eJournals Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik 38/2

Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik
0171-5410
2941-0762
Narr Verlag Tübingen
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2013
382 Kettemann

Shakespeare und der historische Roman

2013
Holger Klein
Shakespeare und der historische Roman Parallelen, Transformationen, Kontraste in der Henriade und bei Edith Pargeter, Denise Giardina, Robert Nye 1 Für Wolfgang Riehle Holger Klein This study considers the transformation of plays into novels (something less investigated than the inverse process), and the relationship between historical drama, historical fiction, and the corresponding events in history. Shakespeare’s Second Tetralogy and three late-twentieth-century novels serve as examples. Their differences include narrative method: Pargeter’s third-person novel is wholly, Giardina’s first-person novel largely, in the realist tradition, and both concentrate on Prince Hal, the later King Henry V. Nye’s novel, the central object of study here, is the fictitious autobiography of a figure whose place in history is at best marginal (accepting Nye’s identification Falstaff/ Fastolf), throwing an unusual light on the period. Moreover, it is a parodistical, fantastical, densely intertextual metanovel. Pargeter guides sympathies towards Hotspur, Giardina towards Hal, Nye determinedly towards Falstaff. The representational possibilities of fiction (as opposed to drama) are exploited by all three, though again their methods vary. Vom Drama zum Roman Wie wir wissen, übernahm Shakespeare häufig eine bereits existierende Fabel, und dementsprechend finden sich in den Einleitungen zu Ausgaben von Shakespeare-Stücken auch Darlegungen darüber, was vorging, als er eine Novelle von Bandello oder eine von Plutarchs Parallelbiographien in 1 Teile dieses Aufsatzes basieren auf einem Vortrag, gehalten beim XI. ESSE- Kongress in Istanbul (September 2012) u. wurden auf Englisch gedruckt in der Revista Alicantina de Estudios Ingleses 25 (2012). 209-223. AAA - Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik Band 38 (2013) · Heft 2 Gunter Narr Verlag Tübingen Holger Klein 130 ein Drama verwandelte. Der Weg vom Prosatext zum Theaterstück ist breit und oft begangen, ebenso der Weg zum Film (man denke nur an Jane Austen, Rosamunde Pilcher und die Harry Potter-Romane von Joanne Rowling). Der umgekehrte Vorgang - denn darum handelt es im Folgenden zumindest teilweise - hat anscheinend weniger Aufmerksamkeit auf sich gezogen, ebenso die Blickrichtung vom Drama zum Roman allgemein, auch wenn keine direkte Bearbeitung oder Umarbeitung vorliegt. Ein Werk mit dem Titel Drama into Fiction oder so ähnlich habe ich nicht gefunden. An drei modernen, auf verschiedene Weise mit Shakespeares Henriade verbundenen Texten sei hierzu etwas versucht. Dabei stehen thematische Variationen des jeweiligen Gegenstandes sowie die Transformationsvorgänge ins Erzählerische im Vordergrund. Und Nyes Roman Falstaff, zweifelsohne das komplexeste und experimentellste unter den drei analysierten Prosawerken, erhält den größten Raum. Pargeters A Bloody Field by Shrewsbury (1972) 2 In 1Henry IV, dessen Handlungsspanne ungefähr der Pargeters entspricht, änderte Shakespeare viel am geschichtlichen Verlauf. Die Distanz und Kühle zwischen dem König und seinem ältesten Sohn, dem Prinzen von Wales, ist eine Donnée des Doppeldramas und bleibt unerklärt. Die ganze Nebenhandlung, die sich mit Falstaff und The Boar’s Head verbindet, hat der Dramatiker nach bekannten Lebenden dem historischen Ablauf hinzugefügt. Geschichtlich erwuchsen die offenen Differenzen viel später und hatten politische Gründe. Bei Shakespeare sind der König und der Prinz im Juli 1403, als die Rebellion der Percys ausbricht, in London (1Henry IV 3.2) und marschieren mit ihren Truppen getrennt nach Westen. In Wirklichkeit war der König in den Midlands, als er die Nachricht erhielt, und wandte sich in Gewaltmärschen nach Shrewsbury, wo er sein Heer mit dem kleineren des Prinzen, der als Oberkommandierender für Wales dort sein Quartier hatte, vereinte, bevor Sir Henry Percy, genannt Hotspur, und sein Onkel, der Earl of Worcester, mit ihrem Heer dort ankamen. Bei Shakespeare ist der von den Percys aufgestellte Gegenkandidat zu Heinrich der Bruder von Percys Frau, Sir Edmund Mortimer, bezeichnet als Earl of March, aber beides, Thronanwärter und Earl, war dessen minderjähriger Neffe, gleichfalls ein Edmund. Das in Shakespeare köstlich gestaltete Zusammentreffen von Hotspur und seiner Frau mit Owen Glendower und seiner Tochter sowie Edmund Mortimer, der sie während seiner Gefangenschaft geehelicht hatte, fand nie statt. König Richards II. freundliches, mäzenhaftes Gebaren gegenüber Henry of Monmouth, dem späteren Prince of Wales, erwähnt Shakespeare mit kei- 2 Zu Pargeter gibt es fast nichts; allg. s. Margaret Lewis (1994), aber sie sagt wenig über diesen Roman. Shakespeare und der historische Roman 131 nem Wort. Bei Shakespeare hatten der Prinz und Hotspur (den Shakespeare als etwa gleichaltrig mit Prinz Hal darstellt, obgleich Hotspur drei Jahre älter war als Hals Vater, der König) nichts miteinander zu tun; historisch war Hotspur seit September 1399 Vormund des Prinzen und war mit ihm in Kontakt. Am Tag der Schlacht sandte der König nicht (wie bei Shakespeare, 1Henry IV 4.3) Sir Walter Blunt, sondern den Abt von Shrewsbury, um in letzter Minute noch einen Ausgleich herbeizuführen. Die in Shakespeare (1Henry IV 5.2 u.5.3) hervorgehobene falsche Nachricht Worcesters von des Königs Unerbittlichkeit stammt ursprünglich aus einer mit Vorurteilen belasteten Quelle (Jacob 1971: 52). In der Schlacht, die bei Shakespeare notgedrungen als Serie von einzelnen Begegnungen abläuft (1Henry IV 5.3 und 5.4), besiegt und tötet der (kaum sechzehnjährige) Prinz Hotspur, der in Wahrheit von einem unbekannten Bogenschützen erlegt wurde. 3 Pargeters traditioneller historischer Roman ist eine Art Gegenstück zu Shakespeares Drama, in jedem einzelnen der erwähnten Punkte hält sie sich an die Geschichte. Und ihre Kapitelüberschriften zeigen chronologisch aufeinander folgende Jahresspannen. 4 Interessanterweise finden sich keine Zitate aus Henry IV, ja nicht einmal Anklänge an Shakespeares Drama, das sie natürlich kannte. 5 Dafür gibt sie in ungefährer, geraffter Entsprechung zur Endphase von Shakespeares Richard II ganz aus der Sicht Hals den Übergang zu Heinrich IV., gestaltet bewegend die Erinnerungen des Prinzen an Richard II. und zeigt, wie Hal unter der Absetzung, Einkerkerung und schließlichen (Hal erst ganz spät offenbar gewordenen) Ermordung des geliebten Herrschers litt. Pargeter entwickelt zudem die offizielle Beziehung von Hal und Hotspur zu einer tiefinnigen Freundschaft zwischen dem in vielen Studien von Shakespeares Stück gepriesenen 6 brillanten älteren, heroischen Mentor und dem ihn abgöttisch bewundernden und liebenden jugendlichen Prinzen, der vergeblich versuchte, den - wie fast alles im Roman - episch breiter ausgestalteten, zum offenen Bruch führenden Zusammenstoß zwischen dem Freund und dem König zu heilen. 7 Die vom König befohlene 3 Siehe Jacob 1971: 52f., E. J. Priestley (1979: 14), dazu Bullough (1962: 191; u. vgl. Lomas 1999: 77). 4 Struktur des Bloody Field: “Prologue September 1399 to March 1400” (5-32, in 2 Abschnitten); dann der Hauptteil, “April 1402 to July 1403” (33-334, in das epische Maß von 18 Kapiteln unterteilt; schließlich “Epilogue March 1413” (335- 341). 5 Nur zwei Shakespeare-Stellen fand ich: Pargeter, 171 “[...] the battle is lost and won,” vgl. Macbeth 1.1.4; u. 143 “[...] look on this picture and on that, [...],” vgl. Hamlet 3.4.153. Shakespeare-Verweise beziehen sich, falls nicht anders vermerkt. auf Alexander (1960). 6 So z.B. Gervinus (1849/ 1862: 327), Empson (1935/ 1966: , 44) u. Council (1973: 130). 7 Der Zusammenstoß füllt in 1Henry IV 124 Verse (1.3.1-124), bei Pargeter mehr als acht Seiten (159-168). Holger Klein 132 schreckliche Behandlung der Leiche Hotspurs (330-34) führt dann zur endgültigen Abwendung des Prinzen von seinem Vater. So wird die Kluft zwischen den beiden in Shakespeares Drama, für welche zahlreiche Studien zum Teil abenteuerliche Hypothesen vorbringen, psychologisch plausibel gemacht und miterlebbar ausgeformt. Diese Kluft wird bei Pargeter schließlich im abrupt auf Shrewsbury folgenden Epilog am Sterbebett Heinrichs IV. (März 1413) ein wenig überbrückt, aber lange nicht so intensiv wie bei Shakespeare in der Szene 4.3 von 2Henry IV. Ferner erfindet Pargeter nicht nur einen Aufenthalt der Lady Elizabeth Percy (Shakespeares Kate) in Shrewsbury und gibt (in vager Entsprechung zu 1Henry IV 2.3) skizzenhaft ihr Eheglück mit Hotspur wieder, sondern erfindet auch eine intensive, dabei vollkommen ehrbar- ‘platonische’ Romanze zwischen der Tochter Rhodri Parrys, eines walisischen Patrioten in Shrewsbury und Hotspur, einschließlich der Legende seines von ihm bei Shrewsbury vermissten Schwertes. 8 Mit dem Privileg des auktorialen Erzählers (Stanzel 1964: 18-25) erschafft die Autorin viel im Drama kaum fassbare, der Epik aber offene Welthaltigkeit (“life in all its breadth and wealth” - Lukács 1969 [ursprünglich 1936-37]: 123) in Form von Beschreibungen von Personen, Gegenständen, Gebäuden und Städten, Naturerscheinungen, Landschaften und Stimmungen. Und natürlich ergänzt sie die Gestaltung von Begegnungen und Ereignissen durch direkte Rede, das Hauptinstrument des Dramas. Was aber dem Drama nur im Monolog, das heißt, mittelbar durch das Instrument des Schauspielers, seiner Interpretation, Stimmführung, Mimik und Gestik möglich ist, kann die epische Prosa der Leserschaft unmittelbar zugänglich und vorstellbar machen: die inneren Welten, die Gedanken und Gefühle von Figuren. Hauptmittel dafür sind, in der Terminologie von Leech und Short (1981), neben Direct Thought, Indirect Thought und Narrative Report of a Thought Act auch Free Direct Thought (extensiv gebraucht = Innerer Monolog), und Free Indirect Thought, also style indirect libre, im Deutschen wenig glücklich ‘Erlebte Rede’. Gerade davon macht Pargeter häufig und effektvoll Gebrauch. Shakespeares Doppeldrama Henry IV hat nicht den Titelhelden als Zentralfigur, 9 sondern, wie es die Kritik überwiegend sieht, Prinz Hal. 10 Das muss man betonen entgegen einer starken und eloquenten Gruppe von Parteigängern, unter ihnen etwa Quiller-Couch, der Falstaff “the real hero of the play” nennt (1917: 115), bis zu Harold Bloom: “The two parts of Henry IV do not belong to Hal, but to Falstaff” (1998: 272). 11 Das hat höchstens für Bühnenaufführungen etwas für sich. Wenn die anderen 8 Für die Legende vom vermissten Schwert siehe E.J. Priestley (1979: 10). 9 Ausnahmen: bes. McNamara (1959) u. Thayer (1967: 9). 10 Siehe z.B. Ulrici (1866: 378f.), Claeyssens (1953: 20), Fergusson (1970: 109), Barber/ Wheeler (1992: 237), Danson (2000: 101) u. Traub (2009: 137). 11 Entsprechend z.B. Gupta (1964: 129), Trewin (1979: 113) u. Murai (1989: 37). Shakespeare und der historische Roman 133 Hauptrollen nicht glänzend besetzt sind, stiehlt Falstaff, gewöhnlich begehrt und gut gespielt, oft den anderen die Schau. Aber in der Ökonomie des Stücks als Text haben nach Hal der König, Hotspur und Falstaff (in vieler Beziehung Hotspurs Gegenfigur) etwa gleiches Gewicht. Das trifft bei Pargeter nur bedingt zu: Falstaff fehlt völlig, der König, Prinz Hal und Hotspur sind ungefähr gleich gewichtig, allerdings mit deutlicher Präponderanz Hotspurs, ergänzt durch die Waliserin Julian. Diese junge Witwe und Hotspur sind vollkommen positiv gezeichnet, ebenso unter den sekundären Figuren Owen Glendower (bei Shakespeare wird er negativ eingeführt, wirkt aber in 3.1 sympathisch, besonders durch Hotspurs aggressive Ablehnung) 12 und, gänzlich anders als bei Shakespeare, auch Worcester. Hal ist gleichfalls gewinnend portraitiert als zwar ehr- und sendungsbewusster, dabei aber kluger, ehrlicher, gerechter und menschlicher Jüngling. Das Bild Heinrichs IV. dagegen verdunkelt sich zunehmend, wenngleich er, durch momentane Gewissensbisse (z.B. 101 - bei Shakespeare erst in 2Henry IV 4.5 auf dem Sterbebett) und auktoriale Betrachtungen (z.B. 178) gemildert, nicht die Abscheu erweckt wie Shakespeares Monarch bei vielen. 13 Was indessen im Drama nur Vorwurf der Gegenseite ist, wird im Roman von innen heraus deutlich: Heinrich ist auf Hotspurs Feldherrenruhm und Charisma neidisch (s. bes. 144-46); und der Ursprung seiner Weigerung, Mortimer auszulösen, erweist sich als die Seele des Königs zernagende Furcht vor Mortimers Thronanspruch und die daraus resultierende Gefährdung der von Heinrich IV. gegründeten Dynastie Lancaster (167: “The corri[= o]sive suspicion of the usurper had eaten out the heart that had once been his.”). Giardinas Good King Harry (1984) Im Gegensatz zum allwissenden bzw. hetero- und extradiegetischen Erzähler von A Bloody Field ist Giardinas Good King Harry als Ich-Roman geschrieben, hat also einen homo- und intradiegetischen Erzähler (Genette 1972: bes. 256 u. 1983: bes. 83 u. 88). Gleich auf der ersten Seite wird klar, dass Hal im Sterben liegt, es handelt sich bei dieser nur gedachten Autobiographie, um “deathbed musings” (1), manchmal in Free Direct Thought, grundsätzlich aber in Direct Thought, an den man sich so gewöhnt, dass man alles als erzählerisch aufnimmt. Insgesamt eine Art 12 Zu Glendower in 1Henry IV siehe bes. Bellringer (1972), Davies (2000) u. Fackler (1970). 13 Siehe bes. Masefield (1911: 110), Traversi (1947: 26) u. Goddard (1951, 162); Grene (2002: 181-83) findet ihn undurchsichtig, Howard/ Rackin (1997: 162) schauspielerhaft. Holger Klein 134 ausgedehnten inneren Monologs. Diese nicht ganz gewöhnliche Technik wird durchgehalten, 14 wobei natürlich Fragen offen bleiben. 15 Bei Shakespeare schließt die Handlung von 2Henry IV praktisch nahtlos an Teil I an, in der Realität vergingen fast zwei Jahre, von Juli 1403 bis Mai 1405, zwischen dem ruhmreichen Sieg bei Shrewsbury und der üblen Überlistung der Anführer der zweiten großen Rebellion am Gaultree Forest. Danach geht es bei Shakespeare in den Geschichtsteilen (hier von noch mehr Nebenhandlung ergänzt) gleich in den März 1413 zur Sterbeszene Heinrichs IV. mit eingeflochtenen guten Nachrichten von der Überwindung des Earl of Northumberland, Hotspurs Vater (faktisch geschehen am Bramham Moor, Februar 1408) und vom Ableben Owen Glendowers (das erst um 1416 erfolgte). An den Tod Heinrichs IV. schließt sich dann die Krönung Hals zum König Heinrich V. Sie fand erst im April 1413 statt, doch diese Teleskopierung eines Monats fällt im Vergleich zu den bereits genannten kaum ins Gewicht. Wie Pargeters hält sich auch Giardinas Roman strikt an die Chronologie und die historischen Fakten. Er entspricht etwa der Handlung der Endphase von Richard II, sodann beider Teile von Henry IV sowie Henry V, geht aber noch darüber hinaus (einschließlich der keineswegs harmonischen Ehe mit Prinzessin Katherine). Dieser große Zeitraum - von 1399 bis 1422 - ist, ähnlich dem nur vier Jahre umfassenden Zeitraum Pargeters, in Jahresspannen bezeichnende Teile gegliedert und zwar (nach einem die Knabenjahre in Monmouth skizzierenden Prolog), dem traditionellen Drama gemäß in fünf, die man auch Akte nennen könnte. 16 Teil I schildert die frühe Jugend, Teil II, in Shrewsbury gipfelnd, entspricht dem Ende von 1Henry IV und Pargeters Roman, Teil III dem Zeitrahmen nach 2Henry IV, allerdings andere Schwerpunkte setzend, während Teil IV mit dem Tod Heinrichs IV. beginnt, Hals erste zwei Regierungsjahre als Heinrich V. darstellt und bei Agincourt endet. Auch im Teil V ahmt der Roman nicht die Zeitraffung Shakespeares in Henry V nach, bei dem auf Agincourt (Oktober 1415) sofort der Friedensschluss von Troyes (Mai 1420) folgt, mit der Ernennung Hals zum Nachfolger Karls VI sowie seiner Verlobung mit Karls Tochter, Katherine von Frankreich. Ganz im Gegensatz hierzu gehen die Gedanken des sterbenden Heinrichs V. weiter an der Kette der Ereignisse entlang, sparen auch nicht die bei Shake- 14 Ein Lapsus kommt früh: “Homer, Abelard, Bacon: all were my teachers and friends. I say [meine Kursivsetzung] friends for I was bereft of companionship that is flesh and blood [...]” (14). 15 Das Buch hat rund 390 Seiten; würde eine unter Schmerzen Sterbender so systematische sein ganzes Leben ins Gedächtnis rufen können? Gelegentlich verweist er selbst auf das Problem (z.B. 6), unwillkürlich einen Adressaten implizierend (vgl. analog z.B. 15 u. 149). 16 Struktur von Good King Harry: “Prologue” (1-7); I 1398-1400” (9-53, Kapitel 1-3); II 1401-1403 (55-120, Kapitel 4-6); III 1404-1412 (121-256, Kapitel 7-11); IV 1413-15 (257-336, Kapitel 12-13), V 1416-1422 (337-88, Kapitel 14-15); “Epilogue” (389-93). Jeder Teil bzw. ‘Akt’ endet mit einem bedeutenden Ereignis. Shakespeare und der historische Roman 135 speare völlig fehlenden Wahnsinnszustände des französischen Königs aus. Aber die Uhr tickt schneller, bis der Gedankengang (für einen Ich-Roman ungewöhnlich) praktisch im Moment des Todes endet. Nicht nur in Bezug auf den behandelten Zeitraum unterscheiden sich die beiden Romane. Das erzähltechnische Merkmal der Ichform bei Giardina bedingt natürlich, dass im Gegensatz zu Shakespeares Dramen alles - von Briefeinlagen abgesehen - aus der Perspektive Hals dargestellt wird. Am deutlichsten wird der Kontrast wohl anlässlich der Schlacht von Shrewsbury. Bei Shakespeare wechseln die Perspektiven in den Akten IV und V; auch bei Pargeter ist dies der Fall, bis sie in den Kapiteln 15 und 16 das Kampfgeschehen ganz aus der Sicht Hotspurs und seines Heeres darstellt. Ein anders gelagertes, interessantes Kontrastbeispiel ist der in der Kritik umstrittene Befehl zur Tötung der französischen Gefangenen bei Agincourt (Henry V 4.6.35-38; s. bes. Sutherland 2000). Giardina (333f.) hat den Raum, die taktische Lage, die Hals Satz “The French have reinforc’d their scatter’d men” (Henry V, 4.6.36) nur andeutet, konkret so auszumalen, dass sein von den Offizieren nur murrend weitergegebener Befehl als einzig mögliche Lösung erscheint. Auch sonst setzt Giardina viele eigene Akzente: Bei ihr ist Hal völlig zweisprachig Walisisch und Englisch, was angesichts seiner Geburt in Monmouth und der ersten Kindheitsjahre dort wohl möglich ist, aber es bleibt Spekulation, wir wissen nur, dass er neben körperlicher Ertüchtigung (Hutchison 1967: 16f.) intensiv Latein und Französisch lernte (Dockray 2007: 17). Es stimmt schon, Shakespeare lässt Hal in der Nacht vor Agincourt zu Pistol sagen, “I am a Welshman” (4.1.51), und Ähnliches des Längeren nach dem Sieg zu Captain Fluellen (4.7.101ff.), aber das ist mehr Shakespeares Bestreben, die Vereinigung der Volksstämme auf den britischen Inseln darzustellen. Wenn Fluellen von Hals “Welsh blood” spricht, so kann damit nur einer seiner vier Urgroßväter gemeint sein, sonst war die Abstammung normannisch bzw. englisch (siehe Henry V. ed. Gurr 2002, Anm. zu 4.7.94). Und in Shakespeares Drama ist er eindeutig als Engländer gezeichnet, ebenso bei Pargeter. Bei Giardina ist er dagegen gefühls- und neigungsmäßig ein Waliser, der zur Harfe walisische Lieder singt, zeitlebens an seiner Amme Joan (Hutchison 1967: 15: Johanna) Waryn hängt und ebenso an einem walisischen Hirtenmädchen namens Merryn, das er vor englischen Soldaten rettete. Um sie und Hal spinnt die Autorin (in diesem Punkt analog zu Pargeter mit Hotspur und der Waliserin Julian) eine langjährige, höchst intensive und keineswegs ‘platonische’, im Teil III sehr breit dargestellte Romanze. Pargeter betont die (bei Shakespeare nicht einmal angedeutete) Zuneigung und Verehrung des jungen Prinzen für Richard II, die schon in frühen Chroniken Holger Klein 136 erwähnt wird; 17 Giardina baut dies in epischer Fülle noch eingehender aus. Dagegen kontrastiert in diesen Romanwerken die - bei Shakespeare gar nicht gestaltete - persönliche Beziehung Hals zu Hotspur. Bei Pargeter liebt und verehrt er, bei Giardina hasst und verabscheut er ihn. Aus Biographien Heinrichs V. (Hutchison 1967, Dockray 2007) geht von beidem nichts hervor. Und Giardinas Hal kämpft zwar fest, wenn es sein muss, aber er mag es eigentlich nicht, sein Gewissen plagt ihn nach jeder Schlacht, die für einen Herrscher notwendige Entschlossenheit auch bei schweren und blutigen Entscheidungen wurde ihm von Hotspur auf Geheiß des Königs eingeprügelt. 18 Die Abneigung zwischen Vater und Sohn existiert schon im frühesten Alter und erwuchs aus Heinrichs IV. Verachtung des (wie historisch bezeugt) zunächst schwächlichen und öfters kränklichen Kleinkindes 19 und später, wie ihn Giardina darstellt, des human empfindenden Knaben und Jünglings. Während Pargeter Falstaff und die legendäre wild youth des Prinzen ausblendet, 20 ist Falstaff bei Giardina sehr wohl gegenwärtig, allerdings unter dem von Shakespeare ursprünglich gewählten Namen Sir John Oldcastle, der hier bedeutend jünger ist als bei Shakespeare (Oldcastle wurde 1378, also nur acht oder neun Jahre vor Hal, geboren; s. zur Person bes. die Einleitung von Corbyn/ Sedge 1991). Er führt den noch sehr jungen Prinzen (wohl 15-16 Jahre) in die Freudenwelt von Eastcheap ein, 21 der Hal dann, als er Merryn, seine Waliser Hirtin, wiederfindet, entsagt. In markantem Unterschied zu Shakespeare haftet den Eastcheap- Episoden kein Humor an. Im Verlauf des Romans wird Oldcastle (in völligem Gegensatz zu Shakespeares Falstaff, doch dicht an der historischen Wirklichkeit) immer mehr zum lollardischen Fanatiker, und ihre Wege gehen auseinander (bes. 220, 270 u. 274f.), doch ermöglicht Hal dem entfremdeten Freund die Flucht aus dem Tower - eine legendenhafte Arabeske. Von Oldcastles neuerlicher Verhaftung und grausiger Hinrichtung (1417) erfährt Hal dann in Frankreich. Allgemein ist Good King Harry, verglichen mit A Bloody Field, näher an Shakespeares Historiendramen; viele Details der Handlung finden sich in beiden, 22 einschließlich der gestohlenen Monstranz; 23 und die Beziehung 17 Siehe McFarlane (1971: 104f.); dazu Dockray (2007: 80f.), Hutchison (1967: 19f.) sowie schon Lindsay (1934: 36-40). 18 Siehe bes. 75; dort sagt er angesichts der vom englischen Militär begangenen Gräueltaten in Wales, die er nicht verhindert kann, an denen er sich aber mitschuldig fühlt zu sich selbst: “you are dead.” 19 Siehe Lindsay (1934: 13) u. Hutchison (1967: 18f.); Dockray (2007: 15) tut dies als Legenden ab, bestätigt aber die Musikalität des jungen Prinzen (80). 20 Zu diesem Thema siehe F. Solly-Flood (1886), Harcourt (1910), Kingsford (1910), bes. Bowling (1925) sowie Bullough (1962: 159-61). 21 Die Entsprechung zu Mrs. Quickly heißt bei Giardina Mrs. Brawley (82ff.). 22 So z.B. 128ff. eine (näher an den Quellen orientierte) Entsprechung zur Gadshill- Eskapade 1Henry IV 2.2, oder 263f. zum kontrastierenden Seitenblick auf türkische Shakespeare und der historische Roman 137 wird explizit in den Zitaten, die den Nummern der Teile beigefügt sind, angefangen mit Fluellens klassischem Satz “There is good men porn at Monmouth” (9, vgl. Henry V, 4.7.50). 24 Ungeachtet der Flüssigkeit und häufigen Intensität von Beschreibung und Dialog (sämtlich vom sterbenden Monarchen nach-erlebt), die leicht mit Pargeters Prosa mithalten kann, wenn sich Drama und Roman eng berühren, wie in der berühmten Rede vor der Schlacht von Agincourt (327f., Henry V 4.3.18-67), verblasst die Prosa Giardinas vor Shakespeares Vers. Was geradezu unglaubliche Nähe zu Shakespeare in ganz anderem Modus bewirken kann, zeigt mein drittes, bekanntestes und aufregendstes Beispiel. Nyes Falstaff (1976) Der Roman Falstaff von Robert Nye (1976) erhielt den Hawthornden Prize und den Guardian Fiction Award. Es teilt mit Brian Moores The Doctor’s Wife den Jahreseintrag für 1976 in Anthony Burgess’ Buch der 99 besten Romane seit 1939 (1984: 112f.). Dieser erste durchschlagende Erfolg wurde, übersetzt, auch in anderen Ländern populär (Matcham 1999: 82). Zusammen mit Merlin (1978), The Voyage of the Destiny (1983), The Memoirs of Lord Byron (1991) und (zumindest in einiger Hinsicht) Mrs. Shakespeare: The Complete Works (1993) zeichnet sich Falstaff unter Nyes historischen Romanen durch seine Zugehörigkeit zu einer, soweit ich sehen kann, noch nicht voll wahrgenommenen Untergattung aus, 25 der man bis zum gewissen Grad auch Giardinas Good King Harry zurechnen kann: Romane, die vorgeben, die Autobiographie einer bekannten historischen (oder, im Fall von Merlin, legendären) Persönlichkeit zu sein, im Gegensatz zum traditionellen autobiographisch angelegten Roman, der eine erfundene Person verwendet. Bedeutende Beispiele für solche nicht fiktionale, sondern spezifisch fiktive Autobiographien 26 sind I Claudius und Sultane 2Henry IV 5.2.46-49, oder 352 Fluellens Alexander-Vergleich Henry V 4.6.11ff. 23 Siehe 308-10, mit Details ausgemalt, aber ohne Namensnennung; Bardolph kommt bei Giardina nicht vor. 24 Die anderen Motti sind: zu II, 55: “I am not yet of Percy’s mind, the Hotspur of the North [...] I want work” (1Henry IV 2.4.97ff.; gekürzt u. monologisiert); zu III, 121: “Where is his son,/ The nimble-footed madcap Prince of Wales, [...] And bid it pass? ” (1Henry IV 4.1.94-96); zu IV, 257: “We few, we happy few, we band of brothers” (Henry V 4.3.60); zu V, 337: “He ne’er lift[ed] up his hand but conquered” (1Henry VI 1.1.16). 25 Falls überhaupt erwähnt, werden solche Werke gewöhnlich der Biographie zugeordnet, siehe z.B. Maack (1993: 170) u. bes. Schabert (1990). Andererseits halten Werke zur Autobiographie am Konzept der Schrift eines Menschen über sich selbst fest, vgl. z.B. Pascal (1960: Kap. I u. XI), Lejeune (1975: bes. 18 u. 38f.), Fowlie (1988: 165), Holdenried (2000: bes. 42f. u. 207f.) sowie Hinck (2004: 1ff.). 26 Zum Terminus s. Neumeier (1988); er ist “mock memoir” u. “mock autobiography” von Rozett (2000: 144 u. 163) vorzuziehen. Holger Klein 138 Claudius the God von Robert Graves (beide 1934) sowie Marguerite Yourcenars Mémoires d’Hadrien (1951). 27 Das besondere an Falstaff innerhalb dieser Gruppe ist natürlich, dass wir hier die fiktive Autobiographie einer literarischen Figur vor uns haben. Eine weitere Besonderheit ist, dass Falstaff seine Autobiographie nicht etwa schreibt, sondern verschiedenen Amanunses, secretaries, diktiert. Drittens ist besonders an diesem aufregenden Buch, dass es, aufgrund der Dichte direkter und indirekter Verweise auf Shakespeare, in Beate Neumeiers Worten als “intertextueller Roman schlechthin” gelten kann (1988: 151). Er exemplifiziert Intertextualität sowohl gemäß Julia Kristevas 1966 und später vorgetragenen, weitem Konzept, also mehr oder weniger frei in der Luft schwebend, allgegenwärtig und somit unbestimmbar, als auch gemäß eines engeren Konzepts, also spezifisch bestimmbar und demonstrierbar. 28 Letzteres ist aus meiner Sicht allgemein nützlicher, fällt in Genettes Palimpsestes (1982) unter die Kategorie I 29 und ist für den gegenwärtigen Fall von unmittelbarem Interesse. Falstaff ist viertens (wie auch teilweise Good King Harry) ein Beispiel für die kreative Rezeption eines literarischen Werks in einem anderen Werk. Und fünftens stellt er eine Kritik eines Werkes in einem anderen dar, denn er enthält viele Angriffe auf Shakespeares Darstellung der Ereignisse in Henry IV und Henry V, wobei bestimmte Tendenzen der Kritik zu diesen Dramen stillschweigend übernommen werden. Drei weitere Charakteristika sind wichtig: Im Gegensatz zu Pargeters und Giardinas Romanen ist der von Nye oft umwerfend komisch - wie es dem Gegenstand angemessen ist - und ist zugleich, anders als Pargeter und Giardina, und sogar stärker als Shakespeare (was viel heißen will), umfassend, unverbrämt, unverschämt und extrem einfallsreich unanständig, oder, wie ein Anonymus im Publishers’ Weekly schrieb, “raunchy.” Es steht in der Bodleian Library wahrscheinlich unter der Signatur Phi (Fie? ), falls es die noch gibt, und ist vermutlich ein rotes Tuch für den Feminismus. Schließlich haben wir hier ein ungewöhnlich seltenes Nahverhältnis zwischen Hypotexten und Hypertext vor uns - im Sinne von Genette (1982) natürlich, nicht etwa dem von Informationswissenschaft und Computern. Obgleich Shakespeare nur ein einziges Mal erwähnt wird, und zwar als “Shake, spear! ” in Analogie zu “Fall Staff! ,” beides mit stark sexuellen Obertönen (10), deutet schon der Titel auf eine enge Beziehung zu Shakespeare hin, was durch die Widmung sofort verstärkt wird. Sie stammt von “R.N.” und ist an den literary agent und zugleich Schriftsteller Giles Gor- 27 Vgl. entsprechend Kap. 6 u. die Abschnitte I-V des Epilogs in Burgess (1985). 28 Siehe bes. Kristeva (1969: 85). Zu dieser Unterscheidung s. wegweisend Pfister (1985: bes. 6ff. u. 14-16). 29 Siehe Genette (1982: 8ff.) für diese u. weitere einschlägige Kategorien. Shakespeare und der historische Roman 139 don gerichtet als Pastiche von “T.T”s Widmung der Erstausgabe der Sonnets (1609) an “Mr. W.H.2 als “the onlie begetter” usw. Wie man sich erinnert, spielt Sir John Falstaff in vier Shakespeare- Stücken eine Rolle Er ist einer der Hauptcharaktere - wenngleich nicht der Hauptcharakter - in beiden Teilen von Henry IV und in den Merry Wives of Windsor; in Henry V werden seine Krankheit und sein Ableben berichtet (2.1.79-86, 114-24; 2.3.1-44), ferner kommentiert Fluellen seine Behandlung durch den König (4.1.11-50). Schließlich wird in 1Henry VI Sir John Fastolf (den Nye vollständig mit Falstaff identifiziert), ein bekannter und wichtiger englischer Heerführer während der zweiten Phase des Hunderjährigen Kriegs mit Frankreich (s. Cooper 2010, bes. Kap. 1), wegen angeblicher Feigheit in der (von Allmand (1988: 33) mit skirmish unterbewerteten) Schlacht von Patay im Juni 1429 bezichtigt (1Henry VI 1.1.130-36). Lord Talbot reißt Fastolf den Hosenbandorden ab, und der König verbannt ihn (1HVI 4.1.9-47). Das entspricht nicht dem, was faktisch geschah - Fastolf wurde nur suspendiert und später rehabilitiert (eine von Shakespeare unterdrückte Tatsache (s. Collins 2000, dazu Cooper 2010: 86-67). Auf der Grundlage dieser Stücke (offenbar verbunden mit breiten Studium literaturwissenschaftlicher und historiographischer Werke) konstruiert Nye ein volles, außerordentlich bewegtes Leben Falstaffs, hauptsächlich so, wie es von Falstaff selbst gesehen wird, eine Präsentation der Ereignisse bei Shakespeare und in der Geschichte aus einem ungewohnten Blickwinkel. Das Ganze ist in 100 Kapitel oder days eingeteilt, eine Zahl, auf die Falstaff immer wieder zu sprechen kommt, 30 vom Neujahrstag (in England von 1155 bis 1751 der 25. März) bis Halloween, 31. Oktober 1459, dem Todesjahr des historischen Sir John Fastolf. Dabei werden allerdings einige Tage explizit übersprungen - variatio delectat - und die letzten beiden Kapitel nehmen eine Sonderstellung ein: XCIX sind Notizen, die Falstaff sich in Vorbereitung auf seine letzte Beichte machte, und C stammt von seinem Stiefsohn Stephen Scrope, denn Falstaff konnte schlecht die Beschreibung seines Todes diktieren. 50 dieser 100 Kapitel sind Falstaffs Kindheit und Jugend gewidmet (liegen also lange vor den Ereignissen in Henry IV), wobei er, ebenso unerklärt wie Tristram Shandy (1759-67), nur viel ausführlicher, mit den Umständen seiner Zeugung einsetzt, für welchen Akt Falstaffs Vater zur Sicherstellung der Empfängnis als besten Ort das Fortpflanzungsorgan des in einen Hügel eingezeichneten Riesen von Cerne Abbas bei Dorchester ausgesucht hatte. 25 Kapitel beschreiben die Phase von Falstaffs enger Beziehung zu Hal, dem Prinzen von Wales, und die letzten 25 Falstaffs spätere Jahre bis 1459 (vgl. Neumeier 1988: 153 und Rozett 2000: 30 Vgl. die 100 Kapitel der von Robert Reynolds/ Pickleherring erzählten Geschehnisse in Nyes Roman The Late Mr Shakespeare (1998), ganz abgesehen von Dantes Göttlicher Komödie, Boccaccios Decamerone u.a. Holger Klein 140 158f.). Die Seitenverteilung entspricht nicht genau dieser Gewichtung, 31 aber diese Kapitelblöcke vermitteln doch eine Idee der Gesamtstruktur. Falstaff nennt einmal die Zeit mit Hal “one of the greatest and happiest periods of my life […] and the most full of events and wisdoms” (246); entsprechend heißt es andernorts “pre-Hal Ireland” (228) und “[…] to introduce HAL, in the days when he was HAL” (250). Diese Phase ist also zweifelsohne als zentral anzusehen. In ihr ist neben selbst für dieses Buch enormer Intertextdichte die handlungsmäßige Deckung mit den beiden Teilen von Henry IV derart eng, dass man von concurrence oder Zusammentreffen zwischen Hypertext und Hypotext sprechen kann. Die voraufgehenden und nachfolgenden Handlungsteile werden somit zur complementation oder Ergänzung (Klein 1999) zu prequel und sequel. Aber ein solches Schema ist zu klar, zu säuberlich, um dem Buch gerecht zu werden. Dafür gibt es zu viele Vorwegnahmen, Seitenblicke und ausführliche Exkurse, Einlagen aller Art. Eine Bestimmung des Texttyps, dem man Nyes Falstaff am besten zuordnet, ist angezeigt. Lanham (1976: 18 u.a.) unterscheidet zwei “characteristic modes” in der westlichen Literatur, “narrative and speech, or serious and rhetorical,” dazu zwei “ranges of motive”: “serious and purposive” gegenüber “dramatic and playful.” Ähnlich, jedoch spezifisch für die fiktionale Prosa, spricht Weinstein (1981: 4 u.a.) von zwei Typen: “mimetic” und “generative.” In diesen binären Gegensatzpaaren entsprechen Pargeters und Giardinas Romane deutlich dem ersten Typ, sie sind “serious und purposive” sowie “mimetic,” Nyes Roman dagegen erfüllt alle Kriterien des zweiten, er ist in der Tat “rhetorical,” “playful” und “generative.” Leider erwähnt Michael Bakhtin in seiner gewichtigen Studie über Rabelais Falstaff nur einmal, und das flüchtig (1984: 143); aber die Affinität zwischen Shakespeares Figur und der Gedankenwelt Bakhtins liegt auf der Hand. 32 Nyes fiktive Autobiographie Falstaffs bringt dies in gesteigerter Form heraus (vgl. Neumeier 1988: 160f. u. Concha 2004: bes. 74f.). Allgemein ist die Einwirkung von Rabelais’ Gargantua et Pantagruel (1532-34) unverkennbar, nicht nur in der ebenso humoristischen wie krasser Körperlichkeit , die J.I.M. Stewart, alias Michael Innes (1976) zur Beschreibung des Romans als “gargantuan romp” führte, 33 sondern auch in solchen Charakteristika wie Kapitelüberschriften, die zumeist mit How […] oder About […] beginnen, etwa XVII “How Sir John Fastolf was apprenticed monk” (82) oder “About a base attack upon Sir John Fastolf” (235), Nachbildungen der konstanten Comment […] und De […] in Ra- 31 Kindheit u. Jugend: 1-249, die Phase mit Hal: 250-333, das spätere Leben: 331- 475, also rund 55%, 18% u. 27%. 32 Siehe z.B. Macdonald (1995: , bes. 81-83) u. Laroque (1998: , bes. 83., 89 u. 93f.) u. vgl. - wohl unabhängig von Bakhtin - Barber (1972: 213): Falstaff als “incarnation of carnival” u. Iser (1988: 115): Falstaff “stages the revolt of the body.” 33 Vgl. ähnl. Burgess (1984: ); in einer von Allen (1982: 568) erwähnten Rezension sagt Kenneth Tynan: Nye “writes like Rabelais reborn.” Shakespeare und der historische Roman 141 belais. 34 Ferner in Listen aller Art, 35 von den 69 verschiedenen Schreibungen von Falstaffs Namen (11), 36 über die einzelnen Gerichte einer wahrhaft gargantuesken Mahlzeit von Falstaffs Vater auf dem Weg zu seiner gebärenden Frau in Wells (15), 37 bis zu einer Inventarliste von Caister Castle (422-25). 38 Rabelaisisch ist auch die weitgestreute Heteroglossia (zusätzlich zur nach Bakhtin im Roman per se gegebenen). Sie zeigt sich in Einlagen wie z.B. Kapitel LXI, “Bardolph’s Tale” (280-85), oder Corporal Nyms jingle über Joan of Arc (408) und Kapitel LXXVII, Mrs Quicklys Bericht über die erstaunlichen “focative” Aktivitäten Sir John Falstaffs und seiner Frau Millicent 39 an ihrem Hochzeitstag im verschneiten Garten (333-36), wo er ihr “measure for measure” gab, “and it was as she liked it” (334). 40 Diese Schilderung mündet in einem Erguss, der an das Ende von Mollys Bewusstseinsstrom in Joyces Ulysses erinnert, vielleicht vermengt mit dem bekannten Vers bzw. Lied von “Sir Jasper.” Mit Ausnahme offener (im Gegensatz zu indirekter, nur implizierter oder anspielender) Unanständigkeit treffen solche Merkmale eines “dramatic or playful” oder “generative” Textes auch, wie weithin bekannt, auf Sternes Tristram Shandy (1759-67) zu, ein Werk, dem Falstaff als Icherzählung näher steht. Zwar entwirft auch Rabelais eine Art Dialog durch häufige Leseranreden, aber bei Sterne ist dies Element viel stärker, der Leser wird, wie besonders Iser großartig zeigt (1988: 61ff.), ständig aktiviert. Desgleichen bei Nye: Sein Roman ist übersät mit Leserappellen, im allgemeinen you, oder Sir (z.B. 70) oder Madam (z.B. 71), 41 oft begleitet von Interjektionen oder Fragen, z.B. “Reader, do you wonder how I managed it? ” (38). 42 Daraus entsteht der Eindruck gesprochener Sprache, der 34 Cohens Übersetzung (1955) behandelt die Überschriften freier. 35 Vgl. in Rabelais z.B. I.3: medizinische Autoritäten (Boulenger 1955: 15/ Cohen 1955: 46); II.7: Bücher (Boulenger: 195-202/ Cohen: 187-92); II.30: Bußarbeiten berühmter Leute in der Hölle (Boulenger: 296-98/ Cohen 266-69) u. IV.30-32: erschöpfend detaillierte Anatomie von Quaresmeprenant/ Lent (Boulenger: 621- 27/ Cohen: 513-19). 36 Vgl. hierzu Concha (2004: 79) u. die 48 Schreibvarianten von Shakespeares Namen in Kap. V von Nyes The Late Mr Shakespeare (1976). 37 Vgl. drei andere Listen ungeheurer Mahlzeiten, 18, 64f. u. 175. 38 Etwa die Liste merkwürdiger Todesarten berühmter Leute (95), die Liste der Kinder von King Brokenanus [sic! ] u. seiner Frau Goneril (116f.), darunter höchst unwahrscheinliche Namen, im Gegensatz zur Liste der Päpste, auf deren Wohl Falstaff einmal anstieß (225f.), mit ausschließlich historischen Namen. 39 Der Name stimmt: Sir John Fastolf heiratete am 13, Januar 1409 Millicent Scrope, die Witwe des Deputy Lieutenant von Irland, Sir Stephen Scrope (die ihren Sohn Stephen als von Falstaff ungeliebten Stiefsohn in die Ehe mitbrachte); vgl. Cooper (2010: 14). Die erotischen Arabesken des Hochzeitstages sind natürlich erfunden. 40 Vgl. zu diesem Kapitel Stewart (1976); aber Mrs. Quicklys Idiolekt, stark zu Anfang, verliert sich rasch. 41 Oft mit Epitheta versehen, wie z.B. 82: pious, 120: lewd, 257: unbiassed, 300: gentle, 365: attentive. 42 Vgl. z.B. 213: “(Laugh, reader, if you can),” bes. ausgedehnt 248 u. 267. Holger Klein 142 auch einmal explizit an die Oberfläche dringt: “The freedom I allow myself - those bright swifts mating! - I extend it to you, and you, and you, my readers. Ideally, my listeners” (160, vgl. 367). Und diese dialogische Methode schließt auch die typische Distanz zwischen dem erlebenden und dem erzählenden Ich ein (Stanzel), 43 so besonders 367: “What you are hearing, Dear Guests, is Fastolf on the day at each Day’s title, Fastolf here and now, remembering then” (vgl. z.B. 90, 104, 108 usw.). Den Eindruck des Gesprochenen intensivieren auch Unterbrechungen, wenn Falstaff/ Fastolf etwa zu seinen Sekretären redet, z.B. “How are we for figs from Cerne Abbas? ” (190), oder über sie, 44 sowie durch Ereignisse auf der Ebene der Erzählzeit, z.B. “There’s Miranda at the door. Enough for today. Amen” (45, vgl. 277). 45 Sterne steht auch hinter Falstaffs häufigen Reflektionen über seine Erzählung, die den Roman in der Nachfolge von Tristram Shandy ausgesprochen metafiktional machen. Linda Hutcheon (1992: bes. 105-23) oder Ansgar Nünning hätten an Nyes Falstaff ihre Freude gehabt, wären sie zufällig darauf gestoßen. Da geht es zum einen über seinen Stil, wie z.B. “I’ll give you more of the real King’s English in due course, perhaps” (146), 46 oder die Darstellungsart, z.B. “I am told that the tone and tenor and general temperature of these memorials is too low” (115); 47 die Betrachtungen können auch den Fluss des Erzählens unterbrechen mit Kommentaren wie “The business I am telling you about must have started […]” (180); oder sie sind programmatisch, wie z.B. das Kapitel IX über die Zahl 100 mit Vorstellung seines Projekts, sein Leben in 100 Tagen zu erzählen, 48 oder LII, wo er die “in the chapters now following” hauptsächliche auftretenden Personen beschreibt (251). 49 Unbeeindruckt von Swifts satirischer Attacke gegen Abschweifungen (1704/ 1964: Abschnitt VII, 93-97) bildet Sterne sie, inspiriert von John Locke, zur Strategie aus, die, wie Iser sagt, seinen ganzen Roman strukturiert. 50 Soweit geht Nye nicht, sondern wahrt ein Gleichgewicht zwischen 43 Iser (1988) spricht vom “reflecting self,” Franz Stanzels Terminologie (1964: 25- 39, bes. 32f.) ist vorzuziehen. 44 Vgl. z.B. 41: “Set it down, Snotbum. No bloody arguing. Brandy! ” u. 267: “Worcester [einer der Sekretäre] is smiling. His one eye lights up. He has it! ,” ähnl. 192 u. 229. 45 Vgl. 24: “The mice [seine Sekretäre] are away. The cat can play,” 34: “If I shut my eyes now, I can still hear her crying” u.a.m. 46 Vgl. als weitere Beispiele 105 u. 228, bes. 179: “This won’t do. Let me attempt a more philosophical-political style.” 47 Vgl. z.B. 237 “All my stories are moral stories,” noch hintergründiger 87. 48 Kap. IX, 38-45; vgl. LXII “About the holy number” (286f.), auch Swift über die Zahl 3 in Abschnitt I der Tale (1964: 44f.). 49 Für solche Ankündigungen vgl. z.B. 105, 123 u. 263, dazu Tristram Shandy, z.B. III.35 (in Petrie 1987: 231); über Slawkenbergius vgl. Nye (1976: Kap. XLV, 223- 31); über Falstaffs Nase - ein neckischer Blindgänger, siehe Neumeier (1988: 158). 50 Iser (1988: 71); vgl. bes. Tristram Shandy, Buch I, Kap. 22: “In a word, my work is digressive, and it is progressive too, - and at the same time” (in Petrie 1987: 95) u. Shakespeare und der historische Roman 143 dem, was Burgess (1984: 112f.) “the forward drive of modern fiction” nannte, und den “wordy divagations of a more monkish [d.h. rabelaisischen] tradition.” Aber die spielerischen und generativen Elemente (Weinstein 1981) sind stark genug, um glattes Vorwärtsschreiten zu behindern. Kein Schade - wie Falstaff über seine Lebensgeschichte selbst sagt: “I may most be telling that story when I seem to wander away from it. You do not always take a castle by advancing in a straight line” (93). Während Shakespeares Falstaff hauptsächlich bibelfest ist - mindestens so fest wie Ottfried Fischer als Bulle von Tölz - zeigt sich Nyes Falstaff phänomenal gut belesen. Unter verschiedenen Funktionen der Intertextualität befördert sie hier vor allem die Adaptation, Verschiebung und Burleske, mit vom Unterhaltungswert einmal abgesehen, zumeist subversiven Effekten. 51 Viele der zahllosen Intertexte sind nur teilweise markiert, noch viel zahlreicher sind die völlig unmarkierten. 52 Das führt zur Frage nach der Zielleserschaft. Ángeles de la Concha (2004: 83) meint, dass der Roman ohne Kenntnis der Hypotexte nicht gelesen werden könne. Das würde den Kreis möglicher Leser sehr einschränken und scheint übertrieben, denn die Seiten sprudeln voll Fabulierlust, Abenteuer und Spaß, sodass eigentlich jeder den Roman genießen können sollte. Die meisten Leser werden ohnehin von Shakespeare und Falstaff gehört haben. Jedoch sind Lesende, die alles identifizieren oder auch nur wahrnehmen (wie beispielsweise auch in den Werken von Dorothy Sayers und Michael Innes) wohl recht selten. Und Shakespeare ist zwar der hauptsächliche, aber keineswegs der einzige Bezugspunkt. 53 Man darf eher sagen: Amüsement und Genuss des Lesens steigern sich, je mehr man erkennt und unterbringen kann an Zitaten und Halbzitaten, oder aber bloßen Erwähnungen und Anspielungen, auch auf historische Persönlichkeiten und Situationen. Nur in diesem Sinne ist Falstaff ein Werk für erfahrene Studierende der Literatur (besonders der anglophonen) und Kultur. Einige Beispiele aus dem weiteren Feld mögen den Horizont andeuten. “Gurth Fastolf my ancestor fought for King Harold” (8) ruft im Zusammenhang der sächsischen Vorfahren, verbunden mit abfälligen Bemerkungen über William und seine Normannen (8-10) die bullige Gestalt in Scotts Ivanhoe (1819) auf. Falstaffs Onkel Hugh wird als Student von Paracelsus bezeichnet (35) - eine spaßige Unmöglichkeit, der lehrte be- allg. die Einleitung von Ross (1983: XVI-XIX) sowie Mendilov (1968: , s. bes. 100- 104) u. kürzlich wieder Rozett (2000: 156ff.). 51 In Klein (1994) bot ich ein Schema intertextueller Beziehungen (50), unterschätzte aber damals, wohl aufgrund der betreffenden Texte, die Bedeutung der Subversion. 52 Zur Kennzeichnung von Intertexten s. Helbig (1996), der sich auf Broichs Beitrag (1985: 31-47) stützen kann. 53 Bei Shakespeare zögert man mit der Zuordnung von Nyes Beispielen zu einer der beiden Kategorien, ‘Einzelreferenz’ u. ‘Systemreferenz’ von Broich u. Pfister (1985: 48-58); viele Fälle sind beides zugleich. Holger Klein 144 kanntlich im 16. Jahrhundert. Indem er den “poeticule Scogan” ruhmlosen Angedenkens aus 2Henry IV (3.2) heruntermacht, bemüht Falstaff Congreves Mourning Bride 3.8 (1697): “Hell hath no fury like a poet reviewed in public with a cudgel” (179). Und Falstaff stellt frei nach Descartes fest: “I fart, therefore I am” (111). Im Verlauf von sehr komplexem nightwork mit der bona roba dieses Namens (2Henry IV 3.2.) lesen wir “Shallow rushed in where Fastolf […] would have feared to tread,” eine kühne Vorwegnahme von Popes Essay on Criticism (1709) III.65. Noch lustiger ist Mrs. Quicklys Reaktion auf eine 1872 gedruckte nurseryrhyme-Version der Volksballade Sir Lancelot du Lac, 54 von der Shakespeares Falstaff in 2Henry IV 2.4 einen Vers singt, die Nyes Falstaff aber länger zitiert und gegenüber Quickly und Doll Tearsheet als “one of my songs of King Arthur” ausgibt: When good King Arthur ruled this land, He was a goodly king. He stole three pecks of barley-meal To make a bag-pudding. Ohne es zu ahnen, verbindet Quickly das Abschluss-Diktum von Keats in der Ode on a Grecian Urn mit T.S. Eliots Tradition and the Individual Talent: “That’s true poetry,” said Mrs Quickly. “I always liked a bit of true poetry. Beauty is truth, truth beauty. I mean to say - it’s an escape from your personalities, isn’t it? ” (304f.). In Beantwortung seiner eigenen Frage, warum er später wieder in den Krieg zog, spielt Falstaff auf das bekannte Plakat von 1914 mit Lord Kitcheners ausgestrecktem Zeigefinger an: “First, because I am an Englishman, and my country needed me,” gefolgt vom ironischen Nachsatz: “Second, because I needed money” (313). Nach Shrewsbury (21. Juli 1403) türmen sich auf dem Schlachtfeld “whole hillocks of corpses […] awaiting the cart to Dead Men’s Dump” (295), bekannt aus Isaac Rosenbergs Gedicht von 1917. 55 So können die Anachronismen, während sie uns lächeln machen, auch ernste Themen ansprechen, wie z.B. in Falstaffs Evozierung von James Joyce während einer Belagerung von Kildare, bei der es den “Boglanders” [sic! ] um “Devolution” und “Home Rule” ging (220): “I recall […] a young man rather like a question mark in shape, whose battle cry was something about History being a nightmare from which he was trying to awake. An Irish proverb, no doubt” (221). 56 Wie Skows Rezension des Romans (1976) in witziger Umkehrung betont, die Tatsache, dass Falstaff massenweise Shakespeare-Texte verwendet, ist schon in sich ein anachronistischer Scherz: 54 Die erste erhaltene Version dieser Ballade steht in Thomas Deloneys Garland of Good Will (ca. 1586). Die Version von 1872 verdanke ich Google. 55 Vgl. die Anspielung auf Ernest Raymonds 1922 veröffentlichten Roman (Tell England) über den Ersten Weltkrieg: “Thank you, Clio. Tell England, will you? ” 56 Vgl. Stephen Dedalus kurz vor dem Ende der Episode “Nestor” in Ulysses. Shakespeare und der historische Roman 145 He is dictating in the year 1459, of course unaware that nearly a century and a half later an unscrupulous playwright […] will ransack his memoirs for the better parts of three plays […] Shakespeare stole from Falstaff in other dramas too […] So much for the Borrower of Avon. Was Shakespeare-Werke außerhalb der Henriade angeht, ist das Erste, das einem neben einzelnen Wörtern oder Ausdrücken 57 auffällt, die Menge von Shakespeare‘schen Namen - zumeist weiblichen. Und hier feiert die Subversion ein richtiges Fest. 58 Falstaff hat als Haus- und Kuscheltier eine Ratte namens Desdemona (53 u. später), als man ihn auf Geheiß der Herzogin von Norfolk in Mädchenkleider steckt, sind Rosalind und Portia (62) seine Bettgesellinnen (für die er aber leider viel zu jung ist). Im Verein mit seiner Stiefschwester Ophelia (97 u. später) verliert er seine Jungfräulichkeit, und mit seiner Nichte Miranda hat er eine jahrelange, leidenschaftliche Affäre. Es war im Übrigen nicht Iachimo, sondern Falstaff, der Imogen mit dem Kisten-Trick überlistete (202), und natürlich war er durchdringend erfolgreich. In der Tat, es gibt im Shakespeare-Kanon kaum eine Frau, der Falstaffs Priapismus nicht zugutekommt. 59 Damit nicht genug: Als Knabe zog er einen Stock als Spielpferd an, das er Roan Barbary taufte (vgl. Richard II 5.5.78), sein Koch heißt Macbeth (3 u. später), der Name eines geilen Eremiten in “Pistol’s Tale” ist Malvolio (357), und Falstaff kannte einmal “a dago called Iago” (367). Komische Subversion manifestiert sich auch in der Neuzuteilung und Dislozierung von Ausdrücken und Passagen. So sagt Falstaff z.B. über seinen (für Fastolf historisch detailliert erwiesenen) 60 sozialen und vor allem finanziellen Erfolg über die Jahrzehnte hinweg: “O brave old world, in which such things are possible. For an Englishman” (40, vgl. Miranda im The Tempest 5.1.183f.). Die Herzogin von Norfolk sagt über Falstaff als Pagen “A woman’s face […] with nature’s own hand painted” (60, vgl. Sonett XX). Tausende von italienischen Flagellanten rennen “in the vast dead of night” herum (122, vgl. Hamlet 1.2.198). Will Squele (einer der Genossen in Shallows angeblich so ausschweifender Jugend, s. 2Henry IV 3.2.13ff.) stellt Falstaff seine Frau mit Touchstones Worten über Audrey vor: “A poor thing, Jack, but mine own,” was die Frau schlagfertig mit “A poorer thing, Jack, but mine owner” quittiert (145, vgl. As You Like It, 5.4.56). 61 57 Wie z.B. 199 “your pillicock” (King Lear 3.4.75) u. “your poperin pear” (Romeo and Juliet 2.1.38); 339 “country matters” (Hamlet 3.2.112) u. 450, “Remember me” (vgl. Hamlet 1.5.91). 58 Vgl. Neumeier (1988: 159ff.) u. Concha (2004: 82). 59 So z.B. Mrs. Page u. Mrs. Ford (6ff. u. später), Juliet, Perdita, Titania u. Beatrice (202). 60 Siehe z.B. Jacob (1971: 344f.) u. spez. McFarlane (1957), auch Allmand (1988: 47), zuletzt eingehend Cooper (2010: Kap. 8, bes. 134-42). 61 Auch z.B. 192, wo Falstaff sagt, in ihm sei “the milk (and fat) of human kindness” (Macbeth 1.5.192). Holger Klein 146 Einzelne markante Wörter und Ausdrücke aus Henry IV und Henry V finden sich über das ganze Buch hinweg eingestreut. 62 Noch interessanter ist die Ausformung zu ausführlichen, lebhaften Geschichten von bloßen Hinweisen in den Stücken auf in der Vorvergangenheit liegende Ereignisse. So besonders 2Henry IV 3.2.13-33, Shallows angeberischer Bericht über seine Jugendabenteuer während seiner Studien an einem der niederen Rechtskollegien, St Clement’s Inn, vom verächtlichen Kommentar Falstaffs im Monolog zu Ende von 3.2 beleuchtet. Dies wird Kapitel XXV “How Sir John Falstaff broke Skogan’s Head” ein kapitaler Sieg, bei dem die vier Söhne Heinrichs IV. zuschauten (128-35), gefolgt von Kapitel XXVI “A parallel adventure of Mr Robert Shallow v. Mr Sampson Stockfish”; Shallow, der natürlich kein Kämpe ist, hat Stockfish bestochen, den blutenden Verlierer zu spielen (136-42), und XXVII, “About swingebucklers & bona robas,” wo die anderen frühen Genossen beschrieben werden, die sämtlich auf allen Gebieten fähiger sind als der armselige, impotente Shallow (143-47), auf Abstand gefolgt von XXXIV “About Mrs Nightwork & the night at the windmill” (165-69), und dies, wiederum auf Abstand, gefolgt von Kapitel XL, ein stolzer Exkurs “About Sir John Fastolf’s Prick” (199-206). In ähnlicher Weise werden auch spätere Ereignisse ausgebaut. So weitet sich der Bericht des Boten in 1Henry VI (1.1.131-36) wieder zu einem ganzen Kapitel aus: “About the reverse at Patay, & the fall of France” (427-35). Dabei erweist sich Falstaff als kompetent und rational, Lord Talbot als halsstarrig und voreilig, sodass man ihm die Niederlage hätte zuschreiben sollen. Diese Version ist übrigens näher an der historischen Realität, die man bei Falstaffs späterer Rehabilitation berücksichtigte. 63 In Henry V (2.3.1ff.) berichtet Mrs. Quickly rührend von Falstaffs Tod. Dies stellt sich im Roman als ein Trick heraus, bei dem die Wirtin Falstaff half, seinen Gläubigern zu entgehen (155, vgl. 350 u. 396). So kann Nye seinen Falstaff - wie Fastolf in der Wirklichkeit - an Heinrichs V. Kampagnen in Frankreich teilnehmen lassen (die ja auch Giardina ausführlich schildert), zumeist im in Heinrichs Verbannungsrede (2Henry IV 5.5.64- 66) stipulierten Abstand von 10 Meilen (Kapitel LXXXIII-LXXXVI, 359- 79), unter Einschluss von Harfleur, Bardolphs Hinrichtung und Agincourt (Henry V 3.1, 3.2, 3.6.20-59, 96-109, 4.1.4.3 und 4.6), sowie des Königs triumphalen Einzugs in London (Prolog zu Akt 5), sodann die schrecklichen Belagerungen von Rouen und Meaux (Kapitel LXXXIX und XCI, Oktober 1421 bis März 1422, bei Shakespeare ausgespart). Bei der Schilderung der Kämpfe unter Heinrich VI. (ab Kapitel XCII, 403ff.) ist der Kontakt zu Shakespeares 1Henry VI (1Henry VI 1.2, 1.4-6, 2.1, 3.2, 4.1,1- 62 Seitenverweise aus drei verschiedenen Partien des Buchs mögen genügen: 7, 12, 14, 30, 37; 146, 147, 159, 162, 164, 166; 354, 358, 363, 364. 63 Vgl. in groben Zügen u. eher neutral Jacob (1971: 247); Näheres dazu bei Cooper (2010: 65-67). Shakespeare und der historische Roman 147 47) viel loser. Besonders interessant ist hier wiederum die Einfüllung von bei Shakespeare Ausgespartem, nämlich die Verbrennung von la Pucelle, der Jungfrau von Orléans (Kapitel XCIII, 407-11). All dies wird aus Falstaffs Perspektive geschildert und fast stets erntet Falstaff Ruhm, sogar bei Agincourt erweist sich laut Falstaff, dass Heinrich V. als Hal bei Gad’s Hill etwas von ihm gelernt hat (sic! ; 372, vgl. 257, 290 u. 312), so wie Falstaff schon vor Shrewsbury kühl anmerkte, Hal profitierte von “the tactics and strategy I had taught him” (290). Zwei von Falstaffs Leistungen fallen besonders ins Gewicht. Bei Agincourt schlägt er durch Bombardierung mit Gepäckstücken eine französische Kampftruppe in die Flucht, wodurch es Heinrich V. möglich wird, den Befehl zur Tötung aller Gefangenen zurückzunehmen (374-75) - eine Schönung der Geschichte, der historisch verbürgte Befehl (Jacob 1971: 155f.) wurde bekanntlich nicht widerrufen. 64 Und während der Belagerung von Orléans gelang es Falstaff mit einer relativ kleinen Truppe einen Zug von 300 (Falstaff sagt: 400) Pferdewagen voll von Munition und verzweifelt benötigtem Proviant, vor allem Heringe, gegen eine französischschottische Übermacht zu verteidigen. Diese “Battle of the Herrings” (Kapitel XCV, 416-20), die Falstaff u.a. mit Schlachten wie Marathon, Chalons und Hastings auf eine Stufe stellt, liest sich wie pure Phantasie, aber sie fand in ähnlicher Form im Februar 1429 bei Rouvray wirklich statt (Cooper 2010: 53-57). Was Nye mit beiden Teilen von Henry IV im Mittelteil seines Romans (250-330) vornimmt, ist wohl am besten als Palimpsest beschrieben, als Umschreibung zur Falstaffiade, denn er vermittelt den Eindruck, der eigentliche Held zu sein. Szenen und Passagen werden neu ausgerichtet ad maiorem Falstaffii gloriam, auch das Gleichgewicht der beiden Dramen verschiebt sich amüsant. Die bei Shakespeare mit Falstaff verbundenen Handlungsteile erhalten den größten Raum, während die bedeutenden Handlungsteile beider Dramen, an denen er nicht beteiligt ist, schrumpfen. Kapitel in Falstaff Szenen in 1 u. 2 Henry IV LI (250) Porträt von Hal LII (251) Porträts von Bardolph, Pistol, Peto, Gadshill, Nym, Poins LIII (252-58) 1HIV 1.2 LIV-LVII (259-67) 1HIV 2.2 LVIII-LIX (268-75) 1HIV 2.4 LX (276-77) 1HIV 3.2, 3.1 LXIV (289-91) 1HIV 4.2 LXV-LXVI (292-300) 1HIV 4.3, 5.1, 5.3,5.4 LXVII (300-03) 2HIV 2.1 64 Heinrich V. wurde deswegen auch in der Literaturkritik angegriffen, vgl. neben Sutherland (2000) z.B. Bromley (1971: 88f.). Holger Klein 148 LXVIII-LXIX (304-11) 2HIV 2.4, 3.1 LXX (312-13) Einschätzung Hals LXXI (314-16) 2HIV 3.2, 4.1, 3.2 LXXII (317-18) 2HIV 4.5 LXXIII (319-23) 2HIV 5.3 LXXIV-LXXV (324-330) 2HIV 5.5 Im Vorgang der Verwandlung des multiplen Blickwinkels im Drama in einen einzigen in den entsprechenden Romanpartien spielte die Shakespeare-Kritik eine interessante Rolle. Zweimal wird die Wissenschaft direkt angesprochen. Falstaff zitiert aus der Vita Henrici Quinti als Werk Thomas Elmhams, den Falstaff “a disinterested and well-instructed source” nennt (das, wie auch die Verfasserschaft selbst, sieht man seit langem anders). 65 Lustiger ist, dass Falstaff über die notorische Nacht in The Boars Head in 2Henry IV 2.4 berichtet, Pistol habe “dirty jokes and puns” von sich gegeben, “which nobody could have followed without footnotes” (307). Spezifische Verbindungen zur Sekundärliteratur über die beiden Dramen kann man nur deduzieren, was indessen nicht allzu schwer fällt. Kapitel LIII, eine Neufassung von 1Henry IV 1.2, spielt sich im Gefolge von Edmond Capell (1768) und anderer in Westminster ab, “in a private apartment of the Prince of Wales” (252). 66 Hal trinkt absichtlich weniger als Falstaff und zeigt sich bösartig, während Falstaff überlegene Weisheit an den Tag legt. Er merkt, dass Hal “was playing with me as he played with his father” (257). Poins ist schwul und Hals “male varlet” (255, videlicet “masculine whore,” 254). Der Raubüberfall am Gad’s Hill wird launig in drei Versionen dargestellt (Kapitel LIV-LVI), gefolgt von der Enthüllung der (vermeintlichen) Tatsache, die zuerst der amerikanische Shakespeare-Forscher Hudson (1871) ans Licht brachte und vielfach Nachfolger fand, 67 dass nämlich Falstaff seine Angreifer in 2.2 sofort erkannte 68 und, wie schon Bradley 1902 (z.B. 1980 verstärkt von unserem leider früh verstorbenen Kollegen Schwanitz) beobachtete, in der großen Wirtshausszene 1Henry IV 2.4, wo Hal und Poins ihn demütigen wollen, sie mit seinen Übertreibungen nur aufs Glatteis führt und ihr falsches Überlegenheitsgefühl füttert. Falstaff drückt das so aus: “It was my object all along to make the Prince of Wales believe himself to be a much finer fellow than he was” (267). 65 Vgl. hierzu neben Kingsford (1910: 61), Jacob (1971: 122) sowie Roskell/ Taylor (1971). 66 Das ist als Schauplatz unwahrscheinlich; andere, z.B. J.D. Wilson (1968) u. Humphreys (1966) legen die Szene nach London. Spätere Ausgaben verzichten ohnehin - mit zweifelhaftem Nutzen - auf solche Lokalisierungen. 67 Hudson (1872: 87), später z.B. Knowlton (1926: 204) u. Hemingway (1936: 144); ausführlich J.D. Wilson (1979: 48-56). 68 Bradley (1926: 265), Schwanitz (1980: 137-39), auch z.B. Nock (1951: 115). Shakespeare und der historische Roman 149 Kapitel LVIII geht in 2.4 weiter bis zum Höhepunkt in Hals schicksalsschwangeren Worten “I do, I will” (273, vgl. 274 u. 308), während Kapitel LIX die Durchsuchung der Taschen des eingeschlafenen Falstaff schildert. LX bietet Momenteindrücke von Shakespeares Szenen 3.1 und 3.2. Nach einem Übergangskapitel (LXIV) mit Falstaffs Rekrutierungsmethoden, eine gelungene Paraphrase von Shakespeares Szene 4.2, kommen zwei Kapitel über die Schlacht von Shrewsbury (LXV und LXVI) mit scharfen Seitenhieben auf Hotspurs, Hals und Thomas von Clarences Ehrbegriff (292f.), der für Nyes Falstaff wie vor ihm für J.B. Priestley (1966: 314) in seinem berühmten, 1961 gehaltenen Vortrag nichts als cant ist. Falstaff besteht darauf, dass es eine offene Frage sei, wer Hotspur tötete (300), was ja auch stimmt und wie es Pargeter (315f.) korrekt, wiewohl episch ausgemalt, darstellt. Für Falstaff ist nur die Frage, war er es (wie Shakespeares Falstaff wortreich in 1Henry IV 5.4.137ff. behauptet) oder Hal (wie Shakespeare es uns zeigt, 5.4.77ff.)? Falstaff lässt durchblicken, dass er es war und macht sich nur den Vorwurf, dem Prinzen von Wales widersprochen und sich dafür dessen ewige Wut und Rachsucht zugezogen zu haben (300). Kapitel LXVII basiert auf 2Henry IV 2.1, Mrs. Quicklys fehlschlagendem Versuch, Falstaff wegen seiner Schulden einsperren zu lassen, LXVIII u. LXIX sind eine kuriose Neuschreibung der letzten Boar’s Head Szene 2Henry IV 2.4, unter Einflechtung einer urkomischen, summarischen Parodie von Heinrichs IV. nächtlichem Monolog 2Henry IV 3.1 (311). Kapitel LXXI erzählt kurz die Rekrutierungsszene 2Henry IV 3.2 und den gemeinen, allseits verurteilten Trick, mit dem am 29. Mai 1405 im Wald von Gaultree Westmorland und Prinz John von Lancaster die Anführer der zweiten großen Rebellion: Erzbischof Scrope, Lord Mowbray und Lord Hastings täuschen und festnehmen (2Henry IV 4.1). Falstaff führt allerdings eine symptomatische Variation der bei Shakespeare dargestellten Umstände ein, indem er behauptet, Prinz Hal sei auch gegenwärtig (und sogar bestimmend) gewesen, was historisch falsch ist, 69 denn Hal war damals in Wales. In Kapitel LXXII spielt Hal, den Falstaff gern als Schauspieler charakterisiert, 70 in einem Shakespeares Szene 4.5 entsprechenden Auftritt den zerknirschten Sohn vor seinem sterbenden Vater, dem “Leper King” (317), ehe die Erzählung zur dritten Gloucestershire- Szene 5.3 wechselt, wo die Ankunft Pistols mit der Nachricht, Heinrich IV. sei tot und Hal sei nun König, den hastigen Aufbruch nach London auslöst. Die berühmt-berüchtigte Verbannungsszene 2Henry IV 5.5 spielt Falstaff - wie schon Orson Welles im Film Chimes at Midnight (1966) - sehr sentimental, um nicht zu sagen larmoyant aus (326-28). Er verletzt sich 69 Siehe Jacob (1971: 61) u. z.B. Black (11973: 380). 70 Z.B. 312, 313, 363; im Hintergrund steht wohl Winnys einflussreiches Buch (1968). Holger Klein 150 die Hand am Sporn des jungen Königs, eine äußerliche Entsprechung zu den tieferen Wunden, die die harte Rede und “those cold eyes” Heinrichs V. Falstaffs Seele zufügen. - Die Kälte Hals kommt auch andernorts heraus (z.B. 273, 312 und 380) und ist ein Gemeinplatz von Hal feindlich gesinnten Kritikern wie z.B. Kernan (1969: 24). 71 Mit dem Ausdruck “Harry the Prig” (329) - ein weiterer Gemeinplatz dieser Richtung der Kritik, z.B. Stoll (1960: 489) 72 - setzt Falstaff seiner Tendenz gegen Hal die Krone auf, nur noch ergänzt durch den Vorwurf von “base ingratitude” (300, vgl. 447). Diese Tendenz, das Gegenstück zu Falstaffs systematischer Selbsterhöhung und -beweihräucherung erstreckt sich, wieder wie in vielen kritischen Beiträgen, auf die ganze Familie der Lancasters; so sind sie z.B. für Elliott Krieger “a family of Machiavells, without legitimate title to the crown” (1979: 139) und Michèle Willems meint, die “tendency to use deception to build up one’s political image evidently runs in the family” (1990: 50). 73 Falstaff drückt es deftiger aus: “They all spoke alike, these sons of Bolingbroke. Spoke alike and thought alike” (292) und “[…] they were all so mean, those spawn of Gaunt’s! ” (325). Eindeutig teilt Nyes Falstaff - zusammen z.B. mit Raleigh (1916: 187), Goddard (1951: 186) und Grady (2002: 144) - Hazlitts 1817 geäußerte Ansicht: “Falstaff is the better man of the two” (1957: 285). In der Tat, die Attacken vieler Kritikern auf Hal, gerade in der neueren und neuesten Zeit, übertreffen noch die abschätzige Haltung von Shakespeares Falstaff (bes. 2Henry IV 3.4.221f. u. 228-39 sowie 4.3.85ff.) und stehen denen von Nyes Falstaff in nichts nach. So postuliert John Masefield (1911: 112f.): “Prince Henry is not a hero, he is not a thinker, he is not even a friend […] He impresses one as quite common, quite selfish, quite without feeling”; George Bernard Shaw (1961: 102) beschreibt Hal als “a Jingo hero” und “an able young Philistine inheriting high position,” der “conventional propriety and brute masterfulness” verbindet mit “a low-lived blackguardism in his private tastes.” Für Stephen Greenblatt (30) ist er zwar attraktiv gestaltet, aber ein “juggler” und “a conniving hypocrite.” 74 Mit J.B. Priestley hat Falstaff das stetige Gefühl gemeinsam, wesenhaft, ja exemplarisch, das Engländertum zu verkörpern, 75 wobei diese Englishness sich radikal von der des Establishments unterscheidet (257), dessen disestablishments Falstaff gerne aufgezeigt sieht (189). Eine weitere Konstante ist seine negative Haltung zum Töten und zum Krieg. Als “pro- 71 Ferner z.B. Allan Bloom (1993: 401) u. Lloyd-Evans (1961: 77-79). 72 Ferner z.B. Barber (1964: 48), von J.B. Priestley intensiviert zu “treacherous prig” (1966: 297). 73 Siehe z.B. Kap. XXVII (177-86), ferner 216, 298, 325; dazu Traversi (1968: 210) u. Krippendorf (1992: 149f.). 74 Vgl. Harold Bloom (1992: 3): “[...] this cold opportunist, so admired by scholars, is precisely what Harold Goddard termed him: a hypocritical and ambitious politician, caring only for glory and for power.” 75 Siehe bes. 13, 121, 123, 159, 230, 231, 257, 341, 429. Shakespeare und der historische Roman 151 fessional soldier” (69), kämpft und tötet er nicht gerne (z.B. 135, 294 u. 376 - ein Berührungspunkt mit dem von Giardina ansonsten so anders dargestellten Hal), bemerkt ätzend beim Entern eines feindlichen Schiffes: “the idiots and the valiant went first” (73); und wie Pargeters Erzähler und Giardinas Hal spart er die Schrecken und Leiden, welche der Krieg verursacht, nicht aus, im Gegenteil (bes. 293-95, 393f.). In dieser wie in anderer Hinsicht ist er auch eine Gegenfigur zu Hotspur; er ruft aus “Esperance Percy! Who ever heard such rubbish? ” (292). Was er vom herrschenden Ehrbegriff hält, kommt am besten heraus in seinen Gedanken während eines langen Diskurses von Thomas, Herzog von Clarence in Irland, wo Falstaff im Geist konstant onions einsetzt, wenn Clarence das Wort honour gebraucht, insgesamt 18 Mal auf einer halben Seite (241f.). 76 Jedoch weist er, wie Falstaffs Shakespeare, alle Vorwürfe der Feigheit entrüstet von sich (siehe z.B. 265, 430, 43)4 und entkräftet sie nach Kräften, fast wie sein früher Apologet Maurice Morgann (1777). Viele weitere Aspekte dieses aufregenden und unterhaltsamen Buchs spare ich hier aus. 77 Aber drei wichtige Punkte verlangen zumindest einen Seitenblick. Der erste betrifft die Sprache, die bei Pargeter und Giardina ein durchsichtiges Medium ist, das selten auffällt, weder altertümelnd noch zu modern. Anders bei Nye. Rozett (2000: 158) merkt an, die unzähligen Intertexte “blend imperceptibly with Falstaff’s eclectic fiction.” Zu diesem Eindruck tragen aber Nyes diskrete Modernisierungen gerade von Shakespearestellen wesentlich bei. 78 Falstaffs Diktion ist, wie die des Claudius in den Romanen von Graves, insgesamt entschieden modern. Besonders auffällig sind Ausdrücke, die jemand im fünfzehnten Jahrhundert kaum verwendet haben dürfte, wie z.B. “the right rate for the job” (39), “forked out” (178), oder “starting from scratch” (223). Zudem kommen viele Wörter vor, die es dem OED zufolge noch nicht im Englischen gab, etwa ‘prissy’ (29, 158, 241), ‘punch-up’ (179), ‘historicity’ (197), horribile dictu ‘gamahuche’ (384), ‘a nancy’ (418) und ‘sentimentalities’ (449). Zweitens ist da der Komplex des Diktats. Einige Dinge schreibt Falstaff selbst auf (23, 193, 229), aber gewöhnlich arbeitet er mit einem seiner 76 Vgl., direkter u. gröber im Ton, Falstaff über Hal u. seine Brüder: “As for their philosophy of honour [...] Up your honorable arse, your honour! ” (292). 77 So z.B. die Beschreibungen seiner Knabenzeit (Kap. IV, 29-23), des Schwarzen Todes (VIII, 32-37), der Mai-Festivitäten (XXIII, 162-64); wiederkehrende Motive wie “the chimes at midnight” (146, 159, 233, 419 - Welles hinterließ offenbar nachhaltigen Eindruck bei Nye - u. bei wem nicht? ) oder die (implizierte) Identifizierung mit dem ‘Guten Schächer’, den Jesus rettete : Lukas XXIII.40-43 (233, 316, 348; vgl. Allen 1982: 368); allgemein die vielen das Werk verklammernden Querverweise u. Entsprechungen. 78 Dies bedürfte eingehender Demonstration; ersatzweise sei auf Kap. LXVIII, 304-09 hingewiesen. Holger Klein 152 sechs secretaries (zumeist historisch bezeugte Namen, 79 wenn schon nicht Eigenschaften), die sich scharf voneinander abheben: Worcester (einäugig, treu, aber prüde), Bussard (den nichts, aber auch gar nichts erschüttert), Hanson und Nanton (ein bisexuelles Paar von Leichtgewichten), Friar Brackley (der Beichtvater, selten eingesetzt) und Stephen Scrope, Falstaffs Stiefsohn und der unwilligste und rebellischste von allen. Falstaff verspottet und beleidigt sie sämtlich gnadenlos, wodurch die Gegenwartsebene des Erzählvorgangs hervorgehoben wird. In der Tat, einer der Hauptgründe für Falstaffs autobiographisches Projekt, für diese “memorials” (z.B. 25), “annals” (z.B. 83), diese “Acta” (z.B. 225) ist, dass er seine Sekretäre ärgern kann (192f.). Sie tragen auch viel zur Metafiktionalität bei, sowohl örtlich begrenzt (z.B. 199, 234 u. 339), als auch im Allgemeinen: “I am your author. Agreed. But I am also their author […] Do you know for certain that any of them exists? […] Do you know for certain that I exist? That I don’t have an author? ” (159). 80 Schließlich besteht auch Nyes Falstaff, wie Shakespeares Falstaff in 1Henry IV 2.4.222 “Is not the truth the truth? ” (vgl. dort 164 u. 185), oft auf der Wahrheit seiner Erzählung. 81 Jedoch werden schon früh Zweifel nahegelegt: “Only now is ever true” (42) und “Reader, truth is various” (265, vgl. 268), denn die Wahrheit ist mit den Leuten verbunden, die an der Macht sind (83), und die oft beschworene Clio, Muse der Historiographie, ist in Wirklichkeit eine Hure (64, vgl. 77, 153, 154). Zudem ist die Wahrheit schwer, wo nicht gar unmöglich, zu erlangen (190f.). Falstaff stellt “fact and fiction” (171) einander gegenüber und weist einmal stolz darauf hin, dass er seiner Erzählung “that air of reality” verliehen hat, “verisimilitude, so necessary to belief” (119) - was den Illusionscharakter realistischer Literatur umreißt. Scrope drückte sich vor der Schreiberarbeit, aber schließlich tut er doch etwas mit. Vor allem gibt Nye ihm sieben selbständige “Notes” - in denen er seinen Hass und seine Verachtung Falstaffs samt seiner “monstrous lies” (z.B. 337) ausleben kann. Er brandmarkt die ganze Autobiographie als “a work of fiction” (387). Da Falstaff zunehmend blind 79 In seinem letzten Lebensjahr (1459) beauftragte Sir John Fastolf den Kriegsteilnehmer Peter Basset (im Buch nur erwähnt, 198 u. 366) mit der Abfassung einer Chronik seiner Kampagnen in Frankreich (vgl. 198 u. 366); sie ist lateinisch u. reicht von 1415 bis 1429 (Cooper 2010: 165-67); ein Christopher Hanson half Basset bei der Abfassung; ebenso ein Luke Nantron, Franzose aus Paris u. wirklich einer von Fastolfs clerks; William Worcester ist Verfasser des Boke of Noblesse (Cooper 2010: 165) - all dies belegt Nyes intensive Forschungen. Nur Bussard u. Friar Brackley, der Beichtvater, scheinen erfunden. Falstaff meint aber auch, falls niemand da wäre, um für ihn zu schreiben, könnte das zur Not sein Penis übernehmen ([sic! ], 206). 80 Praktisch alles auf 159f. ist dieser Natur, dem Leser wird Mitarbeit bei der Schaffung von Mustern angeboten; vgl. auch 170f. (Vergleich mit der Kathedrale von Chartres) u. 191. 81 Siehe 1, 77, 121, 122, 190, 196, 198, 227, 228, 278f., 376. Shakespeare und der historische Roman 153 wird (340, 352 usw.), kann Scrope einfach schreiben, was er will, und sogar Falstaffs Testament zu seinen Gunsten verfälschen (XCVIII, 445-47). Und er hat das letzte Wort (Kapitel C, 448-50), denn “The Devil is at long last dead” (448). Shakespeares Falstaff wurde schon von Dr. Johnson wunderbar beschrieben in der fast hymnischen Apostrophe: “But Falstaff, unimitated, unimitable Falstaff, how shall I describe thee? Thou compound of sense and vice; of sense which may be admired but not esteemed, of vice which may be despised but hardly detested” usw. (1969: 117f.), Zur Erklärung der außerordentlichen Anziehungskraft dieser Figur meint Auden (1959: 26): “Once upon a time we were all Falstaffs” - und würden es gerne wieder sein. Und Levin (1981: 7) präzisiert: “We identify with him, in a kind of dionysiac empathy, because he invites us vicariously to shed our own inhibitions.” Allerdings hat vielleicht auch Bueler (1973: 2) Recht, die Falstaff “a grand figure of wish-fulfilment” nennt und witzig anfügt, das treffe besonders für männliche Akademiker mittleren und fortgeschrittenen Alters zu. Scrope wurde von Falstaff durchweg negativ beleuchtet: gemein, halsstarrig, engstirnig, bösartig usw.; und Scopes “Notes” bestätigen diesen Eindruck. Dagegen erschien Falstaff, und nicht nur aufgrund der Erzählperspektive, als bei aller Lumperei und Prahlerei gewinnend, sodass es einem fast leidtut, anhand seiner Notizen zur Beichte bei Friar Brackley (XCIX, 445-47) herauszufinden, dass der Lebensbericht tatsächlich zum großen Teil erfunden war, amouröse Hochleistungen inbegriffen. Unter Anspielung auf das Missverständnis zwischen Pistol und Justice Silence bezüglich “one of the greatest men in this realm” (2Henry IV 5.3.88-89) fasst Falstaff an der Schwelle zum Tod sein Leben und Werk mit folgenden Sätzen zusammen: “I always cared to picture myself as a great man. I was only ever a fat man” (447, vgl. 446). Also sozusagen der “Fiddler of Dooney” von Yeats (Stewart 1976) und James Thurbers Walter Mitty (Publishers’ Weekly 1976) mit noch Dutzenden von anderen zusammengewürfelt. We shall not look upon his like again (vgl. Hamlet 1.2. 188). Und auch kaum auf ein so eigenwillig-eindrucksvolles Portrait dieser schillernden literarischen Persönlichkeit. Coda Drei Romane - eine auktoriale Erzählung, eine Ich-Erzählung und eine fiktive Autobiographie. Eine mit der Henriade unverbundene, multiperspektivische Darstellung der Ereignisse von 1Henry IV, die einer der Hauptpersonen, Hotspur, ein Übergewicht zuteilt; eine ganz von der Warte des Prinzen von Wales und späteren Heinrich V. in Gedanken vorgenommene Darstellung der Ereignisse von 1Henry IV, 2Henry IV und Henry V; und eine zum größten Teil aus Falstaffs Sicht aufgesetzte Schilderung Holger Klein 154 dieser Ereignisse, die sogar noch über Henry V hinausgeht. Alle drei lassen viel Material aus, alle drei fügen viel Material frei hinzu. Von Pargeter haben wir einen sozusagen braven historischen Roman, kompetent und zum Teil sehr schön erzählt; von Giardina eine Gedanken- Autobiographie, somit eher experimentell, aber gleichfalls in Weinsteins Terminologie ‘mimetisch’. Und von Nye einen nicht nur alle sozialen Tabus, sondern auch alle erzählerischen Konventionen über den Haufen werfenden ‘generativen’ Text, einen ausgewachsenen Metaroman. Es existieren wahrscheinlich noch andere von der Henriade angeregte Prosawerke, und es wird auch weitere geben, aber diese drei erschienen mir komplementär zusammenzupassen und wert, dargestellt zu werden. Sie zeigen lebhaft, dass der Geist “den Geist ewig anregt,” wie Goethe (1813/ 1858: 86) schrieb. Und sie zeigen außerdem, dass ein Genie wie Shakespeare in seinen Wirkungen einem sich ausdehnenden Universum gleicht. Literaturverzeichnis Anon. (Sept. 2001). “Falstaff. Robert Nye.” Publishers Weekly. 53. Allen, Elizabeth (1982). “Robert Nye.” In: British Novelists Since 1960, H-Z [Dictionary of National Biography, Vol. 14, 2]. Ed. Jay L. Halio. Detroit: Gale. 564- 71. Allmand, Christopher (1988). The Hundred Years’ War. Cambridge: CUP. Auden, W.H. 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