eJournals lendemains 39/156

lendemains
0170-3803
2941-0843
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2014
39156

Der 'Soziologe' und der krieg. Max Weber 1914-1920

2014
Hinnerk Bruhns
ldm391560060
60 DDossier Hinnerk Bruhns Der ‚Soziologe‘ und der Krieg. Max Weber 1914-1920 „Dieser Krieg ist groß und wunderbar“* Am Tag der Mobilmachung, am 2. August 1914, meldet sich der Leutnant der Reserve Max Weber freiwillig zum Dienst. Er wird mit der Einrichtung von Reservelazaretten in Heidelberg betraut, in denen dann deutsche und französische Verletzte behandelt werden. Sein erster nach Kriegsausbruch erhaltener Brief ist auf den 28. August datiert und an den Nationalökonomen Karl Oldenberg adressiert, der an dem von ihm herausgegebenen Grundriss der Sozialökonomik beteiligt war. Weber schreibt: Ich habe 13 Stunden Dienst im Lazarett, vielleicht komme ich doch noch in eine Festung oder so etwas; marschieren kann ich ja leider nicht und bin daher nicht an der Front zu gebrauchen - was einem doch sehr hart ankommt. Denn einerlei was der Erfolg ist, - dieser Krieg ist groß und wunderbar. 1 „Alle meine Brüder sind vor dem Feind, wie Ihre Söhne“, heißt es am gleichen Tag auf einer Postkarte an seinen Verleger Paul Siebeck. „Käme ich doch auch noch hin. Denn dieser Krieg ist groß und wunderbar, was auch der Erfolg sein mag“. Über alles Erwarten groß und wunderbar sei er, so an Mina Tobler am 8. September: „Nicht die Erfolge, sondern der ‚Geist‘ der Soldaten, den man hier sehen konnte und täglich in den Lazaretten sieht, übersteigt alles Erwarten“. Am 15. Oktober 1914 schreibt Weber an Ferdinand Tönnies: Dieser Krieg ist bei aller Scheußlichkeit doch groß und wunderbar, es lohnt sich, ihn zu erleben - noch mehr würde es sich lohnen, dabei zu sein, aber leider kann man mich im Feld nicht brauchen, wie es gewesen wäre, wenn er rechtzeitig - vor 25 Jahren - geführt worden wäre. [...] Wie soll man sich einen Frieden denken? Und wann? Die Hunderttausende bluten für die entsetzliche Unfähigkeit unserer Diplomatie - das ist leider nicht zu leugnen, und daher hoffe ich, selbst im Fall eines endgültig guten Ausgangs nicht auf einen wirklich dauernden Friedenserfolg für uns. Wäre alles so gut wie - überraschenderweise - die Armeeleitung - ja, dann stünde es anders! 2 Vieles klingt hier an, was bis 1918 und danach Webers Reaktionen kennzeichnen wird: Kriegsbegeisterung, der Wunsch, dabei sein zu können, die Notwendigkeit des Krieges, verbunden mit Skepsis über seinen Ausgang und den folgenden Frieden, die Verdammung der deutschen Außenpolitik und die Hochachtung vor der Armeeleitung. In der wiederholten bedauernden Behauptung, dass der Krieg zu spät gekommen sei, verbindet sich politische Analyse mit einer bellizistischen Selbstwahrnehmung: „ich habe von allen Söhnen meiner Mutter die stärksten angeborenen kriegerischen Instinkte, [ ], und darum hasse ich diesen Krieg, der 20 Jahre früher hätte kommen und mich zu Pferde finden sollen“. 3 61 DDossier Die politische Einschätzung ihrerseits beruht einerseits auf außenpolitischem Kalkül, andererseits - doch dazu später - auf der Überzeugung, dass die Nation nicht auf die „Weihe eines deutschen Krieges“ habe verzichten können. Dem entspricht die bis 1918 durchgängige Verklärung des Kriegstodes in Beileidsbriefen an Verwandte, Freunde und Kollegen. „Unglaubliche Opfer“ verlange dieser Krieg „in seiner Größe und ernsten Majestät“. 4 Im September 1916 noch heißt es: „Der Tod für das Vaterland ist der einzige, bei dem der Mensch sicher ist, für ein irdisches Gut zu sterben, welches Dessen wert ist“. Der Krieg ist in diesem Kondolenzbrief „die dunkle Erhabenheit dieser größten aller Prüfungen“. 5 Dass „der Tod da draußen“ der einzige sei und bleibe, der Sinn habe, so noch am 4. April 1918, entspringt nicht allein dem Anliegen, den Hinterbliebenen Trost zu spenden, sondern auch einer tiefen Überzeugung, die nicht nur, wie wir sehen werden, privat geäußert wird. Wenn Zweifel anklingen, wie in einem Brief vom 1. Januar 1916 an die Verlobte seines bei Brest-Litowsk gefallenen Bruders Karl, dann ist es doch nur der durch das Weiterrollen des Lebens gesteigerte „Eindruck jenes Verlustes und so des Lebens überhaupt“. Der Sinn des Todes „da draußen“ hat aber nicht nur metaphysische Wurzeln, er muss, wie der Krieg selbst, auch politisch begründbar sein: „Sähen wir doch nun erst ein Ende dieses sinnlos gewordenen Krieges! Es ist schauerlich und gespenstisch, wenn Krieg zum ‚Alltag‘ wird, draußen und drinnen“, schreibt Weber im Juni 1917. 6 Die Rede vom „Abschlachtenlassen von Hunderttausenden für ihre Minister-Existenz“, 7 im September 1917, klingt wie ein Echo auf „die entsetzliche Unfähigkeit unserer Diplomatie“ im Brief an Tönnies vom Oktober 1914. Abschlachten hin oder her, „daß nun der Krieg, nach menschlichem Ermessen, doch wirklich gewonnen wird, ist doch eine fabelhafte Sache“, 8 freut sich Weber jedoch schon wenig später, am 2. Dezember 1917. So weit zu der persönlichen Reaktion Webers auf den Krieg. War die Begeisterung, mit der er 1914 und 1915 den so großen und herrlichen Krieg begrüßte, nur Ausdruck der Illusionen eines Intellektuellen, der sich als Mann der Tat sah und davon träumte, zu Pferde, mit dem Säbel in der Hand, eine Attacke gegen den Feind zu reiten? Handelte es sich um eine rein emotionelle Reaktion? Wie lässt sich das vereinbaren mit seinem Ideal einer „Wirklichkeitswissenschaft“, mit seiner ständigen Forderung nach „klaren Begriffen“ und seiner sonst so kompromisslos nüchternen Zeitanalyse? Weber teilt die Kriegsbegeisterung der Mehrheit der deutschen Akademiker, unterscheidet sich jedoch von ihr in seiner Skepsis über den möglichen Ausgang des Krieges. Vor allem aber gehörte er nicht zu den Unterzeichnern des Manifests der 93, dem berüchtigten „Aufruf an die Kulturwelt“ vom September 1914. 9 Auch spricht er sich gegen den Abbruch der Beziehungen zu ausländischen Kollegen aus. Im Juni 1915 erklärt er: „Internationale wissenschaftliche Beziehungen werden für mich durch den Krieg nicht berührt“, fügt aber im gleichen Atemzug hinzu: „Mit Burschen wie Ramsey, Elliot und anderen, die mein Volk beschimpfen, teile ich natürlich das Zimmer nicht wieder.“ 10 62 DDossier Der englische Chemiker Sir William Ramsey hatte gefordert, deutsche und österreichische Gelehrte von jeder Zusammenarbeit auszuschließen. Charles William Eliot, ehemaliger Präsident der Harvard-Universität, hatte im September 1914 gegen das deutsche Vorgehen in Belgien protestiert. Wo ein unmittelbarer - und wie Weber - von der Sinnhaftigkeit des Krieges zutiefst überzeugter unmittelbarer Augenzeuge wie Harry Graf Kessler im Hinblick auf das deutsche Verhalten in Belgien von einem Hunnenzug, einem nie dagewesenen, wahrhaft dämonischen Bild der Zerstörung und der Aufhebung aller Rechtsbegriffe sprach, 11 da folgte Max Weber kritiklos der Sprachregelung der Heeresführung, und dies nicht nur zu Beginn des Krieges. Kritik an Deutschland konnte Weber auch von einem engen Kollegen wie Robert Michels nicht ertragen, dem er aufgrund seiner „nationalen Zwischenexistenz“ einen generellen Maulkorb in allen Kriegsfragen, soweit sie Deutschland betrafen, auferlegen wollte. 12 Michels seinerseits, der Kriegskritiker, sah sich in der Rolle des „ungerecht verdächtigten und verfolgten Ausländers“ und skizzierte eine „vision lugubre“, die darauf hinauslaufe, „[de] faire cesser l’échange entre les peuples, réduire l’immigration à ses moindres termes, élever entre les diverses nations des murailles de Chine“. 13 Man könnte sich auch fragen, welche Bedeutung internationale wissenschaftliche Beziehungen für Weber eigentlich hatten. Ein Blick in seine Korrespondenz der Jahre 1906 bis 1920 zeigt, dass es nur ganz wenige vereinzelte Briefe an ausländische Gelehrte gibt: für die gesamte Periode sind weniger als zehn Briefe an ausländische Korrespondenten erhalten, wenn man die Schweiz und Österreich beiseite lässt. 1. Krieg, Soziologie und nationalistische Rhetorik So sehr sich 1914 zahlreiche Akademiker mit polemischer Feder in meist sicherer Entfernung von der Front ins intellektuelle Schlachtgetümmel stürzten, so wenig wurde ihnen der Krieg zu einem Phänomen, das es wissenschaftlich zu analysieren galt. Eine der wenigen signifikanten Ausnahmen, auf die auch Hans Joas und Wolfgang Knöbl in ihre Untersuchung über die Kriegsverdrängung in der Sozialtheorie hinweisen, 14 findet sich schon im Herbst 1914 in dem von Weber maßgeblich mit herausgegebenen Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. Sein Redaktionskollege Emil Lederer publizierte hier eine „Soziologie des Weltkriegs“, die das Phänomen des Krieges mit Hilfe der Tönniesschen Begriffe Gemeinschaft und Gesellschaft zu fassen suchte. Das Archiv veröffentlichte ab 1914 eine ganze Reihe von Kriegsheften, vor allem zu wirtschaftlichen Problemen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob Weber sich in den ersten Kriegsjahren intensiv für die Programmgestaltung seiner Zeitschrift interessierte und Zeit dafür nahm. Als es zum Beispiel im Dezember 1914 um die Frage der Veröffentlichung eines von Sombart grundsätzlich beanstandeten Artikels von Eduard Bernstein über „Die internationale Arbeiterklasse und der europäische Krieg“ ging, schrieb Weber an Edgar Jaffé: 63 DDossier Ich bin durch den Dienst derart in Anspruch genommen, dass ich nur allenfalls Zeitungen lese und wirklich nicht daran denken kann, auch kaum das Bedürfnis fühle, ‚zu dem Kriege Stellung zu nehmen‘. Worum handelt es sich denn? Ich habe B[ernstein] nicht gelesen, kann also ohne Kenntnis davon weder so noch so mich ‚erklären‘, noch auch nicht ‚erklären‘. 15 Gleichwohl wird der Krieg zum Thema in Webers „Soziologie“: im April 1916 schlägt er seinem Verleger Siebeck vor, einen zusätzlichen Abschnitt über „Wirtschaft und Krieg“ in den Grundriss der Sozialökonomik aufzunehmen. 16 Das ist relativ spät, hatte doch die Redaktion des Archivs gleich nach Kriegsbeginn diese Frage zu einem zentralen Thema der Zeitschrift gemacht. Die Frage der Planwirtschaft in der Form der Kriegswirtschaft und dann der sozialistischen Wirtschaft geht dann auch ein in die entsprechenden Teile von Wirtschaft und Gesellschaft, Webers eigenen Beitrag zum Grundriss. Der soziologische Ertrag seiner Verwaltungstätigkeit bei der Einrichtung und Verwaltung von Lazaretten zu Kriegsbeginn waren die Begriffe ‚Dilettantenverwaltung‘ und ‚Dilettantenwirtschaft‘, die dann in seiner politischen Soziologie durchaus nicht nur mit negativem Vorzeichen versehen wurden. Zu Beginn seines abschließenden Erfahrungsberichts über die Lazarettverwaltung heißt es: „Die Darstellung der Entwicklung der Lazarette ist [...] eine Darstellung des Übergangs von einer rein dilettantischen freien zu der geordneten bürokratischen Verwaltung“. 17 Weber wendet den Begriff dann nachträglich auf seine amerikanische Erfahrung an: die alte amerikanische Demokratie konnte noch mit einer Dilettantenverwaltung auskommen, jetzt werde sie von Beutepolitikern missbraucht. 18 Was aber findet sich in Webers Soziologie über den Krieg als ein fait social total, im Sinne von Marcel Mauss? Oder, bescheidener, inwieweit verändert und in welche Richtung lenkt die Realität des Krieges Webers Analysen der Gesellschaft oder auch seine ‚Wissenschaft vom Menschen‘, im Sinne der Thesen von Wilhelm Hennis? Oder sollte man sich mit Joachim Radkaus Interpretation zufrieden geben, wonach Weber in den Kriegsjahren in „wohliger Weltflucht das Vergnügen bei Chinesen und Indern“ suchte? 19 In Webers historischer Soziologie ist der Krieg omnipräsent. Der Krieg selbst war für ihn eine Art Naturereignis der Staatengeschichte, eine Form des unvermeidlichen „ewigen Ringens der Nationen“; 20 er wird erzeugt von der Struktur der Gesellschaft selbst. 21 In den „Soziologische(n) Grundbegriffe(n)“, die Weber gegen Ende des Krieges im ersten Kapitel von Wirtschaft und Gesellschaft definiert, heißt es: „Politik ist: Kampf “. 22 Der Begriff Kampf wird jedoch nicht mit ‚Krieg‘ als fait social - sozialer Tatsache - assoziiert, sondern mit Auslese als Existenzkampf, und Weber geht in den „soziologischen Grundbegriffen“ von diesem Begriff über zu dem der wirtschaftlichen Konkurrenz, die mit „friedlichen Kampfmitteln“ geführt wird. 23 Der Krieg ist, wie er 1916 formuliert, nicht mehr als eine andere, jedoch weniger erbarmungslose, sehr viel weniger Opfer fordernde und gleichzeitig weniger sinnlose Form des Kampfes „des Menschen mit dem Menschen“ als der „öko- 64 DDossier nomische Kampf ums Dasein, den die bürgerliche Phraseologie als ‚friedliche Kulturarbeit‘ bezeichnet“. 24 Webers Auffassung vom Krieg unterscheidet sich jedoch durchaus von derjenigen der Mehrheit der akademischen Kriegsenthusiasten, für die pars pro toto auf Max Schelers zu Anfang des Jahres 1915 erschienenes Buch Der Genius des Krieges und der Deutsche Krieg hingewiesen sei. Scheler sprach von dem „einzigartigen Ereignis in der moralischen Welt - dem erhabensten seit der französischen Revolution“. 25 Durch dieses Ereignis wurde „der zerrissene Lebenskontakt zwischen den Reihen: Individuum - Volk - Nation - Welt - Gott mit einem Male wieder geschlossen“. 26 Scheler ist stolz darauf, jenem kleinen Häuflein „innerhalb der intellektuellen Menschen“ anzugehören, die - im Gegensatz zu den Pazifisten - den Krieg als „ein fast metaphysisches Erwachen aus dem dumpfen Zustand eines bleiernen Schlafes“ empfinden. 27 Er geht noch weiter: „Jeder Krieg ist Rückkehr auf den schöpferischen Ursprung, aus dem der Staat überhaupt hervorging“. 28 Er führt Treitschke als Zeuge dafür an, „daß mit dem Kriege alle Bewegung, alles Werden aus der Geschichte gestrichen werden soll“. 29 „Krieg aber, das ist der Staat in seinem aktuellsten Wachsen und Werden selbst“. 30 Scheler wirft der deutschen idealistischen Philosophie, vor allem Fichte, einen mangelhaften Staatsbegriff vor: „Der nationale Staat hat ihm als konkrete Kollektivpersönlichkeit noch kein letztes metaphysisches Recht - er ist noch nicht nur sich selbst und Gott verantwortlich“. 31 In seiner Rede „An der Schwelle des dritten Kriegsjahres“ am 1. August 1916 antwortet Weber all denen, die wie Scheler den Staat über alles setzen: Wenn man sagt, der Staat sei das Höchste und Letzte in der Welt, so ist dies vollständig richtig, wenn es richtig verstanden wird. Der Staat ist die höchste Machtorganisation auf Erden, er hat Gewalt über Leben und Tod nicht nur der Verbrecher, sondern auch seiner Soldaten. Der Gegensatz und der Irrtum aber war, daß man nur vom Staat, nicht von der Nation redete. 32 Weber schreibt an anderer Stelle: „Ein ‚Betrieb‘ ist der moderne Staat, gesellschaftswissenschaftlich angesehen, ebenso wie eine Fabrik: das ist gerade das ihm historisch Spezifische“. 33 Die Nation als politische Gemeinschaft unterscheidet sich von anderen Typen von Gemeinschaften dadurch, dass das „Gemeinschaftshandeln, wenigstens normalerweise, den Zwang durch Gefährdung und Vernichtung von Leben und Bewegungsfreiheit sowohl Außenstehender wie der Beteiligten selbst einschließt“. Es ist „der Ernst des Todes“, der der politischen Gemeinschaft ihr spezifisches Pathos verleiht: Er stiftet auch ihre dauernden Gefühlsgrundlagen. Gemeinsame politische Schicksale, d. h. in erster Linie gemeinsame politische Kämpfe auf Leben und Tod, knüpfen Erinnerungsgemeinschaften, welche oft stärker wirken als Bande der Kultur-, Sprach- oder Abstammungsgemeinschaft. Sie sind es, welche - wie wir sehen werden - dem ‚Nationalitätsbewußtsein‘ erst die letzte entscheidende Note geben. 34 65 DDossier Dabei lasse sich der Tod in der subjektiven Vorstellung der Massen „durch emotionale Beeinflussung im ganzen leicht auf Null“ reduzieren. 35 Das „Pathos dieser emotionalen Beeinflussung“ sei nicht ökonomischen Ursprungs, sondern beruhe auf dem Prestigeempfinden (politische Macht); „das nackte Prestige der ‚Macht‘ wandelt sich [ ] ab [ ] in die Idee der ‚Nation‘“. 36 Weber macht sich hier zum Theoretiker seiner eigenen öffentlichen Rhetorik, und man kann problemlos von der Lektüre dieses Teils von Wirtschaft und Gesellschaft überwechseln zu der seiner Privatbriefe, seiner Kriegsreden und wieder zurück zu seiner Soziologie. So heißt es in seiner Rede „An der Schwelle des dritten Kriegsjahres“: Ja, wofür sterben heute unsere Leute im Felde? ‚Geistreiche‘ Personen haben sich zusammengetan und die ‚Ideen von 1914‘ erfunden, aber niemand weiß, welches der Inhalt dieser ‚Ideen‘ war. [...] Was würden unsere Leute im Felde antworten, wenn man ihnen sagen würde: Ihr laßt Euch draußen totschießen, und die daheim erfinden Ideen? Entscheidend werden die Ideen von 1917 sein, wenn der Friede kommt: jetzt gilt das Recht des Schwertes. 37 Dann aber heißt es: „Wofür führen wir den Krieg? “ Die Antwort: „unsere Existenz als Macht ist der Grund dieses Krieges“, es ist „ein heiliger Volkskrieg um die ganze Existenz“. 38 2. Krieg, Gesellschaftliche Auswirkungen und die Wissenschaft vom Menschen In seinen ökonomischen Studien einerseits, zumal in den Passagen über Planwirtschaft und Sozialisierung, und in den religionssoziologischen Schriften andererseits beschäftigt sich Weber eingehender mit der Frage der Auswirkungen des Weltkriegs auf die moderne Gesellschaft. In der „Zwischenbetrachtung“ am Ende des ersten Bandes der Wirtschaftsethik der Weltreligionen führt er aus, dass die Politik (in Gestalt des Krieges), im Gegensatz zur Wirtschaft, in eine direkte Konkurrenz zur religiösen Ethik treten könne: Der Krieg als die realisierte Gewaltandrohung schafft, gerade in den modernen politischen Gemeinschaften, ein Pathos und ein Gemeinschaftsgefühl und löst dabei eine Hingabe und bedingungslose Opfergemeinschaft der Kämpfenden und überdies eine Arbeit des Erbarmens und der alle Schranken der naturgegebenen Verbände sprengenden Liebe zum Bedürftigen als Massenerscheinung aus, welcher die Religionen im allgemeinen nur in Heroengemeinschaften der Brüderlichkeitsethik ähnliches zur Seite zu stellen haben. 39 Der Krieg bewirke noch mehr, indem er dem Tod einen Sinn gebe und ihn heilige: „Die Gemeinschaft des im Felde stehenden Heeres fühlt sich heute, wie in den Zeiten der Gefolgschaft, als eine Gemeinschaft bis zum Tode: die größte ihrer Art“. 40 Als Massenphänomen kann allein der Tod auf dem Schlachtfeld dem Einzelnen den Eindruck geben, er sterbe ‚für etwas‘. Weber resümiert: 66 DDossier Diese Leistung einer Einstellung des Todes in die Reihe der sinnvollen und geweihten Geschehnisse liegt letztlich allen Versuchen, die Eigenwürde des politischen Gewaltsamkeitsverbandes zu stützen, zugrunde. Die Art aber, wie der Tod hier als sinnvoll erfaßt werden kann, liegt nach radikal anderen Richtungen als eine Theodicee des Todes in einer Brüderlichkeitsreligiosität. Dieser muß die Brüderlichkeit der kriegsverbundenen Menschengruppe als bloßer Reflex der technisch raffinierten Brutalität des Kampfes entwertet scheinen und jene innerweltliche Weihe des Kriegstodes als Verklärung des Brudermordes. Und gerade die Außeralltäglichkeit der Kriegsbrüderlichkeit und des Kriegstodes, welche er mit dem heiligen Charisma und dem Erlebnis der Gottesgemeinschaft teilt, steigert die Konkurrenz auf die äußerst mögliche Höhe. 41 Man könnte einwenden, dass diese Art politischer Philosophie auf Beobachtungen beruht, die in genügender Entfernung vom Schlachtfeld gemacht sind. Man kann diese Beobachtung aber auch im Lichte dessen lesen, was totalitäre Systeme wenige Jahre später ins Werk setzten. Bezeichnet man aber wie Wilhelm Hennis als zentrale Problematik und größte Sorge Webers die Frage nach der Qualität des Menschen, dann liegt es nahe zu fragen, wie denn Weber die Auswirkungen des Krieges, der jahrelangen Gewalt, des „Abschlachtenlassens von Hunderttausenden“ für Ministerexistenzen 42 auf die Menschen beurteilt habe. Erstaunlich wenig findet sich dazu in den Schriften und Briefen. Um eine Gruppe von Menschen zeigt sich Weber in der zweiten Kriegshälfte zunehmend besorgt. Das sind die Soldaten - er spricht zumeist von den „Kriegern“ - die von der Front in die Heimat zurückkehren werden. Dabei geht es Weber nicht um ihre Qualität als Menschen, sondern um ihren Bürgerstatus, um das gleiche Wahlrecht und damit um die Vollendung der inneren Nationsbildung. Ganz abwesend ist die Frage nach der Qualität der Menschen jedoch nicht. Am 19. November 1915 fragt er in einem Brief an seine Frau: „Was soll mit dieser Jugend werden, wenn sie [aus dem Krieg] zurückkommt? “, und er antwortet: „Ich denke, was Gutes“. 43 Schon im April des gleichen Jahres, in einem Brief an seine Mutter, hatte er geschrieben: Die Probe darauf, ob wir ein großes Kulturvolk sind, haben wir abgelegt: Menschen, die inmitten einer raffinierten Kultur leben, die dann trotzdem draußen dem Grausen des Krieges gewachsen sind (was für einen Senegal-Neger keine Leistung ist! ), und die dann trotzdem so zurückkommen, so grundanständig, wie die große Mehrzahl unserer Leute, - das ist echtes Menschentum. 44 Das ist recht weit entfernt von Webers „Wissenschaft vom Menschen“, wie Hennis sie darstellt. Im Krieg, und nicht nur hier, gilt Webers Sorge weniger dem Menschentum als der Nation, deren tragende Schichten nicht die gewünschte Qualität haben, sondern sich zusammensetzen - in Webers Diktion - aus Bürgerpack, aus politischen Narren, satten Parvenüs, Pfründenanwärtern, dilettierenden gekrönten Fatzkes, Schmarotzern, Tagedieben, Kaffeehausintellektuellen, kurzsichtigen Ordnungsphilistern, Schurken, Literaten mit Phrasendreschmaschinen, Horden von Irrsinnigen, anstellungshungrigen, beförderungshungrigen, gehaltshungrigen Sprösslingen deutscher Examensfabriken, lackierten Plebejern, satisfaktionsfähigen Prüfungsdiplommenschen usw. usw. Das ist es, was er an einer anderen 67 DDossier Stelle als das Erbe Bismarcks bezeichnet: „eine Nation ohne alle und jede politische Erziehung“. 45 Aus makrosoziologischer Sicht bedeutete für Weber „[d]er jetzige Weltkrieg [...] vor allem den Siegeszug dieser Lebensform [d.h., wie er schreibt, der rationalen, arbeitsteiligen, fachmäßigen bureaukratischen Organisation aller menschlichen Herrschaftsverbände, von der Fabrik bis zum Heer und Staat] über die ganze Welt. Er war ohnehin im Gange“. 46 Der Nationalökonom und Soziologe analysierte zugleich die voraussichtlichen, zu befürchtenden konkreten sozialökonomischen Folgen des Krieges für die deutsche Gesellschaft: die Festigung der Vormachtstellung der Agrarier und anderer Kriegsgewinnler, die Deklassierung der Soldaten und der „Arbeitsarmee, welche den Kriegern draußen den Kampf ermöglicht“. 47 Diese sozialen, politischen, ökonomischen Folgen waren für Weber, neben der Kriegswirtschaft, das eigentliche ‚soziologische‘ Thema. 3. „Von Todfeinden auf allen Seiten umlauert“ und „Die Weihe eines deutschen Krieges“ Deutschland ist umlauert von Todfeinden: das ist die Grundüberzeugung, die politische Weltsicht, die Weber mit großen Teilen der deutschen Öffentlichkeit teilt. 48 Man könnte viele Stimmen zitieren; ein Beispiel unter zahlreichen anderen: ein Brief von Hermann Diehls an seinen belgischen Kollegen Franz Cumont vom 15. Januar 1912: „Jetzt ist hierzulande niemand im Zweifel über das Spiel, das die Entente abgekartet hat, uns im richtigen Augenblick zu Wasser und zu Lande zu erdrosseln“. 49 Dieses bekannte Einkreisungssyndrom verbindet sich bei Weber mit einer rational-irrationalen Einteilung der Welt in große und kleine Nationen. Die Geopolitik wird hier zur Schicksalsmacht erhoben: „Ein Volk von 70 Millionen ist vor der Geschichte dafür verantwortlich, daß es für seine Nachfahren die Ehre wahrt, politische Knechtung und Vasallentum abschüttelt“. 50 Diese Verantwortung unterscheide Deutschland von kleineren Völkern, für die es, wie Weber sagt, die Waffen mittrage: „Aber wenn die Holländer, Dänen usw. von unserem ‚Militarismus‘ reden, so sagen wir: Wir tragen den Panzer für euch mit“. 51 Diese Verantwortlichkeit unterscheide Deutschland auch von den Vereinigten Staaten, denn: „Sie kennen gar nicht, was es heißt, von Todfeinden auf allen Seiten umlauert zu sein“. 52 In seiner Rede über „Politik als Beruf“ vom Januar 1919 nimmt er diese Idee wieder auf, spricht aber diesmal von dem Glück der kleinen Völker, die nicht die Last dieser Verantwortung zu tragen brauchen. Ganz analog zu seiner resignierten Feststellung „Der Puritaner wollte Berufsmensch sein, - wir müssen es sein“ 53 heißt es nun von Deutschland, dass es, nachdem es nun einmal ein Macht- und Nationalstaat sein wollte, vom Schicksal dazu verurteilt sei, ein Heerlager zu sein: „Die Anforderungen [...], welche an ein machtstaatlich organisiertes Volk ergehen, sind unentrinnbar“. 54 Unsere eigenen Nachfahren würden uns verantwortlich machen, 68 DDossier wenn kampflos die Weltmacht - und das heißt letztlich: die Verfügung über die Eigenart der Kultur der Zukunft -, zwischen den Reglements russischer Beamten einerseits und den Konventionen der angelsächsischen ‚society‘ andererseits, vielleicht mit einem Einschlag von lateinischer ‚raison‘, aufgeteilt würde. 55 Weil Deutschland ein Machtstaat sei, deshalb sei es seine „verdammte Pflicht und Schuldigkeit vor der Geschichte“, sich „der Überschwemmung der ganzen Welt durch jene beiden Mächte entgegenzuwerfen. Lehnten wir diese Pflicht ab, - dann wäre das Deutsche Reich ein kostspieliger eitler Luxus kulturschädlicher Art, den wir uns nicht hätten leisten sollen“ und den man so schnell wie möglich zugunsten einer „‚Verschweizerung‘ unseres Staatswesens“ wieder beseitigen solle. 56 „Tragik der historischen Pflichten“, „vom Schicksal verhängte geschichtliche Pflichten des eigenen Volkes“, alles, was an den Gütern des Machtstaates teilnehme, sei „verstrickt in die Gesetzlichkeit des ‚Macht-Pragma‘, das alle politische Geschichte beherrscht“. 57 „Schicksal“, zumeist im Sinne geschichtlicher Entwicklung, ist ein mehrere hundert Male vorkommender Begriff in Webers Werk. Auch in der Korrespondenz ist das Schicksal omnipräsent. Am 24. Oktober 1918 schreibt Weber an Karl Loewenstein: „Der Krieg ist nicht mehr zu gewinnen, das ist wahr. [...] Ein verlorener Krieg ist kein Gottesgericht. Allerdings: das Schicksal wurde herausgefordert und es hat sich gerächt. Aber das ist Alles“. 58 „Politische Gemeinschaften“ haben eine Struktur und ein Schicksal, 59 und die Beziehungen politischer Gebilde untereinander werden auch durch ein „Reich der ‚Ehre‘“, „ständischer Ordnung vergleichbar“, strukturiert. 60 Dieser wissenschaftlichen Erkenntnis aus seiner historischen Soziologie entspricht Webers politische Haltung bei Kriegsende: Statt nach alter Weiber Art nach einem Kriege nach dem ‚Schuldigen‘ zu suchen - wo doch die Struktur der Gesellschaft den Krieg erzeugte -, wird jede männliche und herbe Haltung dem Feinde sagen: ‚Wir verloren den Krieg, - ihr habt ihn gewonnen. Das ist nun erledigt: nun laßt uns darüber reden, welche Konsequenzen zu ziehen sind entsprechend den sachlichen Interessen, die im Spiel waren, und - die Hauptsache - angesichts der Verantwortung vor der Zukunft, die vor allem den Sieger belastet‘. Alles andere ist würdelos und rächt sich. Verletzung ihrer Interessen verzeiht eine Nation, nicht aber Verletzung ihrer Ehre, am wenigsten eine solche durch pfäffische Rechthaberei. 61 Es ist merkwürdig, wie wenig Weber seine Einsichten in - wie wir heute sagen würden - Fragen der nationalen Identität und der Symbolik auf die Außenwelt anwandte. Die elsässische Frage reduziert er auf ein rein ökonomisches Problem, das durch den Anschluss an einen finanzstarken Staat wie Preußen hätte geregelt werden können. 62 Der Einsatz von Kolonialtruppen - in der Epoche des Kolonialismus und Imperialismus - ist ihm ein Verstoß gegen die Standesehre der europäischen Staaten: „Die feindlichen Heere setzen sich zunehmend aus Barbaren zusammen. An der Westgrenze steht heute ein Auswurf afrikanischer und asiatischer Wilder und alles Räuber- und Lumpengesindel der Erde mit unter den 69 DDossier Waffen“. 63 Solchen Gegnern konnte man natürlich nicht auf dem ‚Feld der Ehre‘ begegnen. Dass Deutschland nun einmal nicht ein Volk von sieben, sondern von 70 Millionen sei, das, so Weber, „war unser Schicksal“. 64 Darin gründete „jene unentrinnbare Verantwortung vor der Geschichte“, und das müsse man sich immer wieder klarmachen, wenn die Frage nach dem Sinn dieses endlosen Krieges gestellt werde: Die Wucht dieses Schicksals, das wir bestehen müssen, führte die Nation empor, an Abgründen und Gefahr des Untergangs vorbei, auf der steilen Bahn der Ehre und des Ruhmes, auf der es keine Umkehr gab, in die klare harte Luft des Waltens der Weltgeschichte, der sie in ihr grimmiges, aber gewaltiges Angesicht schauen mußte und durfte, späten Nachfahren zu unvergänglichem Gedächtnis. 65 Max Weber blieb es erspart zu erleben, wohin die ‚Wucht des Schicksals‘ die Nation in den folgenden zweieinhalb Jahrzehnten führen sollte. Galten die längerfristige Sorge Webers und seine politiktheoretischen Überlegungen der parlamentarisch-demokratischen Entwicklung Deutschlands, 66 so waren ihm die revolutionären Ereignisse der Nachkriegszeit vor allem ein politisch brennendes Augenblicksproblem. Denn politisch kam für ihn die Revolution im - für Deutschlands Zukunft - ungünstigsten Moment, 67 der Niederlage im Krieg. Ökonomisch und gesellschaftspolitisch gesehen konnte eine aus dem Krieg hervorgehende sozialistische Revolution nur ein „bescheidene[s] Resultat“ haben: nämlich keineswegs einen (im Sinne eines wissenschaftlich geschulten Sozialisten, wie er sagte) Übergang zu einer sozialistischen Wirtschaft, sondern nichts anderes als die Wiederherstellung einer „Bourgeoisiewirtschaft [ ], die nur die feudalen Elemente und dynastischen Reste abgestreift haben könnte“. 68 Weder die bolschewistische Revolution in Russland noch die revolutionären Vorgänge in Deutschland - ein „Karneval, den man mit dem stolzen Namen einer ‚Revolution‘ schmückt“ 69 - erschienen ihm als Umwälzungen im Sinne der „fünf großen [ ] Revolutionen, die italienische des 12. und 13., die niederländische des 16., die englische des 17., die amerikanische und französische des 18. Jahrhunderts“, die, wie er in den gleichen Jahren schrieb, als „für das Schicksal des Okzidents entscheidende Revolutionen“ von innen heraus „ganz neue Machtverteilungen und damit neue ökonomische Bedingungen schaffen konnten“. 70 Eine derartige historische Revolution lag nicht - noch nicht - in Webers Gesichtskreis. Uns erscheint der Erste Weltkrieg, der Große Krieg, heute als die entscheidende Zäsur zwischen zwei Epochen. Max Weber jedoch ging es in diesem Augenblick, wie in anderer Weise zu Kriegsbeginn, um das Überleben der Nation: Parlamentarisierung und eine in der Konkurrenz der Großmächte lebensfähige Gestaltung der politischen und sozialen Strukturen, Verzicht auf imperialistische Träume und vor allem Abwendung drohender Fremdherrschaft mit „Fron- und Schuldpflichten“ und ihren unausweichlichen Folgen: Chauvinismus, Völkerhass, Aufflammen der „deutsche[n] Irredenta mit all den dabei üblichen revolutionären 70 DDossier Mitteln der Selbstbestimmung“. 71 Gegen die Fremdherrschaft, so fügt er hinzu, seien auch die Mittel der Spartakusleute recht, und die studierende Jugend hätte hier eine Aufgabe. Wolfgang Mommsen hat Webers Reaktion auf das Kriegsende äußerst kritisch beurteilt: der Zusammenbruch des Kaiserreichs habe Webers politisches Wertesystem in keiner Weise erschüttert, sondern im Gegenteil sein nationales Denken zu leidenschaftlichem Nationalismus gesteigert. 72 Im Kontext der deutschen Geschichte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte der Vorwurf des machtpolitischen Denkens eine Schärfe, die Webers Insistieren auf den ‚Ideen von 1917‘, d. h. die Gestaltung des Nachkriegsdeutschlands, das auch durch soziale Gerechtigkeit die innere Nationsbildung voranbringen sollten, in den Hintergrund treten ließ. Krieg, Niederlage, Versailler Vertrag und revolutionäre Wirren: Weber lebte nicht nur zwischen zwei Epochen, in ihm lebten zwei grundverschiedene und doch komplementäre Persönlichkeiten - der kühl-analytische Sozialwissenschaftler und der aufbrausende Politiker, von dem Heinrich Blücher an Hannah Arendt schrieb, dass ihm der Gram um sein Land das Herz abfraß. 73 Man lese nur Marianne Webers Bericht über das erste Münchner Kolleg ihres Mannes im Jahr 1919: Seine Sätze sind durchbebt von der Tragödie Deutschlands: Wir stehen in aller Form unter Fremdherrschaft. Wir sind gleich den Juden zum Pariavolk gemacht, die deutsche Regierung ist Büttel fremder Interessen und zur Racheübung an den eignen Volksgenossen gezwungen. Wir können nur ein gemeinsames Ziel haben: aus dem Friedensvertrag einen Fetzen Papier zu machen. Im Augenblick ist das nicht möglich, aber das Recht auf Revolution gegen Fremdherrschaft lässt sich nicht aus der Welt schaffen. 74 In seiner 1941 redigierten Apologie pour l’histoire macht Marc Bloch sich ein arabisches Sprichwort zu eigen: „Les hommes ressemblent plus à leur temps qu’à leurs pères“. 75 Dies gilt ganz besonders auch für Max Weber, dessen innere Zerrissenheit die radikale Veränderung der Welt widerspiegelte, für deren Verständnis er auf der einen Seite in äußerster Nüchternheit neue wissenschaftliche Konzepte und Instrumente konstruierte, und deren Entwicklung er auf der anderen Seite in vielen Bereichen mit Sorge, Verzweiflung und Festhalten an alten Idealen erlitt. * Überarbeitete, gekürzte und ergänzte Fassung von: „Max Weber im Weltkrieg (1914- 1920). Mit einem Seitenblick aus Frankreich“, in: Michael Kaiser / Harald Rosenbach (ed.), Max Weber in der Welt. Rezeption und Wirkung, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 2014, 185-205. Für wertvolle Hinweise bin ich Helwig Schmidt-Glintzer dankbar. 1 Max Weber, Briefe 1913-1914, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 2003, 782 (im Folgenden abgekürzt als MWG, II/ 8). 2 MWG II/ 8, 799. 3 Brief vom 16. November 1915 an Frieda Gross, in: Max Weber, Briefe 1915-1917, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 2008, 177 (im Folgenden abgekürzt als MWG, II/ 9); ähnlich an seine Mutter am 24. April 1916, cf. MWG II/ 9, 395. 71 DDossier 4 Brief vom 4. September 1915 an Frieda Gross, anlässlich des Todes einer seiner Brüder nach einer Verletzung an der russischen Front, in: MWG II/ 9, 118. 5 Brief vom 23. September 1916 an Hans Schnitger, Onkel von Marianne Weber, in: MWG II/ 9, 548. 6 Brief vom 23. Juni 1917 an Franz Eulenburg, in: MWG II/ 9, 668. 7 Brief vom 8. September 1917 an Mina Tobler, in: MWG II/ 9, 774. 8 Brief vom 2. Dezember 1917 an Hans W. Gruhle, in: MWG II/ 9, 831. 9 Jürgen von Ungern-Sternberg / Wolfgang von Ungern-Sternberg, Der Aufruf an die Kulturwelt. Das Manifest der 93 und die Anfänge der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg, Stuttgart, Peter Lang, 1996. 10 Brief an Robert Michels vom 20. Juni 1915, in: MWG II/ 9, 66sq. 11 Harry Graf Kessler, Das Tagebuch 1880-1937. Bd. V: 1914-1916, Stuttgart, Klett-Cotta, 2008, 19, 97, 101, 105. 12 Diese Episode ist nicht erwähnt bei Wolfgang J. Mommsen, „Robert Michels und Max Weber. Gesinnungsethischer Fundamentalismus versus verantwortungsethischen Pragmatismus.“, in: Wolfgang J. Mommsen / Wolfgang Schwentker (ed.), Max Weber und seine Zeitgenossen, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1988, 196-215. Cf. die zwischen 1913 und 1929 geschriebene Abhandlung von Robert Michels, Der Patriotismus. Prolegomena zu seiner soziologischen Analyse, München/ Leipzig, Duncker und Humblot, 1929 (insbesondere das Kapitel 3: „Die Soziologie des Fremden“, Abschnitt 6: „Der Fremde im Krieg“). Cf. Timm Genett, Der Fremde im Krieg. Zur politischen Theorie und Biographie von Robert Michels 1876-1936, Berlin, Akademie Verlag, 2008. 13 Michels zitiert in: Genett, op. cit., 649. 14 Hans Joas / Wolfgang Knöbl, Kriegsverdrängung. Ein Problem in der Geschichte der Sozialtheorie, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 2008. 15 Brief vom 10. Dezember 1914, in: MWG II/ 8, 803. Cf. auch Eduard Bernstein, „Die internationale Arbeiterklasse und der europäische Krieg“, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik (AfSSP), 40, 2, 1915, 267-322. Cf. MWG II/ 8, 803, Anm. 1, sowie John Breuilly, „Eduard Bernstein und Max Weber“, in: Zeitgenossen (op. cit., 476-489). Breuilly erwähnt den Aufsatz Bernsteins im AfSSP jedoch nicht. 16 Briefe vom 14. und 23. April 1916 an Paul Siebeck in: MWG II/ 9, 348 und 391. 17 Max Weber, Zur Politik im Weltkrieg: Schriften und Reden 1914-1918, in: Wolfgang J. Mommsen / Gangolf Hübinger, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1988, 31 (dann als MWG I/ 15 zitiert). 18 Max Weber, Wissenschaft als Beruf. 1917/ 1919. Politik als Beruf. 1919, in: Wolfgang J. Mommsen / Wolfgang Schluchter, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1994, 46 und 69 (dann als MWS I/ 17 zitiert). 19 Joachim Radkau, Max Weber. Die Leidenschaft des Denkens, München/ Wien, Carl Hanser, 2005, 715. 20 Cf. Hans Joas, „Kriegsideologien. Der Erste Weltkrieg im Spiegel der zeitgenössischen Sozialwissenschaften“, in: Leviathan, 3, 1995, 340. 21 In Politik als Beruf (in: MWS I/ 17, 77) im Januar 1919, findet sich eine interessante, jedoch vereinzelte Bemerkung über die Entstehung des Krieges: „wo doch die Struktur der Gesellschaft den Krieg erzeugte“. Der Kontext zeigt jedoch, dass Weber nicht an die besondere Struktur der deutschen Gesellschaft zur Zeit Wilhelms II. dachte, sondern an die Gesellschaften oder Staaten im Allgemeinen, zu deren Leben der Krieg gehört. Cf. Marianne Webers Bemerkung anlässlich der Vortragsreihe auf Burg Lauenstein: „die Jungen trennen sich von den Alten durch Abkehr von allen überkommenen Wertungen, 72 DDossier vor allem durch Abkehr von einer Staats- und Gesellschaftsordnung, die immer aufs neue den Krieg erzeugt“ (Marianne Weber, Max Weber. Ein Lebensbild, Tübingen, Mohr Siebeck, 1926, 609). 22 Cf. MWG I/ 15, 460, Anm. 2: „Aber ein ungeheurer Literatenirrtum ist es, sich einzubilden, die Politik eines Großstaates sei im Grunde nichts anderes als die Selbstverwaltung einer beliebigen Mittelstadt. Politik ist: Kampf “. Cf. dazu Hans Henrik Bruun, Science, Values and Politics in Max Weber’s Methodology, Copenhagen, Ashgate, 2007, 244. 23 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1972, 20, § 8 „Kampf“. 24 Cf. MWG I/ 15, 95-98. Im Krieg konnte sich die Qualität der Menschen bewähren, seine Auswirkungen auf den Menschen aber waren nicht vergleichbar mit denen der großen prägenden Ordnungen, nicht vergleichbar, wie Weber 1916 schrieb, mit „dem Getriebe jenes liebeleeren und erbarmungsfremden ökonomischen Kampfs ums Dasein, den die bürgerliche Phraseologie als ‚friedliche Kulturarbeit‘ bezeichnet: eine andere Form des Kampfes des Menschen mit dem Menschen, bei der nicht Millionen, sondern Hunderte von Millionen jahraus, jahrein an Leib und Seele verkümmern, versinken oder doch ein Dasein führen, dem irgendein erkennbarer ‚Sinn‘ wahrhaftig unendlich fremder ist als dem Einstehen aller (auch der Frauen - denn auch sie ‚führen‘ den Krieg, wenn sie ihre Pflicht tun) für die Ehre, und das heißt einfach: für vom Schicksal verhängte geschichtliche Pflichten des eigenen Volkes“ (ibid.). 25 Max Scheler, Der Genius des Krieges und der Deutsche Krieg, Leipzig, Verlag der Weissen Bücher, 1915. 26 Ibid., 2. 27 Ibid., 4. 28 Ibid., 17. 29 Ibid., 18. 30 Ibid., 42. 31 Ibid., 55. 32 MWG I/ 15, 670. 33 Ibid., 452. Cf. auch Max Weber, „Der Sinn der ‚Wertfreiheit‘ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften“, in: Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen, J.C.B. Mohr, 1988, 539sqq.: „[der Staat] ist im Frieden der größte Wirtschaftsunternehmer und machtvollste Tributherr der Bürger, im Krieg aber der Träger schrankenlosester Verfügung über alle ihm zugänglichen Wirtschaftsgüter“. 34 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, op. cit., 515. 35 Ibid., 527. 36 Ibid., 528. 37 MWG I/ 15, 660. 38 MWG I/ 15, 682 und 686. Cf. Webers Brief an Bernhard Guttmann vom 4. September 1916: Auf die Frage, „‚wofür wir denn nun den Krieg geführt hätten? ‘ -, so meine ich: für unsere nackte Existenz als nationaler Machtstaat mit eigener, nur an eignen Interessen orientierter Politik“ (MWG II/ 9, 525). 39 Max Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzianismus und Taoismus. Schriften 1915-1920, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1989, 492 (dann als MWG I/ 19 zitiert). 40 MWG I/ 19, 492sq. 41 MWG I/ 19, 493. 42 Brief vom 8. September 1917 an Mina Tobler, in: MWG II/ 9, 774. 73 DDossier 43 Brief an Marianne Weber, 19. November 1915, in: MWG II/ 9, 182. 44 Weber fährt fort: „und das darf man über allem aufdringlichen Treiben unerfreulicher Art ja nicht übersehen. Dies Erlebnis bleibt immerhin bestehen, mag der Ausgang sein, welcher er wolle“ (Brief vom 13. April 1915, in: MWG II/ 9, 38). Am 20. Juni 1915 schreibt Weber an Robert Michels, die wichtigste Aufgabe sei und bleibe: „dass nicht Senegalneger und Gurkas, Sibiriaken und Russen unser Land betreten und unser Schicksal entscheiden“ (MWG II/ 9, 66). 45 MWG I/ 15, 449. 46 MWG I/ 15, 461. 47 In einem Brief an die Redaktion der Frankfurter Zeitung, am 19. März 1917, bittet Weber, auch die „zum Hilfsdienst herangezogene Bevölkerung“ zu erwähnen, und „hinter dem Passus ‚das Heer, welches die Schlachten schlägt, usw.‘ einzufügen: ‚und die Arbeitsarmee, welche den Kriegern draußen den Kampf ermöglicht‘“. Dieser Zusatz ist nicht veröffentlicht worden (MWG II/ 9, 602, Anm. 1). In einem Brief an Marianne Weber (5. März 1916) heißt es: „Die Agrarier wissen: Brot muß gekauft werden, auch wenn wir unterliegen, die Industrie und Schiffahrt ist dann ruiniert, diese Konkurrenten um die Macht sind sie los. Die - teils: - Entmutigung, - teils: revolutionäre Verzweiflung der Arbeiterschaft sorgt dafür, daß sie, die Großgrundbesitzer, die Macht behalten, der Monarch ist dann in ihrer Hand. Und deshalb: ‚va banque‘“ (MWG II/ 9, 320sqq.). 48 MWG I/ 15, 686. 49 Corinne Bonnet, Le „Grand Atelier de la Science“. Franz Cumont et l’Altertumswissenschaft. Héritages et émancipations. Des études universitaires à la fin de la première guerre mondiale, Bd. 2, Brüssel/ Rom, Institut Historique Belge de Rome, 2005, 110sqq. 50 MWG I/ 15, 684. 51 MWG I/ 15, 684. 52 MWG I/ 15, 685. 53 Max Weber, „Askese und kapitalistischer Geist“, in: Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. 1, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1920, 203. 54 MWG I/ 15, 95. 55 Ibid., 96. 56 Ibid., 98. 57 Ibid. 58 Max Weber, Briefe 1918-1920, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 2012, 282 (dann als MWG II/ 10 zitiert). 59 „Alle politischen Gebilde sind Gewaltgebilde. Aber Art und Maß der Anwendung oder Androhung von Gewalt nach außen, anderen gleichartigen Gebilden gegenüber, spielt für Struktur und Schicksal politischer Gemeinschaften eine spezifische Rolle“ (cf. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, op. cit., 520). 60 „Alle ‚Macht‘ politischer Gebilde trägt in sich eine spezifische Dynamik: sie kann die Basis für eine spezifische ‚Prestige‘-Prätention ihrer Angehörigen werden, welche ihr Verhalten nach außen beeinflußt. Die Erfahrung lehrt, daß Prestigeprätentionen von jeher einen schwer abzuschätzenden, generell nicht bestimmbaren, aber sehr fühlbaren Einschlag in die Entstehung von Kriegen gegeben haben: ein Reich der ‚Ehre‘, ‚ständischer‘ Ordnung vergleichbar, erstreckt sich auch auf die Beziehungen der politischen Gebilde untereinander“ (ibid.). 61 Cf. MWS I/ 17, 77. Cf. dazu den Brief an Hermann Oncken vom 21. Februar 1919 (in: MWG II/ 10, 476). Weber hatte die gleichen Worte an den englischen Militärattaché gerichtet. 74 DDossier 62 Briefe an Hermann Oncken vom 20. April 1917 (in: MWG II/ 9, 616sq.) und an Conrad Haußmann vom 29. August 1917 (in: MWG II/ 9, 756sq.). Cf. dazu auch Wolfgang J. Mommsen, Max Weber und die deutsche Politik 1890-1920, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 2004. Zum Elsass als Kriegsgrund cf. auch die Rede Webers vom Herbst 1916 „Deutschland unter den europäischen Weltmächten“, in: MWG I/ 15, 173sqq. Weber reduziert hier das Problem des Elsass und der Elsässer auf die wirtschaftliche Dimension: „Nur ein großer Staat ersetzt den Elsässern Frankreich. Das Elsaß kann finanziell nur gedeihen durch Anschluß an einen Bundesstaat, der groß genug ist, um die künftig unvermeidliche jährliche Mehrausgabe von etwa 40 Mill[ionen] nicht scheuen zu müssen“ (ibid.). 63 Cf. MWG I/ 15, 318. Cf. auch den bereits zitierten Passus aus Webers Brief an Robert Michels (Anm. 44). 64 „Wollten wir diesen Krieg nicht riskieren, nun, dann hätten wir die Reichsgründung ja unterlassen und als ein Volk von Kleinstaaten weiter existieren können. Freilich, so wenig uns der französische Besitz des Elsaß Ruhe vor den Franzosen, so wenig hätte uns das Ruhe vor dem Krieg als solchem gebracht. Den Krieg hätten wir auch dann gehabt: die einen hätten als Rheinbundstaaten für französische, die anderen als russische Satrapie für russische Interessen fechten oder dafür, wie früher stets, den Kriegsschauplatz abgeben dürfen. Nur die Weihe eines deutschen Krieges, die hätten wir dann nicht kennengelernt“ (in: MWG I/ 15, 193). 65 MWG I/ 15, 194. 66 Zu Webers letzter Vorlesung an der Universität München, über Staatssoziologie, cf. die Einleitung von Gangolf Hübinger zur Max Weber, Allgemeine Staatslehre und Politik, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 2009 (MWG III/ 7) und seine knappen und klaren Ausführungen in seinem Beitrag „Max Weber und die ‚universalgeschichtlichen Probleme‘ der Moderne“, in: Michael Kaiser / Harald Rosenbach, Max Weber in der Welt, op. cit., 208-224, bes. 220-224. 67 Cf. Marianne Weber, Lebensbild, op. cit., 654. 68 MWS I/ 17, 80sq. 69 Ibid., 74. 70 Max Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzianismus und Taoismus. Schriften 1915-1920, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1989 (MWG I/ 19, zitiert nach der Studienausgabe, MWS I/ 19, 77sq.). Zu Webers Verständnis von Revolutionen cf. Edith Hanke in diesem Heft. 71 Max Weber, Zur Neuordnung Deutschlands. Schriften und Reden. 1918-1920, Tübingen, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1988, 30. 72 Wolfgang J. Mommsen, Max Weber und die deutsche Politik, op. cit., 345. 73 „Daß Max Weber nicht nur ein soziologischer Beckmesser war, sondern ein lebendiger Politiker, scheint ihm [i. e. dem Soziologen Albert Salomon, der Weber in seinen Seminaren an der New School for Social Research in New York behandelte] nicht einmal aufgefallen zu sein. Wenn er drei Worte darüber sprechen würde, wären seine Schüler sicher begeistert. Es wäre den Jungen nützlicher zu wissen, daß Weber ein Säufer war, weil ihm der Gram um sein Land das Herz abfraß, und ihnen dann einiges über Politik als Beruf zu erzählen, als ihnen den Methylalkohol der Idealtypenschemata einzutrichtern, mit dem Weber sich ins Grab gesoffen hat“ (Hannah Arendt / Heinrich Blücher, Briefe 1936-1968, München/ Zürich, Piper, 1996, Brief vom 2. August 1941). 74 Cf. Marianne Weber, Lebensbild, op. cit., 674. 75 Marc Bloch, Apologie pour l’histoire ou métier d’historien, Paris, Armand Colin, 1974, 41.