eJournals Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik 41/1

Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik
0171-5410
2941-0762
Narr Verlag Tübingen
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2016
411 Kettemann

“The Bravest and most Lonesome Cowboy of them all”

2016
Horst Zander
“The Bravest and most Lonesome Cowboy of them all” John Wayne spielt John Wayne Horst Zander 1 John Wayne is undoubtedly one of the most prominent actors of the Western as an essentially US-American filmic genre. The present essay traces the career of Wayne as a Western hero from his beginnings in the 1940s to his last film, The Shootist (1976). The focus on Wayne, at the same time, permits a sketch of the general history of the genre, from its „heroic‟ early days to a crisis in the 1960s, the increasing tendency towards self-quotation and even self-parody as well as enhanced complexity in the subsequent years until The Shootist, which may be termed both a „requiem‟ for the genre and for its most important actor. However, it is a requiem that is followed by a sort of „afterlife‟ of the „corpse‟ owing to some attempts at reviving the genre such as Dances with Wolves. Among the remarkable phenomena of the generic history, which are also highlighted in the essay, one that is of particular interest is the fact that illuminating parallels may be drawn between the fictional attitudes represented by Wayne the actor and the real-life positions held by Wayne the man. John Wayne, so liest man häufig in der Literatur über den Schauspieler (die inzwischen manchen Regalmeter füllt), habe letztlich immer nur sich selbst gespielt. Das aber bedeutet, dass er die Grenze zwischen Leben und Film teilweise überschreitet. Zwar sollen hier klassische Hollywood-Filme nicht zu postmodernen Kunstwerken uminterpretiert werden. Dennoch haben Ikonen wie John Wayne häufig den Kontext eines bestimmten Films, in dem sie eingebettet waren, gesprengt und sich verselbständigt: 1 Der vorliegende Aufsatz ist der letzte, den der Autor vor seinem überraschenden und viel zu frühen Tod am 23.10.2015 noch fertigstellen konnte. Er sei hiermit in Freundschaft und Verbundenheit von seinen ehemaligen Münchner Kollegen und Freunden und Mitherausgebern der Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik, Andreas Mahler und Werner Wolf, seinem Andenken gewidmet. AAA - Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik Band 41 (2016) · Heft 1 Gunter Narr Verlag Tübingen Horst Zander 58 Kritiker und Zuschauer nahmen sie gemeinhin vor der Folie anderer Starrollen wahr, in denen sie aufgetreten waren, oder sie erstellten gleich eine Verbindung zu ihrem Image in der außerfilmischen ‚Realität„. Auch in weiterer Hinsicht - so soll aufgezeigt werden - hat sich John Wayne als Selbstdarsteller profiliert. Wayne hat in über 150 Filmen gespielt: in Kriegsfilmen (wie Sands of Iwo Jima [Todeskommando]; 1949), Pilotenfilmen (The High and the Mighty [Es wird immer wieder Tag]; 1954), Abenteuerfilmen (Legend of the Lost [Die Stadt der Verlorenen]; 1957) und in manch weiteren Genres. Dass er auf dem Höhepunkt seines Ruhms als der populärste und bestbezahlte Filmstar der Welt galt, hat er aber vor allem seinen Rollen im Western zu verdanken. Dabei musste er sich zunächst in rund 50 B-Western hocharbeiten, ehe ihm 1939 mit Stagecoach (Höllenfahrt nach Santa Fé; Ringo) unter der Regie von John Ford der große Durchbruch gelang. 2 * Der Western ist, ungeachtet späterer Erscheinungen wie dem Italo- Western und dem bundesdeutschen Karl-May-Western, ein genuin amerikanisches Genre. Vor allem im Western feiern die Amerikaner ihre ganz eigene und einzigartige Landschaft, was wohl im Monument Valley den stärksten Filmausdruck gefunden hat, wo die Landschaft zur ‚Seelenlandschaft„ mutierte. Gerade im Western pflegt Amerika seine Geschichte: die heroische Geschichte eben der Eroberung des Westens gegen eine feindselige Natur und gegen bedrohliche Indianer. Und vor allem im Western werden amerikanische Mythen konstruiert und zelebriert: außer den Mythen einzelner Heroen etwa der Mythos von der Überlegenheit der weißen ‚Rasse„ oder der Mythos vom Leben als eines kontinuierlichen Kampfes. Zudem ist besonders der Western eine Inkarnation des frontier- Mythos, der neben der Vorstellung vom American Dream wohl den klarsten Ausdruck spezifisch amerikanischer Konzeptionen darstellt. Eben die Geschichte der Eroberung des Westens sowie das Leben an und mit der frontier - so die These, die der amerikanische Historiker F. J. Turner um 2 Geeignet zur Orientierung im Genre Western ist vor allem das bekannte Western- Lexikon von Joe Hembus (München: Heyne, 1976). Hilfreich ist zudem Leslie Halliwell‟s Filmgoer‟s Companion (New York: Hill and Wang, 1965), der heute als Halliwell‟s Who‟s Who in the Movie fungiert (ed. John Walker, 4. Aufl., entspricht der 16. Auflage des Filmgoer‟s Companion 2006). Hier werden die Filme aller wichtigen Regisseure aufgelistet. Siehe auch Elisabeth Bronfen und Norbert Grob (eds.), Classical Hollywood. Stilepochen des Films (Stuttgart: Reclam, 2013), S. 77-86, 291- 301. Als nützlich erweisen sich gleichfalls Reihen wie die des Carl Hanser Verlags, München, oder des Goldmann Verlags, ebenfalls München, die einzelnen Regisseuren oder Schauspielern gewidmet sind (siehe z. B. John Wayne und seine Filme. Citadel-Filmbücher bei Goldmann, ed. Joe Hembus, 1979). Vgl. auch Fachzeitschriften wie Filmkritik und die gleichfalls Filmkritik genannte Zeitschrift, die etwa als Revolver 32 (2015) publiziert wurde. “The Bravest and most Lonesome Cowboy of them all” 59 die vorletzte Jahrhundertwende verbreitete 3 - habe dem amerikanischen Volk seine ureigenste Mentalität verliehen. Diese umfasst Aspekte wie Selbstvertrauen, Individualismus, Erfindungsreichtum, rastlose Energie, Mobilität, Materialismus und Optimismus. Und vor allem der Western wird von einer solchen Mentalität gespeist, um sie dann seinerseits zu propagieren. Der Individualismus gewinnt dabei eine besondere Bedeutung. Dieser spezifisch amerikanische Individualismus ist mit dem amerikanischen Freiheitskonzept verbunden und beinhaltet zugleich ein massives Misstrauen gegenüber jeglicher Form von Obrigkeit. Ein solcher Individualismus bedeutet nicht allein eine Fokussierung auf das Individuum, das aus der Masse heraus und oft genug ihr entgegentritt. Vielmehr impliziert dieser Individualismus eine Reihe weiterer Ideologeme: der Glaube daran, dass jeder letztlich auf sich selbst gestellt und für sein Schicksal selbst verantwortlich ist, ohne sich auf andere verlassen zu dürfen. Damit einher geht die These, dass dem brave, dem Mutigen, die Welt gehöre. Den Preis, den das Individuum für diese Stärken bezahlen muss, ist jedoch die lonesomeness, die Einsamkeit. Es ist offensichtlich, dass der Schauplatz des Westerns einen idealen Raum bietet, eine solche Mentalität und Ideologie zu propagieren. Der Westen ist per se ein weitgehend gesellschaftsfreier und zudem rechtsfreier Raum, in dem man sich zumeist auf sich allein gestellt sieht und kaum die Hilfe des - ohnehin korrupten - Sheriffs, der Justiz, der Armee oder anderer Institutionen erwarten kann. Gerade im Westen lauern überdies ständig und überall Gefahren, so dass das Leben oft gleichbedeutend mit einem permanenten Kampf ist, bei dem man allein seinen eigenen Fähigkeiten vertrauen kann. Andererseits bietet der Westen gewaltige Möglichkeiten, förmlich aus dem Nichts Großes und Großartiges zu schaffen: Farmen, Siedlungen und Städte zu gründen, mächtige Agrarbetriebe und Infrastrukturen aufzubauen, letztlich das Land aus dem Naturzustand in die Zivilisation zu überführen. 4 * Neben John Wayne hat es viele Westernhelden gegeben, die diese amerikanische Mentalität und Ideologie transportiert haben: Burt Lancaster, Kirk Douglas, Robert Mitchum, James Stewart und ein Dutzend andere. Erwähnenswert ist vor allem Gary Cooper, der in Fred Zinnemanns High Noon (Zwölf Uhr mittags) 1952 den Western in der Bundesrepublik Deutschland gesellschaftsfähig gemacht hat mit einem Film, der die erläuterten Werte mit besonderer Klarheit zum Ausdruck bringt. Als die Banditen in den Ort kommen, um sich an dem Marshal und dem Städt- 3 Siehe vor allem Frederick Jackson Turners Kapitel “The Significance of the Frontier in American History” in The Frontiers in American History (1893). 4 Dies ist auch das Zentralmotiv der Robinsonade, zu der sich Parallelen hier kaum übersehen lassen. Horst Zander 60 chen zu rächen, verlassen ihn alle Freunde, Helfer sowie seine Frau (Grace Kelly). Der Richter nimmt die amerikanische Fahne von der Wand, auch das Kreuz, und verstaut beides in seiner Tasche. Somit wird nachhaltig unterstrichen, dass Recht, Gesetz, Obrigkeit (und das Christentum) sich aus der Ortschaft verabschieden und dort nur noch das Recht des Stärkeren gilt. So muss der Marshal, der eigentlich gar nicht mehr im Amt ist, seinen letzten und schwersten Kampf einsam und verlassen allein bestreiten (obwohl ihm schließlich seine Frau doch hilft). Ungeachtet solcher Beispiele hat aber niemand jene spezifisch amerikanischen Konzeptionen in so prägnanter Weise repräsentiert wie der Mann, der gemeinhin „The Duke“ genannt wurde. Gerade John Wayne umgibt der Nimbus des unbesiegbaren Einzelgängers und -kämpfers, dessen Fäuste und Waffen es mit jedem und allem aufnehmen können. Dabei hat er offenbar auch im Leben seine Filmrollen fortgesetzt. Dort spielte er gleichfalls den starken, dominanten und aufrechten Amerikaner, für den das Aufrechte zudem das Rechte, Rechtskonservative bedeutete. Bekanntlich hat Wayne in Wahlkämpfen republikanische Präsidentschaftskandidaten wie Nixon und Ford unterstützt; und als McCarthy Anfang der 50er Jahre mit seinem Committee for the Investigation of Un- American Activities auf Jagd nach angeblichen Kommunisten gerade auch in Hollywood ging, fand er einen willigen Unterstützer in Wayne, den wohl bereits das Wort Un-American beeindruckt haben mag. Jedenfalls beteiligte er sich als Präsident der Motion Picture Alliance for the Preservation of American Ideals an der Kampagne gegen den Drehbuchautor von High Noon, der auf der Schwarzen Liste landete. Später, als halb Amerika gegen den Vietnam-Krieg protestierte, spielte Wayne unter eigener Regie in dem Film The Green Berets (Die grünen Teufel; 1968), der die amerikanischen Soldaten in Vietnam glorifizierte. Linksliberale Kritiker haben ihn entsprechend angegriffen. * In Stagecoach, John Waynes erstem Erfolgsfilm, der auch deswegen Westerngeschichte geschrieben hat, weil er das damals brach liegende Genre neu belebte, finden sich bereits viele der Ingredienzien und Normen, die sich später als Erfolgsgaranten für die Filme des Stars erweisen sollten. Es ist der erste Film, in dem der Regisseur Ford neben der Weite der Prärie das Monument Valley als Schauplatz gewählt hat, in dem die Postkutsche mit der seltsam zusammen gewürfelten Reisegruppe zum Teil wie ein unscheinbarer Punkt in dem gewaltigen Naturpanorama wirkt. Zunächst wird die Kutsche von einer Kavallerie begleitet; danach ist sie schutzlos den skalpgierigen Apachen ausgeliefert. Als wichtigster Verteidiger bei der wahnwitzigen Verfolgungsjagd der Kutsche durch die wilde Meute profiliert sich natürlich Ringo (John Wayne): Nur zufällig in die Kutsche eingestiegen, ist er jemand, der von der Obrigkeit betrogen wurde, indem er unschuldig im Gefängnis saß. Auch an der Kutsche wird er vom mitrei- “The Bravest and most Lonesome Cowboy of them all” 61 senden Sheriff sofort verhaftet. Angesichts der drohenden Indianergefahr lässt man ihn jedoch wieder frei, weil jetzt ein höheres Recht als das staatliche gilt: das Naturrecht des Kampfes ums bloße Überleben. In allen Situationen agiert Ringo mit souveräner Gelassenheit; er handelt meist schweigsam, aber zielstrebig, und jeder Schuss auf die Indianer ist ein Treffer. So kämpft vor allem er bis zur letzten Patrone, ehe die Kavallerie in höchster Not als Retter erscheint. Anschließend gibt ihm der Sheriff freie Hand, sich an den Mördern seines Vaters und seines Bruders zu rächen: Justiz wird hier nicht von staatlichen Repräsentanten ausgeübt, sondern als Selbstjustiz. Der nächste der großen Filme John Waynes - und nur einige von diesen können gestreift werden - war Fort Apache (Bis zum letzten Mann; 1948), der erste Film der so genannten Kavallerie-Trilogie, die zudem She Wore a Yellow Ribbon (Der Teufelshauptmann; 1949) und Rio Grande (1950) umfasst - alle unter Fords Regie. In Fort Apache spielt Wayne den alt gedienten Offizier York, der sich in einem Fort in der Wüste Arizonas mit einem autoritären, ehrgeizigen Kommandanten (Henry Fonda) konfrontiert sieht. Dieser möchte einen schnellen Sieg über die verbitterten Apachen (die von einem Indianeragenten ausgebeutet werden) erzwingen und lockt sie, unter Bruch seines Wortes und gegen den Protest Yorks, in eine Falle. Durch die Fehler des Kommandanten wird die Truppe aber von den Indianern aufgerieben. Nur York, im ganzen Film die wahre Führungsfigur, der Entscheidungssichere, aber wieder einmal Einsame, entkommt mit wenigen Soldaten. Dabei wirft dieser Film, der den Umgang der Armee und dubioser Geschäftemacher mit den Indianern durchweg kritisch beleuchtet, schon Schatten auf Liberty Valance voraus: Am Ende bekräftigt York wider besseren Wissens vor Reportern die inzwischen entstandene Legende von der glorreichen Attacke des Kommandanten. In She Wore a Yellow Ribbon hingegen agiert Wayne als der Offizier Brittles, der kurz vor der Pensionierung steht. Den drohenden Indianeraufstand versucht er zunächst dadurch abzuwenden, dass er mit dem Häuptling, seinem langjährigen Freund, spricht. Allerdings befindet sich der alternde Häuptling in einer ähnlichen Lage wie Brittles: Er kann die heißspornigen jungen Leute nicht von dem Aufstand zurückhalten. Brittles gelingt es aber mit der Kavallerie - und eigentlich schon als Privatmann -, nachts die Pferde der Indianer zu vertreiben, so dass sie keinen Angriff auf das Fort ausführen können. Bei diesem allzeit umsichtig handelnden Heroen zeigt sich die Einsamkeit vor allem darin, dass er seine wahren Gesprächspartner nur in Toten findet: in seiner Familie, die auf dem Fortfriedhof begraben liegt. Rio Grande schließlich präsentiert Wayne als einen alternden Offizier, Yorke, der das Gesetz bricht, um letztlich einer höheren Gerechtigkeit zu dienen. Die Apachen ziehen sich nach Raubzügen über die mexikanische Grenze zurück, die die US-Truppen nicht überschreiten dürfen. General Sheridan aber erlaubt es Yorke, auf eigene Faust und Verantwortung den Horst Zander 62 Fluss zu überqueren, wo er mit seinen Truppen den Indianern eine empfindliche Niederlage beibringt. Vor ein Kriegsgericht gestellt, kommt Yorke frei, weil Sheridan das Unternehmen vertuscht. In der Phase dieser Trilogie hat John Wayne zudem Red River (Panik am roten Fluss; 1948) unter der Regie von Howard Hawks gedreht. Hier spielt Wayne den Viehbaron Dunson, der sich das schier Unmögliche vorgenommen hat: zehntausend Rinder über einen tausend Meilen langen Trail durch eine feindselige Landschaft zu einer Bahnstation zu führen. Den Erfolg dieses wahnwitzigen Unternehmens versucht er durch äußerste Disziplin und brutale Strenge gegenüber seinen Begleitern zu sichern - mit dem Ergebnis allerdings, dass nicht nur seine Männer gegen ihn aufbegehren, sondern auch sein Ziehsohn (Montgomery Clift), der ihm die Herde abnimmt. Mit einem anderen Führungsstil - und verfolgt von einem rachwütigen Dunson - bringt dieser die Rinder schließlich zu einem neuen Ziel, nach Abilene. Als ihn Dunson dort stellt, kommt es statt zu einem dramatischen Showdown nur zu einer wüsten Schlägerei, ehe die Frau (Joanne Dru), zu der sich beide Männer hingezogen fühlen, ein versöhnliches Ende herbeiführt. In Red River steigert sich das Überlegene und Souveräne früherer Filme zum Autoritären und Despotischen. Dunson fordert in seiner grenzenlosen Monomanie förmlich die Götter heraus - und Kritiker haben ihn mehrfach mit Captain Ahab in Moby Dick verglichen. Zudem, so die Kritik, habe John Wayne hier vom Heroenins Charakterfach gewechselt. Dabei zeigt der Film nachhaltig auf, wie traditionelle Westernwerte wie Mut und Stärke umschlagen können in destruktive Kräfte. Fortgesetzt wird eine solche Übersteigerung in Fords Film The Seachers (Der schwarze Falke; 1956). Er erzählt die Geschichte eines Mannes, dessen Bruder samt Familie einem Indianerangriff zum Opfer fällt; die zwei Töchter werden von den Comanchen verschleppt. John Wayne alias Ethan Edwards macht sich dann auf die Suche nach seinen entführten Nichten: Die geschändete und abgeschlachtete Ältere findet Ethan recht bald; die jüngere Debbie (Natalie Wood) entdeckt er allerdings erst nach sieben Jahren, als sie schon eine Frau - und eine richtige Indianerin - geworden ist. In blindem Hass versucht er, sie zu töten. Zwar findet auch dieser Film insofern einen versöhnlichen Ausgang, als Ethan schließlich seine Nichte akzeptiert; dennoch wird der brave, lonesome cowboy hier vom sympathischen Helden zur wildwütigen Bestie. Ethan hat, als ehemaliger Südstaatenoffizier, den Krieg verloren, und er hat die Frau, die er liebte, an seinen Bruder verloren; durch die Indianer verliert er seine beiden Nichten. Deswegen schlägt die frühere Souveränität in Fanatismus und offenen Rassismus um: Er durchschießt einem toten Indianer die Augen, damit dieser nicht in die ewigen Jagdgründe eingehen kann; nach einem Scharmützel mit den Comanchen feuert er selbst dann auf die Feinde, als diese ihre Toten und Verwundeten bergen; “The Bravest and most Lonesome Cowboy of them all” 63 und er schießt wie ein Besessener Büffel ab, um den Indianern die Nahrung zu nehmen; schließlich skalpiert er den Häuptling. Wohl nur John Wayne hat - und zwar vor dem Hintergrund seiner früheren Rollen - diese Besessenheit und diesen Fanatismus so prägnant zum Ausdruck bringen können. Dabei wird er quasi selbst zum Indianer bzw. repräsentiert die Klischees von Grausamkeit und Unmenschlichkeit, die das Ziel weißen Rassenhasses bilden. Mithin ergreift dieser Film gleichfalls in subtiler Weise Partei für die indianische Sache. Das gilt auch insofern, als deutliche Parallelen zwischen Ethan und dem Häuptling aufgezeigt werden; zudem rächt sich dieser nur deswegen an den Weißen, weil sie ihm zuvor die Söhne genommen haben. In seinem Western- Lexikon widmet Joe Hembus dem Film fast 15 Spalten, wohingegen er High Noon und Red River jeweils in sechs abhandelt; und während alle anderen 1271 Filme des Nachschlagewerks mit bis zu drei Sternen klassifiziert werden, erhält The Searchers als einziger kommentarlos vier. Im Gegensatz zu dem verlassenen Marshal in High Noon zeigt Hawks‟ Rio Bravo (1959) vier Männer, die sich gegen die Belagerung des Gefängnisses (in dem ein Mörder einsitzt, den sein Bruder mit Hilfe von Revolverhelden befreien will) behaupten müssen: den Sheriff Chance (John Wayne) sowie die Hilfssheriffs Dude (Dean Martin), Colorado (Ricky Nelson) und Stumpy (Walter Brennan). In dieser Geschichte geht es vor allem auch um die Wandlung von Dude: Früher ein gefürchteter Scharfschütze, ist er inzwischen zu einem hilflosen Alkoholiker verkommen, der sich jedoch im Laufe der Belagerung zu einem zuverlässigen Gefährten entwickelt. Allerdings gelingt dies maßgeblich unter dem Einfluss des Sheriffs, durch dessen kluge Verhaltensweise Dude seine Selbstachtung wiedererlangt. In diesem Werk finden wir eher wieder den alten - und zugleich einen neuen - John Wayne. Er ist nicht mehr der, der wie in Red River und The Searchers schwerwiegende Fehler begeht, sondern der Besonnene, Überlegene früherer Zeiten. Ein neuer John Wayne ist er insofern, als er deutlicher als je zuvor seine alten Rollen zitiert. Wenn Hawks gesagt hat, dieser Film richte sich gegen High Noon, so bedeutet das auch, dass sich dieser Film wohl stärker auf die Filmgeschichte als auf die tatsächliche amerikanische Geschichte bezieht. Gerade die Lieder, die Ricky Nelson und Dean Martin in ruhiger Stunde singen, dokumentieren, wie hier das Genre sich selbst feiert. Auf den Film The Alamo (1960), mit dem Wayne sein Regiedebüt gab, soll nicht näher eingegangen werden: Der Streifen schildert die legendäre Schlacht an der ehemaligen Missionsstation Alamo, wo etwa 200 Soldaten und Freiwillige sich bis zum bitteren Tod gegen den Angriff von 7000 mexikanischen Soldaten wehren, um für einen amerikanischen General Zeit zu gewinnen, der eine Armee aufstellen will. Diese Propagierung von Heldenmut und Durchhaltewille illustriert deutlich Waynes Konzeption eines heroischen Amerikanertums. Horst Zander 64 Weitaus bedeutsamer ist Fords Film The Man Who Shot Liberty Valance (Der Mann, der Liberty Valance erschoss; 1962). In dieser Geschichte kommt der erfolgreiche Senator Stoddard (James Stewart) in ein Städtchen, um der Beerdigung eines gewissen Tom Doniphon (John Wayne) beizuwohnen. Dabei erzählt Stoddard der Presse die Ereignisse, die sich vor 30 Jahren abgespielt haben: Als junger, idealistischer Anwalt wollte er in dem Ort Recht und Ordnung durchsetzen. Doch wurde er drangsaliert von den Handlangern mächtiger Viehbarone, besonders vom Revolverhelden Liberty Valance (Lee Marvin). Schließlich stellte sich Stoddard dem Schurken zum Duell - und siegte. In Wahrheit jedoch war es Stoddards Schutzengel Tom, der Valance aus dem Hinterhalt kaltblütig abgeschossen hat. Die steile politische Karriere hatte Stoddard dann aber dem Ruf zu verdanken, dass er der Mann war, der Liberty Valance erschoss. Die Presse jedoch weigert sich, diese Enthüllung zu publizieren. Vielmehr sagt ein Journalist zu Stoddard: „This is the West, Sir. When the legend becomes fact, print the legend.“ Wayne ist hier wieder der Souveräne, Um- und Klarsichtige, der sich von dem zunächst so naiven Idealisten abhebt, den er fast fürsorglich beschützt. Schließlich verübt er in dieser Geschichte quasi einen Mord, um letztlich dem Recht und der Gerechtigkeit zu dienen. Dabei gewinnt Wayne schon beinahe die Dimension eines tragischen Helden. Nicht nur profitiert ein anderer von seinem Mord, indem der es zu Ruhm und Reichtum bringt, während er selbst in Armut und Anonymität versinkt; vielmehr verliert er obendrein die Frau (Vera Miles), die er liebt, an Stoddard. Zudem ist Tom - wie Liberty Valance - eher der Repräsentant der alten, autonomen Freiheit des Westens, gegen die sich die neue, rechtsstaatliche Ordnung Stoddards schließlich durchsetzt. Wie Rio Bravo weist auch dieser Film eine Meta-Ebene auf. Denn wenn sich der Journalist am Ende entschließt, lieber die Legende weiterzudrucken als den wahren Hintergrund zu enthüllen, bezieht sich das nicht nur auf die Legenden, die der Westen geschaffen hat, sondern genauso auf jene, die der Western produziert. * In den 60er Jahren ist der traditionelle Western in eine Krise geraten bzw. hatte seine konventionellen Motive und Themen erschöpft. Das Feld wurde nun dominiert vom Anti-Western mit Anti-Helden, wie in Sam Peckinpahs The Wild Bunch (Sie kannten kein Gesetz; 1969), George Roy Hills Butch Cassidy and the Sundance Kid (Zwei Banditen; 1969) und Robert Altmans McCabe and Mrs. Miller (1970). Andere versuchten, die Geschichte des Westens neu zu interpretieren und sie etwa aus der Sicht der Indianer darzustellen: Das gilt für John Ford mit Cheyenne Autumn (Cheyenne; 1964), Elliot Silverstein mit A Man Called Horse (Ein Mann, den sie Pferd nannten; 1970) und Arthur Penn mit Little Big Man (1970), ein Film, der zugleich die Legende um die Schlacht am Little Big Horn neu interpretier- “The Bravest and most Lonesome Cowboy of them all” 65 te. Gleichermaßen wichtig wurde die Western-Komödie und Western- Parodie, wie Elliot Silversteins Cat Ballou (1965), Joshua Logans Paint Your Wagon (Westwärts zieht der Wind; 1969) und Mel Brooks‟ Blazing Saddles (Is‟ was, Sheriff? ; Der wilde Wilde Westen; 1974). Zudem haftet der gesamten Welle des Italo-Westerns trotz aller oft drastisch inszenierten Grausamkeiten - manchmal auch gerade wegen ihnen - etwas Komisches und Parodistisches an. Damit aber änderte sich der Bezugsrahmen fast des gesamten Genres: Dieser ist nicht mehr die Geschichte, sondern die Filmgeschichte. Das trifft auch auf die Filme John Waynes dieser Zeit zu, obwohl er und seine Regisseure in dieser Zeit einen anderen Weg beschritten: Wayne parodierte primär sich selbst. Dies zeigt sich in Hawks‟ El Dorado (1966), ein Film, der bis zu einem gewissen Grad ein Remake von Rio Bravo darstellt. Der erste Teil der Handlung, die einem traditionellen Western entspricht, zeigt Wayne als den Revolverhelden Thornton, der von einem Großrancher engagiert wird, um Siedler zu vertreiben, sich dann aber für die Sache der Schwächeren einsetzt. Allerdings wird er dabei angeschossen - und das von einer jungen Frau. Der zweite Teil des Films präsentiert hingegen eine ganz andere Form von Western. Statt des Quartetts in Rio Bravo tritt ein wundersames Trio auf, das sich gegen die von dem Großrancher angeheuerten Banditen behaupten muss: der junge Mississippi (James Caan), der - ein Unding für einen Western - nicht schießen kann, dafür aber ein flinker Messerwerfer ist; ein versoffener Sheriff (Robert Mitchum), der erst allmählich wieder zu seiner alten Form findet; und eben sein Freund Thornton, der ständig von der Kugel, die noch in seinem Körper steckt, gelähmt wird. In der berühmten Schlussszene, nach dem Sieg über die Banditen, humpeln John Wayne und Robert Mitchum als zwei alternde, fettleibige Westernveteranen auf Krücken durch den Ort. Gerade der Kontrast zwischen dem ersten und zweiten Teil des Films verdeutlicht, wie stark der zweite gegen all das inszeniert ist, wofür John Wayne und der konventionelle Western stehen. Der Mann, der immer wieder felsenfest gestanden und alle weit überragt hat, krümmt sich ständig unter seinen krampfartigen Schmerzen. Der Held, der sich andauernd allein durchgeschlagen hat, ist nun nachhaltig auf andere angewiesen. Lonesome ist dieser Cowboy nicht mehr, und brave bedeutet vielleicht auch etwas anderes. Denn als sich am Ende der sterbende Bandit beklagt, Thornton habe ihm beim Kampf keine Chance gelassen, muss er aus dessen Munde hören, er sei zu gut gewesen, als dass man ihm eine Chance hätte geben können. Mit der Demontage John Waynes wird hier also zugleich das Ethos des Westerns demontiert. Daher bezieht sich dieser Film ebenfalls primär auf die Filmrealität und mutiert, mit John Wayne als Protagonisten, zum Anti-John-Wayne-Film. Radikalisiert wird diese Selbstparodie in Henry Hathaways True Grit (Der Marshal; 1969). Es ist die Geschichte einer 14-Jährigen (Kim Darby), Horst Zander 66 die den Mörder ihres Vaters sucht. Da die Behörden nicht nach ihm fahnden, engagiert sie den alten, abgehalfterten Marshal Cogburn (John Wayne), der zusammen mit ihr und dem jungen Texas-Ranger La Boeuf (Glen Campbell) die Verfolgung aufnimmt. Nach langwieriger Suche gelingt es, den Mörder, der sich einer Outlaw-Bande angeschlossen hat, zu stellen. Während La Boeuf tödlich verwundet wird, kann Cogburn den Übeltäter erschießen. Dieser John Wayne ist wahrlich eine Karikatur seiner selbst. Erst nach zähen Verhandlungen und für viel Geld willigt er in die Suche nach dem Mörder ein. Und während in Rio Bravo und El Dorado andere die Trunkenbolde waren, ist nun John Wayne, ein fetter, hässlicher alter Brocken mit Augenklappe und unflätigen Manieren, selbst derjenige, der an der Flasche hängt. Dabei stellt die Szene, in der John Wayne betrunken vom Pferd fällt und - unfähig, wieder aufzustehen - behauptet, er habe sich eben diese Stelle als Lagerplatz für die Nacht ausgesucht, einen der Höhepunkte des Films dar. Schließlich stürzt hier nicht irgendjemand vom Pferd, sondern ein Denkmal, dessen Gang bereits so aussieht, als habe er noch ein Pferd zwischen den Beinen. Der Showdown ist erst recht eine Parodie auf John-Wayne-Western: Die Zügel seines Pferdes zwischen den Zähnen, hält Cogburn in der einen Hand ein Gewehr, in der anderen einen Revolver und stürmt so auf die Feinde los. Nur ist dieser Reiter nicht Fuzzy, sondern „The Duke“, der für die Rolle den Oscar bekam. 5 Der Regisseur Stuart Millar hat in Rooster Cogburn (Mit Dynamit und frommen Sprüchen; 1975) eine solche Selbstparodie potenziert. Er brachte nämlich die Cogburn-Figur (John Wayne) aus True Grit zusammen mit Eula Goodnight (Katharine Hepburn) in einem Film, der die Geschichte von John Hustons The African Queen (1951), transponiert in den Westen, nacherzählt. Wie ehedem dem verlotterten Flusskapitän Allnut (Humphrey Bogart), so bemüht sich die Pfarrerstochter Eula, dem ungehobelten Trunkenbold Rooster Manieren beizubringen. Allerdings beweist sie am Ende, dass sie außer mit der Bibel auch mit dem Gewehr umgehen kann und einen Schluck aus der Flasche nicht verschmäht. So zitiert Hepburn ihren Klassiker und Wayne seine Klassiker: Das ganze ist ein höchst amüsantes, intertextuelles und intermediales Spiel vor dem Horizont des Hollywood-Universums. Auch in John Waynes letztem Film, The Shootist (Der [letzte] Scharfschütze; 1976) unter der Regie von Don Siegel, findet sich das Phänomen des Selbstzitats, jedoch ohne jegliche parodistische Züge. Vielmehr bewegt sich dieses Werk in gewisser Hinsicht tatsächlich an der Grenze von Fiktion und Leben. Denn der zu diesem Zeitpunkt alte und todkranke - und von seiner Krankheit gezeichnete - Darsteller spielt den alten, ehe- 5 Von diesem Film gab es 2010 ein Remake mit Jeff Bridges als Exmarshal Rooster und Hailee Steinfeld als Mattie unter der Regie der Coen-Brüder. “The Bravest and most Lonesome Cowboy of them all” 67 maligen Scharfschützen Books, dem sein Arzt ein unheilbares Krebsleiden diagnostiziert hat. Wie mit Katharine Hepburn in Rooster Cogburn stehen ihm mit dem Arzt (James Stewart) und der Wirtin (Lauren Bacall) der Pension, in die sich Books zurückzieht, frühere Filmgrößen zur Seite: Wiederum hat bereits eine solche Rollenbesetzung Zitatcharakter. Nachdem die Identität des Ankömmlings in Carson City enthüllt worden ist, wollen sich viele mit dem ruhmreichen Revolverhelden messen. Als dann der Arzt Books eröffnet, welche Qualen ihm durch seine Krankheit bevorstehen, und ihm rät, lieber einen würdevollen Tod zu suchen, beschließt er, in selbstmörderischer Absicht auf den letzten Kampf einzugehen. Dank seiner immer noch überragenden Schnelligkeit tötet er im finalen Showdown drei der vier Herausforderer; der letzte jedoch erschießt ihn von hinten und erfüllt ihm somit seinen Wunsch. Der Film spielt im Jahre 1901, als die Tage des Westens gezählt sind und schon die ersten Autos auftauchen. Genauso sind aber damit nicht nur die Tage eines Revolverhelden wie Books gezählt, sondern auch die des Westernhelden John Wayne. Bei Retrospektiven in Books‟ Vergangenheit verwendet der Film Sequenzen aus Red River, Rio Bravo und El Dorado. Damit aber erleben wir Wayne hier in drei Rollen, die oft schwer auseinander zu halten sind: als Books, als Darsteller früherer Westernrollen und als John Wayne. Diese Rollenüberblendung gilt umso mehr, als John Wayne den Part von Books weniger spielt, als förmlich lebt. Somit ist The Shootist letztlich ein Requiem auf den Westen und den Western sowie ein Requiem auf den Filmschauspieler und Menschen John Wayne und zugleich sein würdiges Testament. * Etwa mit dem Tode John Waynes (1979) lässt sich auch der Tod der Gattung Western insgesamt registrieren. Zwar hat es vereinzelte Wiederbelebungsversuche wie Kevin Costners Dances with Wolves (Der mit dem Wolf tanzt; 1990) und Clint Eastwoods Unforgiven (Erbarmungslos; 1992) gegeben; seit etwa 25 Jahren aber ist der Western (trotz Michael Herbigs parodistischem Film Der Schuh des Manitu [2001]) keine Gattung mehr, die noch Scharen von Zuschauern ins Kino lockt. Eben mit diesem Genre hat John Wayne, wie aufgezeigt, oft das repräsentiert, was für ihn ein ‚aufrechtes„ Amerikanertum mit den entsprechenden ideologischen Implikationen (Individualismus, Dominanz, Autonomie) darstellte - und das er auch im Leben zu kopieren suchte. Es ist bezeichnend, dass Randy W. Roberts und James Stuart Olson ihre massive Biographie über den Schauspieler John Wayne: American (1995) betiteln. 6 Wenn Wayne aber später sich vermehrt selbst zitiert und parodiert hat, so wurden damit zugleich unweigerlich die Werte parodiert, für die er zum 6 Ursprünglich 1995, New York: The Free Press als Hardback, danach als Paperback. Horst Zander 68 Symbol geworden war. Dabei ist wohl niemand ein so geeigneter Kritiker dieser Ideologeme wie John Wayne selbst: Gerade mit der Figur, mit der das Heroische aufgegipfelt wurde, konnte dieser Heroismus nachhaltig in Frage gestellt werden. Hatte schon die Übersteigerung der Normen in The Searchers in der Dekonstruktion dieser Normen gemündet, so wurden diese gerade in den späteren Filmen mit den klar markierten Anspielungen auf sie und durch ihre Umpolungen subvertiert. Die Tatsache, dass diese Western oft Meta- Western sind, die sich nicht mehr auf den Westen, sondern auf den Western beziehen, bedeutet dabei keine Abschwächung der Kritik. Vielmehr wird diese gesteigert, indem nämlich dadurch letztlich entlarvt wird, dass auch die früheren Filme eigentlich keine Realität, sondern allenfalls eine Hollywood-Realität abgebildet haben. Damit aber weisen vor allem die späteren Filme John Waynes eine beachtliche Subtilität und Komplexität auf. Diese Werke sind hier allesamt eher unter ideologischen als unter künstlerischen oder ästhetischen Aspekten untersucht worden. Gerade aber wegen der ideologischen Dimension (und nicht wegen mangelhafter Leistungen von Regisseuren und Schauspielern) haben Western lange als Stiefkinder des Films gegolten - und sind es für einige Kritiker noch immer. Bei Wayne war sein fragliches politisches Verhalten ein weiteres Argument, ihn zu disqualifizieren. Offenbar liegen die Dinge aber so einfach nicht. Vielmehr ist der große Prophet amerikanischer Ideale im Zuge der weiteren Entwicklung zugleich zum Totengräber dieser Ideale geworden - vielleicht wider Willen. Denn ob John Wayne wirklich durchschaut hat, wie die Drehbuchautoren und Regisseure, die zunächst mit ihm diesen Amerikanismus aufbauten, ihn anschließend eben mit ihm wieder demontierten, muss dahingestellt bleiben. 7 Horst Zander Institut für Englische Philologie Ludwig-Maximilians-Universität München 7 In eigener Sache: Dieser Beitrag war ursprünglich vorgesehen für den Katalog der Ausstellung mit dem Titel Brave, Lonesome Cowboy, die zuerst 2011 zum 100. Todestag von John Wayne in der Villa Merkel in Esslingen gezeigt wurde. Danach wurde sie in St. Gallen präsentiert. Wegen meiner Kritik an John Wayne hat der Kurator des Hauses sich geweigert, diesen Aufsatz zu drucken.