilisten zu töten. Mit der Wahl dieses Stoffes hat Fritsch die mit dem letzten Lagebericht des Oberkommandos der Wehrmacht vom 9. Mai 1945 einsetzende und in der Nachkriegszeit von Kameradschaftsbünden, Veteranenverbänden oder nicht wenigen Medien mitgetragene Legende von der „sauberen Wehrmacht“ anvisiert. Die „Sauberkeit“ wird hier in zweifacher Hinsicht in Frage gestellt, denn Fritsch macht sowohl die Praxis des militärischen Vorgehens gegen zivile Personen als auch die nationalsozialistische Ideologisierung der Truppen zum auslösenden Moment der Romanhandlung. Der Deserteur wird zudem zu einem Widerstandskämpfer. Dies geschieht wider seine Absichten und aus rein persönlichen Gründen, doch ist bei Golub die kognitive, emotionale und weltanschauliche Basis für diese Entscheidung bereits vorhanden. Das Ergebnis seiner zufälligen - wenn auch bewussten - Widerstandstätigkeit ist das bestmögliche aus der Perspektive des Potentials und der Möglichkeiten des damaligen österreichischen Widerstandes, d. h. die Verhinderung, dass eine südsteirische Stadt zur Hauptkampflinie wird. Eine Analyse der Widerstandsproblematik kann nicht ohne Verweis auf die zweite Passage der sog. Moskauer Deklaration der Alliierten aus dem Jahr 1943 erfolgen: „Austria is reminded, however, that she has a responsibility which she cannot evade for participation in the war on the side of Hitlerite Germany, and that in the final settlement account will inevitably be taken of her own contribution to her liberation (Keyserlingk 207-8).“ Wichtig ist hier, dass die erste Passage, in der Österreich wörtlich als das erste Opfer Hitlers bezeichnet wird, das nach dem Kriegsende seine Staatlichkeit wiedererlangen soll (die die Grundlage für die sog. Opferthese schuf) nicht ohne diese zweite Passage zu lesen ist, denn gerade die Unterstützung / Animierung des österreichischen Widerstandes war das eigentliche Ziel der Deklaration. Je mehr aber im Laufe der Zeit die erste Passage politisch herausgestrichen wurde, 398 Sławomir Piontek desto genauer vermied man Hinweise auf die zweite, bis schließlich der Bezug auf sie 1955 in den Staatsvertrag nicht aufgenommen wurde, die einschlägige Stelle wurde am Tag vor der Unterzeichnung gestrichen. Durch die Auseinandersetzung mit den drei Elementen - Desertion, verbrecherische Kriegspraxis, österreichischer Widerstand - wird schließlich ein allgemeines und grundsätzliches Thema angesprochen: Die Entscheidungsmotivation und Handlungsfreiheit Felix Golubs erscheinen der Bevölkerung der Stadt, vor allem der Schicht der Vermögenden und Einflussreichsten, als unerträgliche Alternativen zu ihrem eigenen Tun, in dem „Opportunismus“ (Menasse 142), aber auch Gewinnsucht und Machtstreben die Konjunktur der nationalsozialistischen Parolen genutzt haben, um die jeweiligen Einflussbereiche zu vergrößern. Auch im demokratischen Kleid der Nachkriegsjahre bleiben die Konstellationen, an denen Golub schließlich zugrunde geht, unverändert. Eine solche Perspektive, die den Nationalsozialismus in das Kontinuum der österreichischen Geschichte stellt („für Franz Joseph Karl Hitler“: Fritsch 96) und dabei auf den Fortbestand einer von jener kakanischen ‚Art zu sein‘ (vide Moos auf den Steinen ) stark divergierenden Mentalität verweist, auf einen alternativen modus austriacus, gehört neben der Akzeptanz der Desertion, neben der Kritik an der kriminellen Praxis der Wehrmacht und an dem ambivalenten Status des Widerstandsbegriffes zu den am häufigsten tabuisierten und zugleich konfliktträchtigen Elementen im Geschichtsstoff der Nachkriegsrepublik. Die zeitgenössische Kritik reagierte verhalten. Der Rekurs auf den Nationalsozialismus war zu offensichtlich, als dass er hätte übersehen werden können, und doch waren die Rezensenten - mit wenigen Ausnahmen (Neumann) - bemüht, den Namen jener politischen Bewegung im Kontext der Ereignisse in der südsteirischen Kleinstadt nicht zu erwähnen. Die Spuren der Tendenz, im Roman einen „private[n] Bericht über […] private Folgen [der falschen Restauration]“ (Wimmer) zu sehen, sind noch in der Forschung der achtziger Jahre zu finden, die eine Analyse der „Innerlichkeit des Faschismus“ (Baumann 348) konstatierte. Der Paradigmenwechsel in den österreichischen Geschichtsnarrativen ist dagegen in den Besprechungen und Analysen nach der Neuauflage des Romans Mitte der 1990er Jahre zu spüren. Sie sehen die „nie abgelegte faschistische Uniform“ (Zeyringer) der Stadtbevölkerung, den „Habitus der alt- und neofaschistischen Gesellschaft“ (Hussong 120) als den Ausgangspunkt der Faschingsmaskerade an und führen den Misserfolg des Romans bei der zeitgenössischen Kritik und Leserschaft auf sein für die „österreichische Verdrängungsgemeinschaft“ (Podgornik) zu starkes konfliktträchtiges Potential zurück. Andere Probleme, wie die antimilitärische Haltung Golubs, insbesondere seine Kritik an der nationalsozialistischen Kriegspraxis oder seine ambivalente Stellung als Widerstandsfigur fanden weniger Beachtung. In neueren Interpretationsansätzen Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg 399 arbeitet Stefan Alker weitere mögliche Lesarten des Romans heraus, in denen biographische Deutungen, religiöse Subtexte oder die Selbstreferenzialität des Schreibprozesses eine wichtige Rolle spielen (Alker 177-208). Robert Menasses Erklärung des Transvestitismus zur „durchgehenden Metapher“, die „Prinzip, Struktur und Telos“ (Menasse 140) des Textes ist, eröffnet neue Zugänge zum Roman, die mit Konstruktionen von kulturellen, sozialen und politischen Männlichkeitsbildern zusammenhängen (vgl. u. a. Hanisch; Krammer; Szczepaniak; Voß) respektive auf Schnittstellen zwischen Maskerade und Erinnerungskultur eingehen (Hackl). Im Folgenden möchte ich mich auf die drei angesprochenen Überschreitungen der damaligen Diskursgrenzen in Österreich konzentrieren und Positionen analysieren, die der Text bezüglich der Nachkriegserzählung von der ‚sauberen Wehrmacht‘, der Entscheidung zur Desertion sowie bezüglich des österreichischen Widerstandes einnimmt. Die Ideologisierung der Truppen Eine Folge der Opferthese war nicht nur die Verweigerung politischer Verantwortung und materieller Entschädigungen für die Opfer des NS -Regimes, sondern auch die nachträgliche und nachhaltige Entideologisierung des österreichischen Beitrags zum Nationalsozialismus, vor allem der Kriegshandlungen. Vom Konfliktpotential des Bildes der ‚sauberen Wehrmacht‘, das den „stärksten Kontinuitätsfaktor im Geschichtsbewusstsein dar[stellte]“ (Uhl 41), zeugt sowohl die Intensität der geschichtlichen Forschung zu dem Problem als auch etwa die Vehemenz der emotionalen Reaktionen im Zusammenhang mit der sog. Wehrmachtausstellung (Kepplinger; Embacher). Der Mythos vom ‚sauberen Krieg‘ beschwört eine Form der Kriegsführung, in der die Realisierung der militärischen Ziele nicht auf Kosten der Zivilbevölkerung erfolgt, er verweist auch indirekt - unabhängig von den der Kriegsführung zugrunde liegenden internationalen Konventionen - auf eine Art des Ehrenkodexes der Kämpfenden, auf die Achtung des Gegners, der ,ausgeschaltet’ werden soll, ohne dass eine Brutalisierung gegenüber den fremden (auch gefangen genommenen) Soldaten respektive den ,Nicht-Zielen’ (d. h. Zivilbevölkerung) betrieben wird. Diese traditionelle Matrix des Krieges wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg vom Nationalsozialismus zunehmend aufgelöst: War die Grenze zwischen Kameraden und Nichtkameraden ehedem die zwischen Zivilisten und Soldaten (einschließlich der Soldaten der gegnerischen Seite) oder zwischen Frauen und Männern, so richtete der Nationalsozialismus diese Grenze neu ein. Sie verlief nun zwischen „Herrenmenschen“ und „Untermenschen“, und zwar 400 Sławomir Piontek jeweils beiderlei Geschlechts. Den Vernichtungskrieg trugen nicht mehr nur die Männer unter sich aus, er richtete sich, wie bekannt ist, explizit „auch gegen Frauen und Kinder“ (Kühne 547). Das Insistieren der Trivial- und Erinnerungsliteratur der Nachkriegszeit, der Illustriertenromane, der Tagespresse, der Veteranenverbände auf die traditionelle Kriegsmatrix sollte daher nicht nur das faktisch Verbrochene verheimlichen, sondern auch die Kampfhandlungen nachträglich und pauschal entideologisieren. 1 Auch im nicht-öffentlichen Bereich der familiären Kommunikation ist der Mythos von der ‚sauberen Wehrmacht‘ wohl die „wirksamste Legende“. 2 In spezifischen österreichischen Bedingungen diente diese Legendenbildung, so Cornelius Lehnguth, „als zentrale Scharnierstelle zwischen offizieller Opferthese und dem sozialpsychologischen Bedürfnis der Betroffenen nach authentischer Erinnerung.“ (Lehnguth 65). Lehnguth schreibt dazu: Dazu gehörte nicht nur, dass wie in der Bundesrepublik die Wehrmacht unter Ausblendung ihrer Involvierung in die NS -Vernichtungspolitik und mit dem steten Hinweis auf ihre soldatischen Tugenden entkriminalisiert und entideologisiert wurde; wesentlich war im Falle Österreichs vielmehr der Prozess der Entpolitisierung im Sinne einer Entkontextualisierung. Die deutschnationale Grundierung des ‚Dienstes am Vaterland‘ musste mit Rücksicht auf die Opferthese zugunsten eines entpolitisierten Heimat-Begriffes aufgegeben werden. Österreicher hatten retrospektiv weder für Führer noch für Großdeutschland gekämpft, sondern lediglich für eine ‚vage, imaginäre Heimat‘. Dieser Begriff eignet sich auch hervorragend dazu, ihn je nach Bedarf mit anderen Normen- und Wertesystemen aufzufüllen und dadurch für die geschichtspolitisch speziellen Bedingungen in Österreich begehbar zu machen. Entkontextualisierung bedeutete auch eine Enthistorisierung des Krieges. Erst dadurch konnten die Wehrmachtssoldaten moralisch rehabilitiert und ins österreichische Opferkollektiv aufgenommen werden, ohne gegen die Opferthese als hegemonialen Staatsmythos zu verstoßen (Lehnguth 65). Aufgrund mangelnder Fallstudien und Analysen können keine allgemeingültigen Aussagen zur Art der österreichischen Beteiligung an der deutschen Wehrmacht gemacht werden (Manoschek, Safrian; Safrian). Generalisierende Bemerkungen beziehen sich daher vordergründig auf sozial nachweisbare Prozesse und nicht auf Strukturen der Erfahrungsgestaltung des jeweiligen Soldaten oder etwa des jeweiligen Autors. Nicht alle Soldaten identifizierten sich mit den Kriegszielen und viele leisteten einen minimalen persönlichen Beitrag zu deren Realisierung. In ihrer Teilnahme am Kriegsgeschehen waren die Soldaten oft selber Systemopfer und viele wurden durch ihre eigenen Handlungen lebenslänglich traumatisiert. Auf der anderen Seite nicht zu bestreiten ist die Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg 401 Tatsache, dass im Zweiten Weltkrieg die meisten Menschen nicht an der Front ums Leben gekommen sind, sondern infolge des Terrors in den besetzten Gebieten (Umbreit 3), wo „kein regulärer militärischer Krieg stattfand, sondern ein rassistisch motivierter Vernichtungskrieg mit dem Ziel, ganze Bevölkerungsgruppen […] drastisch zu dezimieren oder gänzlich auszurotten“ (Manoschek, Safrian 125). Nicht zu übersehen ist auch die Verkettung der Wehrmacht mit dem institutionalisierten und industrialisierten Massenmord hinter der Frontlinie: Die Konzentrationslager konnten nur funktionieren, solange die Front hielt (Hanisch 373). Fritschs Schilderung der Ideologisierung des Militärs außerhalb der SS -Formationen ist in der österreichischen literarischen Landschaft eher eine Ausnahme. Seine Thesen wurden erst ein paar Jahrzehnte später durch die Geschichtsschreibung überprüft, man denke hier an die erwähnte Ausstellung Verbrechen der Wehrmacht oder Annäherungsversuche an die mentale Befindlichkeit der Wehrmachtssoldaten in den Arbeiten u. a. von Omer Bartov, Klaus Latzel, Hannes Heer, Walter Manoschek (Bartov; Latzel; Heer et al.). In Fasching, in der Schilderung der Menschenjagd auf „Fremdarbeiter, Diebsgesindel, Untermenschen, Polacken“ (Fritsch 35), geht Fritsch direkt auf die Verbrechen der Wehrmacht ein, die einer ideologisierten Kriegsführung entspringen. Als Rekrut eines Volksgrenadier-Regiments wird der siebzehnjährige Protagonist Felix Golub bei der Fahndung nach drei aus dem „Polackenlager“ (Fritsch 36) entflohenen polnischen ‚Fremdarbeitern‘ eingesetzt: […] und du Kamerad mußt mit, mußt mit, es kommt der Befehl, schießt sie zusammen, die Schweine ergeben sich nicht, es ballert die Jugend der Metzger ins Gebüsch, Pardon gibt’s nicht, Handgranaten gibt es, die besten Werfer treten vor, einer verdrückt sich, er hat in die Baumkronen geschossen, jetzt spielt er den Schlappschwanz und wird vom Gefreiten ertappt, er darf die Klumpen zusammensuchen, vor Wonne juxt die Kompanie, drei Untermenschen weniger im Wald, in der Welt, ohne Tritt marsch, sammeln bei der Birke am Weg. (Fritsch 35) Nach diesem Ereignis kommt es in Golub zu einem Umbruch, er durchschaut die „Logik der Metzger“ (Fritsch 35) und will sich den slowenischen Partisanen anschließen: „[W]enn ich Morde begehen muß, dann Morde an Mördern im Kampf gegen die Gesetze des Schlachthauses Deutschland, gegen die Gesetze, die alle logisch finden, hart, aber logisch […].“ (Fritsch 35) Mit der Entscheidung zur Desertion, die Golub nach diesem Ereignis trifft, setzt die eigentliche Handlung des Romans ein. Fritsch schildert die Praxis der Einübung in das Töten, der Überwindung der Todesangst durch ein Töten, bei dem man selbst nicht getötet werden kann. Das Überschreiten der Hemmschwelle erfolgt - wie der Soziologe Wolfgang Sofsky 402 Sławomir Piontek untersucht - durch die Eingliederung in eine ‚Meute‘, die von den Zwängen der Moral befreit und das „Töten ohne Schuldgefühl gestattet“ (Sofsky 15). Hannes Heer schreibt dazu: Die Verfolgungsjagden und Massaker des Partisanenkrieges folgten einer Schlachtordnung, bei der […] der Sieger von vornherein feststand. In dieser Verkehrung der in einem normalen Krieg ausbalancierten Chancen von Töten und Getötetwerden zur Selbstgewissheit, nur zu töten, wird das innere Prinzip von Krieg, das Agonale, ausgehebelt. Daher wurde diese Form des Tötens, ohne getötet zu werden, sehr bald zum feststehenden Bestandteil der Rekrutenausbildung. Bevor die jungen Soldaten an die Front geschickt wurden, durften sie dem Tod in seiner triumphierenden Gestalt begegnen. (Heer, Naumann 31) Diese Praxis wird im Roman ausdrücklich geschildert. Als Golubs emotionale Verfassung wegen der beobachteten und erlebten Zustände immer schlechter wird, versuchen ihm seine Kameraden Mut zuzusprechen: „[Bist du am] Ende wegen des bisschen Schliffs? “ (Fritsch 35) Der Mord an den drei ‚Fremdarbeitern‘ zieht sich wie ein Leitfaden durch den ganzen Text (Fritsch 44, 55, 49, 138). Durch die Schilderung dieser Praxis des Tötens greift Fritsch nicht nur Handlungen innerhalb der Wehrmacht an, sondern auch das Hauptprinzip der nationalsozialistischen Kriegsmatrix, die eine Kriegsführung ‚gegen Frauen und Kinder‘ ermöglichte und förderte. 3 Diese im totalen Vernichtungskrieg übliche Praxis ist eine Folge des Konzepts eines nationalsozialistischen Rassenkrieges, das sowohl bei „unserer Wehrmacht“ (Fritsch 54) als auch bei der Zivilbevölkerung der Stadt breite Akzeptanz findet: Im Wertesystem der Vittoria Pisani sind die Fremdarbeiter „ordnungsgemäß unschädlich gemacht worden“ (Fritsch 55). Bei dieser zivilen Verlängerung des Rassenkriegs ist man nicht weit von der ‚Mühlviertler Hasenjagd‘ entfernt, die im Februar 1945 - also zwei Monate nach den Ereignissen im Roman - tatsächlich stattfand. Somit überschreitet Fritsch deutlich die Grenzen der in den fünfziger und sechziger Jahren geltenden medialen und politischen Diskurse in Österreich, die mit den Verweisen auf die Pflichterfüllung und Leistung der Soldaten, auf die Anständigkeit der Wehrmacht, auf die Niederlage bei Stalingrad, ein bestimmtes Bild der Wehrmacht kreierten und die Soldaten - wie es Alexander Pollak formuliert, der die Konstruktion der Wehrmachtslegende in der österreichischen Presse untersuche - als „missbrauchte Opfer des Krieges“ (Pollak 100) sahen. Dieser Prozess verlief parallel zur deutschen Legendenbildung, zu der nach 1945 konstruierten und kolportierten Vorstellung, „als hätten die deutschen Streitkräfte der Jahre 1939 bis 1945 mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun gehabt, als wären Heer, Marine und Luftwaffe Teil eines historischen Vakuums Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg 403 gewesen, losgelöst von der politischen Schubkraft und unabhängig von ihrem Oberbefehlshaber, der seit 1938 Adolf Hitler hieß“ (Giordano 170). Die Desertion Die Desertion Felix Golubs nach einer kurzen Ausbildungszeit ist eine Konsequenz seiner trotz (oder gerade wegen) des jugendlichen Alters vagen und dennoch unbeirrbaren und kompromisslosen Vorstellung von Gerechtigkeit und Gleichheit der Menschen. Aus diesen Grundsätzen heraus ist er imstande, den Druck der nationalsozialistischen Propaganda von den ‚Kameradenmördern‘ und der ‚Abwehr der Bolschewiken‘ zu überwinden: „[M]an muß mitmachen, man fällt dem eigenen Volk nicht in den Rücken, das Schlachthaus steht unter der Devise Gemeinnutz, es bricht ohnehin einmal zusammen, sagen die Vernünftigen, dann gnade uns Gott, wenn die Juden kommen, die Bolschewiken […].“ (Fritsch 35) Die Desertion resultiert nicht aus Angst um sein eigenes Leben und erfolgt nicht aufgrund einer sich bietenden zufälligen Gelegenheit, im Gegenteil, sie zeugt von Konsequenz in der Auflehnung gegen die nationalsozialistische Weltordnung. Gleich nach der Desertion, als er die Freiheit erlangt, fühlt Golub sich nicht mehr als Deserteur: Die „die von Gerechtigkeit und Menschenverstand desertiert waren, trugen Wehrmachtsuniformen, exerzierten bei den Baracken, sprengten Polen im Wald -“ (Fritsch 44). Eckpfeiler der Gesinnung des Siebzehnjährigen sind also Gerechtigkeit und Menschenverstand. Die Rekonstruktion der Lebensanschauung Golubs (lediges Kind, früher Tod der Mutter, die Auflehnung gegen die ihn erziehende Tante, Lehrerin und NSDAP -Genossin und ihre Übungen im „Stechschritt“, (Fritsch 188), mit elf „hass[t Golub] die Kommandoschreie“ bei der ‚Napola‘ und will keine „Elite“ werden (Fritsch 188), Flakhelferausbildung, kommunistische Namen als Signale eines Interesses (Fritsch 144), Glaube an die Gleichheit der Menschen und an die Brüderlichkeit (Fritsch 43), Sympathie für kommunistische Kämpfer in Spanien (Fritsch 34), Bewusstsein, dass die KZ keine Alliiertenpropaganda sind (Fritsch 66) unternimmt Albert Berger, der sie als „ethische[n] Humanismus, vor dem Hintergrund politischer Sympathie für kommunistische Ideale“ (Berger 70) bezeichnet. Davon, dass es ein unvoreingenommener, aber zugleich auch naiver Humanismus ist, zeugt die Hoffnung Golubs auf das Verständnis der russischen Behörden für seine Verteilung von Brot- und Mehlbeständen (mit denen die Besatzungsbehörden Schwarzhandel betrieben) an die hungernde Stadtbevölkerung (Fritsch 214). Berger bemerkt zu Recht, dass der Roman ausgespart lässt, woher Golub im Krieg sein Wissen, das seine Mentalität formte, bezogen hat. 404 Sławomir Piontek Mitbestimmend war sicherlich zum Teil die Vorstellungskraft bereits des jungen Felix, die Elemente der wahrgenommenen Realität ins Spiel transformierte und zugleich die Gründe dieser Transformation kritisch hinterfragte. Gemeint ist hier Golubs Eisenbahnerlebnis: Bei einem Spiel mit der Eisenbahn imaginiert 1938 der kleine Felix Golub einen Zugtransport auswandernder jüdischer Kinder und lässt seine Eisenbahn absichtlich entgleisen: Wenn ich die Höchstgeschwindigkeit einstelle, entgleist er dort unten, es liegt an mir, ob die Juden verunglücken oder nicht, eine jüdische Mädchenklasse zittert vor Angst, die Mädchen klammern sich an die Sitze, es liegt an mir, sie zu bestrafen, zu Krüppeln zu machen, in den Tod zu schicken, der Hebel des Transformators vibriert zwischen meinen Fingern, ich denke mich in den Waggon und wieder zurück, die Mädchen jammern, […] alle drei Waggons springen aus den Schienen, stürzen um […]. Ich schalte ab […], in ihren Coupés die Mädchen tot, ich laufe aus der Wohnung. (Fritsch 188 f.) In der Bewältigung dieses unheimlichen und bedrückenden Erlebnisses kann der Elfjährige die Hintergründe seiner Entscheidung identifizieren: „[E]s ist keine Kunst gegen die Juden zu sein, ich hasse sie nur, weil sie auswandern können, ich möchte mit ihnen fahren, der Tante entkommen […].“ (Fritsch 189) Als er nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft wieder bei der Tante wohnen muss und nichts als weg will, also als die Situation aus seiner Kindheit reproduziert wird, stellt sich jene Erinnerung wieder ein: „[I]ch gestehe, dass ich kindischerweise kaum etwas tiefer bedaure als den mutwillig herbeigeführten Unfall des Zuges in der Kurve. Der geträumte Tod geträumter Mädchen hat […] mein Leben verändert.“ (Fritsch 192) Mit dem Thema der Desertion beschäftigen sich in den 1950 und 60er Jahren auffallend viele Romane der jungen österreichischen Nachkriegsschriftsteller. 4 In Fritschs Fasching ist die Desertion von Felix Golub der Beweggrund und die kompositorische Achse des Geschehens. Die Desertion als spontanen Einfall, der - obwohl bereits aufgegeben - wegen einer Reihe unerwarteter Zufälle ausgeführt werden muss, schildert Fritz Habeck in Das Boot kommt nach Mitternacht (1951). Für eine Frau desertiert auch Hans in Chronik einer Nacht (1988, Erstveröffentlichung 1950) von Reinhard Federmann. Werner Wist in Der Tugendfall (1953) von Karl Bednarik desertiert 1944 im Rheinland. In Letzte Ausfahrt (1953) von Herbert Zand findet man Schilderungen der Desertion / des Überlaufens der Protagonisten an der Front. Auch 1980 in Totale Verdunkelung von Alois Vogel münden die Handlungsstränge um Franz Prannowitz und Richard Wohlleben in die Desertion der beiden Protagonisten, als kurz vor dem Einmarsch russischer Truppen in Wien Auflösungsprozesse in der Wehrmacht einsetzen (Habeck; Federmann; Bednarik; Zand; Vogel). Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg 405 Die Motive der Fahnenfluchten in den Romanen entsprechen im Allgemeinen einer Typologie der Desertionen in der Wehrmacht (Haase 145-48), es sind eher persönliche und situativ bedingte Beweggründe, die mit der ‚Lust auf Leben‘ oder mit der Erinnerung an das Vorkriegsleben verbunden sind. Bei Golub hat die Fahnenflucht einen deutlich antifaschistischen Unterton, bei Prannowitz und Wohlleben dominieren politische Beweggründe. Doch mehr als die Motive interessiert die Tatsache, dass die österreichische Kriegsprosa aus den Jahren 1945-67 den Deserteur - trotz einer insgesamt eher geringen Zahl der Desertionen innerhalb der Wehrmacht 5 - beinahe zu einem konstanten Typus macht. Noch interessanter ist die positive erzählerische Perspektivierung der desertierten Protagonisten in den Romanen (mit Ausnahme vielleicht von Das Boot kommt nach Mitternacht ), die deutlich von zeitgenössischen öffentlichen - und umso mehr von privaten - Diskursen abwich. Die Figur des Deserteurs ermöglichte eine Inszenierung der Prozesse des Reifens, des Umdenkens, der Entschlussfähigkeit der Soldaten, die, aus welchen ideologischen oder emotionalen Gründen auch immer, sich schließlich aus den sozialen Bindungen der Kameradschaft lösen, sich gegen das repressive militärische bzw. ideologische System stellen und somit auch Initiatoren eines Umwertungsprozesses innerhalb der österreichischen Nachkriegsgesellschaft zu werden erhoffen. In dieser Hinsicht geht die österreichische Literatur der frühen Nachkriegszeit den Fragestellungen der geschichtlichen Forschung sowie der (mangelnden) Offenheit der öffentlichen Meinung gegenüber dem Problem der Desertion deutlich voraus. Die Diffamierung der Deserteure in den Jahrzehnten nach dem Krieg hatte unterschiedliche Gründe. Sie hing damit zusammen, dass die Wehrmacht als eine unpolitische Institution betrachtet und nicht mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wurde, wodurch die Etablierung des entlastenden Klischees, die österreichischen Wehrmachtsoldaten hätten „ihre Heimat verteidigt“, möglich wurde. Die Zeit des Kalten Krieges - der Verhärtung der Konfrontation zwischen Ost und West, der gescheiterten Entnazifizierung - förderte die Gesinnung, der Nationalsozialismus habe gegen den Kommunismus gekämpft und Österreich sei daher vom Kommunismus verschont geblieben. 6 Neben den Vorwürfen der ‚Feigheit‘, des ‚Kameradenmordes‘ oder des ‚Verrats‘ waren diese Meinungen lange Zeit Gründe für die ausgebliebene Bereitschaft, Deserteure pauschal zu rehabilitieren. Innerhalb der (militär)historischen Forschung schreibt Benjamin Ziemann über das Problem der Desertion, dass es „zu den am meisten umstrittenen Themenfeldern in der Diskussion über die historische Bewertung der deutschen Wehrmacht [gehört]. Wie sonst nur noch die Frage der von Wehrmachtangehörigen begangenen Kriegsverbrechen polarisiert dieses Thema seit Jahrzehnten die öffentliche Meinung ebenso wie die fachwissenschaftliche Diskussion“ 406 Sławomir Piontek (Ziemann 589). Die Tendenz zur Vermeidung öffentlicher Kontroversen, die den Konsens über die neue Republik beeinträchtigen könnten, hat in diesem Fall besonders stark gewirkt. Die ersten Forschungen kamen von deutschen Historikern und entsprangen vor allem privaten Forschungsinteressen. Seit Anfang der 1980er Jahre wurde in Deutschland in der Öffentlichkeit eine Debatte über eine entsprechende Würdigung der Opfer der NS -Militärjustiz, darunter auch der Deserteure, geführt. Entsprechend hoch ist seitdem die Zahl der Forschungsberichte, die teilweise der gesellschaftlichen Polarisierung bezüglich der Frage der Desertion folgen, teilweise aber in einer abwägenden Auseinandersetzung mit dem Quellenmaterial einen komplexeren sozialhistorischen Blick auf das Forschungsfeld ermöglichen. Über österreichische Soldaten, die sich den Kämpfen im Zweiten Weltkrieg auf verschiedene Weise entzogen haben, war bisher wenig bekannt. Eine systematische Aufarbeitung dieses Themas begann in Österreich - als Folge der Debatte in der Bundesrepublik Deutschland - erst nach 2001 im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Rahmen des Projekts „Österreichische Opfer der nationalsozialistischen Militärgerichtsbarkeit“ 7 . Auf die seit dieser Zeit entsprechend steigende Zahl der Forschungsliteratur kann hier nur in einer Anmerkung verwiesen werden (vgl. Fritsche „Entziehungen“, „Deserteure“; Geldmacher; Manoschek; Metzler „Ehrlos für immer? “). Der Widerstand Die Gesinnung Felix Golubs, die ihn zur Desertion bewegt, liegt auch seiner Widerstandstätigkeit zugrunde, die sowohl Kriterien eines breit formulierten Widerstandsbegriffs erfüllt 8 , als auch - später - einer engeren, militanten Fassung. Der Widerstand Golubs ist nicht organisiert und nicht strikt politisch, er geht aber deutlich über den Rahmen des etwaigen ‚kleinen Widerstandes‘ hinaus 9 , er versteht sich vor allem als spontane, humanitär oder emotionell motivierte, gruppen- und personenbezogene Hilfeleistung, besonders gegenüber rassisch Verfolgten, worauf die Strafe der Gestapo- oder KZ -Haft stand. Nach dem Mord an den drei polnischen ‚Fremdarbeitern‘ im Wald bringt er Nahrungsmittel ins Lager der Fremdarbeiter und empfängt Filme mit heimlich im Lager gemachten Fotos: „Mitleid kämpft mit Furcht, Ergebnis ein halbes Kommissbrot für Polen, heimlich gemachte Fotos für Golub, wer soll diesen Film entwickeln? “ (Fritsch 36) Der bewaffnete Widerstand, die - wie es heißt - „Maskerade mit automatischen Waffen für den Frieden auf Erden“ (Fritsch 143), ist dagegen eine angstbedingte, kalkulierte Flucht vor der Demaskierung Charlottes als Felix durch Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg 407 den Ortskommandanten. Der Widerstand erschöpft sich nicht in einer einmaligen Aktion: Felix führt eine Truppe von zwanzig Männern, entwaffnet flüchtende Wehrmachtsoldaten, kämpft gegen den angreifenden Volkssturm, der die Stadt zurückerobern will (Fritsch 200 f.). Seine Teilnahme am Widerstand ergibt sich dennoch aus einer kurzsichtigen Eigendynamik der Ereignisse als aufgrund einer langfristigen und umsichtigen Planung oder Widerstandstätigkeit. Felix hat dabei keinen anderen Grund als die Suche nach der polnischen Gefangenen Fela, „[w]enn er sie nicht wiederfand, wozu dann der Aufwand […]“ (Fritsch 201), sonst bleibt nur das „Abhauen in die Wälder“ (Fritsch 143) als Alternative. Zur Zeit der Entstehung des Romans war der österreichische Widerstand trotz des 1963 gegründeten Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes in der innenpolitischen Landschaft, wie es Anton Pelinka formuliert, ein „Nischenthema“ (Pelinka 17). 1945 und danach wurde der Widerstand vom offiziellen Österreich betont und hervorgehoben, vor allem im Hinblick auf die Stützung der aus der Moskauer Deklaration resultierenden Opferrolle Österreichs. Der Historiker Bertrand Perz fügt hinzu: Der Widerstand „war in den 40er Jahren die Legitimationsbasis der neuen Republik und spielte somit eine wesentliche Rolle im Prozeß der Nationswerdung“ (Perz 151). Außenpolitisch verlor er an Bedeutung nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955. Die außen- und innenpolitische Spaltung der Widerstandsnarrative begann aber schon 1949 auf tagespolitischer Grundlage. Pelinka weiter: „Gegenüber den Alliierten waren die Frauen und Männer des Widerstandes diejenigen, die das eigentliche Österreich verkörperten; gegenüber den Wählerinnen und Wählern hingegen waren Heimkehrer und Bombenopfer diejenigen, die Österreich repräsentierten.“ (Pelinka 15). Diese Verkehrung der Perspektive hat ihren Grund nicht zuletzt eben darin, dass der österreichische Widerstand die Sache einer kleinen Minderheit blieb 10 , die als potentielle Wahlstimmen in der Nachkriegszeit zahlenmäßig unbedeutend war. Die Mehrheit der österreichischen Gesellschaft war in der NS -Zeit, so Pelinka, „in das System des privilegierenden totalitären Wohlfahrtsstaates eingebunden“ (16). Die zweite Zeitebene der Romanhandlung, nach der Rückkehr Felix’ um 1957, bezieht sich also auf die Zeit, in der diese Mehrheit „ihr eigenes Narrativ entwickelt hatte, in dem der Widerstand keinen Platz hatte und […] dieses Narrativ der Anpassung an die Diktatur vom Narrativ des Widerstandes herausgefordert, ja gefährdet erschien“ (16). Zwischen den beiden Narrativen steht Fritsch selbst - ähnlich seiner Romanfigur ein „Apache zwischen übermächtigen Stämmen, Rotweißrothaut“ (Fritsch 201) - und er rechnet in Fasching zugleich mit beiden ab. Er verweist einerseits auf die Zufälligkeit und Geringfügigkeit des österreichischen Widerstands, auf die Diskrepanz zwischen seiner Leistung und der ihm zugeschriebenen Bedeutung. Die ‚Eigenbefreiung‘ Österreichs vollzieht sich in Fasching als plötzlicher 408 Sławomir Piontek Rollentausch, als Maskerade und Posse, bei der alle lachen, sowohl die „wunderlichen Bundesgenossen des Aufruhrs“ (Fritsch 143) also die Widerständler, als auch „Plabutsch und [seine] Untertanen“ (Fritsch 143) also die nationalsozialistisch gesinnten Stadteinwohner. Die Republik, die niemand von den Stadtbewohnern will, wird proklamiert von einer Truppe zufällig zusammengeschütteter Ausgestoßener, von „Banditen im Niemandsland“ (Fritsch 202), einem Deserteur, „einem Franzosen, einem Polacken, einem chronischen Wilddieb“ (Fritsch 143). Sie alle retten eine Stadt, „in der keiner von ihnen daheim war“ (Fritsch 201). Auf der anderen Seite sind Desertion, Widerstand, Aufruhr doch tatsächliche Leistungen einer Minderheit, für die es im kleinstädtischen Narrativ sowohl der Kriegsals auch der späteren Nachkriegsjahre keinen Platz gibt. Statt eines Resümees möchte ich auf die im Text vorgeschlagene Lösung dieser geschilderten Problemlage eingehen. Felix’ Rückkehr nach zwölf Jahren kündigt eine unvermeidliche Konfrontation an. Zu dieser Konfrontation kommt es trotz der von ihm bewusst und zielgerichtet eingesetzten Anpassungsstrategie. Seine Bemühungen, in der Kleinstadtgesellschaft Fuß zu fassen, sieht er als ein „Experiment“, kompromissbereit um den Preis der Zurückhaltung eine Existenz aufzubauen. Er reflektiert dabei permanent alle Eigenschaften, die er dazu entwickelt und die im Widerspruch zu seiner früheren Gesinnung stehen, als eine bewusste Wahl: seinen „Opportunismus“ (Fritsch 104, 145), seine Clownrolle (Fritsch 144), seine Kollaboration aus „bester gewinnsüchtiger Gesinnung“ (Fritsch 147) und seine „ehrliche Anbiederung“ (Fritsch 221) an eine Gesellschaft, die ihn anwidert, aber ohne die er nicht leben zu können vermeint. Albert Berger sieht als Hauptthema des Romans „die Schwächung, die Depravation des ethischen Humanismus des Individuums Felix Golub vor dem Hintergrund seiner Erlebnisse und Erfahrungen des Kriegsendes und der Nachkriegsjahre“ (70). Man könnte diesen Gedanken fortsetzen und zuspitzen, denn in der Tat nicht das Scheitern Golubs auf Grund seiner Selbstaufgabe und nicht die - um mit Thomas Mann zu sprechen - „Negativität seiner Kampfposition“ (Mann 91) werden im Text kritisch herausgestrichen, sondern das Voraussetzungssystem der Depravation. Für Stefan Alker liegt das verstörende und provokative Potenzial des Textes im permanenten Changieren der Hauptfigur zwischen Aufklärung und Anpassung, zwischen einer imperativisch zu begreifenden Protesthaltung und Opportunismus. Erzähltechnisch wird es durch „ein permanentes Infragestellen der Beweggründe und der Disposition der Hauptfigur“ (Alker 188) erreicht. Der Grund für Golubs Handlungsdefizite liegt in der „Lähmung“ (Fritsch 63), die ihn im Kontakt mit Vittoria Pisani und nach der Rückkehr in die Stadt befällt. Diese Lähmung wird in der Tauben-Schlangen-Symbolik des Romans durchgespielt: Taube (tsch. Holub) als Frieden / Friedlichkeit und (Bewegungs) Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg 409 Freiheit, Schlange als List und Rollenwechsel. Golub strebt die von Vittoria definierte Position in der Stadtgesellschaft an: „[Der Himmel] wünscht den Sterblichen als Zwitter, halb Schlange, halb Taube. Wehe den Tauben, Fluch den Schlangen, Felix.“ (Fritsch 20) Als Fotograf hofft Golub sie zu erreichen, beim Faschingsball sieht er sich als eine „Synthese aus Taube und Schlange“ (Fritsch 225), keinen Einzelgänger mehr, einen Mittelmenschen. In der Grube, auf der Flucht vor Stadteinwohnern, wird er sich aber dessen bewusst, dass sowohl seine Rolle als Kammermädchen als auch die Rückkehr in die Stadt ein „Experiment“ waren, „das die Fliege unternimmt, die auf den Leim gegangen ist“ (Fritsch 187): „Taube Golub in der Schlangengrube, flatternd auf den Leim gegangen […]. Wehe den Tauben, Fluch den Schlangen, die sich nicht häuten können, angeleimt an ihre Rolle.“ (Fritsch 186) Die Taube wird keine Schlange, sie entkommt ihr auch nicht, sondern erstarrt, von der Schlange hypnotisiert. Es ist gerade dieses Zusammenfallen von reflektierter Entscheidungsfreiheit und Lähmung, kritischem Bewusstsein und Handlungsdefizit, das das meiste rezeptive Unbehagen verursacht und Fragen nach dem Moment provoziert, in dem die Konzessionen eines Nonkonformisten um seines Nonkonformismus willen bereits in einen Konformismus umschlagen. Der Roman endet, wie eingangs geschildert, mit der Flucht Golubs vor der Aggression der Stadteinwohner in einen Keller, eine Grube unter seinem Fotoatelier. Ob er in diesem Versteck gefunden wird, ob er jemals aus ihm herauskommt, bleibt innerhalb der Diegese ungewiss. Ein symbolischer Schluss des Romans, der auch die Befreiung Felix’ aus der Grube bedeutet, wurde über vierzig Jahre später geschrieben: Am 21. Oktober 2009 beschloss der österreichische Nationalrat die Rehabilitation aller Opfer der Verfolgung durch die Wehrmachtsgerichte, am 24. Oktober 2014 wurde am Ballhausplatz in Wien das „Denkmal für die Verfolgten der NS -Militärjustiz“ enthüllt. Notes 1 Den Auftakt dazu bietet die bereits im November 1945 von Generalfeldmarschall von Brauchitsch in Übereinstimmung mit mehreren Generälen verfasste Denkschrift für den Nürnberger Gerichtshof, in dem er das Credo der Generäle, sich von „der Politik fernzuhalten“, darlegt (Messerschmidt 531). 2 Margit Reiter schreibt dazu: „Wie kaum sonst vermengen sich hierbei familiäre mit öffentlichen Narrativen. […] In den Familien setzen sich die Narrative über die Unfreiwilligkeit des Kriegsdienstes, über die Schrecken des Krieges und die Gefallenen aus der Verwandtschaft fort. Die dabei trans- 410 Sławomir Piontek portierte Botschaft an die nächste Generation ist klar: Der Vater, Großvater, Onkel usw. war kein Täter, sondern Opfer des Krieges.“ (Reiter 67) 3 Golubs Grundsatz, „[eine] Wehrlose zu schlagen ist eine Gemeinheit“ (Fritsch 119), ist dagegen das auslösende Motiv seiner Hilfe für die polnische Zwangsarbeiterin Fela Pomorska. 4 Bezüglich dieser Thematik steht der österreichische Kriegsroman in einer starken Opposition zum deutschen: „Es kommen in allen Kriegsromanen aber nur eine Handvoll durchgeführter Desertionen vor.“ (Pfeifer 143). 5 Die Bestimmungsversuche dieser Zahl stoßen auf große methodologische Schwierigkeiten und führen zu heftigen Debatten (Ziemann 590—99). Nach neuerlichen Schätzungen beläuft sich die Zahl der Deserteure auf „kaum unter 300 000“ (Ziemann 596; vgl. auch Wüllner). In einer „Massengesellschaft von über 17 Millionen Soldaten aus vier Generationen“ (Förster 948), die die Wehrmacht bildete, wobei um 9 Mio. gleichzeitig im Einsatz waren, bedeutet diese Zahl - selbst wenn man sie in Kompanien mit Österreichern, die sich in ihren Einheiten isoliert fühlten, etwas höher ansetzt (Ziemann 612; Alfred M. Posselt schätzt die Gesamtzahl auf 130 000 Österreicher, Posselt 57) - einen unbeträchtlichen Prozentsatz. 6 Dies stellt Maria Fritsche in ihrer Forschung zum Problem der Deserteure in Österreich fest (Fritsche, „Über die niemand redet“ 16). 7 Ergebnisse dieses Forschungsprojekts liegen in dem Band von Walter Manoschek vor (Manoschek, „Opfer der NS-Militärjustiz“). Das Problem der Desertion gesondert bei Maria Fritsche (Fritsche, „Entziehungen“). 8 „Angesichts des totalen Gehorsamkeitsanspruches der Machthaber und der auf seine Verletzung drohenden Sanktionen muß jegliche Opposition im Dritten Reich als Widerstandshandlung gewertet werden - auch wenn es sich nur um einen vereinzelten Versuch handelt, ‚anständig zu bleiben‘.“ (Stadler 11). In der Enzyklopädie des Nationalsozialismus definiert der Historiker Hermann Graml Widerstand als jeglichen Akt „aktiver Bekämpfung des Systems und seines Führers Adolf Hitler, von der Herstellung und dem Kleben regimefeindlicher Plakate bis zum versuchten Attentat und Staatsstreich […]“ (309). 9 Defätistische Äußerungen, Verbreiten von Gerüchten, Witzen bzw. Beleidigungen von führenden NS-Funktionären, Singen verbotener Lieder, Verweigerung von Spenden oder des Deutschen Grußes, Ablehnung der Normen und Ansprüche des NS-Systems durch bewusst anderes Verhalten usw. 10 Etwa 2700 Österreicher wurden als aktive Widerstandskämpfer zum Tod verurteilt und hingerichtet, und zirka 32.000 Österreicher (Widerstandskämpfer und Opfer präventiver Verfolgung) starben in Konzentrationslagern und Gefängnissen, insbesondere der Gestapo. Geschätzte 15.000 Österreicher Die Auseinandersetzung mit österreichischen Mythen vom Krieg und Nachkrieg 411 kamen als alliierte Soldaten, als Partisanen oder im europäischen Widerstand um. Rund 100.000 Österreicher waren aus politischen Gründen inhaftiert (Neugebauer; Luža; Ganglmair). Works Cited [ AG ]. „Wilde Streitigkeiten um Denkmal für Deserteure in Wien“. Kronen Zeitung [Wien] 07, March 2012. 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