eJournals Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik 40/1-2

Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik
0171-5410
2941-0762
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2015
401-2 Kettemann

Roland Weidle, Englische Literatur der Frühen Neuzeit. Eine Einführung (Grundlagen der Anglistik und Amerikanistik 37). Berlin: Erich Schmidt, 2013.

2015
Isabel Karremann
Rezensionen Roland Weidle, Englische Literatur der Frühen Neuzeit. Eine Einführung (Grundlagen der Anglistik und Amerikanistik 37). Berlin: Erich Schmidt, 2013. Isabel Karremann Eine Einführung in die Literatur und Kultur gleich welcher Epoche und Nationalphilologie ist ein wichtiges Hilfsmittel für Studierende. Eine gute Einführung ist ein Geschenk für die Dozenten. Der von dem Bochumer Anglisten Roland Weidle verfasste Band leistet beides. Er bietet nicht nur das von Studierenden sehr geschätzte, am Ende eines jeden Kapitels nochmals konzise zusammengefasste Überblickswissen, sondern auch eingängige Analysen ausgewählter Textpassagen, anhand derer das zuvor referierte Wissen zu konkreten Texten und Kontexten in Bezug gesetzt und damit ebenso lebendig vermittelt wie relevant gemacht wird. Dies unterstützen auch die insgesamt einundzwanzig Abbildungen - zweiundzwanzig, wenn man den Stammbaum der Königshäuser mitzählt, der statt im Anhang vielleicht besser im Teilkapitel zur englischen Geschichte (2.1), den Historiendramen (5.5) oder zu historiographischen Schriften (6.1.2) aufgehoben gewesen wäre. Die Einführung beginnt mit einer begriffsgeschichtlichen Annäherung, in der die Epoche unter den Blickwinkeln von ‗Renaissance‘, ‗Humanismus‘ und ‗Früher Neuzeit‘ im gesamteuropäischen Kontext beleuchtet wird. Hierbei wird auf hilfreiche Weise zwischen einem bestimmten Zeitraum des Rückgriffs auf antike Werte, Traditionen und Kunst (Renaissance), einer Geisteshaltung und Gelehrtenpraxis (Humanismus) sowie einem weiter gefassten, erst im Rückblick sichtbaren Prozess von Paradigmenwechseln in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen (Frühe Neuzeit) unterschieden. An diese im europäischen Vergleich jeweils etwas unterschiedlich gelagerten Epochenbegriffe schließt sich eine umfassende Betrachtung der zeitgenössischen Entwicklungen in der Gesellschaft und Kultur Englands an. Nach einem historischen Überblick über die regierenden Herrscher vom ersten Tudorkönig bis zur Restauration der Monarchie unter Karl II. werden, ganz im Sinne AAA - Arbeiten aus Anglistik und Amerikanistik Band 40 (2015) · Heft 1-2 Gunter Narr Verlag Tübingen Rezensionen 272 von Thomas Kuhns Paradigmenwechseln, die markantesten ökonomischen und sozialen Umwälzungen der frühen Neuzeit beschrieben. Das Epochenbild, das sich daraus ergibt, ist schlüssig ohne dabei in das geschlossene ‗Elisabethanische Weltbild‘ Tillyardscher Prägung zurückzufallen. Im Gegenteil, die unterschiedlichen Entwicklungen werden in ihren gegenseitigen Zusammenhängen (z.B. soziale und geographische Mobilität) ebenso wie in ihren inneren Widersprüchen dargestellt (z.B. geographische Öffnung und xenophobe Vorurteile, Hexenglauben und proto-wissenschaftliche Alchemie). Es bleibt dabei allerdings etwas uneinsichtig, weswegen ‗Krone, Kirche, Staat und Religion‘ so kategorisch vom Bereich der ‗Gesellschaft‘ getrennt werden, waren doch Entwicklungen wie ‗Migration und Exploration‘ oder ‗Magie‘ aufs Engste mit der Staatsräson bzw. der Reformation konturiert und stellte doch die Herrschaft Elisabeths I. eine Herausforderung an patriarchale Vorstellungen von der Rolle und Natur der Frau dar, die sicher mehr als einen knappen Satz verdient hätte. Der historischen Situierung folgt eine kurze, aber sehr wichtige Darstellung der poetologischen Grundlagen: ohne ein Wissen um das zeitgenössische Verständnis von Poetik, Rhetorik und Gattungen droht Studierenden die Innovationskraft sowie literarische Qualität vieler frühneuzeitlicher Texte zu entgehen. Vor allem der Verweis auf die vielen Texten immanenten Poetiken schärft den Blick für selbst-reflexive Momente, die die Entwicklung literarischen Schreibens im Spannungsfeld von Tradition und Innovation (statt romantischem Originalitätsdenken) vorantreiben. In ähnlicher Weise lenkt auch das Kapitel zu ‗Drama und Theater‘ (das ich hier kurz vorwegnehme) zunächst den Blick auf die spezifische Theaterpraxis, ihre materiellen Gegebenheiten ebenso wie ihren performativen Charakter, um so die Dramentexte vor allem als Aufführung nahezubringen - eine vermeintlich banale Einsicht, die aber die Verständnisprobleme vieler Studierender in der Konfrontation mit dem Drama als (unzugänglichem, sprachlich schwierigem Lektüre-)Text ernst nimmt und ihnen - zumindest im Ansatz - eine gelungene performanzorientierte Hilfestellung gibt. Die drei Großkapitel zu den Gattungen Lyrik, Drama und Prosa sind unterteilt in weitere Subgenres und zeichnen ein detailliertes Bild der abwechslungsreichen Literaturlandschaft der Frühen Neuzeit. Hier werden nicht nur so prominente Genres wie Sonett, metaphysische Dichtung und cavalier poetry, sondern auch Studierenden in der Regel weniger zugängliche Formen wie Epos, pastorale und satirische Dichtung sowie die Ode vorgestellt. Das Kapitel zur Prosa zeigt die Bedeutung gerade der nicht-fiktionalen Prosa - von der King James Bible und Predigten über Francis Bacons Essays, politische Traktate und soziographische Schriften etwa zu London als schnell wachsendem urbanem Raum - als Ort, an dem die Frühe Neuzeit nach einer neuen Sprache für zeitgenössisch brisante Fragen und neue Weltsichten sucht. Besondere Beachtung findet, seinem Status als (zumindest aus heutiger Sicht) Leitmedium entsprechend, das Theater. Auf 75 Seiten werden ebenso ausführlich wie anschaulich seine Anfänge im mittelalterlichen Volkstheater, in Aufführungen an Schulen und Universitäten und die urbanen Spielstätten in Londoner Gasthäusern dargestellt, bevor die professionellen Bühnen der öf- Rezensionen AAA Band 40 (2015) Heft 1-2 273 fentlichen sowie privaten Theater und der Hofbühnen mit den jeweiligen theaterpraktischen und ideologischen Eigenheiten zur Sprache kommen. Wie bereits erwähnt, werden diese Punkte wo immer möglich an konkreten Textpassagen vorgeführt, was den Studierenden im modularisierten Kurrikulum selten gewordene Einblicke in mittelalterliche Dramenformen wie dem Townley Cycle, das Drama Mankind (ca. 1464-71) oder die pageants zu Ehren des Lord Mayor of London gibt. Die Tragödie und Komödie der frühen Neuzeit werden in Subgenres bzw. Entwicklungsphasen unterteilt (revenge, de casibus, domestic; frühe Tudorkomödie, höfische Komödie, comedy of humours, city comedy, Tragikomödie) und auch hier durch Ausschnitte aus Dramentexten illustriert. Shakespeare ist jeweils ein Unterkapitel gewidmet, wodurch gleichzeitig dem besonderen Status des Barden im Kanon englischer Literatur sowie dem Reichtum an Stücken anderer Dramatiker Rechnung getragen wird. Kann man aus anderen Einführungen den Eindruck gewinnen, das frühneuzeitliche Drama sei eine rein Shakespeare‘sche Veranstaltung gewesen, so wird dieser hier gerade gerückt. Allein das Unterkapitel zu den Historiendramen bricht aus: zwar war das Genre in der Tat von Shakespeares Zyklus über die Zeit vor und während der Rosenkriege dominiert, doch wird hier mit Prince Hals Monolog aus Henry IV, Part 1 gerade ein solches Textbeispiel gegeben, das nicht so sehr die Eigenheiten des Historiendramas beleuchtet sondern auch aus einer Tragödie stammen könnte. Geschichtsdramen anderer Verfasser werden lediglich erwähnt. (Dieser Kritikpunkt reflektiert allerdings eher die Interessen dieser Leserin und wird vom eigentlichen, studentischen Zielpublikum wohl nicht als Mangel empfunden werden.) Insgesamt ist diese Einführung in die englische Literatur der frühen Neuzeit für die universitäre Lehre sehr zu empfehlen. Eingängig geschrieben und informativ, dürfte sie darüber hinaus auch bei einem breiteren Publikum als Leitfaden zu dieser faszinierenden Epoche und ihren literarischen Errungenschaften auf Interesse stoßen. Isabel Karremann Institut für Englische Philologie Julius-Maximilians-Universität Würzburg Iris-Aya Laemmerhirt, Embracing Differences: Transnational Cultural Flows between Japan and the United States. Bielefeld: transcript, 2013. Walter Grünzweig Why should a German Americanist study the transnational flows between Japan and the United States? Why should a German publisher include it in a