eJournals lendemains 36/141

lendemains
0170-3803
2941-0843
Narr Verlag Tübingen
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2011
36141

Deutsch-französischer Soziologietransfer

2011
Lothar Peter
ldm361410006
6 Dossier Hans Manfred Bock, Lothar Peter (eds.) Soziologie in den deutsch-französischen Wissenschaftsbeziehungen Lothar Peter Deutsch-französischer Soziologietransfer Rezeption, Aneignung und Austausch zwischen der deutschen und französischen Soziologie stellen sich als heterogener, einerseits von intensiver Diskussion, andererseits aber auch von Desinteresse, Kontingenz und Asymmetrie geprägter Prozess dar. Die Heterogenität dieses Prozesses hat mehrere Ursachen, die sich teilweise überschneiden und in ihren Wirkungen wechselseitig verstärken. Unterschiedliche gesellschaftliche Entwicklungen, politische Zyklen, Transformationen des wissenschaftlichen Feldes, aber auch die Leistungen einzelner soziologischer Akteure haben in der einen oder anderen Weise beeinflusst, in welche Richtung sich die transnationalen Beziehungen des Faches bewegten und welche Formen sie annahmen. Gründungsphase und Zwischenkriegszeit In der Gründungsphase des Faches Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, während derer sich die Soziologie als Einzelwissenschaft aus Philosophie, Geschichtswissenschaft, Nationalökonomie und Völkerkunde auszudifferenzieren begann, lässt sich eine bemerkenswerte Offenheit in beide Richtungen, insbesondere aber von französischer Seite her, beobachten. Mehrere Vertreter der Gründergeneration der französischen Soziologie wie Emile Durkheim, Célestin Bouglé und Maurice Halbwachs reisten nach Deutschland, um sich dort mit dem sozialwissenschaftlichen Forschungsstand vertraut zu machen, der im Vergleich zum Heimatland als weiter fortgeschritten galt. 1 Das große Interesse an Repräsentanten der deutschen Sozialwissenschaften wie Albert E. F. Schäffle, Ludwig Gumplowicz, Wilhelm Wundt, Gustav Schmoller und Paul von Lilienfeld korrespondierte mit einer ausführlicheren Beschäftigung etwa von Wilhelm Jerusalem mit der im Entstehen begriffenen Durkheim-Schule, namentlich mit Emile Durkheim sowie Marcel Mauss und Henri Hubert, aber auch Lucien Lévy-Bruhl. 2 1894 verfasste Georg Simmel seinerseits Überlegungen über den spezifischen Gegenstand der Soziologie als einer die sozialen Formen - nicht primär deren Inhalt - untersuchenden 7 Dossier Wissenschaft in der Revue de métaphysique et de morale. 3 Ein weiterer Artikel von Simmel über ein ähnliches Thema folgte 1898 im ersten Jahrgang der Année sociologique. Als wichtiger Vermittler der deutschen Soziologie betätigte sich Célestin Bouglé, der bereits 1895 einen Überblick über die Sozialwissenschaften in Deutschland verfasste, in dem er, unter anderem anknüpfend an Georg Simmel, den von Durkheim akzentuierten Gegensatz zwischen Soziologie und Psychologie überwinden wollte. 4 Sein Vorschlag, Psychologie nicht auf Individualpsychologie zu verkürzen, sondern als Wissenschaft kollektiver psychischer Phänomene zu begreifen, machte in der Folge einen Konsens mit Emile Durkheim möglich. Weitere Versuche, die Zusammenarbeit zwischen Emile Durkheim und Georg Simmel zu vertiefen, scheiterten jedoch. 5 Außerdem ist es bis heute ein Rätsel geblieben, warum sich Max Weber und Emile Durkheim, die ja nicht nur der nationalen Wissenschaftslandschaft nachhaltig Konturen verliehen, sondern auch international eine überragende Rolle für die Konstituierung der Soziologie als eigenständiger Disziplin spielten, sich wechselseitig demonstrativ nicht zur Kenntnis genommen haben. 6 Zu den prominenten Ausnahmen auf französischer Seite zählt Emile Durkheims durchaus respektvolle, wenn auch kritische Rezension von Gemeinschaft und Gesellschaft von Ferdinand Tönnies 1889 in der Revue philosophique. 7 Mit dem 1.Weltkrieg trat eine jähe Zäsur der ohnehin nur zaghaften Bemühungen um wissenschaftliche Verständigung und Kommunikation ein. Der Krieg belastete den fachlichen Austausch in einer bis zu totaler Verdrängung reichenden Weise. Extremer Nationalismus, imperialistische Überlegenheitsattitüde und eine geradezu obsessive Kriegsbegeisterung führender deutscher Philosophen und Sozialwissenschaftler wie Max Scheler, Werner Sombart und Georg Simmel 8 trafen auf eine ebenfalls von nationalistischen Neigungen nicht ganz freie Haltung Durkheims und seiner Schule. Als ungewöhnlich kann deshalb die Tatsache betrachtet werden, dass Maurice Halbwachs, dem wichtige Beiträge über das „kollektive Gedächtnis“ zu verdanken sind, zu den Schülern des 1914 an die Universität Straßburg berufenen Georg Simmel gehörte. Zu den wenigen Zeugnissen dafür, dass sich die soziologischen Akteure diesseits und jenseits des Rheins während der zwanziger Jahre überhaupt wechselseitig wahrnahmen oder gar inspirierten, zählen die verdienstvollen, vom Zeitgeist abweichenden Vermittlungsbemühungen von Gottfried Salomon-Delatour. 9 Maurice Halbwachs engagierte sich nach dem 1. Weltkrieg ebenfalls dafür, die Verbindung zu den deutschen Sozialwissenschaften nicht abreißen zu lassen, indem er 1921 einen Lehrauftrag am Centre d’études germaniques im französisch besetzten Mainz übernahm und in den zwanziger Jahren sowohl über Max Webers Protestantische Ethik schrieb als auch ein Lebensbild Webers lieferte. 10 (Es gehört zu den tragischen Ereignissen in den kulturellen Beziehungen beider Länder, dass Halbwachs, dessen Sohn Pierre in der Résistance aktiv war, 1944 von der Gestapo verhaftet wurde und 1945 kurz vor der Befreiung im KZ Buchenwald umkam). 8 Dossier In der Zwischenkriegszeit entwickelte sich die Soziologie beider Länder also weitgehend separat. Während in Frankreich die Durkheim-Schule unter Führung von Marcel Mauss ihre hegemoniale Stellung auf dem Feld der Sozialwissenschaften ausbaute und erfolgreich eine empirische Ausrichtung vertrat, 11 dominierte in Deutschland eine von geisteswissenschaftlichen, sozialphilosophischen und formalwissenschaftlichen Subtexten unterfütterte Soziologie (Ferdinand Tönnies, Franz Oppenheimer, Leopold von Wiese, Hans Freyer), innerhalb derer die Frankfurter Schule mit ihrer Verknüpfung von Sozialphilosophie und empirischer Forschung eine Sonderstellung einnahm. 12 Die offensichtliche Indifferenz, mit der die soziologischen Akteure in der Zwischenkriegszeit der Entwicklung des Faches im jeweiligen Nachbarland begegneten, und die ohnehin schon vorhandene geistige Distanz, die sich durch den Versailler Vertrag und seine Folgen zusätzlich verfestigt hatte, wurden jedoch in einem Fall eindrucksvoll durchbrochen. Mit La sociologie allemande contemporaine (1935, 1938) 13 setzte sich Raymond Aron, einer der Repräsentanten der „nonkonformistischen“ Intellektuellengeneration der Zwischenkriegszeit, 14 über die deutsche und französische Soziologen trennenden Mauern der Entfremdung hinweg und vermittelte einem aufgeschlossenen Fachpublikum ein kompetentes und wissenschaftlich empathisches Bild des Panoramas der deutschen Soziologie. Deren wesentliche Differenzen zur französischen sah er sowohl in der Polarität von „Kultur“ und „Zivilisation“ bzw. Gesellschaft, von Fortschrittsskepsis und Modernisierungsbejahung als auch methodologisch in einer ideographisch-„verstehenden“ Orientierung der deutschen und einer dem Paradigma der Naturwissenschaften folgenden „positivistischen“ Orientierung der französischen Soziologie. Von deutscher Seite hat sich René König 1931 und 1932 in einem bemerkenswerten Aufsatz in der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Soziologie ausführlich mit dem Stand der damaligen französischen Soziologie auseinandergesetzt. 15 Dort rekonstruierte König wichtige Züge im Wandel der französischen Soziologie von Durkheim bis zu den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Er arbeitet heraus, dass sich die Konzeption der Durkheim-Schule nach 1920 vor allem unter dem Einfluss von Marcel Mauss, dem Neffen Durkheims, von einer eher philosophisch geprägten Soziologie zu einer stärker auf die Erforschung sozialer Tatsachen gerichteten Wissenschaft entwickelte , die einen bedeutenden Einfluss auf andere Einzelwissenschaften, insbesondere die Rechts- und Staatswissenschaften und die Ökonomie, ausübte. König ging aber auch auf bestimmte Kritiken an Positionen Durkheims (etwa von Maurice Halbwachs an Durkheims Selbstmordstudie) und insbesondere auf die komplexe Auseinandersetzung zwischen Soziologie und Psychologie sowie die Diskussion über die „mentalité primitive“ (Lucien Lévy- Bruhl) ein und betonte, sich auf Erkenntnisse von Marcel Mauss stützend, die Notwendigkeit einer Integration von Soziologie und Psychologie. Königs auf einem umfassenden Quellenstudium beruhende Bestandsaufnahme schloss mit einem Plädoyer für eine Weiterentwicklung der epistemologischen und methodologischen Prämissen der Durkheim-Schule ab. Dieser Beitrag rechtfertigt es, René König in 9 Dossier der Periode der Zwischenkriegszeit als den mit Abstand besten deutschen Kenner der französischen Soziologie zu bezeichnen. Intensive Rezeption und blinde Flecken Die nationalsozialistische Diktatur, der 2.Weltkrieg und die Besetzung Frankreichs eliminierten die ohnehin schwachen soziologischen Bindungen zwischen beiden Ländern nahezu vollständig, ehe sich dann nach 1945 der Kontext der fachwissenschaftlichen Beziehungen und die Möglichkeiten des transnationalen Austausches in der Soziologie grundlegend veränderten. 16 Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich übte die am amerikanischen Vorbild geschulte empirische Sozialforschung einen erheblichen Einfluss aus, 17 was dazu beitrug, dass sich die Entwicklung des Faches in beiden Ländern objektiv in einigen Punkten annäherte. Probleme der „Massengesellschaft“ und industriellen Modernisierung, der Rationalisierung der Arbeit und der Bürokratisierung traten hier wie dort stärker in den Vordergrund des soziologischen Blickfeldes. Der nun verstärkt einsetzende Transfer wies jedoch ein eindeutiges Gefälle von der französischen zur deutschen Soziologie auf, die sich, nicht zuletzt bedingt durch die vom Nationalsozialismus betriebene Abkoppelung vom internationalen Soziologiediskurs, vor allem in einer Situation des Nehmens und Rezipierens befand. Das lässt sich am Beispiel der Arbeits- und Industriesoziologie zeigen, von der zwischen den fünfziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wichtige Impulse für die deutsche Forschung ausgingen und die darüber hinaus in zivilgesellschaftlichen Organisationen wie den westdeutschen Gewerkschaften auf Resonanz stieß. Zunächst waren es die Veröffentlichungen von Georges Friedmann über die Grenzen der Mechanisierung (frz. 1947, dtsch. 1952) 18 oder die Zukunft der Arbeit (frz. 1950, dtsch. 1953), 19 die ins Deutsche übersetzt und im DGB-eigenen Bund-Verlag veröffentlicht wurden. Hier wirkte das lebhafte deutsche Interesse an Phänomenen der Entfremdung und Versachlichung in der massiv rationalisierten und taylorisierten industriellen Arbeit als Vektor des soziologischen Transfers, ein Interesse, mit dem die später in den westdeutschen Gewerkschaften programmatischen Stellenwert erlangende „Humanisierung der Arbeit“ teilweise schon soziologisch vorweggenommen wurde. In den sechziger und siebziger Jahren schloss sich daran eine Phase intensiver deutscher Rezeption organisations- und industriesoziologischer Forschungen an, die im Spannungsfeld zwischen kapitalistischer Arbeitsorganisation einerseits sowie Arbeitserfahrungen und Bewusstseinsformen der Beschäftigten andererseits verortet waren. Namentlich die Untersuchungen von Alain Touraine, Michel Crozier, Pierre Naville und Serge Mallet fanden Eingang in den industrie- und organisationssoziologischen deutschen Diskurs, was sich in zahlreichen, teilweise marxistisch beeinflussten Publikationen über „Arbeiterbewusstsein“, eine „neue Arbeiterklasse“ und die technische Intelligenz niederschlug. 20 1974 erschien sogar eine umfangreiche Monographie, die sich ausschließlich mit der Industriesoziologie in Frankreich befasste. 21 10 Dossier Den realen gesellschaftlichen und politischen Hintergrund dieses Rezeptionsprozesses bildete die - im Kontrast zur deutschen Situation - nicht nur relativ enge Beziehung der französischen Industriesoziologie zur empirischen Arbeitswelt, sondern vor allem auch zu einer konfliktorientierten und mobilisierungsfähigen Arbeiterbewegung, die 1968 zu einem kollektiven Hauptakteur im Zusammenhang der studentischen Rebellion, der Massenstreiks, betrieblichen Protestaktionen und politischen Aktivitäten der Linken avancierte. Mit dem Verebben der Bewegung von 1968, einer forcierten „postfordistischen“ Modernisierung und Umstrukturierung der Arbeit sowie der nun beginnenden Krise und Erosion einer militanten Arbeiterbewegung verlor die französische Arbeits- und Industriesoziologie für die deutsche Fachgemeinschaft jedoch wieder an Attraktivität. In der entgegengesetzten Richtung lassen sich vergleichbare Transfers allerdings kaum oder nur punktuell beobachten. So wurde zwar die wegweisende, international anerkannte Studie von Horst Kern und Michael Schumann über Das Ende der Arbeitsteilung (dtsch. 1984) , in der die These einer Aufwertung und Reprofessionalisierung der Industriearbeit trotz gleichzeitiger Rationalisierung und Automation entfaltet wurde, von der Maison des sciences de l’homme 1989 in einer französischen Übersetzung herausgebracht und auch gelegentlich erwähnt oder kommentiert, 22 aber eine so intensive Rezeption und Diskussion wie die der erwähnten französischen industriesoziologischen Protagonisten durch die deutschen Fachkollegen lässt sich nicht auch nur annähernd erkennen, obwohl in Zeitschriften wie Sociologie du travail oder Revue française de sociologie immer wieder einmal Hinweise auf die arbeits- und industriesoziologische Forschung in Deutschland erfolgten. Besaß die französische Arbeits- und Industriesoziologie während des Zeitraums von 1950 bis Ende der siebziger Jahre ein hohes Prestige, so blieb die klassische Theorietradition der französischen Soziologie, vor allem Emile Durkheim selbst, in der Bundesrepublik auffällig unterbelichtet. Eine produktive Auseinandersetzung mit Durkheims Werk und dessen epistemologischen Prämissen wurde sowohl durch das wirkmächtige Pauschalverdikt gegen alles, was seinerzeit als positivistisch galt, im Allgemeinen und ein gegen Durkheim gerichtetes Pamphlet von Theodor W. Adorno im Besonderen erheblich blockiert. 23 Es war in der Fachprominenz nur René König, der den Vorurteilen gegen Durkheim Widerstand entgegensetzte und dessen epochalen Leistungen unbeirrt, sachkundig und differenziert den ihnen gebührenden Stellenwert einräumte. 24 Neben René König ist in diesem Zusammenhang auch Heinz Maus zu erwähnen, der sich, als ehemaliger Assistent von Max Horkheimer einige Jahre der Frankfurter Schule angehörend, als profunder Kenner der Geschichte der französischen Sozialwissenschaften erwies. Zwar die Kritik der Frankfurter Schule am soziologischen Positivismus in wesentlichen Punkten durchaus teilend, wahrte Maus jedoch seine intellektuelle Unabhängigkeit, indem er zu dem von René König seit 1967 herausgegebenen zwölfbändigen Standardwerk Handbuch der empirischen Sozialforschung ein informatives Kapitel 11 Dossier über die „Vorgeschichte der empirischen Sozialforschung“ beisteuerte, das die französischen Anteile angemessen berücksichtigt. 25 Französisches Echo auf deutsche Klassiker Fanden Durkheim und die Durkheim-Schule in der westdeutschen Soziologie, von der Marginalisierung durch die „marxistisch-leninistische Soziologie“ in der DDR ganz zu schweigen, nach 1945 lange Zeit kaum Anklang, so wurde in Frankreich die Beschäftigung mit den theoretischen Paradigmen der deutschen soziologischen Theorie, insbesondere mit Max Weber, nie ganz unterbrochen. Während der letzten beiden Dekaden stoßen Klassiker wie Max Weber, Georg Simmel, Alfred Schütz, Theodor W. Adorno und Norbert Elias sogar deutlich spürbar auf ein neues Aneignungsbedürfnis. Nachdem Raymond Aron schon vor dem 2. Weltkrieg das Werk von Max Weber in Frankreich bekannt gemacht hatte, setzte vor allem seit den sechziger Jahren, also seit der Periode, in der sich sowohl in Deutschland als auch in Frankreich die Soziologie als universitäre Disziplin breit ausdifferenzierte, institutionalisierte und professionalisierte, in der französischen Fachöffentlichkeit eine ebenso lebhafte wie kontroverse Auseinandersetzung mit dem Werk von Max Weber ein. Während Michel Crozier den Bürokratisierungsaspekt in den Mittelpunkt stellte 26 und Raymond Boudon als führender Vertreter des modernen methodologischen Individualismus den Gedanken der Rationalität sozialen Handelns fokussierte, 27 richtete Alain Touraine seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf das Problem einer die Identität des Subjekts bedrohenden gesellschaftlicher Rationalisierung 28 und ließ sich Pierre Bourdieu insbesondere durch die von Weber analysierten Zusammenhänge zwischen ökonomischer und sozial-symbolischer Logik anregen, so etwa in seinen Studien über die Soziologie der symbolischen Formen, die Grundlagen einer Theorie des sozialen Sinns oder über das religiöse Feld. 29 Diesen im Einzelnen sehr unterschiedlichen Verarbeitungsweisen im Blick auf Max Weber ist das Bemühen gemeinsam, dessen Denken nicht nur deskriptiv zu reproduzieren oder dogmatisch zu übernehmen, sondern eigenständig zu reflektieren und in das je eigene theoretische und methodische Konzept einzuarbeiten. Die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Max Weber scheint bis in die unmittelbare Gegenwart hinein ungebrochen, wie unter anderem die von der Maison des sciences de l’homme herausgegebene Zeitschrift Trivium zeigt, die sich ausdrücklich als Medium des Austausches zwischen den französischen und deutschen Geistes- und Sozialwissenschaften versteht und 2010 ein ganzes Heft ausschließlich der Bürokratietheorie Max Webers gewidmet hat. Jean-Pierre Grossein hat an anderer Stelle die Differenzen zwischen dem authentischen Gehalt des Werks von Max Weber einerseits und den interpretativen Modifikationen und Umdeutungen nicht nur in der französischen Soziologie, sondern auch in der Geschichtswissenschaft andererseits zum Thema gemacht. 30 Neben Max Weber geht gegenwärtig vor allem von Georg Simmel eine gewisse Anziehungskraft aus, was sich in zahlreichen 12 Dossier Einzelstudien, Monographien und Sammelbänden dokumentiert. 31 Es scheinen hier vor allem die von Simmel antizipierten „postmodernen“ Elemente zu sein, welche die französischen Rezipienten zur eingehenderen Beschäftigung mit seinem Werk motivieren, wie dies etwa bei Michel Maffesoli geschieht. 32 Sich sowohl gegen einen systemischen Begriff von Gesellschaft als auch gegen die einflussreiche Individualisierungsthese abgrenzend, beruft sich Maffesoli mit seinem Konzept des „formisme“ explizit auf Georg Simmel und dessen Definition der Soziologie als relationale Wissenschaft „sozialer Kreise“ und „Wechselwirkungen“. Obwohl also in der gegenwärtigen französischen Soziologie die deutschen Klassiker große Beachtung finden, aber auch zeitgenössische soziologische Theorien wie die von Jürgen Habermas und Niklas Luhmann ausführlich gewürdigt werden, 33 besteht ein gewisses Gefälle im transnationalen Austausch fort. Die Präsenz der französischen Soziologie im deutschen Fachdiskurs ist noch immer ungleich größer als umgekehrt, obwohl die Differenz während der letzten zwei Jahrzehnte vielleicht weniger schroff erscheint. Worin liegen die Ursachen für dieses Gefälle und diese Asymmetrie? Die gegenwärtige Situation Neben den sprachlichen Barrieren, einer relativ geschlossenen französischen Wissenschaftskultur sowie einer offensichtlich größeren gesellschaftlichen Problemnähe und Aktualität der französischen Soziologie sind es auch kontextunabhängige Faktoren, welche die nach wie vor existierenden Ungleichgewichte in den Beziehungen zwischen den Soziologien beider Länder miterklären können. So verdankt sich die ungewöhnlich breite, vielschichtige und intensive, sowohl theoretische als auch empirische Aufnahme und Verarbeitung des Werks von Pierre Bourdieu nicht allein dessen alle Register des Faches ziehenden Soziologie, sondern beruht auch auf der epochalen individuellen schöpferischen Leistung Bourdieus, die ja nicht nur in Frankreich, sondern auch international ihresgleichen sucht. Die Wirkungen Bourdieus auf die deutsche Soziologie sind komplex und reichen von persönlichen Kooperationen (etwa mit Franz Schultheis, dem eine wichtige Funktion bei der Vermittlung, Herausgabe und eigenständigen Anwendung der Arbeiten Bourdieus in Deutschland zukommt), über theoretisch vergleichende Studien über Bourdieu und Luhmann, 34 bis zu empirischen Untersuchungen beispielsweise über soziale Prekarität, 35 soziale Milieus 36 und Elitenbildung. 37 Einen neuen Höhepunkt erreichte die Bourdieu-Rezeption mit einem 2009 erschienenen umfassenden Handbuch über dessen Leben, Werk und Wirkung. 38 Dabei fällt auf, dass in dem Maße wie reale gesellschaftliche Ungleichheiten und soziale Exklusion sowohl in Frankreich als auch in Deutschland zunehmen, die sozialkritische Dimension im Vergleich zu früheren Perioden der deutschen Befassung mit Bourdieu, als eher kulturelle und symbolische Aspekte wie die der Habitus- und Lebensstil-Analyse im Vordergrund standen, 39 offenkundig an Bedeutung gewinnt. Das gilt ähnlich für die beachtliche Resonanz, welche die Untersuchun- 13 Dossier gen von Robert Castel über Prekarität und Exklusion, namentlich die Metamorphosen der sozialen Frage (frz. 1995, dtsch. 2000), die Armutsforschung von Serge Paugam und neuerdings die ebenfalls breit angelegte Studie von Luc Boltanski und Eve Chiapello über den „nouvel esprit“ des Kapitalismus in Deutschland hervorgerufen haben. 40 Das Interesse an Boltanski drückt sich ebenso in der Übersetzung seiner wichtigsten, teilweise mit anderen gemeinsam verfassten Publikationen aus wie in Angeboten von Gastprofessuren, Vorträgen und Einladungen zu Kongressen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), die bekanntlich fachwissenschaftlich eine Art nationales Ereignis darstellen. Inzwischen liegen zu Boltanski zahlreiche Veröffentlichungen vor, darunter eine Monographie, ein Sammelband sowie zahlreiche Buch- und Zeitschriftenbeiträge. 41 In umgekehrter Richtung lässt sich eine vergleichbare Komplexität, Verarbeitung und Würdigung aktueller deutscher Soziologieproduktionen nicht ausmachen, obwohl es auf der institutionellen Mikroebene, bei einzelnen Projekten, Workshops usw. zahlreiche Kontakte, Kooperationen und Interaktionen gibt. Es ist deshalb im Großen und Ganzen durchaus zutreffend, wenn eine aktuelle Seminarankündigung des Centre interdisciplinaire d’études et de recherches sur l’Allemagne an der Université Paris-Sorbonne mit der lapidaren Feststellung beginnt: „La sociologie allemande contemporaine, dans son versant théorique et surtout empirique, reste assez inconnue en France“. Die Berechtigung dieser Feststellung spiegelt sich auch darin wider, dass eine Gesamtdarstellung der deutschen Soziologie seit der bahnbrechenden Schrift von Raymond Aron bis heute fehlt, wohingegen in Deutschland nach 1945 immerhin mehrere, teilweise umfassende Einführungen, Überblickstexte und Sammelbände über Geschichte, Strömungen, institutionelle Strukturen und inhaltliche Schwerpunkte der französischen Soziologie veröffentlicht wurden. 42 Aber selbst da, wo die deutsche Soziologie auf bestimmten Gebieten - wie dem der Umweltsoziologie - einen Vorsprung aufweist, wurden entsprechende Defizite in Frankreich nur zögernd zur Kenntnis genommen, wobei die Gründe dafür nicht nur in innerwissenschaftlichen Hindernissen, sondern auch in einem lange Zeit geringeren öffentlichen Problembewusstsein hinsichtlich ökologischer Bedrohungen und Umweltschäden liegen dürften. Als prominentes Beispiel lässt sich hier das ein enormes internationales Echo auslösende Buch Die Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne von Ulrich Beck (1986) erwähnen, das zwar auch, aber ungewöhnlich spät, nämlich erst 2001, in einer französischen Ausgabe erschien. Florence Rudolf, eine gute französische Kennerin der sozialwissenschaftlichen Umweltforschung ihres Landes, hat die verspätete Diskussion der Risikogesellschaft von Beck vor allem darauf zurückgeführt, dass die französische Soziologie in ihrer positivistischen Tradition sich eher konkreten empirischen Tatsachen und technischen Mängeln als einer allgemeinen „Krisenanfälligkeit moderner Gesellschaften“ zuwende, wie sie bei deutschen Autoren wie Niklas Luhmann und Ulrich Beck thematisiert werde. 43 14 Dossier Was wäre zukünftig wünschenswert? Erfreulicherweise gibt es aber in der letzten Zeit vermehrt Anzeichen für eine engere Kooperation zwischen deutschen und französischen Soziologen und Soziologinnen, wie zahlreiche gemeinsame Buchpublikationen, Forschungsprojekte, Workshops und öffentliche Aktivitäten belegen. Allerdings könnte der transnationale Austausch qualitativ verbessert werden, wenn es gelänge, ihn dauerhaft zu institutionalisieren. Dies könnte geschehen, indem zum Beispiel eine geeignete bestehende oder neu zu schaffende Einrichtung in Frankreich oder Deutschland einen permanenten wechselseitigen Informationsfluss, gemeinsame Projekte, Veranstaltungen, Netzwerke und Veröffentlichungen über relevante Entwicklungen und Ergebnisse der Soziologie in beiden Ländern ermöglichen, fördern und gewährleisten würde. 1 Laurent Mucchielli: La découverte du social. Naissance de la sociologie en France (1870- 1914), Paris, La Découverte, 1998. 2 Erhard Stölting: Akademische Soziologie in der Weimarer Republik, Berlin 1986, Duncker & Humblot, 64sq. 3 Georg Simmel: „Le problème de la sociologie“, in: Revue de métaphysique et de morale, No 5, 1894, 497-504. 4 Célestin Bouglé: Les Sciences sociales en Allemagne. Les méthodes actuelles, Paris, Alcan , 1895. 5 Christian Papilloud: „Trois épreuves de la relation humaine. Georg Simmel et Marcel Mauss, précurseurs de l’interactionisme“, in: Sociologie et sociétés, N° 2, 2004, 55-72, 57. 6 Edward A. Tiryakian: „Ein Problem für die Wissenssoziologie. Die gegenseitige Nichtbeachtung von Emile Durkheim und Max Weber“, in Wolf Lepenies (ed.): Geschichte der Soziologie, Frankfurt/ M., Suhrkamp, 1981, Bd. 4, 17-28. 7 Emile Durkheim: „Gemeinschaft und Gesellschaft nach Tönnies“ in: Franz Schultheis/ Andreas Gipper (eds.): Emile Durkheim: Über Deutschland. Texte aus den Jahren 1887 bis 1915, Konstanz, UVK, 1995, 217-225. 8 Hans Joas/ Helmut Steiner (eds.): Machtpolitischer Realismus und pazifistische Utopie. Krieg und Frieden in der Geschichte der Sozialwissenschaften, Frankfurt/ M., Suhrkamp, 1989. 9 Christoph Henning: „Der übernationale Gedanke der geistigen Einheit. Gottfried Salomon (-Delatour), der vergessene Soziologe der Verständigung“, in: Amalia Barboza/ Christoph Henning (eds.): Deutsch-jüdische Wissenschaftsschicksale. Studien über Identitätskonstruktionen in den Sozialwissenschaften, Bielefeld, transkript, 2006, 48-100; Hans Manfred Bock: „Gottfried Salomon-Delatour. Ein soziologischer Wegbereiter deutsch-französischer Verständigung und Vordenker transnationaler Begegegnung in der Weimarer Republik“, i.E. 10 Wolf Lepenies: „Deutsch-französische Kulturkriege - Maurice Halbwachs in Berlin“, in: WZB-Vorlesungen, Nr. 10, 2004, 3-19. 11 Stephan Moebius: Marcel Mauss, Konstanz, UVK, 2006. 12 Rolf Wiggershaus: Die Frankfurter Schule. Geschichte, Theoretische Entwicklung, Politische Bedeutung, München, dtv, 1988. 15 Dossier 13 Raymond Aron: Die deutsche Soziologie der Gegenwart. Systematische Einführung in das soziologische Denken, Stuttgart, Kröner, 1969. 14 Hans Manfred Bock: „Deutsch-französischer Soziologietransfer im Generationenkontext. Zu Raymond Arons Rezeption der deutschen Soziologie in den 1930er Jahren“, in: Stephan Moebius/ Gerhard Schäfer (eds.): Soziologie als Gesellschaftskritik. Wider den Verlust einer aktuellen Tradition, Hamburg, VSA, 2005, 161-171. 15 Der Aufsatz erschien unter dem Titel „Die neuesten Strömungen in der gegenwärtigen französischen Soziologie“ in der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Soziologie, Bd. VII (1931) und Band VIII (1932). Er wurde unter dem Titel „Bilanz der französischen Soziologie um 1930“ wieder abgedruckt in René König: Emile Durkheim zur Diskussion. Jenseits von Dogmatismus und Skepsis, München, Wien, Carl Hanser, 1978, 56-103. 16 Michael Pollak: Gesellschaft und Soziologie in Frankreich. Tradition und Wandel in der neueren französischen Soziologie, Königstein/ Taunus, Hain, 1978; M. Rainer Lepsius: „Die Entwicklung der Soziologie nach dem Zweiten Weltkrieg 1945-1977“, in: Günther Lüschen (ed.): Deutsche Soziologie seit 1945, Sonderheft 2 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Opladen, Westdeutscher Verlag, 1979, 25-70. 17 Johan Heilbron: „La sociologie européenne existe-elle? “, in: Gisèle Sapiro (ed.): L’espace intellectuel en Europe. De la formation des Etats-nations à la mondialisation XIX e -XXI e siècle, Paris, La Découverte, 2010, 347-357, 350. 18 Georges Friedmann: Der Mensch in der mechanisierten Produktion, Köln, Bund-Verlag, 1952. 19 Georges Friedmann: Zukunft der Arbeit. Perspektiven der industriellen Gesellschaft, Köln, Bund-Verlag, 1953. 20 Frank Deppe/ Hellmuth Lange/ Lothar Peter (eds.): Die neue Arbeiterklasse. Technische Intelligenz und Gewerkschaften im organisierten Kapitalismus, Frankfurt/ M., Europäische Verlagsanstalt, 1970; Frank Deppe: Das Bewußtsein der Arbeiter. Studien zur politischen Soziologie des Arbeiterbewußtseins, Köln, Pahl-Rugenstein, 1971; Karl H. Hörning (ed.): Der „neue“ Arbeiter. Zum Wandel sozialer Schichtstrukturen, Frankfurt/ M., Fischer Taschenbuch, 1971. 21 Klaus Düll: Industriesoziologie in Frankreich. Eine historische Analyse zu den Themen Technik, Industriearbeit, Arbeiterklasse, Frankfurt/ M., Europäische Verlagsanstalt, 1974. 22 Jean-Philippe Durand/ Robert Weil (eds.): Sociologie Contemporaine, Paris, Vigot, 1997, 2 e édition revue et augmentée. 23 Theodor W. Adorno: „Einleitung „zu Emile Durkheim: Soziologie und Philosophie », Frankfurt/ M., Suhrkamp, 1970, 7-44; Lothar Peter: „Dialectics of Society versus ‘Conscience Collective’‘? Adorno’s Criticism of Durkheim“, Vortrag an der Humboldt- Universität Berlin, 18. Juni 2010, unveröff. Manuskr. 24 René König: Emile Durkheim zur Diskussion. Jenseits von Dogmatismus und Skepsis, op. cit. 25 Heinz Maus: „Zur Vorgeschichte der empirischen Sozialforschung“, in: René König (ed.): Handbuch der empirischen Sozialforschung, Stuttgart, Ferdinand Enke, 1973, Bd.1: Geschichte und Grundprobleme, 3.Aufl., 21-56. 26 Michel Crozier: Le Phénomène bureaucratique. Essai sur les tendances bureaucratiques des systèmes d’organisation modernes et sur leurs relations avec le système social et culturel, Paris, Editions du Seuil, 1963. 27 Raymond Boudon: La logique du social. Introduction à l’analyse sociologique, Paris, Presses Universitaires de France, 1979. 28 Alain Touraine: Critique de la modernité, Paris, Fayard, 1992. 16 Dossier 29 Pierre Bourdieu: Zur Soziologie der symbolischen Formen, Frankfurt/ M., Suhrkamp, 1974; Pierre Bourdieu: Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft, Frankfurt/ M., Suhrkamp, 1987; Pierre Bourdieu: Das religiöse Feld. Texte zur Ökonomie des Heilsgeschehens, Konstanz, UVK, 2000. 30 Jean-Pierre Grossein: „Max Weber auf französisch oder Max Weber ‚à la française’“, in: Klaus Lichtblau (ed.): Max Webers ‘Grundbegriffe’. Kategorien der kultur- und sozialwissenschaftlichen Forschung, Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006, 367- 381. 31 Christian Papilloud: „Trois épreuves ...“, l. c.; Frédéric Vandenberghe: La sociologie de Georg Simmel, Paris, La Découverte, 2001: Lyliane Deroche-Gurcel/ Patrick Watier (eds.): La sociologie de Georg Simmel. Eléments actuels de modélisation sociale, Paris, Presses Universitaires de France, 2002. 32 Michel Maffesoli: Eloge de la raison sensible, Paris, Grasset, 1996. 33 Danilo Martuccelli: Sociologie de la modernité, Paris, Gallimard, 1999. 34 Armin Nassehi/ Gerd Nollmann (eds.): Bourdieu und Luhmann. Ein Theorienvergleich, Frankfurt/ M., Suhrkamp, 2004. 35 Franz Schultheis/ Kristina Schulz (eds.): Gesellschaft mit begrenzter Haftung. Zumutungen und Leiden im deutschen Alltag, Konstanz, UVK, 2005. 36 Michael Vester et al. (eds.): Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Zwischen Integration und Ausgrenzung, Frankfurt/ M., Suhrkamp, 2001. 37 Michael Hartmann: Der Mythos von den Leistungseliten. Spitzenkarrieren und soziale Herkunft in Wirtschaft, Politik, Justiz und Wissenschaft, Frankfurt/ New York, Campus, 2002. 38 Gerhard Fröhlich/ Boike Rehbein (eds.): Bourdieu-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung, Stuttgart, Metzler, 2009. 39 Gerhard Schulze: Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt/ New York, Campus, 1997, 7. Aufl. 40 Luc Boltanski/ Eve Chiapello: Der neue Geist des Kapitalismus, Konstanz, UVK, 2003. 41 Tanja Bogusz: Zur Aktualität von Luc Boltanski. Einleitung in sein Werk, Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2010; Gabriele Wagner/ Philipp Hessinger (eds.): Ein neuer Geist des Kapitalismus? Paradoxien und Ambivalenzen der Netzwerkökonomie, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2008; Peter Wagner: „Soziologie der kritischen Urteilskraft und der Rechtfertigung: Die Politik- und Moralsoziologie von Luc Boltanski und Laurent Thévenot“, in: Stephan Moebius/ Lothar Peter (eds.): Französische Soziologie der Gegenwart, Konstanz, UVK, 2004; Jörg Potthast: „Der Kapitalismus ist kritisierbar. Le nouvel esprit du capitalisme und das Forschungsprogramm der ‘Soziologie der Kritik’“, in: Berliner Journal für Soziologie, Heft 4, 2001, 551-562; Lothar Peter: „‘Der neue Geist des Kapitalismus’. Stärken und Schwächen eines Erklärungsversuchs“, in: Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Nr. 62, 2005, 7-24. 42 Josef Gugler: Die neuere französische Soziologie. Ansätze zu einer Standortbestimmung der Soziologie, Neuwied, Luchterhand, 1961; Friedrich Jonas: Geschichte der Soziologie, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt, 1968/ 1969, Bd.1, 2 und 3; Stephan Moebius/ Lothar Peter: Französische Soziologie der Gegenwart, ..., l. c. 43 Florence Rudolf: „Von einer Krisenzur Risikosoziologie in Frankreich. Ein Beitrag zur Katastrophenforschung“, in: Historical Social Research, N 3, 2007, 115-130. 17 Dossier Résumé: Lothar Peter, Le Transfert sociologique franco-allemand esquisse les relations sociologiques entre les deux pays. Sì, avant 1914, les échanges entre les jeunes disciplines universitaires se développaient d’une manière productive et plus que sporadique, la Première Guerre mondiale interrompa ces débuts prometteurs. Durant l’entre-deux-guerres les contacts actifs entre sociologues allemands et français n’arrivaient pas à se stabiliser et restaient, à quelques exceptions près, à un niveau bas. L’une de ces exceptions rares était la „Sociologie allemande contemporaine“ de Raymond Aron (1935). Après 1945 et en particulier depuis les années 1950, un regain d’intérêt des sociologues allemands à la sociologie française, et tout particulièrement à la sociologie du travail, se dessinait nettement. D’autre part les théories classiques de Durkheim, Mauss et d’autres restaient en même temps assez inconnues en Allemagne. Aujourd’hui, l’oeuvre de Pierre Bourdieu exerce une influence considérable sur le discours et les recherches sociologiques en Allemagne. En fin de compte, l’état des échanges et da la coopération entre les deux pays reste quelque peu asymétrique. C’est la raison pour laquelle l’auteur plaide en faveur d’une amélioration de cet état de choses par une institutionnalisation plus forte de la coopération sociologique transnationale.